Jemen
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Amtssprache | Arabisch | ||||
Hauptstadt | Sanaa | ||||
Staatsform | Islamische Präsidialrepublik | ||||
Staatsoberhaupt | Präsident Ali Abdullah Salih | ||||
Regierungschef | Premierminister Ali Mohammed Mudschur | ||||
Fläche | 536.869 km² | ||||
Einwohnerzahl | ca. 22,4 Mio. (2008) | ||||
Bevölkerungsdichte | 41,7 Einwohner pro km² | ||||
Bruttoinlandsprodukt nominal (2007)[1] | 21.664 Mio. US$ (87.) | ||||
Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner | 972 US$ (133.) | ||||
Index der menschlichen Entwicklung | 0,508 (153.) | ||||
Währung | 1 Jemen-Rial (Y. Rl) = 100 Fils | ||||
Unabhängigkeit | Nordjemen: 30. Oktober 1918 (Osmanisches Reich); Südjemen: 30. November 1967 (Großbritannien) | ||||
Nationalhymne | al-Dschumhuriyatu l-muttahida | ||||
Nationalfeiertag | 22. Mai (Vereinigung von Nord- und Südjemen 1990) | ||||
Zeitzone | UTC +3 | ||||
Kfz-Kennzeichen | YEM | ||||
Internet-TLD | .ye | ||||
Telefonvorwahl | +967 | ||||
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Der Jemen (arabisch اليمن al-Yaman) ist ein Staat im Nahen Osten, genauer im Süden der Arabischen Halbinsel. Er ist etwa eineinhalbmal so groß wie Deutschland und grenzt im Norden an Saudi-Arabien, im Osten an Oman, im Süden an den Golf von Aden und das Arabische Meer, im Westen an das Rote Meer. Dschibuti und Eritrea liegen nur wenige Kilometer entfernt jenseits des Roten Meeres. Die Küstenlänge beträgt 2400 km; die Binnengrenzen sind 1746 km lang. Zum Jemen gehören auch die 3800 km² große Inselgruppe Sokotra sowie zahlreiche kleinere Inseln im Bab al-Mandab, im Roten Meer und im Arabischen Meer.
Geographie
Naturraum
Der Jemen lässt sich in drei Großlandschaften gliedern:
Die zwischen 30 km und 60 km breite, sanft ansteigende Küstenebene wird vor allem im Südwesten durch vorstoßende Gebirgsflanken gegliedert. Teilweise finden sich Zeugen von früherem Vulkanismus; so liegt etwa Aden, die einstige Hauptstadt der Demokratischen Volksrepublik Jemen (Südjemen), in einem Doppelkrater. Die Ebene an der Westküste, die Tihama, wird von Sand- und Kiesflächen beherrscht.
Zum Landesinneren hin erhebt sich steil das zerklüftete, im Westen mehrfach über 3000 m hohe Randgebirge. Südwestlich der Hauptstadt Sanaa erhebt sich der Dschabal an-Nabi Schuʿaib, mit 3760 m der höchste Berg des Landes.
An das Gebirge schließt sich ein Hochland an mit Durchschnittshöhen von 2000 m bis 2500 m. Es ist von Wadis durchzogen; das bekannteste ist das parallel zur Südküste verlaufende Wadi Hadramaut. Nach Nordosten hin fällt das Hochland in Stufen zur zentralarabischen Sandwüste ar-Rubʿ al-chali ab.
Klima
Die Inseln und die Küstenebene sind feuchtheiß und insgesamt sehr niederschlagsarm (Aden: Januarmittel 25 °C, Junimittel 33 °C, 40 mm Jahresniederschlag). Hier ist die Luftfeuchte mit 60 % bis 85 % das ganze Jahr über sehr hoch. Der Niederschlag ist ganzjährig äußerst gering und beträgt meist nur zwischen 25 mm und 150 mm, was mit 5 bis 15 Regentagen im Jahr gleichzusetzen ist. In der Winterhälfte des Jahres ist es sehr warm bei 19 °C bis 23 °C in der Nacht und 28 °C bis 31 °C am Tag. Die Sommer werden durch die hohe Luftfeuchte sowie Tagestemperaturen von 34 °C bis 38 °C und mehr häufig unerträglich heiß. Dazu sinken die Nachtwerte meist nicht unter 26 °C, oft gibt es sogar Perioden von Tropennächten mit beständig über 30 °C. Die einzige, jedoch sehr seltene Abkühlung im Sommer bringen gelegentliche Ausläufer des indischen Monsuns, die es mit leichten Regenschauern manchmal bis an die jemenitische Südostküste schaffen (an der Westküste bleiben sie gänzlich aus). Dem stehen allerdings hin und wieder auftretende Hitzewellen von 40 °C und darüber gegenüber. Ein Phänomen an den Küsten ist nicht selten auftretender Morgennebel, den die heißen Sonnenstrahlen jedoch bald lichten. An der Westküste handelt es sich weitgehend um Winternebel, an der Südostküste um Sommernebel.
Das Gebirge nimmt mehr als ein Drittel des Landes ein und wird durch den Hauptgebirgszug des Al-Sarat geprägt. Diese Gebirgsregion kennt viele, sehr dicht besiedelte Becken, die durchwegs auf einer Höhe von 1500 m bis 2500 m liegen. Das Klima zeigt sich hier von einer für die Region sehr milden Seite. Die Winter sind trocken und von hohen Temperaturschwankungen gezeichnet: nächtens kühlt es häufig bis fast auf den Gefrierpunkt ab (0 °C bis 4 °C), während tagsüber die wärmenden Sonnenstrahlen für angenehme Werte sorgen (22 °C bis 24 °C). Der Sommer zeigt sich mäßig feucht, was vor allem der Landwirtschaft zugute kommt. Im jemenitischen Gebirge werden die höchsten Niederschläge verzeichnet. In manchen Gegenden regnet es an bis zu 50 Tagen im Jahr (200 mm bis 700 mm), wobei sich der Schwerpunkt der Niederschläge in die Zeit zwischen März und August einordnen lässt. An Regentagen ist es etwas kühler, ansonsten steigen die Tagestemperaturen auf 26 °C bis 30 °C, in den Nächten bleibt es jedoch bei eher gedämpften Werten von 9 °C bis 13 °C. Die Luftfeuchte ist ganzjährig mittel und pendelt sich bei etwa 40 % ein.
Das Klima im Hochland ist das ganze Jahr über weitgehend trocken (5 bis 25 Regentage). Die Winter sind mild, aber großen Temperaturschwankungen unterworfen (23 °C bis 28 °C tagsüber, 0 °C bis 6 °C nachts), die Sommer relativ heiß mit Tageswerten um 36 °C, denen aber kühle Nächte folgen (10 °C bis 16 °C). An den Wüstenrändern sind Werte von 45 °C keine Seltenheit. Die Luft ist ganzjährig eher trocken (25 % bis 45 %).
Flora und Fauna
- Vegetation
Der Jemen liegt an der Grenze zwischen dem Pflanzenreich der Holarktis und der Paläotropis. Er beherbergt nur in der Küstenebene eine Steppenlandschaft. Zum Bergland hin entspricht die Vegetation der einer Dornbuschsavanne. Im den bis über 3000 m hohen Bergen siedelt eine afroalpine, frostverträgliche Pflanzendecke. Nur im äußersten Osten geht die Vegetation über das Stadium einer Halbwüste allmählich in eine echte Wüste über. Durch jahrtausendelange Bewirtschaftung (Holzeinschlag, Weideverbiss, Ackerbau) sind nur noch Reste naturnaher Pflanzengesellschaften vorhanden.
- Pflanzenwelt
Der Jemen beherbergt eine Fülle endemischer Pflanzenarten. Kleine Mangrovengebiete kommen entlang der Küste des Roten Meeres vor. Akazien bestimmen weitgehend das landschaftliche Bild. In Abhängigkeit von Höhenlage bzw. Niederschlagsmenge – vom trockeneren (tiefe Lagen) zum feuchteren (Höhenlagen) – kommt folgende Zonierung vor: Acacia tortilis, Acacia meliffera (Honig-Akazie), Acacia asak, A. etbaica. Sonderstandorte besiedeln A. ehrenbergiana in Wadis und A. oerfota (von urfut, die „stinkende“) in Dorfnähe bzw. Wüstungen anzeigend. Der Jemen war im Altertum berühmt durch seine „Duftsträucher“ (Weihrauchstraße). Weihrauch (Boswellia sacra) auf dem Hochplateau des Jol im Süden, Myrrhen- (Commiphora erythrea, C. myrrha) und Balsamstrauch (C. opobalsamum) wachsen in den feuchten, westlichen Berghängen. Die imposant blühende Wüstenrose (Adenium obesum) gilt als Nationalbaum des Landes. In tief eingeschnittenen Wadis wachsen große Würgefeigen (Ficus sycomorus) und Tamarinden (Tamarindus indica). Aus der Gruppe der Hirsen wachsen Kolbenhirse (Pennisetum) eher in den Tieflagen der Tihama und Rispenhirse (Panicum miliaceum) eher in den Gebirgslagen. In den Hochlagen wachsen Weizen und Gerste. Kaffee kommt in Höhenlagen ca. zwischen 1000 und 2000 m vor, wobei die Untergrenze durch Hitze, die Obergrenze durch Frost gebildet wird. Der ökologisch wesentlich anspruchslosere Qat, der bekannte Drogenstrauch im Jemen, hat den Kaffee bereits weitgehend verdrängt. Hennasträucher wachsen in mittleren Höhenlagen bei ausreichender Wasserversorgung. Kultivierte Dattelpalmen (Phoenix dactylifera) kommen entlang von Flussläufen mit hohem Grundwasserstand vor. Okra, Peperoni und Dicke Bohnen sind wichtige Gemüsekulturen. Im Tiefland wird tropisches Obst wie Papaya und Bananen kultiviert, in den Bergen wachsen Äpfel und Birnen. Melonen kommen in fast allen Höhenlagen vor.
- Tierwelt
Für ein Trockengebiet ist die Fülle von Reptilienarten normal. Die Lage an der Südwestzone der Arabischen Halbinsel hat diverse Endemiten hervorgebracht, die nur im Jemen leben. So wurde der auf Bäume kletternde Jemen-Waran (Varanus jemense) erst 1988 wissenschaftlich beschrieben. Bis 1985 war der Wissenschaft die Existenz dieser Tierart unbekannt. Das Jemen-Chamäleon (Chamaeleo calyptratus) und die Jemen-Agame (Acanthocerus adramitanus) sind weitere farbenprächtige endemische Vertreter. Auch die Vogelwelt ist aufgrund Lage und Topographie des Landes reichhaltig. Goliathreiher (Ardea goliath) an den Küsten, spektakuläre Arten wie Hammerkopf (Scopus umbretta), Abessinische Blauracken und diverse Nektarvögel an Wadis der Gebirgstihama, Steppenadler (Aquila nipalensis orientalis) und Schlangenadler (Circaetus gallicus), diverse Weihen (Circus) im Bergland, sowie Gänsegeier überall im Land, wo großes Aas sie anlockt, sind auffallende Vertreter der Vögel. Wild lebende Säugetiere sind wegen extremer Bejagung selten geworden. Gebirgstiere wie der Nubischer Steinbock und Steppentiere wie die Oryxantilope sind bereits ausgestorben oder vom Aussterben bedroht. Paviane existieren noch in unzugänglichen Lagen des Dschabal Burrah. Von ihnen leben Einzelexemplare von Leoparden. Es sollen auch noch kleinere Populationen von Hyänen vorkommen. Der Golf von Aden ist reich an Fischen, besonders an Sardinen, Thunfischen und Haien.
Bevölkerung
Die Bevölkerung des Jemen ist durch einen hohen Anteil junger Menschen gekennzeichnet: 46,7 % der Bevölkerung waren 2004 jünger als 15 Jahre. 26 % der Jemeniten lebten im selben Jahr in Städten; die Lebenserwartung lag bei 61 Jahren. Das Bevölkerungswachstum lag zwischen 1994 und 2004 im Durchschnitt bei 3,4 %.
Ethnische Gliederung
Rund 97 % der Einwohner sind Araber. In der Tihama zeigen sich einige Einflüsse aus Afrika. Die Bevölkerungsgruppe der Achhdam soll äthiopisch-afrikanischen Ursprungs sein. Die Achdam sind bis heute eine diskriminierte „Kaste“ in der jemenitischen Gesellschaft, was zu Problemen führt. Etwa 1 % der Bevölkerung sind pakistanische oder indisch-muslimische Gastarbeiter, etwa 2 % ethnische Somali, von denen viele schon länger im Lande leben.
In jüngerer Zeit versuchen vermehrt Äthiopier und Somalier vom nordsomalischen Boosaaso aus als Bootsflüchtlinge nach Jemen zu gelangen. Die Somalier erhalten dabei meist Flüchtlingsstatus und verbleiben in Lagern im Jemen, während die Äthiopier als Gastarbeiter in andere arabische Staaten gehen.
Amtssprache ist Hocharabisch. Daneben werden Beduinendialekte und südarabische Sprachen verwendet. Zur Kommunikation taugliche Fremdsprachenkenntnisse sind selbst im Süden sehr selten; die am meisten an den Schulen unterrichtete Fremdsprache ist Englisch, welche vor allem im von ehemals von Großbritannien kolonisierten Süden verbreitet ist.
- Siehe auch: Wayilah
Religion
Mit wenigen Ausnahmen sind alle Einwohner des Jemens Moslems. Der größere Teil der Bevölkerung sind sunnitische Schafiiten, ein kleinerer Teil gehört zu den schiitischen Zaiditen.[2] Im Nordjemen gibt es eine geringe Minderheit von Ismailiten, dort lebt auch eine weniger als 500 Mitglieder zählende jüdische Gemeinde.
Um die Ausbreitung von fundamentalistischen Gedankengut zu begrenzen, darf der islamische Religionsunterricht keine Inhalte abseits des von der Regierung erlaubten Lehrplans vermitteln. 4500 Religionsschulen wurden geschlossen und ausländische Schüler der Einrichtungen wurden des Landes verwiesen. Wiederholt wurden religiös motivierte bewaffnete Aufstände durch das Militär bekämpft; zuletzt seit 2004 im nördlichen Gouvernement Sa'da. Die al-Haq-Partei, deren Führer mit den aufständischen Verbindungen gehabt haben sollen, wurde 2007 verboten. Die Regierung versucht durch Überwachung von Predigten in den Moscheen und durch die Observation der Aktivitäten islamischer Organisationen, den Extremismus einzudämmen.[3] Im Jemen befinden sich allerdings mehrere große salafitische Religionsschulen, so z.B. das "Dar al-Hadith" in Dammaj bei Saadah.
Die Verfassung des Jemen erklärt den Islam zur Staatsreligion und verlangt, dass der Präsident der Republik seinen Pflichten als Moslem nachkommen muss. Gleichzeitig räumt die Verfassung Glaubensfreiheit ein. Dies wird von der Regierung nur zum Teil umgesetzt: Missionierung und Proselytismus unter Muslimen sind verboten, für die Errichtung von nicht-islamischen Gebetshäusern benötigt man eine spezielle Genehmigung, Nicht-Moslems dürfen zwar an Wahlen teilnehmen, dürfen sich aber nicht zur Wahl stellen. Öffentliche Schulen bieten nur islamischen Religionsunterricht.[3] Der öffentliche Genuss von Alkohol ist im Jemen nach islamischem Recht strafbar. Homosexuelle Handlungen sind ebenfalls verboten und können mit dem Tod bestraft werden.[4]
Soziale Lage
Ein Sozialversicherungssystem existiert nicht; wichtigster Träger der sozialen Absicherung ist nach wie vor der traditionelle Familienverband. Die sinkenden Öleinnahmen und die vom massiven Bevölkerungswachstum und Wassermangel verschärfte soziale Krise bedrohen die Stabilität des jemenitischen Staates zusätzlich.
Nach Angaben des Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) waren im Jemen rund 80.000 Flüchtlinge aus Afrika, davon über 68.000 aus Somalia, registriert. Allein 2005 wurden über 10.000 weitere afrikanische Flüchtlinge aufgenommen. Bei der von Schmugglerbanden organisierten Flucht übers Meer ertranken am 5. September 2005 vor der Küste des Jemen mindestens 58 Flüchtlinge aus Somalia, weitere 155 wurden vermisst, nachdem man sie mehrere Kilometer vor der Küste gezwungen hatte, an Land zu schwimmen. Weitere Unglücksfälle ereigneten sich laut UNHCR auch in den folgenden Monaten.
Bildung
Für 2005 wurde geschätzt, dass 73 % der Männer und 35 % der Frauen lesen und schreiben können. Somit lag die Analphabetenquote in der Bevölkerung über 15 Jahre knapp unter 50 %. Obwohl es nach dem Gesetzen des Jemens Schulpflicht gibt und der Schulbesuch kostenlos ist, wird die Grundschule nur von etwa 75 % der Kinder besucht. Für Mädchen ist der Anteil sogar noch niedriger, nur 65 % der schulpflichtigen Mädchen gehen zur Schule. Nach Beendigung der Grundschule erhalten nur 37 % der Jugendlichen, oder 26 % der Mädchen, eine weitergehende Ausbildung. Diese niedrigen Prozentsätze sind einerseits den mit dem Schulbesuch verbundenen Kosten (10 $ pro Kind und Jahr), andererseits dem Fehlen der nötigen Infrastruktur geschuldet. Bildungseinrichtungen und Unterrichtsmaterial sind nicht genügend vorhanden und in schlechter Qualität.[5]
Die Ausgaben der Regierung für Bildung sind von 4,5 % des BIP im Jahr 1995 auf 9,6 % des BIP im Jahr 2005 gestiegen. Mit Unterstützung internationaler Organisationen werden mehrere Programme zur Verbesserung der schulischen Infrastruktur sowie zur Verminderung der Benachteiligung von Mädchen durchgeführt.[5]
Der Jemen verfügt über sieben staatliche und acht private Universitäten.[6] Die bedeutendste Universität des Landes ist die 1970 in Sanaa gegründete Universität Sanaa, ebenfalls 1970 wurde der Vorläufer der Universität Aden gegründet. Die Zahl derjenigen, die heute auch auf eigene Kosten im Ausland studieren, wächst; die jemenitischen Universitäten bleiben stark von ausländischem Personal abhängig. Verbreitetste Fremdsprache ist Englisch; der Verbreitungsgrad von Fremdsprachen ist jedoch sehr gering.[7] Nach dem 11. September 2001 wurden ausländischen Studenten sowohl Stipendien als auch Visa gestrichen, wodurch diese zur Ausreise gezwungen waren.
Gesundheitssystem
Der Jemen hat in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte beim Ausbau und der Verbesserung seines Gesundheitssystems gemacht. Trotzdem ist das Gesundheitssystems unterentwickelt. Im Jahr 2004 wurden für Gesundheit 5 % des Bruttoinlandsproduktes ausgegeben. Die WHO schätzte, dass die Ausgaben pro Kopf 34 US-Dollar betrugen, was verglichen mit anderen Ländern des Nahen Ostens sehr niedrig ist. 2004 kamen auf 10.000 Personen drei Ärzte, 2005 gab es 6,1 Krankenhausbetten für 10.000 Einwohner.[3]
Die Versorgung mit medizinischen Dienstleistungen ist besonders auf dem Lande sehr schlecht. Während 80 % der Städte über medizinische Einrichtungen verfügen, sind es nur 25 % der ländlichen Gegenden. Notarztdienste oder Blutbanken gibt es nicht. Viele Kinder sterben an Krankheiten, gegen die es Impfungen gibt oder die sonst verhinderbar wären. Die Zahl der HIV-positiven Einwohner Jemens wurde für das Jahr 2003 auf 12.000 geschätzt.[3]
Die Lebenserwartung ist in den vergangenen zehn Jahren um 14 Jahre gestiegen, bleibt jedoch auch im Vergleich mit anderen Entwicklungsländern niedrig. Sie liegt bei etwa 62,5 Jahren (60,6 Jahre für Männer, 64,5 Jahre für Frauen). Die Fruchtbarkeitsrate lag 2007 bei fast 6,5 Kindern pro Frau. Die Kindersterblichkeit betrug im gleichen Zeitraum 58 pro 1000 Lebendgeburten.[3]
Geschichte
Vorislamische Zeit

In der vorislamischen Zeit unter den Kulturen der Minäer und Sabäer (ab dem 2. Jahrtausend v. Chr.) entwickelte sich das Gebiet des heutigen Jemen als Drehscheibe des Fernhandels zwischen Ostafrika, Indien und dem Mittelmeerraum und Hauptlieferant begehrter Erzeugnisse wie Edelsteine, Gewürze, Weihrauch und Myrrhe zum politischen und kulturellen Zentrum Arabiens. Die wirtschaftliche Grundlage bildete eine hochentwickelte Bewässerungstechnik, die den Regen aus dem Gebirge nutzbar machte. Die bedeutendste Anlage war der (heute als Großprojekt neu konstruierte) Damm von Marib (8. Jahrhundert v. Chr.).
Unter mehreren regionalen Königreichen übte Saba besonders vom 6. bis 4. Jahrhundert v. Chr. eine gewisse Vormachtstellung aus. Mit der Gründung der neuen Hauptstadt Zafar um 20 v. Chr. begann der Aufstieg des Himjariten-Reichs (bis 525 n. Chr.). Die Römer nannten den Jemen wegen seiner Reichtümer Arabia Felix (glückliches Arabien). Ihr Versuch, das Land zu erobern, scheiterte. Nach ihrer Niederlage gegen die Römer im Ersten Jüdischen Krieg 70 n. Chr. brachten Flüchtlinge das Judentum in den Jemen. Zwar gelang den Himjariten im 3. Jahrhundert nochmals die Einigung des Landes, doch wurde es 525 vom äthiopischen Königreich Aksum erobert.
Unter äthiopischem Einfluss verbreitete sich in Teilen Südarabiens das Christentum. Von 570 bis 627 war der Jemen eine Provinz des Persischen Reiches.
Siegeszug des schiitischen Islam

Im 7. Jahrhundert breitete sich die Lehre des Propheten Mohammed auf der Arabischen Halbinsel aus. Der letzte persische Statthalter, Badham, wurde 628 Muslim; der Jemen fiel damit an das Kalifenreich. Aufgrund religiös-politischer Machtkämpfe zerfiel dieses Ende des 9. Jahrhunderts in Teilstaaten. Unter den schiitischen Zaiditen wurde der Jemen im 10. Jahrhundert ein unabhängiges Imamat, das rund ein Jahrtausend lang, von Phasen der Eigenständigkeit unterbrochen, unter Fremdherrschaft stand: unter den Fatimiden (11./12. Jahrhundert), den Ayyubiden (12./13. Jahrhundert), den Rasuliden (13.–15. Jh.) und schließlich ab 1517 unter osmanischer Herrschaft. Im 16. Jahrhundert besetzten die Portugiesen zeitweise Aden und Sokotra.
Aufteilung unter Briten und Türken
1839 besetzten die Briten Aden, das zum Stützpunkt auf dem bedeutenden Seeweg nach Indien wurde (ab 1937 Kronkolonie). Mit der Eröffnung des Sueskanals 1869 stieg die strategische Bedeutung Adens für Großbritannien weiter. 1905 legten das Osmanische Reich und Großbritannien die Grenze zwischen ihren Protektoraten fest. Nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg wurde der Norden Jemens 1918 ein unabhängiges Königreich unter dem Imam Yahya. Dies führte zu einem Territorialkonflikt mit Saudi-Arabien, der sich 1934 in einem Krieg zwischen den beiden Monarchien entlud. 1944 gründeten im Adener Exil Kaufleute, Intellektuelle und religiöse Führer die Oppositionsbewegung der „Freien Jemeniten“ gegen Yahya. Im Verlauf einer Revolte gelang es der Gruppe, diesen 1948 zu ermorden; sein Sohn, Imam Ahmad, konnte den Aufstand jedoch niederschlagen. Ein weiterer Aufstand scheiterte 1955.
Zwei unabhängige Staaten
Allerdings war es den konservativen Imamen im Nordjemen nicht gelungen, das Land zu modernisieren. Nach dem Tod des Imam Ahmad stürzte am 26. September 1962 eine Gruppe nationalistischer, sunnitischer Offiziere unter der Führung von General Abdallah as-Sallal die zaiditische Monarchie und proklamierte im Norden die Jemenitische Arabische Republik. Der letzte zaiditische Imam, Muhammad al-Badr, floh in die Berge zu loyalen Stämmen. Im darauf ausbrechenden achtjährigen Bürgerkrieg zwischen Royalisten und Republikanern unterstützte Saudi-Arabien die gestürzte Monarchie, während Ägypten den Republikanern half, die schließlich die Oberhand behielten. Auch nach der Niederlage von al-Badr blieb die politische Lage instabil.
Auch der Süden wurde von politischen Unruhen erschüttert. 1963 begann die neugegründete „Nationale Befreiungsfront“ (NLF) einen Guerillakrieg gegen die Kolonialmacht Großbritannien. Nachdem dieses für 1968 die Unabhängigkeit in Aussicht gestellt hatte, konnte die NLF mit Hilfe der Bevölkerung die meisten Gebiete der Kronkolonie unter ihre Kontrolle bringen. Großbritannien nahm daraufhin Verhandlungen mit der NLF auf und zog seine Truppen zurück. Am 30. November 1967 rief die NLF die Demokratische Volksrepublik Jemen aus. Die neue Regierung unter Qahtan Muhammad asch-Scha'abi verfolgte von Beginn an einen sozialistischen Kurs und lehnte sich eng an die Sowjetunion an.
Nach dem Sturz von as-Sallal 1967 folgten im Norden häufige Regierungswechsel und Attentate. Präsident Abdurrahman al-Iriani wurde 1974 gestürzt, Präsident Ibrahim Muhammad al-Hamadi 1977 ermordet und Präsident Hussein al-Ghashmi 1978 ebenfalls ermordet. Ein weiteres Konfliktpotential bot der sich zuspitzende Gegensatz zwischen den fundamentalistischen schiitischen Stammesföderationen im Nordosten und der überwiegend sunnitischen, modernen, westlichen Strömungen gegenüber aufgeschlossenen Stadtbevölkerung.
Der Süden erhielt 1970 eine neue Verfassung, nachdem 1969 Salim Rabi Ali neues Staatsoberhaupt wurde. 1976 kam es nach wiederholten Zusammenstößen zu einer Aussöhnung mit Saudi-Arabien, das ebenso wie Kuwait umfangreiche Wirtschaftshilfe anbot. 1978 war kurzzeitig Ali Nasir Muhammad Staatsoberhaupt, der im gleichen Jahr von Abd al-Fatah Ismail abgelöst wurde. 1980 nahm erneut Muhammad diese Position ein. Auch die wirtschaftliche Bindung an den Ostblock verstärkte sich. 1986 kam es zu einem zweiwöchigen Bürgerkrieg, der mehreren tausend Menschen das Leben kostete und Haidar Abu Bakr al-Attas an die Macht brachte. Es herrschte eine marxistische Einheitspartei, die Jemenitische Sozialistische Partei.
1972, 1979 und 1981 kam es immer wieder zu Grenzzwischenfällen zwischen dem Norden und dem Süden. Parallel dazu fanden Verhandlungen statt, die eine politische Union der beiden Staaten zum Ziel hatten. 1973 scheiterte ein Vorstoß noch am nordjemenitischen Widerstand, doch verbesserten sich die bilateralen Beziehungen seit Beginn der 1980er Jahre.
Wiedervereinigung und Bürgerkrieg
Am 22. Januar 1990 verkündeten die Ministerpräsidenten beider Staaten die Öffnung ihrer gemeinsamen Grenze. Am 22. Mai desselben Jahres schlossen sich die Arabische Republik Jemen und die Demokratische Volksrepublik Jemen zur Republik Jemen zusammen. Der erste gesamtjemenitische Präsident wurde Ali Abdullah Salih, der seit 1978 die Republik Jemen regierte. Im Golfkrieg von 1990 hatte Jemen noch den Irak unterstützt, konnte aber 1999 die Beziehungen zu Kuwait normalisieren.
1993 fanden im Jemen die ersten freien Wahlen statt, in denen sich drei große Parteien gegenüber standen: Der Allgemeine Volkskongress – ehemals Einheitspartei im Nordjemen –, die Sozialistische Partei – ehemals Einheitspartei des Südjemen - sowie die Jemenitische Vereinigung für Reformen (Islah). Die Koalition von Islah und Volkskongress wurde fast Modell für eine arabische Demokratisierung. Allerdings behielten alle Parteien ihre Truppen, was durch militärische Ausgewogenheit für Stabilität sorgte. Die Parlamentswahl im April 1997 wurde von den Sozialisten boykottiert, da sie nach dem Bürgerkrieg von 1994 in der südjemenitischen Stammwählerschaft diskreditiert waren und sie aufgrund der Konfiszierung ihrer Konten und Immobilien nach Beendigung des Krieges nicht über die für eine Wahlkampagne nötigen Ressourcen verfügten, so dass Präsident Salih fortan mit einer absoluten Mehrheit ohne die Islah regieren konnte.
Zunehmender Autoritarismus
Am 23. September 1999 wurde Salih ein fünftes Mal zum Präsidenten gewählt. Sein einziger Gegenkandidat, der langjährige Parlamentsvorsitzende und Scheich Abdallah al-Ahmar, war aus dessen eigenen Reihen ausgewählt worden und somit entfielen 96,3 % der Stimmen auf Salih. In nur sechs Jahren war das Land wieder zu einem Einparteienstaat geworden.
Im Februar 2001 konnte die Staatspartei ihre Macht mit einer durch ein Referendum abgesicherte dritte Verfassungsreform stärken. Der Konsultationsrat wurde in eine zweite Kammer umgewandelt (Madschlis asch-Schura) und die präsidiale Amtszeit dauert nun sieben statt fünf Jahre. Umgehend wurde der Druck auf die Oppositionsparteien erhöht, obwohl die Regionalwahlen im Februar 2002 durch ein Dezentralisierungsgesetz zu pluralistischen Gemeinde- und Regionalräten führten.
Salih selbst kündigte an, dass er bei den nächsten Präsidentschaftswahlen nicht antreten werde. Diese Entscheidung revidierte er im Juni 2006, nachdem in – von seiner Partei organisierten – Massendemonstrationen seine erneute Kandidatur gefordert worden war. 2006 siegte Ali Abdullah Salih bei den ersten von echter Konkurrenz geprägten Präsidentschaftswahlen auf der arabischen Halbinsel gegen den Kandidaten des Oppositionsbündnisses "Gemeinsames Treffen", Faisal bin Schamlan, mit 77,2 % der Stimmen.
Verschlechterte Sicherheitslage
Seit der Abschiebung jemenitischer Wanderarbeiter aus Saudi-Arabien 1991 haben Anschläge auf westliche Einrichtungen und Touristen im Jemen zugenommen. Auch Anschläge im Ausland wurden mit terroristischen Strukturen im Jemen (wie "Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel") in Verbindung gebracht. Am 27. Februar wurde in Sanaa die Todesstrafe gegen den Mörder dreier US-amerikanischer Mitarbeiter eines Missionskrankenhauses in Dschibla im Dezember 2002 vollstreckt.
Der militärische Konflikt mit der zaiditischen al-Huthi-Bewegung im Nordjemen, der sich auch auf angrenzende Gouvernorate und Saudi-Arabien ausgedehnt hat, hat Tausende Todesopfer gefordert und schätzungsweise 77.000 Zivilisten in die Flucht getrieben. Hussein Badr ed-Din al-Huthi war bereits im September 2004 nach einer dreimonatigen Rebellion getötet worden. Präsident Salih gewährte am 25. September 2005 den inhaftierten Anhängern (über 600 Personen) des schiitischen Predigers Amnestie; allerdings kam es später zu neuen Festnahmen und Verurteilungen, auch Todesstrafen.
In letzter Zeit kam es immer wieder zu Entführungen ausländischer Touristen. Diese haben anders als im Irak oder in Afghanistan in der Regel keinen islamistischen oder ideologischen Hintergrund. Den Entführern ging es vielmehr meist darum, die Geiseln als Druckmittel gegenüber der Regierung zu benutzen, so etwa für die Freilassung von inhaftierten Stammesangehörigen oder den Bau von Schulen oder Straßen in ihrer Region. Am 28. Dezember 2005 wurde der auf einer privaten Reise im Jemen weilende frühere Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Jürgen Chrobog, zusammen mit seiner Familie entführt, aber bereits am 31. Dezember wieder freigelassen. Dabei handelte es sich um die dritte Entführung von Ausländern innerhalb weniger Wochen. Am Weihnachtswochenende waren zwei Österreicher nach mehrtägiger Entführung freigelassen worden, die Geiselnahme von fünf Italienern am 1. Januar 2006 endete fünf Tage später mit deren Freilassung.
Mittels einer spektakulären Flucht gelang es am 3. Februar 2006 einer Gruppe von 23 Gefangenen aus einem Hochsicherheitsgefängnis in Sanaa zu entkommen. Darunter waren auch 13 Angehörige von Al-Qaida, die unter anderem wegen des Anschlags auf das US-amerikanische Kriegsschiff Cole im Oktober 2000 sowie den französischen Öltanker Limbourg am 6. Oktober 2002 inhaftiert worden waren. Neun der Ausbrecher konnten bis zum Mai 2006 wieder gefasst werden. Ein großer Teil der in Guantanamo Inhaftierten stammt aus dem Jemen. Einen ungewöhnlichen Weg ging die jemenitische Regierung mit dem von dem Richter al-Hitar geleiteten Umerziehungsprogramm für inhaftierte Islamisten.
Politik
- Siehe auch: Liste der Staatsoberhäupter des Jemen
System
Gemäß der Verfassung von 1994, zuletzt geändert 2001, ist Jemen eine Islamische Präsidialrepublik. Das Parlament, die Madschlis asch-Schura, wird alle sechs Jahre gewählt und besteht aus 301 Abgeordneten (159 aus dem Norden und 111 aus dem Süden sowie 31 politische Persönlichkeiten, die die „nationalen Kräfte“ repräsentieren). Das Staatsoberhaupt wird alle sieben Jahre gewählt mit der Möglichkeit der einmaligen Wiederwahl. Alle Jemeniten im Alter ab 18 Jahren verfügen über das Wahlrecht.
Die letzten Parlamentswahlen vom 27. April 2003 gewann der Allgemeine Volkskongress (MSA) mit 238 (1997: 187) Sitzen. Die Vereinigung für Reformen (Islah; erhält seit der Rückkehr von Mujaheddin aus Afghanistan in ihre Heimatländer politischen Auftrieb) gewann daneben 46 (53), die Sozialistische Partei Jemens (YSP) 8 (0), die Nasseristische Unionistische Volkspartei (TWSN) gemeinsam mit der Arabischen Sozialistischen Baath-Partei (Baath) 5 (7) und unabhängige Kandidaten 4 (54) Sitze. [8]
Am 23. September 2006 wurde Präsident Salih unter Protesten der Oppositionsparteien für eine weitere Amtszeit wiedergewählt. Seinem Sohn Ahmad Salih wird die Absicht nachgesagt, seinem Vater 2013 nachzufolgen.
Innenpolitik
Seit 2004 bemüht sich die Regierung, den Aufstand der zaiditischen Bewegung "Gläubige Jugend" (الشباب المؤمنين) unter der Führung der al-Huthi-Familie im Gouvernorat Saada niederzuschlagen. Die "Gläubige Jugend" wendet sich gegen sunnitisch-wahhabitische Bekehrungskampagnen im zaiditischen Norden, gegen die Benachteiligung der an der saudischen Grenze gelegenen, traditionell antirepublikanischen Gouvernorate bei der Entwicklung des Landes und gegen die jemenitische Regierung, die als Verbündeter der Vereinigten Staaten wahrgenommen wird.
Die "Hirak"-Bewegung hingegen betreibt in Anknüpfung an den Bürgerkrieg von 1994 eine Sezession des Südjemens. Zu ihren Führern gehören der im Exil lebende ehemalige sozialistische südjemenitische Präsident Salim al-Bid, aber auch prominente Islamisten. Seit Anfang 2009 flackern auch in den südlichen Gouvernoraten des Landes (insbesondere Lahedsch, Aden, Abjan) gewaltsame Proteste gegen die Vormachtstellung der nordjemenitischen Elite auf.
Der Konflikt nährt Befürchtungen, dass dem Staat die - ohnehin durch die Stammesstrukturen beschränkte - Kontrolle entgleitet und der Jemen wie Afghanistan oder Somalia zu einem "gescheiterten Staat" werden könnte, der terroristischen Bewegungen Zuflucht bietet. In diesem Zusammenhang besteht auch die Gefahr, dass Al-Kaida-Terroristen aus Somalia und Jemen verstärkt zusammenarbeiten.[9] Andererseits ist die Situation im Jemen insofern besonders, als die Organe des jemenitischen Staates grundsätzlich nach wie vor effektive Kontrolle über alle Teile seines Territoriums ausüben, und die Stämme weder ethnisch divers sind noch in größeren Verbänden miteinander im Konflikt stehen. In großen Teilen des Landes, vor allem den Städten und im postkommunistischen Süden, spielen Stammesstrukturen heutzutage keine politische Rolle mehr. Dennoch beschränkt die mangelnde Ausstattung und Korruptionsanfälligkeit der Sicherheitsorgane in einem geographisch weit ausgedehnten und zunehmend armen Land die Interventionsmöglichkeiten des Staates.
Justizwesen
Der Islam ist Staatsreligion, es gilt die Scharia. Die strenge Ausrichtung des Rechtes führt zur Verweigerung vieler Menschenrechte, wie zum Beispiel die freie Wahl der Religion. Homosexuelle Handlungen stehen unter Strafe. Das Strafmaß reicht hierbei von Geldstrafen und Auspeitschung bis hin zur Todesstrafe für homosexuellen Geschlechtsverkehr.[10] Das Schutzalter, von dem ab eine Person juristisch als einwilligungsfähig bezüglich heterosexueller Handlungen angesehen wird, wurde 1999 von ehemals 15 Jahren auf den Beginn der Pubertät gesenkt, womit im Jemen im Regelfall ein Alter von neun Jahren gemeint ist. Damit gehört das Schutzalter in Jemen zu den tiefsten weltweit, Kinderheiraten sind nicht selten. Für weltweite Schlagzeilen sorgte in diesem Zusammenhang Anfang 2008 der Fall eines achtjährigen Mädchens, das vor Gericht die Scheidung von ihrem 22 Jahre älteren Ehemann erstritt.[11] Ende Februar 2009 beschloss das jemenitische Parlament ein Gesetz, das das Mindestalter für Heiraten auf 17 Jahre festlegt. Gegen dieses Gesetz wandte sich eine Gruppe prominenter religiöser Persönlichkeiten des Jemen, die es als unvereinbar mit der Scharia bezeichneten.[12]
Außenpolitik
Der Jemen ist Mitglied der Vereinten Nationen (UNO) und der Arabischen Liga. Jemen will Mitglied des Golfkooperationsrates werden. Im Januar 2002 trat der Jemen dem Golf-Kooperationsrat bei, vorerst nur als Beobachter. Der Jemen beschuldigt jedoch den Iran, den Aufstand der jemenitischen Schiiten im eigenen Interesse zu unterstützen.
Die Vereinigten Staaten und den Jemen verbindet der Anti-Terrorkampf, aber die Beziehungen sind immer wieder belastet. Der Jemen schlägt seit Beginn der Zweiten Intifada in Palästina eine härtere Gangart im Nahostkonflikt ein und ist bei der Zusammenarbeit für mehr Sicherheit zaghaft. Aber auch der Einsatz einer US-Drohne, die am 3. November 2002 sechs mutmaßliche Al-Qaida-Kämpfer im Jemen tötete, sowie die Ermordung dreier amerikanischer Missionare am 31. Dezember 2002 belasten die Beziehungen. Trotzdem ist Washington an einer Stärkung der jemenitischen Regierung interessiert. 2004 empfing US-Präsident George W. Bush Ali Abdullah Salih im Weißen Haus.
Der Konflikt um den genauen Grenzverlauf zum Sultanat Oman wurde beigelegt. Im Abkommen von Dschidda wurden die Grenzstreitigkeiten mit Saudi-Arabien beendet. Jemen erhielt einen Gebietsstreifen, unter dem sich höchstwahrscheinlich Erdöl befindet, und akzeptierte im Gegenzug das Abkommen von Taif 1934, in dem Imam Yahya bin Muhammad Saudi-Arabien zwei Provinzen überließ. In Bezug auf die Hanischinseln wurde der Internationale Gerichtshof angerufen, der im Oktober 1998 gegen Eritrea entschied.
1998 wurden diplomatische Beziehungen zwischen Jemen und dem Heiligen Stuhl aufgenommen, und Frankreich stufte den Jemen als „Zone de solidarité prioritaire“ ein, was eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern bedeutet. Im Somalia-Konflikt konnte die jemenitische Regierung im Dezember 2000 mit Erfolg vermitteln.
Verwaltungsgliederung
Der Jemen gliedert sich in 21 Gouvernements.[13]
Städte
- Siehe auch: Landkarte des Jemen.
Die größten Städte sind (Stand 1. Januar 2005): Sanaa 1.937.451 Einwohner, al-Hudaida 617.888 Einwohner, Taizz 615.467 Einwohner, Aden 550.744 Einwohner und al-Mukalla 258.428 Einwohner.
Wirtschaft

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs 2004 um 2,7 %. Die Landwirtschaft hatte einen Anteil von 14 %, die Industrie von 38 % und der Dienstleistungssektor von 49 % am BIP. Beschäftigt waren 1999 48,5 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft, 15,1 % in der Industrie und 36,4 % im Dienstleistungssektor. Die Arbeitslosigkeit lag 2003 im Durchschnitt bei 25 % und die Inflation bei 17,7 %. 2003 entfielen 5,5 % des BIP auf das Gesundheitswesen, 9,6 % auf das Bildungswesen und 7,1 % auf das Militär.
Landwirtschaft
Ackerbau ist trotz Ausweitung der künstlichen Bewässerung nur auf etwa 7 % der Landesfläche möglich. Ungeachtet dessen bestimmt die Landwirtschaft einen größeren Teil der jemenitischen Wirtschaft. Die wichtigsten Anbauprodukte sind Hirse, Kartoffeln, Gerste und andere Getreide wie Weizen, sowie verschiedene Früchte, Baumwolle und Tabak. Des Weiteren werden Kaffee und der Kathstrauch angebaut, dessen Blätter gekaut werden können und eine beliebte Alltagsdroge im Jemen sind. Außerdem werden vor allem in den Küstengebieten Dattelpalmen angebaut. Im letzten Jahrzehnt ist die Anbaufläche des Khat stark erweitert worden. Die Viehzucht liegt traditionell weitgehend in den Händen nomadischer Beduinen. Die wichtigsten Fleischlieferanten sind Ziegen, Schafe und Geflügel. Der Fischfang hat sich zu einem wichtigen Wirtschaftszweig entwickelt.
Bergbau und Industrie
In der Nähe von Marib und Schabwah befinden sich einige mittelgroße Ölfelder, die von Gesellschaften unter anderem aus den USA, Frankreich und Südkorea ausgebeutet werden. Jährlich werden in Jemen 2-10 Millionen Tonnen Erdöl gefördert. Allerdings wird damit gerechnet, dass die jemenitischen Ölvorräte nur noch bis zum Jahr 2017 ausreichen. [14] Das ist deshalb ein großes Problem, weil sich das BIP Jemens zu einem Drittel auf dessen Export stützt. Im Zuge des Abbaus wurde jedoch versäumt, die so erwirtschafteten Mittel in zukunftsträchtige Branchen zu investieren. So droht dem Jemen in weniger als einem Jahrzehnt ein wirtschaftlicher Kollaps, sollte nicht ein zugkräftiger Reformplan zur Erschließung und sinnvollen Nutzung neuer Finanzquellen erarbeitet werden.
Ansonsten wird noch Salz und Kalk abgebaut. Die Industrie befindet sich erst im Aufbau und hat eher regionale Bedeutung. Einzige Großbetriebe des Landes sind bislang eine Erdölraffinerie in Aden und eine Textilfabrik in Sanaa. Daneben werden in Klein- und Handwerksbetrieben mit oft jahrhundertealter Tradition überwiegend für den Inlandsmarkt Agrarprodukte, Textilien und Metall verarbeitet.
Außenhandel
2003 umfasste der Import zu 26 % Maschinen und Transportausrüstungen, zu 24 % Nahrungsmittel und Lebendvieh und zu 16 % bearbeitete Waren. Sie stammten zu 14 % aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, zu 11 % aus Saudi-Arabien, zu 8 % aus Kuwait, zu 6 % aus den USA und zu 5 % aus Indien.
Der Export umfasste zu 90 % Erdöl und -produkte. Er ging zu 32 % in die Volksrepublik China, zu 10 % nach Indien, zu 5 % in die Republik Korea und zu 4 % nach Singapur.
Tourismus
Die Anzahl der Touristen, die 2005 den Jemen besuchten, wurde auf 336.000 geschätzt. Attraktiv für europäische Touristen sind die Altstadt von Sanaa, die historische Hauptstadt Schibam, die Medina von Zabid, die historische Stadt Tarim oder die Ausgrabungen von Baraqish. Erholungstourismus hingegen ist sehr begrenzt.[15][16]
Der Kulturtourismus hat in den letzten Jahren tendenziell stark zugenommen, erleidet aber wegen Sicherheitsbedenken immer wieder Einbrüche.
Die Weiterentwicklung des Tourismus wird nicht zuletzt durch die instabile Sicherheitslage erschwert. Insgesamt selten, aber immer wieder kommt es zu Entführungen und in neuerer Zeit auch zu Anschlägen gegen Überlandreisende, weshalb nach wie vor Reisewarnungen der Außenministerien verschiedener Staaten gelten.[4] Das Auswärtige Amt rät von Reisen in den Jemen ab, warnt aber ausdrücklich nur vor dem Besuch bestimmter Landesteile.
Infrastruktur
Verkehrsnetz
Das Straßennetz im Jemen ist weiter im Aufbau begriffen. Hotels und Restaurants sind in allen größeren Ortschaften vorhanden, wenn auch unter internationalem Standard. Linienbusse, Sammeltaxis und Fluglinien verbinden die großen Städte. In Sanaa und Aden wurden 2006 Taxis mit Taxameter eingeführt.
Für ein Entwicklungsland ist die Infrastruktur des Jemens überraschend gut.[17] Alle größeren Städte sind durch befestigte Straßen (etwa 4.200 km) verbunden. Zwischen kleineren Orten gibt es allerdings oft nur Sand- und Schotterpisten (etwa 26.000 km).
Die wichtigsten Häfen sind Aden, Hodeida und Al-Mukha (Mokka). Internationale Flughäfen gibt es in Aden, Sanaa und Taizz. Doch auch im Süden war eine behutsame Öffnung in Flug- und Schiffsverkehr zu verzeichnen; hier ist jedoch für steigende Einwohnerzahlen bislang die nötige Infrastruktur immer noch nicht vorhanden.
Energieversorgung
Jemen besitzt eigene Erdöl- und Erdgasvorkommen, die jedoch nicht mit dem Rohstoffreichtum der Nachbarländer zu vergleichen sind und deren Erträge zudem zurückgehen. Nach einer von der Regierung beschlossenen Erhöhung der Treibstoffpreise auf fast das Doppelte brachen am 20. Juli 2005 in sechs Provinzen Unruhen aus, bei denen mindestens 39 Personen, darunter zwölf Angehörige der Sicherheitskräfte, ums Leben kamen. In Aden kam es trotz starker Militärpräsenz zu Plünderungen.
Die Treibstoffpreise waren mittels staatlicher Subventionierung bisher niedrig gehalten worden. Durch die zuvor stark gestiegene Nachfrage – sie war von der Regierung auf ein florierendes Schmuggelgeschäft mit den Nachbarländern zurückgeführt worden, da dort die Preise deutlich höher liegen –, war der im Budget veranschlagte Rahmen für Subventionen bereits in den ersten Monaten des Jahres überschritten worden. Die Reduzierung der Subventionen war auch Teil eines mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgehandelten Reformprogramms. Ein Teil der eingesparten Gelder sollte für die Erhöhung der Löhne der Staatsbediensteten und die Anpassung der Renten verwendet werden. Nachdem Präsident Salih eine teilweise Rücknahme der Preiserhöhung zugesagt hatte, beruhigte sich die Lage wieder.
Literatur
- Cornelis van Arendonk: Les débuts de l'imamat zaidite au Yemen. Brill, Leyde 1960.
- Muhammad A. Ba-Faqih: L' unification du Yémen antique – la lutte entre Saba, Himyar et le Hadramawt du Ier au IIIème siècle de l'ère chrétienne. Geuthner, Paris 1990, ISBN 2-7053-0494-0 ISBN 978-2-7053-0494-2 (ISBN 2-7053-0494-2).
- Sheila Carapico: Civil society in Yemen: the political economy of activism in modern Arabia. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1998, ISBN 0-521-03482-5 (Cambridge Middle East Studies. Nr. 9.).
- Paul Dresch: Tribes, government and history in Yemen. Clarendon, Oxford 1989, ISBN 0-19-827331-2.
- Paul Dresch: A history of modern Yemen. Cambridge University Press, New York u. a. 2000, ISBN 0-521-79092-1.
- Iris Glosemeyer: Liberalisierung und Demokratisierung in der Republik Jemen, 1990–1994. Dt. Orient-Institut, Hamburg 1995, ISBN 3-89173-041-1.
- Iris Glosemeyer: Politische Akteure in der Republik Jemen. Wahlen, Parteien und Parlamente. Dt. Orient-Institut, Hamburg 2001, ISBN 3-89173-063-2.
- Marie-Christine Heinze: Weiblichkeit und öffentlicher Raum im Jemen. EB-Verlag, Schenefeld 2006, ISBN 3-936912-51-3.
- Ahmed Al-Hubaishi, Klaus Müller-Hohenstein: An introduction to the vegetation of Yemen. Ecological basis, floristic composition, human influence. Dt. Gesellschaft für technische Zuammenarbeit, Eschborn 1984. (in englisch und arabisch)
- Horst Kopp (Hrsg.): Länderkunde Jemen. Reichert, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89500-500-2.
- Hans Krech: Bewaffnete Konflikte im Süden der Arabischen Halbinsel. Der Dhofarkrieg 1965–75 im Sultanat Oman und der Bürgerkrieg im Jemen 1994. Verlag Dr. Köster, Berlin 1996, ISBN 3-89574-193-0.
- Carmen Rohrbach: Im Reich der Königin von Saba. Auf Karawanenwegen im Jemen. Frederking und Thaler, München 1999, ISBN 3-89405-396-8.
- Peter Wald: Jemen. Antike und Islam. Geschichte, Kultur und Kunst im Südwesten Arabiens. DuMont, Köln 1997, ISBN 3-7701-4091-5.
- Shelagh Weir: Qat in Yemen. Consumption and social change. British Museum Publ., London 1985, ISBN 0-7141-1568-1.
- Reinhold Wepf: Yemen. Land der Königin von Saba. Kümmerly & Frey, Bern 1966.
- Daniel Zadra: Auswirkungen somalischer Piraterie und Flüchtlingsströme auf den Jemen, ein Land im Spannungsfeld zwischen Stammeskultur und Zentralstaat. Universität Wien, Wien 2009 (Diplomarbeit. PDF, 4 MB).
Weblinks
Linkkatalog zum Thema Jemen bei curlie.org (ehemals DMOZ)
- Länderinformationen des Auswärtigen Amtes zu dem Jemen
- Deutsche Botschaft in Sanaa
- Jemenitische Botschaft in Deutschland
- Deutsch-Jemenitische Gesellschaft e.V.
- Faszination Jemen
- (fr) Le Yémen entre judaïsme et christianisme par Christian Robin, Directeur de l'UMR Orient et Méditerranée, Membre de l'Institut.
- Country Profile of Yemen (PDF, 26 S., August 2008, en), Library of Congress – Federal Research Division (128 kB)
- Entwicklungszusammenarbeit mit dem Jemen
- Informationen zu bewaffneten Konflikten im Jemen der Universität Hamburg
- International Crisis Group - Yemen: Coping with Terrorism and Violence in a Fragile State Middle East Report N°8, 8 January 2003
- Yemen Times
- Yemen Observer
- Yemen Directory
Einzelnachweise
- ↑ International Monetary Fund, World Economic Outlook Database, April 2008
- ↑ Zahlenangaben variieren stark. UNHCR: Yemen: The conflict in Saada Governorate - analysis, 24. Juli 2008: Zaydis make up about 45 percent of the population, Sunnis 53 percent. Library of Congress – Federal Research Division: Country Profile: Yemen, August 2008: approximately 30 percent belong to the Zaydi sect of Shia Islam, and about 70 percent follow the Shafii school of Sunni Islam.
- ↑ a b c d e Library of Congress – Federal Research Division: Country Profile: Yemen, August 2008, S. 6
- ↑ a b Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand 3. Januar 2010, besucht am 3. Januar 2010.
- ↑ a b Library of Congress – Federal Research Division: Country Profile: Yemen, August 2008, S. 7
- ↑ Education, Audiovisual and Culture Executive Agency of the European Union: Universitites in Yemen, besucht am 3. Januar 2010.
- ↑ Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland: Jemen: Kulturpolitik, Stand Oktober 2009, besucht am 3. Januar 2010
- ↑ Bericht des „Institut Européen de Recherche sur la Coopération Méditerranéenne et Euro-Arabe“ über die Parlamentswahlen 1993, 1997 und 2003
- ↑ http://www.sabanews.net/en/news202239.htm
- ↑ Reisehinweis des Auswärtigen Amtes zum Jemen
- ↑ Süddeutsche Zeitung: Zwangsehen im Jemen. Acht Jahre alt und geschieden, 16. April 2008
- ↑ [1]
- ↑ Fischer Weltalmanach 2008
- ↑ http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/7739402.stm
- ↑ Library of Congress – Federal Research Division: Country Profile: Yemen, August 2008, S. 12
- ↑ Ministry of Tourism: http://www.yementourism.com, besucht am 3. Januar 2010.
- ↑ Gerd Simper / Petra Brixel, Jemen (5. Aufl. 2003), S. 18
Koordinaten: 16° N, 48° O