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Mittelalterliche Klimaanomalie

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Rekonstruierter Temperaturverlauf der letzten 2.000 Jahre nach verschiedenen Quellen. Im Vergleich dazu auch die direkt gemessenen Temperaturen bis einschließlich 2004.

Die Mittelalterliche Warmzeit (auch Mittelalterliches Klimaoptimum genannt) war eine Periode vergleichsweise milden Klimas in der Nordhemisphäre. Sie folgte auf das kalte Pessimum der Völkerwanderungszeit und endete mit Beginn der sog. „Kleinen Eiszeit“. Je nach untersuchter Region und Quelle werden für Beginn und Dauer dieser Periode unterschiedliche Angaben gemacht. So gibt H. H. Lamb für den europäischen Teil Russlands sowie Grönlands die Zeit von 950 bis 1200 n.C., für die Mehrheit Europas jedoch 1150 bis 1300 n.C. an.[1] Die größte Verbreitung warmer Temperaturen ist nach Lamb von 1000 bis 1200 n.C. gegeben.[2]

Verbreitung

Nach heutigem Kenntnisstand lagen die Durchschnittstemperaturen der nördlichen Hemisphäre im wärmsten Abschnitt der Mittelalterlichen Warmzeit (zwischen 950 und 1000) etwa 0,1 °C bis 0,2 °C unter der vorletzten CLINO-Periode.[3]

Die Anbaugrenzen in den deutschen Mittelgebirgen reichten etwa 200 m höher als gegenwärtig, so dass die Kulturlandschaft Deutschlands im Hochmittelalter ihre größte Ausdehnung erfährt. Der Flächenanteil des Waldes geht in dieser Phase auf unter 20 Prozent zurück.[4]

Das im Vergleich zur Völkerwanderungszeit wärmere Klima erlaubte den Weinanbau sogar in Ostpreußen, Pommern und Südschottland. Getreideanbau war in Norwegen bis fast zum Polarkreis möglich. Zeitgleich zog sich das Packeis im nördlichen Atlantik nach Norden zurück. Ebenso ermöglichte die Erwärmung den Skandinaviern die dauerhafte Besiedelung Islands (seit etwa 870) und Grönlands (seit 986, siehe Grænlendingar).

Weniger stark ausgeprägt verlief die Mittelalterliche Warmzeit in anderen Teilen der Welt, jedoch lässt sie sich sogar in Neuseeland nachweisen.[5] In anderen Teilen der Welt führte sie zu deutlich feuchterem Klima, etwa in der Wüste Namib, die während dieser Zeit besiedelt war.

Ursachen

Die milderen Temperaturen während des mittelalterlichen Optimums können auf eine deutlich verstärkte Sonnenaktivität und weltweit ungewöhnlich geringe Vulkan-Aktivitäten zurückzuführen sein. Letzteres würde bewirken, dass weniger Aerosole das Sonnenlicht reflektierten und ihre kühlende Wirkung somit reduziert würde.

Andere Theorien verweisen auf periodische Schwankungen (ca. 1000-2000 Jahre) des Nordatlantikstromes als Ursache. Durch Verdunstung von 0,25 x 10^6 m³/s Wasser, welches in den Pazifik verfrachtet wird, steigt der Salzgehalt des Atlantik an. Die Zirkulation des globalen Förderbandes soll ca. alle 1500 Jahre stark ansteigen, um den Salzgehalt auszugleichen. Dies sei mit Temperaturschwankungen des Meerwassers in der Größenordnung von 4-5 K verbunden, wodurch sich auch die Temperaturen an Land ändern könnten. [6]

Temperaturen im Vergleich zu heute

Im Vergleich zu heute, wird die damalige Situation wie folgt beschrieben:

“The evidence currently available indicates that NH mean temperatures during medieval times (950–1100) were indeed warm in a 2-kyr context and even warmer in relation to the less sparse but still limited evidence of widespread average cool conditions in the 17th century. However, the evidence is not sufficient to support a conclusion that hemispheric mean temperatures were as warm, or the extent of warm regions as expansive, as those in the 20th century as a whole, during any period in medieval times.”

„Die derzeit verfügbaren Belege, lassen darauf schließen, dass die mittleren Temperaturen der Nordhemisphäre während der mittelalterliche Warmzeit (950-1100 n.C.), betrachtet man die letzten 2000 Jahre, tatsächlich warm waren. Ebenso gilt dies im Vergleich zu den weniger lückenhaften aber nach wie vor nur begrenzt vorhandenen Zeugnissen für weitverbreitete durchschnittlich kalte Bedingungen im 17. Jahrhundert. Nichtsdestotrotz sind die Nachweise nicht ausreichend um die Schlussfolgerung zu stützen, dass die hemisphärischen Durchschnittstemperaturen, zu irgend einer Zeit des Mittelalters, so warm waren, oder das Ausmaß warmer Regionen so groß war, wie dies im gesamten 20. Jh. der Fall gewesen ist.“

Intergovernmental Panel on Climate Change (2007): Fourth Assessment Report – Working Group I, Chapter 6: Palaeoclimate[7]

Siehe auch

Literatur

  • Intergovernmental Panel on Climate Change (2007): Fourth Assessment Report – Working Group I, Chapter 6: Palaeoclimate, Seite 466–481 (PDF, 7,7 MB)
  • Raymond S. Bradley et al.: “Climate in Medieval Time”, in: Science 302, 2003, S. 404-405. doi:10.1126/science.1090372
Commons: Mittelalterliche Warmzeit – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lamb, H.H.: Climates of the Past, Present and Future. Vol. I and II. Metheun, London 1977, ISBN 0-416-11530-6.
  2. Lamb, H.H.: Climate History and the Modern World. Routledge, Chapman & Hall, London and New York 1982, ISBN 0-415-12734-3, S. 433 pp.
  3. Intergovernmental Panel on Climate Change (2007): Fourth Assessment Report – Working Group I, Chapter 6: Palaeoclimate, online (PDF, 7,7 Mb)
  4. Hans-Rudolf Bork et al.: Landschaftsentwicklung in Mitteleuropa. Wirkungen des Menschen auf Landschaften, Klett-Perthes, Gotha 1998. ISBN 3-623-00849-4
  5. Edward R. Cook et al.: “Evidence for a ‘Medieval Warm Period’ in a 1,100 year tree-ring reconstruction of past austral summer temperatures in New Zealand”, in: Geophysical Research Letters 29, 2002, S. 1667. doi:10.1029/2001GL014580
  6. Wallace S. Broecker, Was the Medieval Warm Period Global?, in: Science, Vol. 291. Nr. 5508, S. 1497 - 1499, 23. Februar 2001, doi:10.1126/science.291.5508.1497
  7. S. 469