Zum Inhalt springen

Sachverständiger

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. Januar 2010 um 10:17 Uhr durch Asurnipal (Diskussion | Beiträge) (Erweitert um Österreich und Liechtenstein). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Dieser Artikel wurde im Portal Recht zur Verbesserung eingetragen. Hilf mit, ihn zu bearbeiten, und beteilige dich an der Diskussion!
Vorlage:Portalhinweis/Wartung/Recht

Ein Sachverständiger ist eine natürliche Person mit einer besonderen Sachkunde und einer überdurchschnittlichen fachlichen Expertise auf einem gewissen Gebiet.

Überblick

Im Speziellen wird der Ausdruck Sachverständiger für Gutachter oder Berater von Gerichten (Gerichtssachverständiger) oder Entscheidungsgremien gebraucht. Sachverständige unterstützen dabei lediglich den Entscheidungsprozess und wirken nicht an der eigentlichen Entscheidung mit.

Voraussetzungen für die Tätigkeit als Sachverständiger ist fachliche Kompetenz, man spricht von der „besonderen Sachkunde“. In der Regel ist diese Sachkunde erworben durch ein für das Fachgebiet geeignetes Hochschulstudium mit Abschluss sowie mehrjährige Berufserfahrung bzw. Weiterqualifizierung auf dem entsprechenden Gebiet. Für handwerksbezogene Sachverständigentätigkeiten kann auch der Abschluss als Handwerksmeister sowie entsprechende Berufspraxis in Verbindung mit umfangreicher fachlicher sowie rechtlicher Fortbildung ausreichend sein.

Die Bezeichnung „Sachverständiger“ ist in Deutschland, Liechtenstein ud Österreich nicht geschützt. Jeder darf sich „Sachverständiger“ nennen. Die irreführende Verwendung des Begriff kann als unlauterer Wettbewerb qualifiziert werden. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine entsprechende Fachausbildung, sowie mehrjährige fachbezogene Berufspraxis nicht nachgewiesen werden können, damit aber geworben wird.

In Familiengerichten (Deutschland) werden Gutachter in Sorgerechtsfragen, zur Aufenthaltsbestimmung oder zu Umgangsfragen herangezogen. Immer häufiger werden sie auch bei Gewaltfragen oder sexuellem Missbrauch vom Gericht berufen. Gutachter bei Familiengerichten müssen Diplompsychologen sein, sie sollten jedoch auch über eine Approbation als psychologische Psychotherapeuten, eine Therapieausbildung und langjährige Berufspraxis verfügen.

Bei Vorliegen entsprechender Qualifikationen (einschlägiges Studium oder einschlägige Handwerksausbildung, i. d. R. mit Meisterberechtigung) ist eine Weiterbildung zum Sachverständigen im Rahmen von qualifizierenden Seminaren (Deutschland, Österreich) oder Fernstudien (Deutschland) möglich.

Man unterscheidet in Deutschland:

  • EU-zertifizierte Sachverständige gemäß ISO 17024,
  • staatlich anerkannte Sachverständige,
  • öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige,
  • verbandsanerkannte Sachverständige,
  • freie Sachverständige,
  • Behörden als Sachverständige.

Österreich:

  • gerichtlich beeidete und zertifizierte Sachverständige,
  • (freie) Sachverständige,
  • Amtssachverständige.

Liechtenstein:

  • keine Differenzierung

Definition

Sachverständige wirken in einem Verwaltungsverfahren an der Sachverhaltsermittlung mit, indem sie aus bereits aktenkundigen oder von ihnen erst zu erhebenden Tatsachen auf Grund ihres besonderen Fachwissens Schlüsse auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Umständen ziehen, die ihrerseits der Behörde eine Schlussfolgerung auf die entscheidungsrelevanten Tatsachen ermöglichen oder erleichtern. Der Sachverständige erstellt zuerst einen Befund, das ist die Zusammenfassung der bekannten und / oder von ihm erst zu ermittelnden ... Tatsachen und stützt drauf sein Gutachten, das ist das fachliche Urteil darüber, welche Tatsachen aus dem Befund erschlossen werden können.[1]

Stellung der gerichtlich eingesetzten Sachverständigen in Deutschland (Sachverständige i.e.S.)

Die Stellung der Sachverständigen differiert je nach anwendbarem Verfahrensrecht.

Einige Grundsätze besitzen allerdings regelmäßig Geltung:

  • Den Sachverständigen ist Einsicht in die Akten zu gewähren und das Recht einzuräumen, Beweisaufnahmen beizuwohnen und zur Abklärung des Sachverhaltes Fragen an Zeugen und Beschuldigte zu stellen (zum Beispiel Art. 82 Abs. 2 des schweizerischen MStP).
  • Die Sachverständigen unterstehen der Pflicht zur Geheimhaltung (zum Beispiel im Sinne von Art. 320 des schweizerischen StGB).
  • Das Gericht bestimmt den Abgabetermin (zum Beispiel Art. 91 MStP).
  • Die Sachverständigen haben Anspruch auf Entschädigung (zum Beispiel Art. 93 MStP)

Bestellung Sachverständige (Österreich)

Der Sachverständige wird nach Anhörung der Parteien von Amts wegen durch das Gericht bestellt (§ 351 öZPO). Der Bestellung zum Sachverständigen hat derjenige Folge zu leisten, welcher zur Erstattung von Gutachten der erforderten Art öffentlich bestellt ist oder welcher die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung der geforderten Begutachtung ist, öffentlich als Erwerb ausübt oder zu deren Ausübung öffentlich angestellt oder ermächtigt ist (§ 353 Abs 1 öZPO). In Österreich werden die Sachverständigen vom Gericht in der Regel aus der Liste der allgemein beeideten Sachverständigen ausgewählt . Insbesondere bei der Formulierung des Auftrags an den Sachverständigen kann von den Parteien dabei bereits wesentlicher Einfluss auf das weitere Verfahren und auch die Kosten der Begutachtung genommen werden. Die Kosten für die Tätigkeit des Sachverständigen trägt in der Regel die Partei, welche den Sachverständigenbeweis beantragt hat. Diese hat nach § 365 Abs 2 ZPO auch einen Kostenvorschuss zu erlegen.[2]

Ausbildung

Nach der allgemeinen Definition darf sich jeder Sachverständiger nennen, der in der Lage ist, den "Nachweis der besonderen Sachkunde" zu führen. Dies ist eine ziemlich unspezifische Umschreibung. Vereinfacht kann man annehmen, dass es dazu zwei mögliche, aber nicht rechtlich zwingend notwendige Kriterien gibt, die der logischen und praktischen Ableitung dienen können.

  1. Sachverständige können für Ihr Sachverständigenfachgebiet über eine fundierte Ausbildung sowie genügende berufliche Erfahrungen verfügen. Beispiel: Zur Beurteilung von Fliesenarbeiten können beispielsweise Fliesenlegermeister, langjährige Gesellen, speziell mit diesem Handwerk vertraute Architekten oder Ingenieure als SV tätig werden. Analog gilt dies selbstverständlich in gleicher Weise für andere Gewerke oder Fachgebiete.
  2. Sachverständige müssen in der Lage sein, Gutachten zu erstellen und später auch mündlich verteidigen. Dies bedeutet, dass sie nicht nur sachlich und fachlich korrekt Dinge beurteilen müssen, sondern vor allem auch, dass sie in der Lage sind, fachliche Sachverhalte so in eine Alltagssprache zu übersetzen, dass die Zusammenhänge für jeden Laien (zum Beispiel Juristen, Politikern, Verwaltungsmitarbeitern, Journalisten) verstanden und nachvollzogen werden können. Ein Gutachten, das diese Qualität nicht erfüllt, ist wertlos und muss, weil es dem Gesamtauftrag nicht gerecht wird, deshalb auch nicht bezahlt werden. Leider wird dieser Aspekt viel zu häufig nicht beachtet. Oft genug sind Gutachten rein fachliche Abhandlungen auf hohem Niveau, die jedoch aufgrund ihrer mangelnden Verständlichkeit nicht als Entscheidungshilfen herangezogen werden können und dürfen. Dem sollen fachliche und methodische Grundlagenausbildungen für Sachverständige entgegenwirken, wie sie von speziellen Ausbildungseinrichtungen angeboten werden. Zu den notwendigen Voraussetzungen zählt auch die sprachliche Gewandheit in der mündlichen Auseinandersetzung. Diese Fertigkeit ist nur schwer zu erlernen.

Zu den klassischen Bereichen des Sachverständigenwesens gehören unter anderem die Gebiete „Bewertung von Bauschäden“, „Grundstückswertermittlung“, „KFZ-Schäden“ (Kfz-Prüfer), „KFZ-Bewertung“, „Unternehmensbewertung“.

Sachverständigengruppen

EU-Zertifizierte Sachverständige gemäß ISO 17024

Nach der DIN EN ISO/IEC 17024 können Personen zertifiziert werden.

Die Norm regelt die Anforderungen an die Stellen, die Sachverständige zertifizieren. In Deutschland ist der Deutsche Akkreditierungsrat (DAR) die oberste Hierarchiestufe der Zertifizierungsstellen. Der DAR hat seine Geschäftsstelle bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin. In diesem Gremium sind auch Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums und des Deutschen Instituts für Normung DIN vertreten. Das Zertifizierungswesen ist dabei in einen gesetzlich geregelten Bereich und einen gesetzlich nicht geregelten Bereich unterteilt. Im Allgemeinen kann man sagen, dass der gesetzlich geregelte Bereich all das umfasst, was die körperliche Unversehrtheit von Personen oder Vermögenswerten betrifft, zum Beispiel bei Sachverständigen in der Gebäudesicherheit, bei der Arbeitssicherheit, im Eichwesen, bei der Telekommunikation oder im Umweltschutz. Alles übrige ist im gesetzlich nicht geregelten Bereich angesiedelt, beispielsweise Immobilienbewertung, KFZ-Sachverständigenwesen usw.

Im gesetzlich nicht geregelten Bereich sind sieben Akkreditierungsstellen tätig. Allerdings stellt die Akkreditierung von Zertifizierungsstellen durch diese Stellen eine freiwillige Maßnahme dar. Die Akkreditierung der Zertifizierungsstelle für den nicht gesetzlich geregelten Bereich ist nicht vorgeschrieben. Die Zertifizierungsstelle muss lediglich die Bedingungen der ISO EN 17024 erfüllen.

Die Norm DIN EN ISO/IEC 17024 legt nur allgemeine Anforderung an die Zertifizierungsstellen fest, nicht jedoch Qualitätsstandards für die einzelnen Fachbereiche. So fordert die DIN EN ISO/IEC 17024 zum Beispiel, dass die Ausbildung und Prüfung von Sachverständigen nicht von derselben Institution durchgeführt werden darf.

Die Norm ist in weiten Teilen identisch mit der alten DIN EN 45013, es wurden jedoch einige zusätzliche Anforderungen an das Managementsystem der Personalzertifizierungsstellen geschaffen, was dazu führen soll, die Qualifikation von Zertifizierten Sachverständigen auf höchstem Niveau zu sichern.

Die Zertifizierung wird bei den Sachverständigen zeitlich begrenzt (5 Jahre), nach Einreichung von Tätigkeitsnachweisen erfolgt eine wiederholte Zertifizierung.

Auch vor Gericht werden zunehmend Zertifizierte Sachverständige eingesetzt, die gemäß der europäischen und internationalen Norm DIN EN ISO/IEC 17024 zertifiziert sind.

Nach deutschem Recht ist zurzeit allerdings die Heranziehung von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (siehe unten) in Gerichtsverfahren noch der Regelfall (Österreich: "gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger").

Ob die Zertifizierung von Sachverständigen nach und nach die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen in Deutschland aus Gründen des EU- Rechts (nicht zulässige Einschränkung der Berufsausübung für EU-tätige und EU- zugelassene Sachverständige) ersetzen wird, wird zurzeit in deutschen Fachkreisen intensiv diskutiert.

Die besondere Qualifikation der zertifizierten Sachverständigen gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 ergibt sich unter anderem aus der Tatsache, dass sie sich grundsätzlich einer strengen schriftlichen und mündlichen Prüfung zu unterziehen haben, dass ihre Gutachten einer ständigen Überwachung unterliegen und dass eine RE-Zertifizierung wie schon erwähnt spätestens alle 5 Jahre zu erfolgen hat. Hier können Laien also zu Recht darauf vertrauen, einem Sachverständigen auf höchsten Niveau zu begegnen.

Staatlich anerkannte Sachverständige (Deutschland)

Staatlich anerkannte Sachverständige (Begriff ist gesetzlich geschützt) haben hoheitliche Aufgaben zu erfüllen und werden u.A für die technische Überwachung ausgebildet. Sie unterstehen der Aufsicht des Staates. Nur die Staatl. anerkannten Sachverständigen sowie die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (s.u.) sind berechtigt, einen Rundstempel zu führen. Staatlich anerkannte Sachverständige (saSV) sind Experten in bestimmten Fachbereichen, die durch eine umfangreiche Prüfung nachgewiesen haben, dass sie neben langjähriger Berufserfahrung über eine besondere Sachkunde in ihren Fachbereichen verfügen. Sie sind berechtigt, je nach Fachbereich gesetzlich vorgeschriebene Nachweise aufzustellen, Prüfungen vorzunehmen und Bescheinigungen auszustellen.

Staatlich anerkannte Sachverständige arbeiten privatrechtlich und übernehmen Aufgaben, die früher ausschließlich von Behörden abgedeckt wurden. Damit tragen sie zur Entlastung der Behörden bei.

Aber auch für den Bauherrn hat die Einschaltung des saSV entscheidende Vorteile. Er kann den saSV bereits in einem frühen Entwurfsstadium einschalten und muss nicht mehr, wie z. T. in der Vergangenheit erforderlich, die Beauftragung durch die Bauaufsichtsbehörde abwarten.

Die frühzeitige Einschaltung des saSV bewirkt nicht nur einen Beschleunigungseffekt, sondern führt auch zu einer gewünschten Abstimmung bzw. Optimierung der Planungen unter allen in Betracht kommenden technischen und finanziellen Aspekten.

Der saSV führt seine Tätigkeit eigenverantwortlich aus. Er führt sein Büro selbständig und auf eigene Rechnung. Der saSV führt seine Tätigkeit unabhängig aus. Er hat also zum Beispiel keine Handels- oder Lieferinteressen, die in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit stehen.

Es werden Sachverständige in folgenden Bereichen in Deutschland anerkannt:

  • staatlich anerkannte Sachverständige für Schall- und Wärmeschutz
  • staatlich anerkannte Sachverständige für die Prüfung der Standsicherheit in den Fachrichtungen Massivbau, Metallbau und Holzbau
  • staatlich anerkannte Sachverständige für die Prüfung des Brandschutzes
  • staatlich anerkannte Sachverständige für Erd- und Grundbau

Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige (Deutschland)

Im Gegensatz zur allgemeinen Bezeichnung „Sachverständiger“ ist die Bezeichnung „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ (Abkürzung: öbuv) nach §132a gesetzlich geschützt. Die mißbräuchliche Verwendung dieses Titels ist strafbar.

Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige gibt es ausschließlich in Deutschland. Die Umsetzung von geltendem EU- Recht hinsichtlich der in Deutschland geltenden Stellung von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen wird zurzeit in Fachkreisen intensiv diskutiert.

Die Grundpflichten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen sind Objektivität, Unparteilichkeit und Weisungsfreiheit. Hierauf muss er einen Eid leisten. Ein Verstoss gegen diese Pflichten stellt einen Straftatbestand dar.

Im Vertrauen auf diesen geleisteten Eid sollen in Gerichtsverfahren in Deutschland im Regelfall öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige zur Erstellung von Gutachten herangezogen werden (§ 404 Abs. 2 Zivilprozessordnung); dies gilt auch für Dolmetscher.

Selbstverständlich gelten diese Grundpflichten eines öbuv Sachverständigen nicht nur gegenüber Gerichten, sondern auch gegenüber jedem privaten Auftraggeber.

Die gesetzliche Grundlage für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen findet sich in § 91 der Handwerksordnung oder in § 36 der Gewerbeordnung (GewO).

Die Bestellung kann durch eine Industrie- und Handelskammer, eine Handwerkskammer, eine Landwirtschaftskammer, eine Architekten- oder Ingenieurkammer oder durch das Regierungspräsidium eines Landes erfolgen.

Ein Bewerber für das Amt eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen muss bei allen bestellenden Institutionen ein Bewerbungsverfahren durchlaufen, in dem die persönliche und fachliche Eignung zur Erstellung von Gutachten sowie der überdurchschnittliche Sachverstand mit sehr hohem Maßstab im jeweiligen Fachgebiet geprüft wird.

Nur Bewerber, die Ihre fachliche und persönliche Qualifikation im Prüfungsverfahren unter Beweis stellen konnten, haben einen Anspruch auf die Bestellung. Im Gegensatz zu früher wird allerdings nicht mehr geprüft, ob tatsächlich auch ein Bedarf für die Bestellung eines Sachverständigen für das jeweilige Fachgebiet besteht. Dies ist unter dem juristischen Gesichtspunkt der freien Berufsausübung zu sehen. Daher können inzwischen auch Angestellte von Sachverständigenbüros und Unternehmen sowie Angehörige des öffentlichen Dienstes öffentlich bestellt werden.

Die öffentliche Bestellung erfolgt zum Beispiel in den Fachbereichen Bewertung von Bauschäden, Verkehrstechnik, Sportplatzbau, Unternehmensbewertung, Grundstücksbewertung, EDV u. a.

Der sogenannte Bestellungstenor gibt Auskunft über die bestellende Behörde und den Tätigkeitsbereich.

Ein Bestellungstenor lautet zum Beispiel "von der Handwerkskammer Dortmund öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Straßenbauer- Handwerk"

Als Tätigkeitsbereich können zum Beispiel auch "Maschinen und Anlagen der Brauerei und Getränkeindustrie" oder "Planungs- und Ausführungsfehler im Hochbau" angegeben sein.

Durch die Nennung sowohl der bestellenden Behörde als auch des Tätigkeitsbereiches ist es für einen Ratsuchenden erleichtert, einen ortsansässigen Sachverständigen aus dem jeweiligen Fachgebiet zu finden, dessen Qualifikation durch das Prüfungsverfahren der bestellenden Behörde nachgewiesen ist.

Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständigen werden i. d. R. für fünf Jahre bestellt. Vor der Wiederbestellung wird von den bestellenden Behörden geprüft, ob noch alle Bestellungsvoraussetzungen vorliegen. Ein besonderer Augenmerk wird darauf gelegt, ob die Sachverständigen ihrer Pflicht zur stetigen Fortbildung im jeweiligen Bestellungsgebiet nachgekommen sind.

Alle von den in Deutschland ansässigen 80 IHKs öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen werden in einem offiziellen IHK-Sachverständigenverzeichnis[3] geführt. Dies enthält Angaben zu über 8.700 (Stand 2008/08) von Industrie- und Handelskammern und von Architekten-, Ingenieur- und Landwirtschaftskammern öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Seit 1. Januar 2008 befinden sich auch ein Teil der Regierungssachverständigen des Landes Bayern im IHK-Sachverständigenverzeichnis. Seit diesem Zeitpunkt sind die bayerischen IHKs für diese Sachverständigen zuständig.

Auch die Handwerkskammern betreiben eine bundeseinheitliche Sachverständigen-Datenbank[4]. In dieser Datenbank können öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für einen speziellen Handwerkszweig, zum Beispiel Straßenbauer, Fliesenleger, Optiker, Bäcker, Friseure etc., ganz gezielt gesucht werden.

Freie und allgemein anerkannte, sonstig qualifizierte Sachverständige

Personen mit entsprechenden persönlichen und fachlichen Voraussetzungen sowie mit Fachkenntnis und Sachkunde sowie Berufserfahrung können als Sachverständige tätig werden, die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt.

Der freie und allgemein anerkannte, qualifizierte Sachverständige sollte eine entsprechende Reputation in Form einer abgeschlossenen Qualifizierung als Meister (für handwerksbezogene Sachverständigentätigkeiten) oder eine Hochschulausbildung als Ingenieur (für technische gutachterliche Fragestellungen) oder eine Hochschulausbildung als Betriebswirt (für ökonomische Fragestellungen wie Unternehmens- und Immobilienbewertung) haben. Langjährige berufspraktische Erfahrung, ein fortgesetzter Bezug zur Praxis, die ständige Auseinandersetzung mit der technischen und ökonomischen Weiterentwicklung im jeweiligen Berufsfeld und die Kenntnis des jeweils neuesten Standes der Wissenschaft und der dazugehörigen Regeln (Normen) sind die Grundvoraussetzung für die freie Sachverständigentätigkeit. Dazu gehören erweiterte technische, wirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse sowie die persönliche Befähigung zur sachlichen und unvoreingenommenen objektiven Analyse und Dokumentation von Sachverhalten, verbunden mit der Fähigkeit, sich in Wort und Schrift allgemeinverständlich und überzeugend auszudrücken, um einen entsprechenden gutachterlichen Auftrag zu erfüllen.

Für medizinische Sachverständige ist die Approbation in Deutschland zwingende Voraussetzung. Psychologische Sachverständige, welche bei Familiengerichten in Sorgerechts- und Umgangsfragen zur Anfertigung eines psychologischen Sachverständigengutachtens gebeten werden, müssen Diplom Psychologen sein, sie sollten jedoch über eine längjährige klische und/oder therapeutische Erfahrung verfügen.

Freie Sachverständige können in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen einem der Sachverständigenberufsverbände beitreten.

Bei Gerichtsverfahren werden verbandsanerkannte, freie Sachverständige i. d. R. nicht beauftragt (Deutschland); in gerichtlichen Verfahren werden nach § 404 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) im Regelfall öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige beauftragt. Es kommen allerdings zunehmend auch EU-Zertifizierte Sachverständige zum Einsatz.

Personen mit entsprechender fachlicher Vorbildung haben die Möglichkeit sich in Kompaktseminaren zu Sachverständigen weiter qualifizieren zu lassen. An wechselnden Seminarorten bietet die Sachverständigen Akademie Aachen ein solches 6-tägiges Grundlagenseminar an. Die Dozenten sind selbst EU-zertifizierte (ISO 17024), erfahrene Sachverständige, die die Materie in Theorie und Praxis beherrschen. Teilnahmevoraussetzung ist, dass eine fachliche Vorqualifikation zum Beispiel als Architekt, Ingenieur, Handwerksmeister, Immobilienkaufmann oder -fachwirt, Techniker etc. gegeben ist. Optional wird eine Prüfung durch die Vereinigung Zertifizierter Sachverständiger (ZERT) angeboten. Auch, wenn wie schon erwähnt der verbandsgeprüfte oder verbandsanerkannte Sachverständige nicht zwangsläufig zu Gerichtsprozessen herangezogen wird, so ist eine wenigstens zwei bis dreijährige Erfahrungszeit als Freier Sachverständiger doch Voraussetzung für eine Weiterqualifikation zum EU-zertifizierten Sachverständigen gemäß ISO 17024.

Auch die deutsche Immobilienakademie (DIA), ein Institut an der Uni Freiburg bildet in einem Kontaktstudium allerdings über die relativ lange Zeit von zwei Jahre berufsbegleitend Immobiliensachverständige aus. Die Ausbildung endet mit der Diplomprüfung (schriftlich und mündlich). Die erfolgreichen Absolventen sind berechtigt den Titel: Diplom-Sachverständiger (DIA) für die Bewertung unbebauter und bebauter Grundstücke, Mieten und Pachten zu verwenden. Auch dies ist allerdings nicht mit der ISO-17024-Zertifizierung gleichzusetzen. Die Seminare werden von Hochschul-Dozenten und Praktikern aus der Wirtschaft geleitet.

Die Technische Akademie Konstanz – ein Institut für wissenschaftliche Weiterbildung der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz, bietet seit über fünf Jahren die Weiterbildung zum „Sachverständigen für Schäden an Gebäuden (HTWG)“ an. Diese berufsbegleitende Weiterbildung schließt mit einem internen Zertifikat der Hochschule ab.

Seit 1996 führt das Europäische Institut für postgraduale Bildung an der TU Dresden (EIPOS) Fortbildungen zum „Sachverständigen für Immobilienbewertung“ sowie „Sachverständigen für Schäden an Gebäuden“ durch. Die Lehrgänge erfolgen berufsbegleitend in Kooperation mit dem IHK-Bildungszentrum Dresden gGmbH. Gemeinsam mit der Hochschule Zittau/Görlitz wird 2008 der berufsbegleitende Studiengang zum Master of Science (Property Valuation) durchgeführt. Das Studium erfolgt über 2 Jahre und schließt mit einem akademischen Mastergrad ab.

Sachverständigenverbände

Sachverständigenverbände Deutschland

Relevante Sachverständigenvereinigungen sind unter anderem der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (BVS), der Bundesverband Deutscher Sachverständiger und Fachgutachter (BDSF), der Berufsfachverband für das Sachverständigen- und Gutachterwesen (BSG) und die Deutsche Sachverständigen Gesellschaft (DESAG).

Sachverständigenverbände Österreich

Es gibt in Österreich nur einen anerkannten Verband der Sachverständigen, den Hauptverbandes der gerichtlich beeideten und zertifizierten Gerichtssachverständigen

Sachverständigenverbände Liechtenstein

Es gibt in Liechtenstein keinen anerkannten Verband der Sachverständigen. Sachverständige werden bei Bedarf vom Gericht benannt.

Einzelnachweise

  1. Nach Ringhofer, Verwaltungsverfahren, Bd 1, 444.
  2. Absatz enttnommen aus: Antonius Opilio: Passepartout für Rechtwisser, 225 f, Edition Europa Verlag, 2007, ISBN 978-3-901924-2-48; Google Books
  3. IHK-Sachverständigenverzeichnis
  4. Handwerkskammer-Sachverständigendatenbank (offizielles Verzeichnis der Handwerkskammern zur bundesweiten Suche von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen)