Schwert
Das Schwert (von ahd.: swert) ist eine Hieb- und Stichwaffe mit gerader zweischneidiger Klinge, Griff und je nach Epoche Parierstange und Knauf.

Abgrenzung zu anderen Blankwaffen
Dolche sind wie die Schwerter gerade und zweischneidig, teilweise auch von quadratischem oder dreieckigem Klingenquerschnitt, aber nicht zum Schlagen geeignet. Für gewöhnlich sieht man zweischneidige Waffen bis 40cm Klingenlänge als Dolche an, längere als Schwerter. Dolche wurden aufgrund ihrer geringen Größe vor allem im Mittelalter oftmals als Attentäterwaffen verwendet.
Säbel (z.B. der arabische Scimitar oder „Krummsäbel“ oder der chinesische Dao) sind einschneidig und gebogen. Echte Krummschwerter (also mit zwei Schneiden) sind selten. Ob Schwerter oder Säbel weiter verbreitet sind, hängt von der Qualität der Rüstungen ab. Der Hieb eines langen geraden Schwerts wirkt zermalmend und spaltend; er ist gegen Schwergerüstete wirksam. Ein Säbelhieb kann eine schwere Rüstung nicht durchdringen, aber gegen Leicht- oder Ungerüstete wirkt er durch seine zusätzliche Schneidwirkung stärker als ein Schwertschlag.
Die japanischen Katana sind einschneidig und gebogen, also im Prinzip Säbel, können aber auch nicht eindeutig als solche bezeichnet werden, da sie einige Merkmale aufweisen, die von der klassischen Definition eines Säbels abweichen. Das Katana bildet demnach eine eigene Klasse; es ist zumeist mehrlagig, jedoch nicht im Sinne eines Damaszener Stahls (siehe hierzu Katana) und sehr scharf geschliffen. Ein Katana benötigt weniger Kraft zum Durchschlagen von Gliedern als ein Langschwert, ist jedoch weniger stabil.[1]
Obwohl das chinesische Schwert (Jian) auf den ersten Blick von der Konstruktion und vom Aussehen her dem hier beschriebenen Schwert westlichen Ursprungs sehr ähnlich ist (gerade, zweischneidige Klinge, Knauf und Heft), unterscheidet es sich stark in der Handhabung und Anwendung. Es wird schneidend und stechend eingesetzt, wobei auf empfindliche Stellen des Körpers gezielt wird (Sehnen an Handgelenken, Knien und Fußgelenken, Hals).
Konstruktion


Das Konstruktionsprinzip hat sich im Laufe der Jahrhunderte kaum gewandelt. Es wird mit Hilfe der nebenstehenden Zeichnungen erörtert:
- Der Knauf dient als Abschluss des Schwertes; er hält Griff und Klinge zusammen und besteht meistens aus Stahl oder Messing. Die Klinge wird mit dem Knauf verlötet, verschmiedet oder vernietet. Die Klinge geht durch den Knauf oder endet an dessen Ende. Zudem bildet der Knauf ein Gegengewicht zur Klinge, welches den Schwerpunkt verlagert und dadurch die Schwertführung vereinfacht.
- Das Heft sollte gut greifbar sein und sich gut führen lassen. Es besteht aus einem Heftholz, welches um die Angel gelegt wird, und einer Wicklung oder einem Geflecht aus Leder oder Stoff. Auch Metalldrähte wurden für Wicklungen verwendet.
- Die Parierstange soll Schläge des Gegners abfangen. Messing ist leichter zu schmieden, aber auch weitaus weniger haltbar; es wurde bei hochqualitativen Stücken im Bereich der Parierstange nicht verwendet.
- Die Klinge besteht aus geschmiedetem Stahl.
- Die Schwertscheide soll die Klinge schützen; sie besteht aus Holz und/oder Leder. Die Schwertscheide hat meistens diverse Tragebügel oder Schlaufen, um sie zu befestigen. Zudem schließen oft Metallhülsen, genannt Ortband, die Schwertscheide unten ab und schützen so die Ecken.
- Das Scheidenmundblech soll das Leder vor der Schneide des Schwertes schützen und das Eingleiten der Klinge erleichtern.
- Lötstellen am Knauf sind nichts Ungewöhnliches; die Klinge soll besonders gut im Knauf gehalten werden.
- Das Griffholz soll die Klinge vor Nässe schützen und die Griffwicklung halten. Es besteht aus einem Hartholz. Ein Holzzylinder wird dabei durchbohrt und auf die Angel gesteckt. Manchmal wird das Griffholz auch halbiert; die Hälften werden dann entweder durch die Wicklung selbst oder durch Vernietung gehalten.
- Die Heftwicklung sorgt für die Handlichkeit und für den Komfort beim Führen der Klinge; sie besteht aus Leder, Stoff oder Metall.
- Lötstellen an der Parierstange sind selten. Das Verlöten an der Parierstange ist möglich, aber nicht empfohlen, da die Schwingungen nicht abgefedert werden können. Daraus resultieren möglicherweise Klingenbrüche am Anfang der Parierstange.
- Die Angel bildet den Teil der Klinge, der durch die Parierstange und den Griff in den Knauf führt. Sie ist der dünnste Teil der Klinge und wird mit dem Knauf befestigt.
- Der Mittelgrat einer Klinge muss nicht immer vorhanden sein; z. B. hat eine Klinge mit sechseckigem Profil keinen Mittelgrat.
- Die Fehlschärfe ist der Bereich, der nicht geschliffen wurde. Sie befindet sich oft am Anfang der Klinge kurz vor der Parierstange. In diesem Bereich ist es eigentlich nicht sinnvoll, die Klinge zu schärfen, da dieser Bereich ohnehin nicht zum Angreifen genutzt wird und auch die Stabilität insbesondere bei Paraden in diesem Bereich besonders wichtig ist. Bei großen, zweihändigen Schwertern kann die Fehlschärfe einen großen Bereich der Klinge einnehmen und wird dann bei verschiedenen Kampfmanövern zeitweise mit der zweiten Hand gegriffen. Bei einigen historischen Zweihändern der späten Renaissance wird dieser Bereich daher durch eine zweite Parierstange, den sogenannten Parierhaken, geschützt. Dieser ist im Gegensatz zur Parierstange immer ein ausgeschmiedeter Teil der Klinge.
- Die Hohlkehle, fälschlicherweise auch Blutrinne genannt, erscheint ab dem Mittelalter (antike Schwerter haben sie nicht) und dient der Gewichtsreduzierung und Stabilisierung der Klinge, ist aber keine Abflussrille für das Blut des Gegners. Die Hohlkehle wird beidseitig eingeschmiedet und durchbricht die Klinge in der Regel nicht. Lediglich bei Zierwaffen konnte es vorkommen, dass der Schmied kunstvolle Durchbrüche gestaltete. Oft wurden auch Sprüche oder Namen in die Hohlkehle gearbeitet.
- Die Schneide ist der scharf geschliffene Teil der Klinge und bestand oft aus in die Klinge eingearbeiteten „Schneideleisten“ aus besonders hartem und schneidhaltigem Stahl. Die Schärfe der Klinge nahm zur Spitze hin zu.
- Der Ort ist die Klingenspitze und stellt den „gefährlichsten“ Teil der Waffe dar.
Geschichte


Antike
Schwerter waren in den meisten antiken und mittelalterlichen Kulturen zu finden, sowohl im abendländischen als auch im orientalischen und ostasiatischen Kulturraum. Erste Schwertfunde existieren bereits aus der frühen Bronzezeit, wie Funde beispielsweise aus Griechenland (Mykene, Sparta) und Nordeuropa sowie viele antike Abbildungen belegen. Durch den Kulturkontakt gelangten die frühen Schwertformen des südosteuropäischen Raumes über das Karpatenbecken bis nach Mitteleuropa. Es wird angenommen, dass die im asiatischen Raum gebräuchlichen Schwerter ursprünglich von Europa inspiriert worden sind. So gleicht das älteste, (noch erhaltene) chinesische Schwert sehr groß einem im damaligen Griechenland üblichen Schwert.[2] Gebrauchsspuren und Reparaturstellen zeugen von ihrem Einsatz und ihrem Wert für den Besitzer. Form, Gebrauchsspuren und die Vergesellschaftungen mit Dolchen weisen ebenso auf differenzierte Kampfesweisen hin wie die Klingenformen. Wesentliche Bedeutung als Waffe erhielt das Schwert erst mit dem Beginn der Eisenzeit, da Eisen und insbesondere Stahl eine wesentlich größere Härte als Bronze aufweisen. Erste Funde eiserner Schwerter finden sich zur Hallstattzeit, sowohl in Nord- als auch in Südeuropa. Obgleich auch zu Beginn der Eisenzeit die Hauptwaffe der Soldaten (beispielsweise griechische Hopliten und römische Legionäre) weiterhin die Lanze war, erlangte das Schwert insbesondere in der römischen Armee in der Form des Kurzschwertes (Gladius) Bedeutung. Dieses wurde später von der längeren Spatha – ursprünglich ein Kavallerieschwert, dann auch bei der Infanterie eingesetzt – abgelöst. Diese Konstruktionsform für Schwerter wurde in weiten Teilen Europas bestimmend.
Völkerwanderungszeit und Mittelalter
Auch bei den germanischen Stämmen der Völkerwanderung hatte das Schwert neben dem Sax eine herausragende Bedeutung als Waffe und behielt diese auch im Verlaufe des Mittelalters. Die Bedeutung des Schwertes in den Gesellschaften der Völkerwanderungszeit wird besonders deutlich in der Stellung, die Schwerter in den meisten mythologischen Erzählungen des frühen und hohen Mittelalters einnehmen. So findet sich beispielsweise in der Artussage das Schwert Excalibur, im Nibelungenlied Siegfrieds Schwert Balmung und im Amelungenlied das Schwert Wielands, Mimung.
Die gesellschaftliche Bedeutung spiegelt sich auch darin wider, dass Schwerter in vielen feudalen Zeremonien eine wesentliche Rolle spielen (Krönung, Schwertleite). Praktisch jedes europäische Krönungsornat enthält ein Schwert, so beispielsweise das Reichsschwert des Heiligen Römischen Reiches, die Reichsschwerter in England und Schottland etc.
Gläubige des Christentums ließen häufig ihre Schwerter durch Priester/Pastoren segnen. Viele Schwertträger gaben ihren Schwertern Namen.
Im Friesischen Museum von Leeuwarden wird ein 2,13 m langes und 6 kg schweres Schwert, ein Zweihänder, aufgebaut, das dem Krieger Pier Gerlofs Donia gehört haben soll.[3]
Neuzeit
Mit dem Aufkommen zunehmend schwererer Rüstungen mussten auch die Waffen angepasst werden, um den Gegner trotz Panzerung verletzen zu können. Durch die zunehmende Verbreitung des Plattenharnischs wurde der Schild überflüssig und die linke Hand zumindest bei unberittenen Kämpfern weitgehend frei. Aus den ursprünglich verhältnismäßig kurzen Schwertern (etwa 0,8-1 m) entwickelten sich daher immer längere Schwerter (heute Eineinhalbhänder oder Bastardschwerter genannt).
Der Zweihänder, der auf Abbildungen aus der Landsknechtszeit häufiger zu sehen ist, wurde hauptsächlich zum Zweikampf benutzt, wenn die Formationen (Gewalthaufen) bereits aufgebrochen waren. Zum Wegschlagen der Piken, wie es immer wieder in Gerüchten behauptet wird, ist er völlig ungeeignet. Pikeniere und Musketiere trugen den kurzen Katzbalger als Nebenwaffe, der beim Kampf mit der Hauptwaffe nicht behinderte. Im zivilen Bereich trug man das Rapier.
Aufgrund der Tatsache, dass nicht zuletzt häufig Prunkwaffen überlebt haben, da sie keinem Verschleiß ausgesetzt waren, existieren häufig falsche Vorstellungen über Gewicht und Balance historischer Schwerter. Paradewaffen, die hauptsächlich geschultert getragen bei Umzügen vorgeführt wurden, erreichten nicht selten Gewichte, die für den Kampf absolut nicht praktikabel waren (vier Kilogramm und mehr). Eine tatsächliche Gebrauchswaffe musste aber – besonders, wenn sie für militärischen Gebrauch gedacht war – auch über längere Zeit zu führen sein. Ein Stahlschwert, das zum Kampf geeignet sein soll, wiegt je nach Länge zwischen einem und 1,5 kg. Je nach Schwerttyp wird ein Schwerpunkt mehr oder weniger nahe der Parierstange angestrebt. Dennoch können auch qualitativ hochwertige Schwerter mit geringem Gewicht einen Schwerpunkt um 20 cm vor der Parierstange aufweisen, ohne dadurch unhandlich zu werden.
Mythen und Missverständnisse
Wie jede andere Waffe, die schon zu Verwendungszeiten einen Kultstatus erreicht hat, ranken sich um das Schwert (und die mit ihm verwandten Hiebwaffen) zahlreiche Missverständnisse und Mythen, die teilweise bis heute Eingang in die wissenschaftlichen Abhandlungen finden. Einer der am meisten verbreiteten Mythen besagt, dass das japanische Schwert den Höhepunkt der Schmiedekunst in der gesamten Menschheitsgeschichte darstellt. Aus wissenschaftlicher Sicht ist das nicht korrekt; bereits Kelten, Römer und Germanen des Frühmittelalters haben die Technologie des Damaszierens und der Raffinierstahlherstellung in ausreichendem Maße beherrscht. Das belegen die Arbeiten des Dr. Stefan Mäder, der in Japan europäische Sax- und Schwertklingen aus dem frühen Mittelalter polieren ließ zwecks der Begutachtung der Stahltextur als eine Ergänzung zu den metallografischen Untersuchungen.[4] Die Ergebnisse haben eindeutig bewiesen, dass die antiken und frühmittelalterlichen Schmiede den Stahl sorgfältig zu raffinieren vermochten. Die Ergebnisse widerlegen gleichzeitig einen anderen Mythos, der besagt, dass die europäischen Raffinier- und Schweißverbundstähle kaum oder nur wenige Male gefaltet wurden und die Blankwaffen meist nur aus einem inhomogenen Renneisen-Block bestanden.
Die Metallverarbeitung und die Rennofentechnologie hat beginnend im 13. Jh. und anschließend im 14. bis 15. Jh. ihren Zenit erreicht, was ganz klar aus historischen und archäologischen Quellen hervorgeht. Der Stahl der Rüstungen und der Klingen hat laut Untersuchungen oft kaum Schwächen im Vergleich zu modernen Klingenmaterialien. Daneben liefern uns die Ergebnisse der metallographischen Untersuchungen an Originalschwertern (z. B. das Zeremonieschwert aus der Domschatzkammer) handfeste Daten. Selbst frühmittelalterlicher Stahl weist oft sehr geringe Anteile an Schwefel und Phosphor (0,002 bis 0,003%) auf, was sogar die Werte des japanischen Stahls unterbietet. Der C-Gehalt bewegt sich normalerweise im Bereich zwischen 0,6% und 0,8% und die gemessene Härte zwischen 58 und 62 HRC. Römische und frühmittelalterlich-germanische Waffen weisen oft einen komplexen Aufbau auf, d. h. ihre einzelnen Komponenten bestehen aus verschiedenen Stahlsorten. Selektive Härtung wurde ebenfalls praktiziert.
Auch die Qualität von Tiegelstählen aus dem indo-persischen Raum, insbesondere Wootz, wird oft über- oder unterschätzt.[5] An der Stelle sei vermerkt, dass der Mythos von der Überlegenheit des „orientalischen Damaszener Stahls“ sich historisch ebenfalls nicht bestätigt. Bisher ist keine orientalische Waffe aus Wootz oder anderen Materialien von den Archäologen auf mittel- und nordeuropäischem Boden gefunden worden, die aus Früh- oder Hochmittelalter stammt. Selbst der Begriff "Damast" ist erst im 14 Jh. greifbar.[6] Überhaupt erwähnt man den Wootz mehr oder weniger gesichert erst ab dem 13. Jh., als die Kreuzzüge schon bald zum Erliegen kamen.[7] Auch die Geschichte, welcher nach die Kreuzritter „damaszener Säbel“ mit Gold aufwogen, weil sie ihre Rüstungen „wie Butter“ zerschnitten, lässt sich historisch nicht belegen. Zur Zeit der Kreuzzüge waren Säbel zwar auch vorhanden (vor allem durch die Seldschuken aus Zentralasien importiert), jedoch lassen sich viele orientalische Schwerter mit gerader beidseitig geschärfter Klinge ebenfalls nachweisen.[8] Säbel, ob gefaltet, aus Wootz oder nicht, sind im wesentlichen Schnittwaffen – der Schnitt funktioniert gut bei weichen und/oder organischen Materialien. Zur Bekämpfung der Kettenrüstungen der Kreuzfahrer wurden höchstwahrscheinlich gerade und nicht gekrümmte Klingen eingesetzt.[9][10][11] Denn wärmebehandelter und auf etwa 55 bis 58 HRC angelassener Schwertstahl lässt sich aus physikalischen Gründen von einem ebensolchen Stahl nicht schneiden und höchstens unter Anwendung extremer Krafteinwirkung brechen. Durchschneiden von Schwertern und Plattenpanzern, und zwar so effektiv wie z. B. durch Holz oder Knochen, ist physikalisch unmöglich, ungeachtet der Klingenform der Waffe.
Es gibt seit dem 18. Jh. bis heute eine ganze Reihe von Missverständnissen, was die Qualität, Geometrie und Verwendung europäischer Schwerter betrifft, die vor allem durch die Kinematografie (unfreiwillig) bis heute aufrecht erhalten werden. Der am meisten diskutierte Mythos ist das Gewicht von europäischen Schwertern; es werden bis heute oft Gewichte bis zu 30 Pfund (etwa 13 kg) genannt.[12] Das entspricht aber nicht dem historischen Gewicht der europäischen Schwerter: Das tatsächliche Gewicht der erhaltenen Originale ist zwischen 650 und 1400 g angesiedelt.[13] Das gilt im eingeschränkten Maße auch für die Bidenhänder des 16. Jh., die von den Fußsoldaten benutzt wurden, welche aber eine Spitzenentwicklung der Renaissance darstellen und in der Handhabung kaum an das klassische Schwert erinnerten. Das Durchschnittsgewicht der Originale (vor allem einhändig gegriffene Schwerter) beträgt hiermit 1,1 bis 1,2 kg. Der Mythos, dem nach ein einhändiges europäisches Kampfschwert aus dem Hochmittelalter (meist Typ XII) drei bis fünf Kilogramm gewogen hat, ist schon aus der physikalischen Sicht fragwürdig. Die Maximaldicke eines Typ XII an der Klingenwurzel betrug in der Regel etwa 5 mm, die Breite betrug etwa 5,5 cm. Selbst bei gleichbleibender Dicke (was normalerweise nicht der Fall war), 80 cm Länge und nur halber Breite an der Spitze würde das Gewicht dieser Klinge nicht mehr als 1400 Gramm betragen. Damit eine Schwertklinge aus Kohlenstoffstahl drei Kilogramm wiegen kann, muss es eine durchgehende Klingendicke von mindestens 1 cm haben oder aus Schwermetallen bestehen – als Hiebwaffe völlig unpraktikabel. Solche Kampfschwerter sind historisch nicht überliefert und sind hiermit als eine reine Erfindung der Moderne zu betrachten.
Die Schärfe der europäischen Schwerter wird sehr häufig als unzureichend angegeben und daraus die Verwendung dieser Waffe als eine Art Keule abgeleitet. Ein populäres Bild besagt, dass die Ritter des Hoch- und Spätmittelalters mit Schlägen auf die Rüstung diese verbeulten und den Gegner durch die Wucht der Schläge verletzt und bezwungen haben. Diese Kampfesweise ist aber ebenfalls eine Erfindung des 19. und 20. Jh.; vor allem der seit den 1960-er Jahren intensiv praktizierte Schaukampf beeinflusste das Bild der Moderne von den mittelalterlichen Kampfesweisen. Die ikonographischen, historischen (Chroniken, Epen, zeitgenössische Geschichtsschreibung) und archäologischen Quellen sowie die erhaltenen schriftlichen Quellen über die Kampfkünste des Spätmittelalters/Renaissance (Fechtbücher) widersprechen jenem Mythos. Schon der Brief des Ostgotenkönigs Theoderich an den König der Vandalen offenbart die mechanischen Eigenschaften der damaligen Spatha wie spiegelglatte Politur, fein hervorgehobener Torsionsdamast und die Schärfe, wodurch das Schwert auch damalige Rüstungen durchzuschneiden vermochte.[14] In hochmittelalterlichen Chroniken[15] wird von langen und scharfen Schwertern gesprochen, die einen menschlichen Körper entzwei zu spalten vermögen. Und als wichtigstes Argument gegen den o. g. Mythos gilt die Tatsache, dass keines der erhaltenen Kampfschwert-Originale eine stumpfe Schlagkante besitzt, ähnlich den heutigen Schaukampfschwertern. Und ihr Gewicht und Balance sind die einer Hieb- oder Stichwaffe; kein Original ist ausbalanciert wie ein Baseballschläger, was bei einer stumpfen Keulenwaffe zu erwarten wäre. Natürlich müssen an der Stelle die Paradewaffen des 16. und 17. Jh. und die Gebrauchswaffen der früheren Zeiten scharf auseinandergehalten werden.
Außerdem existieren archäologische Funde aus dem Spätmittelalter, die belegen, dass die Waffen trotz Plattenrüstung einen hohen Grad an Schärfe aufwiesen. Funde von Überresten der Gefallenen aus dem 15. Jh. samt Schnittverletzungen belegen dies.[16] Als indirekte Beweise für die scharfe Schneide der europäischen Schwerter können Abbildungen aus einem der Fechtbücher[17] gelten, welches dem Fechtmeister Hans Talhoffer zugeschrieben wird. Auf einer der Abbildungen wird eine Enthauptung im Kampf dargestellt, welche mit dem vorderen Teil der Klinge (verm. Typ XVIII nach der Oakeshott-Klassifikation) durchgeführt wird. Ein Bild, bei dem auf eine ähnliche Art und Weise eine Hand abgetrennt wird, ist ebenfalls vorhanden. Diese Abbildungen, sofern sie keine werbewirksamen Übertreibungen Talhoffers darstellen, sprechen eindeutig gegen die Stumpfheit der Schwertwaffen.
Das angebliche Fehlen jeglicher in sich geschlossener zum Schwert dazugehöriger Kampfkunst ist ebenfalls ein Vorurteil der Fechter des 18. und 19. Jahrhunderts. Zahlreiche Fechtbücher, die vor allem die Deutsche Schwertfechtschule repräsentieren, zeigen einen hohen Grad an Systematisierung und Effektivität. Der europäische Schwertkampf basierte auf Geschwindigkeit und Technik und nicht auf „brutalem Krafteinsatz“, wie es heute oft in den Medien dargestellt wird. Der europäische Schwertkampf war also auf derselben Entwicklungsstufe wie die heutigen asiatischen Schwertkampfsysteme. Auch war das Design der europäischen Schwerter nicht minder durchdacht und für ihren Einsatzzweck optimiert als jenes der japanischen Schwerter. Beispiel: das hochmittelalterliche Schwert.[18] Die Breite der Klinge nimmt etwa bis 2/3 der Klingenlänge linear ab, der restliche 1/3 läuft zunehmend konvex zu einer (meist) aberundeten Spitze, so dass sich im Endeffekt eine leicht krumme Schneide ergibt. Diese wiederum erzeugt einen deutlich stärkeren „Zugschnitt“-Effekt als eine völlig gerade Schneide, was sich positiv auf die Hiebeigenschaften des Schwertes auswirkt und trotzdem die Einsatzmöglichkeiten der Waffe im Bereich Stich- und Ringpanzer-Bekampfung nicht mindert, wie es bei einem reinen Säbel der Fall wäre. Die Hohlkehle reduziert das Gewicht der Waffe und steuert die Masseverteilung, wodurch sich der Schwerpunkt der Klinge steuern lässt. Die Parierstange dient nur zum Teil als Handschutz – sie hat beim Fechten eine wichtige Funktion als Hebel und Griffstütze. Der Querschnitt der Klinge variierte bei europäischen Schwertern erheblich, je nach Einsatzbestimmung der Klinge. Verbreitet waren vor allem linsenförmige und rhombische, aber auch sechseckige und kreuzförmige Querschnitte. Auch die Geometrie der Schneiden wurde niemals dem Zufall überlassen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Cold Weapon: About Japanese Katana Swords
- ↑ [1]
- ↑ Greate Pier fan Wûnseradiel. Gemeente Wûnseradiel, abgerufen am 4. Januar 2008 (west, frisian).
- ↑ Stefan Mäder: Stähle, Steine und Schlangen. Zur Kultur- und Technikgeschichte von Schwertklingen des frühen Mittelalters. PDF
- ↑ [2]
- ↑ Der Begriff "Damast"
- ↑ „Wigalois“ des Wirnt von Grafenberg; Reputation eines indischen Stahls
- ↑ Unsal Yucel: Islamic swords and swordsmiths. O.I.C. Research Centre for Islamic History, Art and Culture, IRCICA, 2001
- ↑ Plate No. 27
- ↑ Plate No. 37
- ↑ Plate No. 34
- ↑ J. Clements: ARMA
- ↑ Gewicht historischer Waffen
- ↑ Schwertschmied Arno Eckhardt
- ↑ siehe Oakeshott 2001, S. 75
- ↑ Untersuchungen an Massengräbern aus dem 15. Jh.
- ↑ Thott 290 2° / Kopenhagen, Königliche Bibliothek
- ↑ Oakeshott Type XII Swords
Literatur
- Konrad Kessler: Der Kampf mit dem Langschwert. Weinmann-Verlag, Berlin 2007, ISBN 3-87892-091-1, ISBN 978-3-87892-091-5.
- Hans-Peter Hils: Meister Liechtenauers Kunst des langen Schwertes. Lang-Verlag, Frankfurt/Main 1985, ISBN 3-8204-8129-X.
- André Schulze: Mittelalterliche Kampfesweisen. Band 1: Das Lange Schwert. Verlag Philipp von Zabern, Mainz am Rhein, 2006, ISBN 3-8053-3652-7.
- Iaroslav Lebedynsky: Armes et guerriers barbares au temps des grandes invasions. Paris 2001
- Thomas Laible: Das Schwert – Mythos und Wirklichkeit. Wieland-Verlag, Bad Aibling 2006, ISBN 3-938711-05-1.
- Herbert Schmidt: Schwertkampf – der Kampf mit dem langen Schwert nach der Deutschen Schule. Wieland Verlag, 2007, ISBN 978-3-938711-19-4.
- Stefan Mäder: Stähle, Steine, Schlangen: Ein neuer Blick auf alte Schwerter. Karfunkel Combat Nr. 1, Karfunkel-Verlag, Wals-Michelbach 2005
- Veronica Fiorato, Anthea Boylston, Christopher Knüsel: Blood red roses: the archaeology of a mass grave from the Battle of Towton AD 1461. 2000, ISBN 1-84217-025-2.
Weblinks
- Schwertmythos und historische Wirklichkeit
- Es herrscht „Schwertzeit“ – Zur Aktualität eines archaischen Symbols
- Seite über Schwertkampf
- historischer Schwertkampf Ars Gladii
- Europäischer Schwertkampf – Tradition und Gegenwart
- Referat zum Thema „Damaszener Stahl“ von Dr. Stefan Mäder
- Datenblätter der Original-Schwerter