RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas




RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas ist der Name des Projekts, das Ruhrgebiet im Jahre 2010 als Europäische Kulturmetropole darzustellen. Die Stadt Essen und das Ruhrgebiet gewannen den Wettbewerb am 13. November 2006 vor einer EU-Expertenjury.
Bewerbungsphase
Die erste Phase begann mit der Idee und endete mit der Juryentscheidung NRW im Mai 2004. Das Ruhrgebiet mit Essen als Bannerträgerin bewarb sich mit 53 Städten und Gemeinden um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2010“. Da sich gleichzeitig Köln und Münster bewarben, musste zunächst auf Landesebene entschieden werden, wer auf Bundesebene antreten darf. „Essen für das Ruhrgebiet“ kam für das Ruhrgebiet mit neun anderen Städten, darunter Bremen, Lübeck, Potsdam, Görlitz und Regensburg in die nächste Runde.
Die zweite Phase schloss an die Juryentscheidung NRW im Mai 2004 an und endete mit der Bundesentscheidung im März 2005. Die sächsische Stadt Görlitz und Essen konnten sich bei der Europäischen Union um den Titel bewerben.
Die sich anschließende dritte Phase wurde am 13. November 2006 mit der offiziellen Bekanntgabe der Entscheidung durch eine von EU-Gremien eingesetzte Jury abgeschlossen.
Mission Statement
Als Kulturhauptstadt Europas 2010 ist das Ruhrgebiet auf dem Weg, als „unkonventionelle Metropole im Werden ein neues Zentrum in Europa zu bilden“.[1] Das Motto laut „Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“. Die Kulturhauptstadt Europas 2010 „Essen für das Ruhrgebiet“ präsentiert sich als Gastgeber für alle, die den vielschichtigen Wandel von Europas legendärer Kohle- und Stahlregion zu einer polyzentrischen Kulturmetropole neuen Typs erleben wollen. Die Ruhr.2010 GmbH ist die verantwortliche Gesellschaft zur Vorbereitung und Realisierung des Kulturhauptstadtprogramms einschließlich der damit verbundenen Marketing- und Tourismusaktivitäten. Gemeinsam mit ihren Partnern unterstützt sie die Entwicklung von nachhaltig wirkenden Strukturen für die Kulturmetropole Ruhr. Ruhr.2010 führt die regionalen Akteure aus Kultur, Politik und Wirtschaft in kreativen Allianzen zusammen. Sie alle verfolgen das ambitionierte Ziel, dass die Metropole Ruhr eine bedeutende Rolle in der Zukunft Europas spielt und zu einer neuen, unverwechselbaren Städtemarke auf der Landkarte Europas wird.

Umsetzung
Zur Verwirklichung dieses Projekts wurde im Dezember 2006 eine gleichnamige Gesellschaft Ruhr 2010 GmbH gegründet, an der der Regionalverband Ruhr, das Land Nordrhein-Westfalen, der Initiativkreis Ruhrgebiet und die Stadt Essen beteiligt sind. Geschäftsführer sind Fritz Pleitgen und Oliver Scheytt. Im Aufsichtsrat sitzen unter anderem Dr. Wulf H. Bernotat (Vorstandsvorsitzender der E.ON AG), und Essens ehemaliger Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger.[2] Derzeit sind im Projekt etwa 110 Mitarbeiter beschäftigt.
Von allen Kommunen des Ruhrgebiets wurden Ansprechpartner für Ruhr.2010 bereitgestellt. Geplant wurde die Förderung von Projekten zur Darstellung der Kultur des Ruhrgebiets.[3]
Vorbereitungen waren bereits Ende 2008 im Gange. So wurden an allen Autobahnen in Richtung Ruhrgebiet Tafeln „Ruhrgebiet Kulturhauptstadt Europas 2010“ aufgestellt. Das erste Schild enthüllten NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke und Fritz Pleitgen am 22. September 2008 an der Autobahnraststätte Bottrop-Süd an der A2.[4]
Der Hauptbahnhof Essen wurde von der Deutschen Bahn AG von September 2008 bis Ende 2009 umfassend in verschiedenen baulichen Anlagen und technischen Ausrüstungen saniert sowie weitgehend barrierefreie Zugänge geschaffen. Zu Beginn des Kulturhauptstadtjahres stehen große Teile der Empfangshalle mit den Einzelhandelsgeschäften wieder der Öffentlichkeit und den Reisenden zur Verfügung.[5]
Team
Für die Geschäftsführung und künstlerische Gestaltung wurden in der Öffentlichkeit bekannte Persönlichkeiten gewonnen.[6]
Geschäftsführung der Ruhr.2010 GmbH:
- Fritz Pleitgen: Vorsitzender der Geschäftsführung
- Oliver Scheytt: Geschäftsführer
Künstlerische Direktoren:
- Karl-Heinz Petzinka: Direktor für das Themenfeld „Stadt der Möglichkeiten“
- Steven Sloane: Direktor für das Themenfeld „Stadt der Künste“
- Aslı Sevindim: Direktorin für das Themenfeld „Stadt der Kulturen“
- Dieter Gorny: Direktor für das Themenfeld „Stadt der Kreativität“
Partner
Hauptsponsoren:
- Deutsche Bahn
- E.ON RUHRGAS
- Haniel
- RWE EnergieKulturRuhr
- Sparkassen-Finanzgruppe
Sponsorpartner:
- Deutsche Bank
- Flughafen Düsseldorf International
- Rhein-Ruhr-Edeka
- Hellweg (Baumarkt)
- ista Deutschland
- KPMG
- VRR
Hauptsponsoren zahlen mindestens 2.000.000 Euro in das Poolsponsoring ein, Sponsorpartner mindestens 250.000 €. Weitere Stufen sind Förderer (ab 10.000 €) und Freunde (ab 3.000 €). Daneben können Sponsoren sich auch in einzelnen Projekten engagieren: Hauptprojektsponsor (ab 100.000 €), Projektsponsor (50.000-100.000 €) und Projektförderer (10.000-50.000 €), wobei hier die Größenordnungen je nach Projekt variieren können. Als Gegenleistung erhalten die Sponsoren vor und während des Kulturhauptstadtjahres exklusive Darstellungsmöglichkeiten ihrer Firma sowie Kontingente für die Teilnahme an besonderen Veranstaltungen (wie die Eröffnungsfeier auf Zollverein) oder in VIP-Bereichen (z. B. Still-Leben Ruhrschnellweg, Werkstattgespräche mit Künstlern und Akteuren). Bei den Projektsponsoren beziehen sich die Gegenleistungen nur auf die geförderten Projekte.[7]
Projekte

Im Vorfeld des Kulturhauptstadtjahres im Ruhrgebiet wurde während einer Fernsehgala der Europäische Filmpreis verliehen. Die Europäische Filmakademie (EFA) wählte bewusst das Ruhrgebiet als Veranstaltungsort, um auf RUHR.2010 aufmerksam zu machen. Neben dem „europäischen Kinofest“ in Deutschlands größtem Filmpalast, der denkmalgeschützten Lichtburg Essen und zahlreichen Filmtheatern des Ruhrgebietes, fand die offizielle Preisverleihung am 12. Dezember 2009 in der Bochumer Jahrhunderthalle statt.[8][9]
Das offizielle RUHR.2010-Programm wurde erstmalig im Oktober 2008 vorgestellt, eine neue Auflage des Programms mit dem Titel „Buch Zwei“ erschien im Herbst 2009. Unter anderem finden folgende Projekte statt:
- Am 9. Januar 2010 eröffnet Bundespräsident Horst Köhler während eines Festaktes in der Zeche Zollverein offiziell das Programm. Herbert Grönemeyer stellt die Hymne zur Kulturhauptstadt „Komm zur Ruhr“ vor. Nach dem offiziellen Programm vor circa 1000 geladenen Gästen findet ein zweitägiges Kulturfest statt, das Einblicke in die verschiedenen Projekte der Ruhr.2010 ermöglicht.[10]
- Die Metropole Ruhr hat bereits zahlreiche Lichtkunstprojekte und gilt als bedeutungsvolle Licht(kunst)landschaft Europas. Eines der Leitprojekte ist daher die vom 28. März bis 27. Mai 2010 stattfindende erste Biennale für Internationale Lichtkunst. Unter dem Motto „open light in private spaces“ werden zwei Monate lang Werke der Lichtkunst in 60 privaten Wohnungen und Häusern der Städte Bergkamen, Bönen, Fröndenberg, Hamm, Lünen und Unna gezeigt. Rund 60 international renommierte Künstlerinnen und Künstler sind zu dem Kunstprojekt eingeladen.[11]
- SchachtZeichen ist ein Leitprojekt im Themenfeld „Mythos Ruhr begreifen“: Vom 22. Mai bis zum 30. Mai 2010 sollen an über 400 ehemaligen bedeutenden Bergbauschächten, verteilt über das gesamte Ruhrgebiet, in bis zu 80 m Höhe große, gelbe Heliumballone aufsteigen. Dahinter steht die Idee, die Geschichte des Bergbaus und den regionalen Strukturwandel im Ruhrgebiet durch eine Kunstinstallation aufzuzeigen.
- Die Emscherkunst.2010 ist nach eigenen Angaben das größte Kunstprojekt der Ruhr.2010. Es findet ab dem 29. Mai 2010 für 100 Tage statt. 40 Künstler sowie Studenten der Kunstakademie Münster erschaffen 20 Kunstwerke auf der Emscherinsel, die sich mit den Gegebenheiten der Region im nördlichen Ruhrgebiet auseinandersetzen. Ungewöhnlich sind sowohl die Ausstellungsorte als auch die Möglichkeiten für das Publikum mitzumachen.
- „!SING - DAY OF SONG“: !SING ist eine musikalische Bürgerbewegung. Jeder kann daran teilnehmen. Die Aufforderung !SING ist ein offenes Programm, das die Möglichkeit bietet, über unterschiedliche musikalische Formate, allein oder in Gemeinschaft spontan die Stimme zu erheben. Das Projekt findet am 4. und 5. Juni 2010 in der gesamten Metropole Ruhr statt. Über 600 angemeldete Chöre mit mehr als 22.800 Sängerinnen und Sänger laden alle Passanten und Bewohner zum Mitsingen ein. Am Abend des 5. Juni 2010 wird es mit !SING EUROPE in der Veltins-Arena in Gelsenkirchen ein großes Abschlusskonzert geben.[12]
- Am 19. Juni 2010 findet die ExtraSchicht im Rahmen von Ruhr.2010 statt.[13]
- Am 18. Juli 2010 wird unter dem Titel Still-Leben Ruhrschnellweg die A40 autofrei. Die Straße wird 31 Stunden für den Autoverkehr gesperrt und zu einer Bühne der Alltagskultur umfunktioniert. Auf der circa 60 km langen Strecke werden bis zu 20.000 Tische mit Programm der jeweiligen Gruppen, Vereine, Familien, Nachbarschaften, Institutionen, usw. zu Fuß zu besichtigen sein. Auf der anderen Spur kann mit Fahrrad oder Inlinern gefahren werden.
- Die „Route der Wohnkultur“ präsentiert die Vielfalt alltäglicher Wohnwelten. Typische Zechensiedlungen, gelungene und gescheiterte Experimente, aus der Mode gekommene, wieder entdeckte und behutsam erneuerte Wohnformen werden in einen erfahrbaren regionalen Zusammenhang gestellt. Zu Ruhr.2010 werden etwa 50 Wohnungen der Route als „Schauwohnungen“ der Öffentlichkeit in einer „Ausstellung“ zugänglich gemacht und in einem „Reiseführer“ verzeichnet.[14]
- Das Henze-Projekt. Neue Musik für eine Metropole: Die gesamte Musiklandschaft der Metropole Ruhr hat sich für eine Hommage an den Komponisten und Musikdenker Hans Werner Henze zu einem Netzwerk für Neue Musik zusammengeschlossen. Über 40 Institutionen und Ensembles präsentieren das ganze Jahr über Henzes musikalisches Werk und gesellschaftliches Handeln in über 50 Aufführungen und Veranstaltungsreihen in insgesamt 30 Ruhrgebietsstädten. Auf dem Programm stehen Opern, Ballette, Sinfonie- und Kammerkonzerte aber auch ungewöhnliche Werke wie eine Internetoper, eine Filmretrospektive, Funkopern und zahlreiche Kinder- und Jugendprojekte.[15]
- Im Projekt „Sagenhaftes Ruhrgebiet“ zusammen mit dem Erzählforscher Dirk Sondermann, verschiedenen Künstlern und der Gesellschaft für freie Informationssysteme werden historische und zeitgenössische Mythen und Volkssagen der Region im Internet und in Veranstaltungen vorgestellt.
- Das Nützliche und das Schöne, Kulturlandschaft und Landwirtschaft sollen nach der Idee des Kurators Udo Weilacher im Rahmen des Projektes „Zwei Berge, eine Kulturlandschaft“ am Mechtenberg bei Gelsenkirchen zu einer neuen, für andere Metropolregionen richtungsweisenden Symbiose finden. Erste Feldversuche der Zusammenarbeit zwischen ortsansässigem Landwirt Hubertus Budde und Schweizer Landschaftsarchitekt Paolo Bürgi laufen bereits.
Kontaktbüro Wissenschaft – Kulturhauptstadt 2010
Das Kontaktbüro Wissenschaft – Kulturhauptstadt 2010 ist Anfang des Jahres 2008 als gemeinsame Initiative der RUHR.2010 GmbH und des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) eingerichtet worden. Zu den Aufgaben des Büros gehören die wechselseitige Information, der Dialog, die Koordination und die Entwicklung von wissenschaftlichen Projekten für die Kulturhauptstadt.[16]
Finanzierung
Seit Anfang Mai 2009 ist wegen fehlender Sponsorenmittel die Realisierung einiger Projekte fraglich.[17] Das Gesamtbudget von 63 Millionen Euro schlüsselt sich bislang folgendermaßen auf:
- 17 Millionen vom Bund,
- 12 Millionen vom Land NRW,
- 12 Millionen vom Regionalverband Ruhr,
- 8,5 Millionen vom Initiativkreis Ruhrgebiet
- 6 Millionen von der Stadt Essen,
- 1,5 Millionen von der EU
- weitere Mittel von dritter Seite.
Von den aus der Wirtschaft zugesagten 17 Millionen Fördergeldern flossen bis Ende Juni 2009 nur 1,5 Millionen. Es entstand eine Finanzierungslücke von 7 Millionen.[18]
Verschärft werden die Probleme dadurch, dass viele Städte und Gemeinden des Ruhrgebiets in Finanznot oder bereits unter Haushaltsauflage der Regierungspräsidenten stehen, wie zum Beispiel Bochum.[19]
Eine ursprünglich für den 9. Januar 2010 zusätzlich zur zentralen Feier auf dem Gelände der Zeche Zollverein geplante Eröffnungsfeier in der Veltins-Arena wurde gestrichen.[17] Das für 2009 bereits eingeplante multikulturelle Melez-Festival wurde abgesagt, damit es 2010 stattfinden kann.[20]
Am 23. Juni 2009 waren Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und Eon-Chef Wulf Bernotat Gastgeber eines „Sponsorendinners“. Zu Gast war unter anderem Hans-Dietrich Genscher. Diese Werbung und auch andere Aktionen erbrachten zusätzliche 2,5 Millionen Euro, so dass die Finanzierungslücke auf 5,8 Millionen Euro reduziert wurde.[21]
Einzelnachweise
- ↑ Mission Statement auf der Homepage
- ↑ Aufsichtsratsmitglieder der Ruhr.2010
- ↑ Übersicht über die Projekte
- ↑ Pressemitteilung der Ruhr.2010 GmbH über die Aufstellung der neuen Schilder
- ↑ Umbau Essen Hauptbahnhof auf bauarbeiten.bahn.de (PDF 2,14 MB)
- ↑ Team
- ↑ Sponsorenbroschüre der Ruhr.2010
- ↑ vgl. RuhrNachrichten (RN): Europäischer Filmpreis bei RuhrNachrichten.de, 14. März 2009 (aufgerufen am 14. März 2009)
- ↑ vgl. Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ): Film-Oscar in Bochum bei derwesten.de, 13. März 2009 (aufgerufen am 14. März 2009)
- ↑ Programm „Eröffnung RUHR.2010 – Kulturfest ‚Glück Auf 2010!‘“, Stand: 22. Dezember 2009 (Abgerufen am 2. Januar 2010)
- ↑ Biennale für internationale Lichtkunst
- ↑ !SING - DAY OF A SONG
- ↑ Extraschicht
- ↑ Route der Wohnkultur
- ↑ RUHR.2010
- ↑ wissenschaftsportal Kulturhauptstadt 2010
- ↑ a b Pressemitteilung vom 4. Mai 2009
- ↑ Die Kulturhauptstadt setzt den Rotstift an In: WAZ, 2. Mai 2009 (online)
- ↑ Vielen Kommunen fehlt das Geld für Ruhr 2010. In: WAZ, 23. Juni 2009 (online)
- ↑ Und nochmal 2,5 Millionen für Ruhr.2010 In: WAZ, 24. Juni 2009 (online)
- ↑ Pleitgen: Die Kulturhauptstadt wird kein Fiasko In: WAZ, 25. Juni 2009 (online)