Folgen der Gründerkrise
1 Die Folgen der „Großen Depression“
1.1 Die Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Staat
Die Gründerkrise hatte die Folge, dass der Staat wieder mehr in die Wirtschaftsabläufe eingriff. Des Weiteren bildeten sich überregionale Gewerkschaften und als Gegengewicht auch die Arbeitgeberverbände.
Die Gründerkrise hatte gezeigt, dass die vollkommene Heraushaltung des Staates aus der Wirtschaft negative Konsequenzen mit sich ziehen konnte. Konkret bedeutete dies die Abkehr von der Idee des Freihandels.
So führte man Schutzzölle auf ausländische Importe ein, um den deutschen Markt zu schützen. Im Deutschen Reich wurde das Preisniveau künstlich über dem des Weltmarktniveaus gehalten. Diese Zölle wurden sowohl auf Rohstoffe und Fertigwaren als auch auf landwirtschaftliche Erzeugnisse erhoben.
Tatsächlich erhöhten sich die Preise für Industriewaren, der lang anhaltende Aufwärtstrend blieb allerdings aus. Denn die während der Gründerjahre geschaffenen Überkapazitäten existierten schließlich immer noch und konnten auch jetzt noch nicht im Ausland abgesetzt werden, da viele andere europäische Staaten ebenfalls zu ‚protektionistischen’ Maßnahmen griffen.
Der verlorene Glaube an die liberale Wirtschaftspolitik drückte sich auch dadurch aus, dass die Nationalliberale Partei 1871 mit 125 Sitzen im deutschen Reichstag etwa 31% der Plätze besetzte, 1881 aber mit 47 Sitzen nur noch einen Anteil von etwa 12% hatte.
Die von der Krise betroffenen Wirtschaftsbereiche ergänzten die staatlichen Maßnahmen durch eigene. So wurden Kartelle und dessen ähnliche Zusammenschlüsse gegründet, um wettbewerbsbehindernde Absprachen, die vor einem weiteren Preisverfall schützen sollten, zu treffen. Dazu zählt die Regulierung von Preisen, Produktionszahlen und Absatzgebieten.
Des Weiteren schlossen sie sich zum einen zu Interessenverbänden zusammen, um Forderungen gegenüber der Regierung durchzusetzen und zum anderen bildeten sie Arbeitgeberverbände als Gegengewicht zu den Gewerkschaften. Gewerkschaften wurden in dieser Zeit auch immer zahlreicher.
1.2 Die Folgen der neuen gesetzlichen Bestimmungen
Aufgrund der Einfuhrzölle stiegen die Lebenshaltungskosten in der Folgezeit an. Besonders betraf dies den Einkauf von Lebensmitteln oder Industriewaren. So wurde, bevor die Importzölle auf Getreide erhoben wurden, solches günstiger aus dem Ausland importiert. Durch die steigenden Zölle wurde dies zunehmend reduziert, so dass die Preise für Brot und andere Getreideprodukte um die Jahrhundertwende etwa 130 % des Weltmarktniveaus lagen.
Zwar sind auch im Deutschen Kaiserreich die Preise für Industriewaren gesunken. Allerdings fielen die Preissenkungen auf dem Weltmarkt wesentlich höher aus, so dass man relativ zum Weltmarktniveau von einer Preissteigerung sprechen kann. Nichts desto trotz wurden für Industriewaren 1886 im Vergleich zu 1871 etwa 80% mehr ausgegeben. Dies hing damit zusammen, dass solche Güter immer häufiger konsumiert wurden und die Bevölkerung gewachsen war.
Gemessen an der Wertschöpfung in Industrie und Handwerk, des Kapitalstocks und des gesamtwirtschaftlichen Wachstums entwickelte sich die Wirtschaft ab 1879/80, also zeitgleich mit der (Wieder-)Einführung einiger Schutzzölle, positiv.