Cisitalia
Cisitalia war ein italienischer Automobilhersteller. Das Unternehmen war einer der ersten Betriebe, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit Sportwagen herstellten, von denen später Straßenfahrzeuge abgeleitet wurden. Die Wagen haben noch heute einen legendären Ruf, der sich einerseits aus den sportlichen Erfolgen speist, andererseits aus dem Umstand, dass mit Ferdinand Porsche, Carlo Abarth und einigen anderen Ingenieuren zeitweilig sehr hochkarätiges eurpäisches Personal in das Projekt eingebunden war.
Unternehmensgeschichte
Das Unternehmen Cisitalia SpA wurde 1943 in Turin gegründet. Die Bezeichnung "Cisitalia" ist eine Kurzform für Compagnia Industriale Sportiva Italiana. Gründer des Unternehmens war Piero Dusio, ein norditalienischer Geschäftsmann, der seit den 1930er Jahren als Privatfahrer an einigen Großen Preisen sowie an Bergrennen teilgenommen hatte. In den ersten Jahren produzierte Cisitalia in erster Linie Werkzeugmaschinen, Garagenausrüstungen und auch Fahrräder, bereits 1944 begannen allerdings die Planungen für die Herstellung eines Rennwagens. Ab 1946 wurden reine Sport-, später auch Straßenfahrzeuge in kleiner Serie hergestellt. 1950 siedelte der Unternehmensgründer Piero Dusio nach dem Scheitern des aufwendigen Tipo 360-Projekts nach Argentinien über; die Autoproduktion in Italien wurde unterdessen unter der Leitung seines Sohnes Carlo ("Carletto") Dusio fortgeführt. Die Produktion dauerte - mit Unterbrechungen - bis 1964 an; danach wurde der Betrieb eingestellt.
Fahrzeuge
Rennwagen
Cistitalia D46
Das erste Fahrzeug des jungen Unternehmens war der Cisitalia D46, der zugleich der erste neu entwickelte italienische Rennwagen nach dem Zweiten Weltkrieg war.
Das Konzept
Die ersten Entwicklungsarbeiten, in denen das Fahrzeug noch die Bezeichnung Cisitalia D201 getragen hatte, gehen auf das Jahr 1944 zurück; sie wurden anfänglich von dem Fiat-Konstrukteur Dante Giacosa erledigt und später - ab 1945 - unter den schwierigen, von Materialknappheit geprägten Bedingungen der Nachkriegszeit von Giovanni Savonuzzi fortgeführt. Der D46 war ein kleiner, kompakter Rennwagen, der weitgehend auf Fiat-Komponenten beruhte. Er wies einen Gitterrohrrahmen auf und wurde von einem 1,1 Liter großen Vierzylinder von Fiat angetrieben, der je nach Bearbeitungsgrad zwischen 60 und 70 PS abgab. Spätere Exemplare hatten teilweise aufgebohrte Motoren mit 1,2 oder 1,3 Litern Hubraum[1].
1946 wurde die Serienproduktion des D46 in Turin aufgenommen. Die Angaben zum Produktionsumfang des D46 schwanken. Einige Quellen[2] geben 31 Exemplare an, andere sprechen von "mehr als 40"[3].
Rennerfolge
Wesentlicher Einsatzbereich des kompakten D46 war die Voiturette-Klasse bzw. - ab 1948 - deren Nachfolger, die Formel 2.
Als am 3. September 1946 die Coppa Brezzi, das erste Nachkriegsrennen Italiens, in Turin abgehalten wurde, gingen sieben Cistialia an den Start: Neben dem Unternehmensinhaber Piero Dusio waren die Wagen für Clemente Biondetti, Louis Chiron, Franco Cortese, Tazio Nuvolari, Raymond Sommer und Piero Taruffi gemeldet. Die Cisitalia-Konstruktionen setzten sich im Rennen gegen die Vorkriegswagen der Konkurrenz - darunter einen Maserati 6CM und mehrere Stanguellini - durch: Die ersten drei Plätze belegten Dusio, Cortese und Chiron.[4]
1947 dominierten die Cisitalia D46 die (zumeist allerdings mit nur wenigen Teilnehmern abgehaltenen) italienischen Rennen der Voiturette-Klasse; bei den Rennen in anderen Ländern, bei denen auch andere Hersteller mit neuen oder zumindest gut überarbeiteten Konstruktionen antraten, war die Überlegenheit der italienischen Wagen indes nicht so eindeutig. 1948 schließlich hatten die D46 in der neu etablierten Formel 2 auch bei den italienischen Rennen einen zunehmend schweren Stand und gerieten gegen jüngere Konkurrenten wie den Ferrari 166 oder die OSCA 1100 allmählich ins Hintertreffen.
Eine Zeitlang versuchte Cisitalia, reine Markenrennen auf die Beine zu stellen. Der erste Anlauf hierzu war der Große Preis von Ägypten im März 1947, eine von Piero Dusio organisierte und finanzierte Veranstaltung in Kairo, bei der ausschließlich Cisitalia D46-Fahrzeuge antraten. Das Rennen gewann Piero Taruffi. Das Konzept der Markenrennen erwies sich bereits nach der ersten Veranstaltung als finanziell nicht tragbar, sodass Dusio nicht weiter verfolgte[5].
Der letzte Einsatz eines Cisitalia D46 in der Formel 2 datiert vom 22. Juli 1951, als André Morel einen privaten D46 beim französischen Grand Prix des Sables d´Olonne an den Start brachte.
Cisitalia Tipo 360
Der Cisitalia 360, auch "Porsche-Cistitalia" genannt, war ein ambitioniertes Rennwagenprojekt, das für die höchste Rennsportklasse, die Grand Prix-Serien, konzipiert war, letztlich aber nie regulär eingesetzt wurde. Die Entwicklungsarbeiten wurden 1948 in Angriff genommen; Ferdinand Porsche, Carlo Abarth und andere österreichische bzw. deutsche Ingenieure waren zeitweilig daran beteiligt. Die meisten von ihnen hatten bereits vor dem Zweiten Weltkrieg an dem Auto-Union-Rennwagen gearbeitet. Nicht zuletzt deshalb ähnelte der Cisitalia 360 konzeptionell dem deutschen Rennwagen. Der 350 hatte einen hinter dem Cockpit untergebrachten und von Karl Rabe entwickelten Mittelmotor, ein selbst entwickeltes Triebwerk mit zwölf Zylindern, zwei obenliegenden Nockenwellen und zwei Kompressoren sowie (fakultativem) Allradantrieb. Die aufwendige Konzeption des 360 überforderte die finanziellen Mittel des kleinen Unternehmens. Anlässlich des Turiner Autosalons 1949[6] wurden zwei Exemplare des 360 vorgestellt und von der Öffentlichkeit mit ausgesprochenem Wohlwollen empfangen; danach mussten allerdings die Entwicklungsarbeiten eingestellt werden. Die beiden Fahrzeuge wurden Anfang 1950 nach Argentinien verbracht, wo Piero Dusio eine neue Autoproduktion unter dem Namen Autocar aufnahm. Es ist belegt, dass der argentinische Rennfahrer Clemetto Bucci 1952 in Buenos Aires Testfahrten mit einem der 360-Modelle durchführte; danach wurden die Fahrzeuge nicht weiter genutzt. Einige Quellen sprechen davon, dass ein Cisitalia 360 bei einem regulären argentinischen Rennen unter Clemetto Bucci und Felice Bonetto zum Einsatz gekommen ist[7]; nähere Hinweise darauf gibt es allerdings nicht. Ein Exemplar des Cisitalia steht heute im Porsche-Werksmuseum.
Straßenfahrzeuge
Neben diesen Rennwagen stellte Cisitalia eine Reihe attraktiver Straßensportwagen her. Noch heute am bekanntesten ist der Cisitalia 202, wobei sein Ruf nicht so sehr auf seiner Technik als vielmehr auf der bahnbrechenden Karosseriegestaltung von Pininfarina beruht.
Hergestellt wurden die Serien 202 und 303 in offener und geschlossener Form, die mit Vierzylindermotoren mit 1089 cm³ Hubraum ausgestattet waren. 1956 und 1957 gab es die Modelle 34 DF, 35 DF und 36 DF mit Hubräumen zwischen 1089 cm³ und 1246 cm³. Ab 1959 gab es auf Basis des Fiat 600 den 750 GT als Coupé und Spider mit 735 cm³ Hubraum und ab 1962 auf gleicher Basis den 850 GT mit 847 cm³ Hubraum.
Fahrzeuge dieser Marke sind in verschiedenen Automuseen und bei der Mille Miglia zu besichtigen.
Literatur
- G. N. Georgano: Autos. Encyclopédie complète. 1885 à nos jours. Courtille, 1975 (französisch)
- Mike Lawrence: Grand Prix Cars 1945-65, London (Motor Racing Publications Ltd.) 1998. ISBN 1899870393 (engl.).
- Harald H. Linz, Halwart Schrader: Die große Automobil-Enzyklopädie. BLV, München 1986, ISBN 3-405-12974-5
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Hodges, Rennwagen von A-Z nach 1945, S. 56
- ↑ Hodges, Rennwagen von A-Z nach 1945, S. 56
- ↑ Georg Amtmann, Halwart Schrader: Italienische Sportwagen, S. 93
- ↑ Rennergebniss der Coppa Brezzi 1946 auf www.formula2.net
- ↑ Mike Lawrence, Grand Prix Cars 1945-1965, S. 62
- ↑ Amtmann und Schrader (Italienische Sportwagen) spechen von 1950. Das ist unzutreffend; 1950 fand kein Autosalon in Turin statt
- ↑ Beitrag in Classicdriver.com