Wissensspirale
Bei der Wissensspirale handelt es sich um ein dynamisches Modell, welches den Wissensübergang vom impliziten auf das explizite Wissen darstellt und dadurch den Prozess der Wissensbeschaffung in Unternehmen zu verdeutlichen sucht. Eine Weitergabe des Wissens und die damit verbundene Wissensveränderung kann entweder auf individueller oder auf organisationaler Ebene erfolgen. Dies stellt einen Übergang vom individuellen, zum kollektiven Wissen dar. Entwickelt wurde das Modell, welches einen wesentlichen Teil zur Entwicklung des Wissensmanagement beitrug, von den beiden japanischen Wissenschaftlern Ikujiro Nonaka und Hirotaka Takeuchi.
Unterscheidung implizites und explizites Wissen
Bevor näher auf das Modell der Wissensspirale eingegangen wird, werden die wesentlichen Merkmale dieser beiden Wissensbegriff in der folgenden Graphik zusammengefasst:
Implizites Wissen | Explizites Wissen |
---|---|
Erfahrungswissen (Körper) | Verstandwissen (Geist) |
Gleichzeitiges Wissen (hier und jetzt) | Sequentielles Wissen (da und damals) |
Analoges Wissen (Praxis) | Digitales Wissen (Theorie) |
Formen
Nonaka/Takeuchi unterscheiden in ihrem Werk die folgenden 4 Formen:

Implizites Wissen | Explizites Wissen | |
---|---|---|
Implizites Wissen | Sozialisierung | Externalisierung |
Explizites Wissen | Internalisierung | Kombination |
- Sozialisierung: Den Schlüssel zum Erwerb von implizitem Wissen bildet die Erfahrung. Dies bedeutet, dass ein Mensch auch ohne Sprache unmittelbar implizites Wissen von anderen Menschen erwerben kann. Wichtig ist hierbei der Erfahrungsaustausch, wie das folgende Beispiel zur Erfindung des Brotbackautomaten zeigt: Ein zentrales Problem bei der Entwicklung des Brotbackautomaten in den späten 1980er Jahren stellte die Mechanisierung des Teigknetens dar. Da der Knetprozess zum implizierten Wissensvorrat des Bäckermeisters gehörte, beschloss man, den gekneteten Teig eines Bäckermeisters mit dem eines Automaten mittels Röntgenaufnahmen zu vergleichen. Man stellte große Unterschiede in den beiden Teigen fest und so gingen die Ingenieure des Brotbackautomaten in die Lehre eines Bäckermeisters. Beim Beobachten des Bäckermeisters bemerkten sie, dass dieser den Teig nicht nur dehnte, sondern auch drehte. Durch Beobachtung, Nachahmung und Praxis konnte eine Lösung des Problems gefunden werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich implizites Wissen durch den Erfahrungsaustausch in ein verändertes implizites Wissen verwandelt.
- Externalisierung: Implizites Wissen wird hier in explizites Wissen umgewandelt. Die bildliche Sprache (wie etwa Metaphern, Hypothesen oder Konzepte) spielt hier die entscheidende Rolle. Dies kann zu einer Doppeldeutigkeit führen, die wiederum Reflexion und Interaktion fördern kann. Somit besteht die Möglichkeit, neues Wissen entstehen zu lassen.
- Kombination: Verschiedene Bereiche von explizitem Wissen sollen miteinander verbunden werden, um so neues explizites Wissen zu schaffen. Wissen wird innerhalb und außerhalb eines Unternehmens gesammelt und anschließend kombiniert, editiert oder verarbeitet. Durch diesen Prozess kann eine komplexe und systemische Form von Wissen erzeugt werden.
- Internalisierung: Explizites Wissen wird in implizites Wissen umgewandelt. Die individuellen Erfahrungen, die bereits aus den drei vorigen Arten der Wissensumwandlung gemacht wurden, werden hier nochmals durch eine intensive Auseinandersetzung verarbeitet.
Alle diese Prozesse interagieren mit- und untereinander und formen so eine Spirale.
Eine mögliche Kritik an diesem Model
- Explizites Wissen wird als Begriff mehrdeutig verwendet, Implizites Wissen wird zu wenig betrachtet. Die Folge daraus ist, dass der Begriff der Externalisierung irreführend verstanden werden kann.
Einbettung in das modelltheoretische Schema LIR
Das von A. Univ.-Prof. Mag.phil. Dr. rer.nat. Rainer Born (Institut für Philosophie und Wissenschaftstheorie an der Johannes-Kepler-Universität Linz) entwickelte Schema LIR zeigt, wie Kommunikation in einer vereinfachten Form als Meta-Modell funktionieren kann. Es werden hier sprachliche und nicht-sprachliche Elemente zusammengeführt.
Quellen
- Rainer Born: Was soll und was kann es bedeuten von "Wissen" zu reden? Institut für Philosophie und Wissenschaftstheorie, Universität Linz, 2003, abgerufen am 18. November 2009.
- Ikujiro Nonaka, Hirotaka Takeuchi: Die Organisation des Wissens - Wie japanische Unternehmen eine brachliegende Ressource nutzbar machen, Aus dem Engl. von Friedrich Mader, Campus-Verlag, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-593-35643-0
- Christian Behrend: Unternehmertum, Wandel und Wissen - Ansatzpunkte zur Neuorientierung in der Theoriediskussion zum Unternehmertum, Münchener Schriften zur angewandten Führungslehre, Zugl.: München, Univ., Fak. für Betriebswirtschaft, Diss., 1998, Kirsch, Herrsching 1998, ISBN 3-88232-128-8 (falsche ISBN) ISBN 978-3-88232-128-9
- Firestone, J.M., McElroy, M.W.: Key Issues in the New Knowledge Management. 2003, abgerufen am 29. Dezember 2009.