Knappheit
Knappheit liegt vor, wenn ein materielles oder ideelles Gut in geringerer Menge vorhanden ist, als man seiner bedarf. Das Adjektiv knapp bezeichnet einen Mangel, das gleichlautende Adverb auch eine geringe Abweichung (Beispiel: knapp vorbei getroffen).
Sie wird wissenschaftlich vor allem in den Wirtschaftswissenschaften, aber auch in der Soziologie behandelt.
Knappheit in den Wirtschaftswissenschaften
Volkswirtschaftslehre (VWL)
In der Volkswirtschaftslehre ist ein Gut genau dann knapp, wenn bei einem Preis des Gutes von Null mehr nachgefragt werden würde als zur Verfügung steht. In diesem Sinne ist beispielsweise Sand in der Sahara oder Luft nicht knapp, während Grundstücke, vielfach Trinkwasser und nahezu alle produzierten Güter knapp sind. Knappheit ist damit als Ursache des Wirtschaftens zu betrachten.
Die Knappheit von Gütern stellt eine Wirtschaft vor die Herausforderung, die zur Verfügung stehenden Güter optimal auf die verschiedenen miteinander konkurrierenden Verwendungsmöglichkeiten aufzuteilen (sogenannte Allokation). In einer Planwirtschaft wird versucht, dies über eine zentrale Steuerung (Pläne) zu erreichen. Hierbei treten jedoch Probleme, insbesondere mangelnde Informationen der zentralen Verwaltung und zu langsame Reaktionszeiten, auf. In einer Marktwirtschaft erfolgt die Allokation dezentral (und damit effizienter) über freie Märkte. Aus dem Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage auf einem Markt ergibt sich in der Regel im Gleichgewicht ein (Gleichgewichts-)Preis für das Gut, der als Maß für die Knappheit des Gutes interpretiert werden kann. Insofern dient der Markt in einer Marktwirtschaft zwar vordergründig dem Austausch von Gütern, mindestens ebensowichtig ist aber seine Funktion als Mechanismus zur Informationsverarbeitung: Über die einzelnen Angebote und Nachfragen der Wirtschaftssubjekte senden diese Informationen über die Knappheit eines Gutes an den Markt, aus welchen dieser ein Preissignal erzeugt.
Betriebswirtschaftslehre (BWL)
Bei der Entscheidungsfindung werden Knappheiten anhand von relativen Deckungsspannen ermittelt. Und zwar wird durch die Division Deckungsspanne / Produktionskoeffizient errechnet, wie viel ein Produkt zur Berechnung des Deckungsbeitrags beiträgt.
Bei relativ preisunabhängig gekauften Gütern (Beispiele sind hier das Speisesalz, aber auch einige Luxusartikel) haben die Anbieter ein hohes Interesse daran, sie künstlich zu verknappen.
Damit andererseits Künstler (Schriftsteller, Komponisten) für ihre geistigen Produkte überhaupt ein Entgelt erhalten können, müssen diese durch gesetzliche Regelungen verknappt, um ihre freie Vervielfältigung zu unterbinden. Denn Internet-Raubdrucke oder Freie Software lässt sich mit sehr geringem Aufwand vermehren. Daher besteht an ihr gewöhnlich kein großer Nachfrageüberhang, wodurch CDs mit solcher im Allgemeinen sehr preisgünstig, wenn nicht gar zum Selbstkostenpreis erhältlich sind.
Knappheit in der Soziologie
Knappheit wird in der Soziologie seltener direkt thematisiert. Jedoch ist „Knappheit“ zu bekämpfen (nach Bálint Balla) Gegenstand allen sozialen Handelns. Dies erklärt sowohl unterschiedliche Formen sozialer Konflikte als auch Formen der Hilfe. Um sie zu beheben, arbeitet der soziale Akteur, wählt Formen der Gegenseitigkeit (vgl. Tausch (Soziologie)), entreichert oder bereichert andere oder sucht Formen der Kompensation in anderen sozialen Feldern (vgl. Sublimierung).
Literatur
- Bálint Balla: Knappheit als Ursprung sozialen Handelns, Hamburg: Reinhold Krämer 2005, ISBN 3-89622-070-5
- Alois Hahn: Soziologische Aspekte der Knappheit. In: Klaus Heinemann (Hg.): Soziologie wirtschaftlichen Handelns, Opladen 1987, S. 119-132.
- Niklas Luhmann: Knappheit, Kapitel 6 (S.177-229) in Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1988, ISBN 3518287524