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Blauer Wittelsbacher

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Der Blaue Wittelsbacher (2009)

Der Blaue Wittelsbacher ist ein bis zum jüngsten Neuschliff 35.56 Karat (7,11 g) und heute 31,06 Karat schwerer naturblauer[1] Diamant mit einer Reinheit von VS2, dessen Geschichte sich bis 1664 zurückverfolgen lässt und der Teil der österreichischen und bis 1918 der bayerischen Kronjuwelen war.[2]

Wegen seiner Größe, Farbe und Klarheit ist er oft mit dem Hope-Diamanten verglichen worden. Der Diamant maß bis zum Neuschliff 24,40 mm im Durchmesser und 8,29 mm in der Tiefe. Er hatte 82 Facetten, die atypisch angeordnet waren. Die sternförmigen Facetten in der Krone des Diamanten waren vertikal gespalten, und der Pavillon hatte 16 nadelartige Facetten, die in Paaren angeordnet von der Kalette nach außen zeigten.[3]

Geschichte

Joseph Karl Stieler: König Ludwig I. im Königsornat, 1826. Neue Pinakothek, München. Der Blaue Wittelsbacher ziert die Spitze der Krone unterm Kreuz.
Krone des Königreichs Bayern - heutige Fassung ohne Blauen Wittelsbacher in der Schatzkammer der Residenz in München.

1664 erwarb König Philipp IV. das vermutlich aus einer indischen Mine bei Golkonda stammende Juwel und machte es zum Bestandteil der Mitgift seiner Tochter Margarita Theresa. Nach ihrem Tod behielt ihr Mann Kaiser Leopold I. den Stein. 1722 kam der Diamant durch die Heirat seiner Enkelin Maria Amalia mit Karl Albrecht von Bayern als Teil ihrer Mitgift an das Haus Wittelsbach.[4][5]

1745 wurde der Blaue Wittelsbacher zunächst (wie sein grünes Dresdner Gegenstück, der Dresdner Grüne Diamant) in ein Ordenszeichen des Ordens vom Goldenen Vlies eingearbeitet. Als Kurfürst Max Joseph 1806 zum ersten König von Bayern erhoben wurde, ließ er eine Königskrone anfertigen, die den Blauen Wittelsbacher enthielt. Bis 1918 blieb der Diamant an der Spitze der Krone des Königreichs Bayern. Zum letzten Mal in der Öffentlichkeit in dieser Fassung gesehen wurde er 1921 bei der Beisetzung von König Ludwig III..[2][5]

Der Diamant kam in den Wittelsbacher Ausgleichsfonds. 1931 wollte das Haus Wittelsbach zur Lösung von Liquiditätsproblemen als Folge der Weltwirtschaftskrise den Blauen Wittelsbachher bei Christie's versteigern lassen und erhielt dafür auch eine Genehmigung der Bayerischen Staatsregierung; bei der Auktion am 21. Dezember 1931 fand sich jedoch kein Käufer. Ein Verkauf kam vermutlich erst 1951 zustande; 1958 wurde der Stein auf der Brüsseler Weltausstellung gezeigt. Im August 1961 erwarb der Juwelenhändler Jozef Komkommer in Antwerpen den Diamanten von einer Erbengemeinschaft des Edelsteinhändlers Romi Goldmuntz[6] und verkaufte ihn, nachdem der Ausgleichsfond einen Rückkauf abgelehnt hatte, 1964[5] über den Hamburger Juwelier Renatus Wilm[7] an einen zunächst Unbekannten, vom dem später bekannt wurde, dass es wohl Helmut Horten war, der ihn für seine Frau Heidi erwarb.[8]

Am 10. Dezember 2008 wurde der Blaue Wittelsbacher bei einer Auktion von Christie's in London für 16,4 Millionen Pfund Sterling, also 23,4 Millionen US-Dollar bzw. 18,4 Millionen Euro versteigert.[9] Der Erwerber war der Londoner Juwelier und Edelsteinhändler Laurence Graff.[10] Der Preis war und ist bis heute der höchste, der jemals bei einer Auktion für einen Diamanten erzielt wurde.[5][11]

Am 7. Januar 2010 berichtete die New York Times, Graff habe den Stein von drei Edelsteinschleifern neu schleifen lasssen, um Absplitterungen zu beseitigen und Reinheit und Brillanz besser zur Geltung zu bringen, wodurch der Stein 4 Karat verloren habe. Die Neuschleifung wurde von Experten, darunter Hans Ottomeyer, durchgehend kritisch bewertet, da der Stein dadurch seinen historischen Charakter verloren habe.

Der Diamant soll jetzt the Wittelsbach-Graff Diamond heißen und wird ab Ende Januar 2010 für sieben Monate neben dem Hope-Diamanten im National Museum of Natural History der Smithsonian Institution in Washington (D.C.) ausgestellt.[12]

Siehe auch

Literatur

  • Johannes Erichsen (Hrsg.): Bayerns Krone 1806: 200 Jahre Königreich Bayern. München: Hirmer 2006 ISBN 3-7774-3055-2
  • K. de Smet: De grote blauwe diamant, alias " De Wittelsbacher", kroongetuige van drie eeuwen Europese geschiedenis. Antwerpen; Amsterdam : Uitgeversmij Standaard-Boekhandel 1963
(deutsche Ausgabe) Der grosse blaue Diamant: der Wittelsbacher : Kronzeuge dreihundertjähriger europäischer Geschichte. Standaard-Boekhandel 1963
  • Hans Ottomeyer: Die Kroninsignien des Königreiches Bayern. München: Schnell und Steiner 1979 (Aus bayerischen Schlössern) ISBN 3-7954-0707-9

Einzelnachweise

  1. Fancy Deep Grayish Blue, Christies website with the Wittelsbach's auction lot
  2. a b Christie's Press Release. November 3, 2008. Retrieved December 11, 2008.
  3. The World of Famous Diamonds website
  4. CBC News- Big blue diamond goes on display in London. December 5, 2008 Retrieved December 8, 2008
  5. a b c d Diamond sells for recession-busting $24.3 M In: CNN, 2008. Abgerufen am 11. Dezember 2008 „The diamond has a royal lineage. Christie's traces it thus: King Philip IV of Spain (1605-1665) selected the diamond in 1664 as part of a dowry for his daughter, the Infanta Margarita Teresa (1651-1673). She had become engaged to Leopold I of Austria (1640-1705), who later became Holy Roman Emperor. When she died in 1673, her husband retained the diamond, which was passed on to his heirs. In 1722, the diamond entered the Wittelsbach family when the Archduchess Maria Amalia of Austria (1701-1756) married the Bavarian Crown Prince, Charles Albert (1697-1745). It was worn by successive rulers until the abdication of King Ludwig III (1845-1921) in 1918.“ 
  6. The Times- Bavaria considers bid to bring mysterious Wittelsbach diamond home. November 7, 2008. Abgerufen 8. Dezember 2008
  7. Die Zeit 25. November 1966: Der Glanz ist sein Geschäft.
  8. Der „Blaue Wittelsbacher“ - Ein Schnäppchen im Vergleich zur Landesbank, Artikel von Hannes Hintermeier in der FAZ vom 10. Dezember 2008, abgerufen am 8. Januar 2010
  9. "Blauer Wittelsbacher" -Diamant für mehr als 18 Millionen Euro versteigert Artikel in Die Welt vom 11. Dezember 2008, abgerufen am 8. Januar 2010
  10. [1]
  11. The Earth Times- Historic diamond fetches 16 million pounds at London auction. 10 December 2008. Abgerufen am 10. Dezember 2008
  12. "Out of the Blue, Prestige and Riches" New York Times, 7. Januar 2010, abgerufen am 8. Januar 2010