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Graham Greene

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Das Grab Graham Greenes in Corseaux

Graham Greene (* 2. Oktober 1904 in Berkhamsted, Hertfordshire, Großbritannien; † 3. April 1991 in Vevey, Schweiz; eigentlich Henry Graham Greene) war ein britischer Schriftsteller. Er gilt als derjenige Autor von Weltruf mit den meisten Nominierungen für den Literaturnobelpreis, den er jedoch letztlich nicht erhielt. Greenes jüngerer Bruder war Sir Hugh Carleton Greene (1910–1987).

Leben

Graham Greene war der Sohn eines Schuldirektors und ein Großneffe des Schriftstellers Robert Louis Stevenson.[1] Greenes Kindheit war schwierig, weil er in einem Loyalitätskonflikt zwischen seinem Vater und seinen Mitschülern stand. Er war früh begeistert von Joseph Conrad, aber auch von den Spionageromanen von John Buchan (Die 39 Stufen). Für die spätere Entwicklung als Schriftsteller sind sein Großonkel Robert Louis Stevenson und Henry James wichtig.

Greene studierte Geschichte am Balliol College in Oxford. Als Jugendlicher spielte er gelegentlich Russisches Roulette und kam deswegen in psychiatrische Behandlung. Nach dem Studium arbeitete er einige Jahre als Journalist, zunächst im Redaktionsstab der Tageszeitung The Times und danach als literarischer Herausgeber des Magazins The Spectator.

1926 konvertierte er mit 22 Jahren zur Überraschung seiner anglikanischen Umgebung zum katholischen Glauben, unter anderem um seine Frau, eine überzeugte Katholikin, heiraten zu können. Das Paar trennte sich nach dem Zweiten Weltkrieg wegen Greenes zahlreicher Affären (er war unter anderem ein häufiger Gast in Bordellen), blieb aber bis zu seinem Tod verheiratet. Zeitlebens war er ein Kritiker der Amtskirche; eines seiner Bücher, Die Kraft und die Herrlichkeit (The Power and the Glory), wurde 1953 von Giuseppe Kardinal Pizzardo (Sekretär des heiligen Offizium) mit einem Bannspruch belegt.

In den 1930er Jahren schrieb er für mehrere britische Zeitungen Filmkritiken (in denen er Alfred Hitchcock regelmäßig verriss). Einige Äußerungen über den US-Kinderstar Shirley Temple führten zu einem Verleumdungsprozess, der die Zeitschrift Night and Day in den Ruin trieb. In dieser Zeit begann auch seine Leidenschaft für das Reisen, die er zeitlebens beibehielt; so war er beispielsweise als junger Mann kurze Zeit Mitglied der Kommunistischen Partei, weil er hoffte, so umsonst nach Russland reisen zu können.

Während des Zweiten Weltkrieges war er beim britischen Außenministerium, genauer beim Auslandsgeheimdienst angestellt, wo er dem legendären Spion Kim Philby unterstellt war. Daher stammen seine genauen Kenntnisse der verborgenen Seiten des Diplomatischen Korps, die er in seinen Romanen (etwa Unser Mann in Havanna) genussvoll ironisierend darstellt.

Seine zum Teil außerordentlich erfolgreichen Romane thematisieren immer wiederkehrend zentrale Punkte der human condition wie Schuld, (Un-)Glaube und Verrat im äußeren Gewand von Abenteuergeschichte, spy story und Krimi. Greene war unter anderem ein vehementer Kritiker des Kolonialismus und seiner Auswüchse. Greene selbst unterteilte seine Werke lange in novels (die ernsten Romane wie Schlachtfeld des Lebens, 1934) und entertainments (die Unterhaltungsromane wie Jagd im Nebel, 1939), gab diese Unterscheidung aber später auf. Besonders in seinen frühen Romanen herrscht eine schäbige, triste Atmosphäre, in der die Menschen Erlösung suchen (bis Ein ausgebrannter Fall, 1960). Im englischen Sprachgebrauch etablierte sich für diese Atmosphäre der Begriff Greeneland. In seinen späteren Romanen, etwa ab Die Reisen mit meiner Tante (1969), verband er seine traditionellen Themen wie Religion und Verbrechen zunehmend mit einem grotesken, makabren Sinn für Humor (wie in Dr. Fischer aus Genf oder Die Bombenparty).

Greene selbst wurde von dem ewigen Gefühl der Langeweile getrieben, dem er entkommen wollte (wie er in seiner Autobiographie Ways of Escape erzählt). Das führte ihn zum Alkohol (der in vielen seiner Romane eine große Rolle spielt, so beim „Schnaps-Priester“ in Die Kraft und die Herrlichkeit und in der entscheidenden Szene von Unser Mann in Havanna), in alle Krisengebiete seiner Zeit, in viele Affären und zu einer großen Produktivität: außer als Romancier und Journalist arbeitete er als Dramatiker (sein erstes Stück, The living-room, war ein großer Erfolg) und Drehbuchautor (z. B. bei Der dritte Mann und Die Stunde der Komödianten). In dem Film Die amerikanische Nacht von François Truffaut hat er eine stumme Rolle. Er war auch ein gefürchteter Verfasser von Leserbriefen.

Große Verbreitung fanden einige seiner Romane in Deutschland, als sie in den 1950er Jahren als preiswerte Taschenbücher im Rowohlt-Verlag herauskamen.

Seine weltweite Beliebtheit zeigt sich auch an den zahlreichen Verfilmungen fast aller seiner Romane durch Regisseure wie John Ford, Otto Preminger, Joseph L. Mankiewicz, Neil Jordan und Carol Reed (Der dritte Mann, Unser Mann in Havanna), und in den letzten Jahren vor allem Das Ende einer Affäre mit Julianne Moore und Ralph Fiennes und Der stille Amerikaner mit Michael Caine und Brendan Fraser.

Zu seinem großen Freundeskreis gehörten der Schriftsteller Evelyn Waugh (ein katholischer Konvertit wie Greene selbst), Omar Torrijos, der Präsident von Panama, und der Filmproduzent Alexander Korda. In seinen späten Jahren wurde Greene zu einem scharfen Kritiker der US-Außenpolitik und unterstützte die Politik von Fidel Castro. Er wurde von François „Papa Doc“ Duvalier, dem Staatschef von Haiti, nach dem kritischen Buch Die Stunde der Komödianten, in dem Greene das Terrorregime der Tontons Macoutes dargestellt hatte, mit Verleumdungen verfolgt (so bezeichnete Duvalier Greene in einer Broschüre als „Folterer“).

Zwar war Greene in der Öffentlichkeit über 40 Jahre lang präsent. Dennoch hielt er sein eigenes Privatleben möglichst geheim. Das führte dazu, dass auch nach seinem Tod heftige Diskussionen über ihn geführt werden, etwa was die Frage betrifft, ob er seine Arbeit für den Geheimdienst wirklich nach dem Zweiten Weltkrieg beendet hatte.

Mit 86 Jahren starb Graham Greene am 3. April 1991 in Vevey in der Schweiz. Er ist auf dem Friedhof von Corseaux begraben.

Auszeichnungen

Werke

  • 1925 - Babbling April
  • 1929 - The Man Within (Zwiespalt der Seele)
  • 1930 - The Name of Action
  • 1932 - Rumour At Nightfall
  • 1932 - Stamboul Train (auch The Orient Express) (Orient-Express)
  • 1934 - It's a Battlefield (Das Schlachtfeld des Lebens)
  • 1935 - The Bear Fell Free
  • 1935 - England Made Me (Ein Sohn Englands)
  • 1936 - A Gun for Sale (auch This Gun For Hire) (Das Attentat)
  • 1936 - Journey without Maps (Der Weg nach Afrika)
  • 1938 - Brighton Rock (Am Abgrund des Lebens)
  • 1939 - The Confidential Agent (Jagd im Nebel)
  • 1939 - The Lawless Roads (auch Another Mexico) (Gesetzlose Straßen)
  • 1940 - The Power and the Glory (auch The Labyrinthine Ways) (Die Kraft und die Herrlichkeit)
  • 1943 - The Ministry of Fear (Zentrum des Schreckens)
  • 1946 - The Little Train
  • 1948 - The Heart of the Matter (Das Herz aller Dinge)
  • 1950 - The Little Fire Engine
  • 1950 - The Third Man (Der dritte Mann)
  • 1951 - The End of the Affair (Das Ende einer Affäre)
  • 1952 - The Little Horse Bus
  • 1953 - The Shipwrecked
  • 1954 - Twenty-One Stories: Beinhaltet unter anderem die Geschichte "The Destructors" (Zerstörungswut)
  • 1955 - Loser Takes All (Heirate nie in Monte Carlo)
  • 1955 - The Quiet American (Der stille Amerikaner)
  • 1958 - Our Man in Havana (Unser Mann in Havanna)
  • 1960 - A Burnt-Out Case (Ein ausgebrannter Fall)
  • 1966 - The Comedians (Die Stunde der Komödianten)
  • 1969 - Travels With My Aunt (Reisen mit meiner Tante)
  • 1971 - A Sort of Life (Eine Art Leben)
  • 1973 - The Honorary Consul (Der Honorarkonsul)
  • 1974 - Lord Rochester's Monkey (Lord Rochesters Affe)
  • 1975 - The Return Of A.J. Raffles
  • 1978 - The Human Factor (Der menschliche Faktor)
  • 1980 - Doctor Fischer of Geneva: or The Bomb Party (Dr. Fischer aus Genf oder Die Bomben-Party)
  • 1980 - Ways of Escape (Fluchtwege)
  • 1982 - Monsignor Quixote (Monsignore Quijote)
  • 1984 - Getting to Know the General (Mein Freund, der General)
  • 1985 - The Tenth Man (Der zehnte Mann)
  • 1988 - The Captain and the Enemy (Ein Mann mit vielen Namen)

Verfilmungen

  • 1941 - Die Narbenhand (This gun for hire) - Vorlage: Roman "A Gun for Sale" - Regie: Frank Tuttle
  • 1944 - Ministerium der Angst (Ministry of fear) - Regie: Fritz Lang
  • 1945 - Jagd im Nebel (Confidential agent) - Regie: Herman Shumlin
  • 1947 - Befehl des Gewissens (The fugitive) - nach dem Roman "Die Kraft und die Herrlichkeit" - Regie: John Ford
  • 1947 - Brighton Rock - Regie: John Boulting
  • 1947 - Piratenliebe (The Man Within) - Regie: Bernard Knowles
  • 1948 - Kleines Herz in Not (The fallen idol) - Vorlage: Erzählung "The Basement Room" - Regie: Carol Reed
  • 1949 - Der dritte Mann (The third man) - nach dem gleichnamigen Roman - Regie: Carol Reed
  • 1953 - Das Herz aller Dinge (The heart of the matter) - nach dem gleichnamigen Roman - Regie: George More O’Ferrall
  • 1955 - Das Ende einer Affäre (The end of the affair) - Regie: Edward Dmytryk
  • 1956 - Heirate nie in Monte Carlo (Loser Takes All) - Regie: Ken Annakin
  • 1957 - Die Brücke der Vergeltung (Across the bridge) - Regie: Ken Annakin
  • 1957 - Die heilige Johanna (Saint Joan) – Drehbuch von Greene nach dem Bühnenstück von George Bernard Shaw - Regie: Otto Preminger
  • 1957 - Mit dem Satan auf Du (Short cut to hell) - Vorlage: Roman "A Gun for Sale" - Regie: James Cagney
  • 1957 - Vier Pfeifen Opium (The quiet American) – nach dem Roman Der stille Amerikaner - Regie: Joseph L. Mankiewicz
  • 1959 - Unser Mann in Havanna (Our man in Havanna) - Regie: Carol Reed
  • 1961 - Die Kraft und die Herrlichkeit (The power and the glory) - Regie: Marc Daniels
  • 1967 - Die Stunde der Komödianten (The Comedians) - Regie: Peter Glenville
  • 1972 - England made me - Regie: Peter Duffell
  • 1972 - Reisen mit meiner Tante (Travels with my aunt) - Regie: George Cukor
  • 1979 - Der menschliche Faktor (The Human Factor) - Regie: Otto Preminger
  • 1982 - Der Honorarkonsul (The honorary consul) - Regie: John Mackenzie
  • 1985 - Monsignore Quixote (Monsignor Quixote) - Regie: Rodney Bennett
  • 1986 - Leihen Sie uns ihren Mann? (May we borrough your husband?) - Regie: Bob Mahoney
  • 1988 - Der 10. Mann (The tenth man) - Regie: Jack Gold - mit Anthony Hopkins
  • 1989 - Liebesroulette (Money talks) - Vorlage: Roman "Heirate nie in Monte Carlo" - Regie: James Scott
  • 1990 - Eine Falle für den Killer (This gun for hire) - Vorlage: Roman "A gun for sale" - Regie: Lou Antonio
  • 1999 - Das Ende einer Affäre (The end of the affair) - Regie: Neil Jordan
  • 2000 - Die doppelte Nummer (Double take) - Regie: George Gallo
  • 2002 - Der stille Amerikaner (The quiet American) - nach dem gleichnamigen Roman - Regie: Phillip Noyce

Literatur

  • Marie-Francoise Allain: Graham Greene – Gespräche mit Marie-Francoise Allain. 1981
  • John A. Atkins: Graham Greene. Calder & Boyars, London 1970
  • Ulrich Greiwe: Graham Greene und der Reichtum des Lebens. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2004 (dtv; 24417), ISBN 3-423-24417-8
  • Shirley Hazzard: Begegnung auf Capri. Erinnerungen an Graham Greene. Zsolnay Verlag, Wien 2002, ISBN 3-552-05201-1
  • Josef Rischik: Graham Greene und sein Werk. Bern, Univ., Diss., Bern 1951
  • Michael Shelden: Graham Greene: eine Biographie. Steidl, Göttingen 1995, ISBN 3-88243-368-X
  • Norman Sherry: The Life of Graham Greene. Penguin Books, Harmonsworth 1990 ff (vol. 1-3)
  • Philip Stratford: Faith and fiction: creative processes in Greene and Mauriac. Notre Dame, Ind., Univ., Diss., Notre Dame 1967
  • William J. West: The Quest for Graham Greene. St. Martin's Pr., New York 1988, ISBN 0-312-18161-2

Einzelnachweise

  1. Rowohlt Verlag (Hrsg.): Was sie schreiben. Wie sie aussehen. Rowohlt, Hamburg 1954. S. 33 (nicht paginiert).