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Eisenbahnrad

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Bei Räder der Eisenbahnen unterscheidet man zwischen Vollrädern und Rädern mit Radreifen.

Radreifen

Räder mit Radreifen bestehen aus einem Radkörper und einem diesen umschließenden Radreifen. Vorteil der Verwendung von Radreifen ist, dass man bei verschlissenen Rädern nicht die gesamte Radscheibe austauschen muss. Es ist also nicht zwingend notwendig die Pressverbindung zwischen Radscheibe und Achse zu lösen. Da der Radreifen im Durchschnitt über 600.000 Kilometer auf den harten Schienen aus Stahl rollt, muss er selbst aus besonders widerstandsfähigem Stahl sein und extrem fest am Radkörper befestigt sein.

Montage und Demontage

Durch die Benutzung von Nieten oder Schrauben kann der Radreifen nicht so fest angebracht werden, dass er sich niemals lockert. Daher verwendet man die im Maschinenbau gebräuchliche Technik des Aufschrumpfens. Dabei wird die Ausdehnung des Stahles bei Erwärmung und das Zusammenziehen bei Abkühlung ausgenutzt: Der Radreifen wird so angefertigt, dass er eigentlich zu klein ist. Dann wird er erhitzt, bis er auf den Radkörper passt, also der Innendurchmesser des Radreifens etwas größer als der äußere Durchmesser des Radkörpers ist. Wenn sich der Radreifen wieder abkühlt, zieht er sich zusammen und umschließt den Radkörper extrem fest. An der Radaußenseite hat der Radreifen einen Bund, der das Abrutschen des Reifens nach innen verhindert. Auf der Innenseite ist eine Nut eingedreht in die ein Sprengring eingesetzt und verwalzt wird. Dies dient als Sicherung falls ein abgefahrenen Radreifen im Betrieb heißgebremst wird und sich der Schrumpfverband löst. Ein abgefahrener Radreifen wird durch Aufbrennen vom Radkörper getrennt.

Überwachung

Radreifen werden von den Werkstätten ständig auf Überhitzungen und Lösung des Sitzes überwacht. Ein Radreifen der sich verdreht hat, darf mit einer Klangprobe auf wieder festen Sitz untersucht werden. Ist der Klang an 90 % des Umfangs glockenhell und nicht dumpf so kann der Radreifen als fest angesehen werden. Das Rad wird mit roten Strichen zur Überprüfung des Sitzes markiert und darf wieder eingestzt werden sofern keine Metallspäne im Sitz ausgetreten sind. Zwischen Radkörper und Radreifen wurde bei einer Sonderbauform für den ICE eine Schicht aus schalldämmendem Gummiblöcken eingesetzt. Diese Bauform verursachte aber das ICE-Unglück von Eschede und wurde deshalb aus dem Verkehr gezogen.

Belastung von Radreifen

Radreifen sind ständig durch ihren Schrumpfsitz auf Zug belastet. Bei Radreifen, die mit Bremsklötzen gebremst werden, treten auf den Laufflächen außer Abrieb auch kleine Querrisse auf. Die Abrollbewegung, bei hohen Aufstandskräften von 10t pro Rad, verschiebt das Material langsam nach außen und führt zu einer Überwalzung am Außenrand. Diese Walzarbeit auf der Lauffläche entspannt aber auch die durch das Bremsen rissbelasteten Flächen, so dass von den kleinen Querrissen keine Bruchgefahr ausgeht. Das ist anders, wenn ein Bremsklotz die äußeren Radreifenrad überschleift und Wärme in die Außenkante einbringt: Dieser Bereich wird durch die Walzarbeit nicht entspannt, was zu Spannungsrissen von der Außenseite führt. Radreifen werden mit Ultraschall gegen diese Rissbildung untersucht. Eine weitere Gefährdung tritt durch Kerbwirkung von Stempelungen aus.

Das Vollrad

Das Vollrad wird heute sehr häufig eingesetzt. Fast alle Reisezugwagen und Triebwagen laufen heute mit Vollscheibenrädern. Das Vollrad ist leichter als ein bereiftes Rad. Es kann weiter abgefahren werden, weil es sich nicht lösen kann. Man umgeht bei einem Vollrad die Materialalterungsprobleme von Radscheiben nach 30-jähriger Nutzungsdauer, indem man das Rad nach seiner Laufleistung verschrottet. Die Laufleistung eines Vollrades kann man nicht so genau angeben, weil es je nach Bauart unterschiedlichen Instandhaltungsintervallen unterliegt. Im optimalen Fall können Laufleistungen zwischen 1 Million und 2,5 Millionen Kilometern erreicht werden.

Montage und Demontage

Das Vollrad wird mit einer Radsatzpresse auf eine Achse gepresst. Nach Montage beider Räder werden die Profile und die zeichnungsgerechten Radflächenabstände auf einer Radsatzdrehbank gedreht. Vollradachsen werden ausgewuchtet. Dazu wird die Achse außermittig gespannt und die Scheibe am inneren Felgenkranz ausgesichelt.
Die Demontage erfolgt durch Abpressen.

Belastungen und Prüfungen

Das klotzgebremste Vollrad unterliegt fast den gleichen Belastungen wie der Radreifen. Auch die Vollscheibe wird auf Risse der Außenseite untersucht. Es kommt aber eine zusätzliche Belastung hinzu. Wird ein Vollrad überhitzt, dann dehnt sich der Laufbereich aus. Er zieht den mittleren federnden Bereich des Rades mit. Nach dem Abkühlen des Rades drückt der gedehnte Mittelbereich nach außen auf den Laufbereich. Die Lauffläche entspannt sich wieder durch Walzarbeit, aber der Spurkranz nicht. Die Kräft treten gebündelt am Spurkranz auf und führen zu tiefen Rissen. Aus diesem Grund sind überhitzte Vollräder zu tauschen und in der Aufarbeitung zu entspannen. Die Vollräder werden in der Aufarbeitung einer Ultraschallvollprüfung einschließlich einer Restspannungsmessung unterzogen.

Bei scheibengebremsten Vollrädern, die sehr hohe Laufleistungen erreichen ohne abgedreht werden zu müssen, kann es in seltenen Fällen zu einer Materialdoppelung im Laufbereich kommen. Diese Fälle sind sehr selten und die Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Das Material löst sich flächig wenige Milimeter unterhalb der Lauffläche ab, deshalb sind die Vollräder bis zur nächsten Aufarbeitung in den Laufkilometern begrenzt.