Wotan
Der germanische Gott Wotan entspricht weitgehend dem nordischen Odin und wurde vor allem in den südlicheren Gefilden Germaniens verehrt.
Darüber hinaus ist Wotan eine der tragenden Figuren in der Tetralogie Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner.
Wagner selbst äußerte in einem Brief an Röckel, Wotan verkörpere "die Summe der Intelligenz der Gegenwart". Seine Funktion im Drama reicht jedoch noch viel weiter: Wotan selbst beschreibt seinen Konflikt im zweiten Aufzug der Walküre: "Als junger Liebe Lust mir verblich, verlangte nach Macht mein Mut - von der Liebe doch mocht ich nicht lassen". In dem Bemühen, Macht und Liebe (ein funktionierende Ordnung und die individuelle Freiheit des Einzelnen) zu vereinen, tritt Wotan an den am Fuße der Weltesche befindlichen Weisheitsquell, opfert ein Auge und schneidet aus der Weltesche seinen Speer, in denen er die Runen "treu beratner Verträge" einschneidet. Aufgrund dieser Verträge errichten die Riesen Fasolt und Fafner im Rheingold (dem ersten Werk der Tetralogie) Wotan die Burg Walhall. Hierfür hatte Wotan den Riesen die Göttin Freia versprechen müssen. Obwohl der Verlsut von Freia für die Götter das Ende bedeutet hätte, erweist sich Wotan als vertragstreu. Donner, der statt der Vertragserfüllung den offenen Kampf sucht, wird von Wotan zurechtgewiesen: "Halt du Wilder, nichts durch Gewalt. Verträge schützt meines Speeres Schaft - spar deines Hammers Heft".
Erst als die Riesen selbst bereit sind, auf Freia zu verzichten, wenn sie dafür den Nibelungenschatz erhielten, zieht Wotan mit Loge aus und erbeutet den Schatz von Alberich. Der Nibelungenring, der seinem Besitzer zu maßloser Macht verhilft, fällt so an Fafner.
Von Walhall aus übt Wotan sodann seine Herrschaft aus, die immer noch im Zeichen des Speeres und der Vertragtreue steht. Es gelingt ihm allerdings nicht, den seine auf Freiheit gegründete Ordnung bedrohenden Machttrieb der Individuen, der in dem Ring sein Symbol findet, zu überwinden. Hierfür erhofft er sich den freien Helden, der in Siegfried ersteht. Siegfried bezwingt nicht nur den zum Lindwurm mutierten Fafner, sondern er zerschlägt im Zweikampf auch den Speer Wotans. Dieser, seines Herrschaftssymbols ledig, darf isch darauf zurückziehen und die Herrschaft über die Welt Siegfried überlassen, dem Macht freilich so wenig bedeutet, daß er die gewonnene Herrschaft gar nicht ausübt.