Zum Inhalt springen

Güterwagen der Kriegsbauart

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 30. Dezember 2009 um 21:51 Uhr durch Ketamin (Diskussion | Beiträge) (weiterbestehende Redundanz nach Zusammenführungsversuch vom 26.12.2009, siehe Diskussionsseite des Artikel "Güterwagen der Deutschen Reichsbahn"). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Güterwagen, die während des Zweiten Weltkrieges von der Deutschen Reichsbahn (DRB) zum Transport von Kriegsmitteln entwickelt bzw. gebaut wurden, werden als Güterwagen in Kriegsbauart bezeichnet. Diese Bezeichnung der Bauart trifft aber nur für vier Wagengattungen zu. Die Güterwagen, die ab 1939 in geschweißter Bauart entstanden, wurden nicht nach militärischen Gesichtspunkten entwickelt, sondern aufgrund der knapper werdenden Rohstoffe bzw. Baumaterialien mussten sie neu konstruiert werden, um einen Weiterbau zu ermöglichen.

Mit der Einführung der Schweißtechnologie im Jahr 1933 begann der Güterwagenbau in geschweißter Bauart. Die Entwicklung der Güterwagen in geschweißter Bauart wurde aber durch den Kriegsverlauf sowie den erhöhten Bedarf des Militärs an Transportmitteln unterbrochen und die Deutsche Reichsbahn musste den Güterwagenbau den neuen Umständen anpassen. Da es im Güterwagenbau beim Wechsel von der einen zu der anderen Bauart zu Überschneidungen kam, lassen sich diese zeitlich auch nicht genau eingrenzen. Die Deutsche Reichsbahn definierte diese geschweißte Wagen als Güterwagen, bei denen fast alle Bauteile durch Schweißung miteinander verbunden sind.

Güterwagen der Kriegsbauart

Diese ab 1942 gebauten Güterwagen wurden unter militärischen Gesichtspunkten entwickelt und waren für den Transport von Kriegsmitteln bestimmt. Die Bedingungen für die Entwicklung waren, dass sie stahlsparend, schnell und kostengünstig herzustellen sind. Diese geschweißten Güterwagen waren leichter als vergleichbare Wagen und gleichzeitig für ein höheres Ladegewicht ausgelegt, mit Ausnahme des offenen Güterwagens waren alle Schnellläufergüterwagen und für eineGeschwindigkeit von 90 km/h zugelassen. Bedingt durch diese Anforderungen wurden konstruktive Lösungen gefunden, die dem Güterwagenbau ein hohes Rationalisierungspotential einbrachten. Die Materialeinsparungen, die die Herstellung beschleunigten und den Stahlverbrauch verminderten, wurden teilweise dadurch erreicht, dass möglichst viele Stahlteile weggelassen oder durch andere Stahlarten bzw. durch Holz ersetzt wurden.

Die vier unter militärischen Gesichtspunkten gebauten Wagengattungen:

Gattungszeichen Gmhs, Gattungsbezirk Bremen
Dieser gedeckte Wagen wurde nach den kriegsbedingten Anforderungen für ein Ladegewicht von 20 Tonnen entwickelt. Der Wagen hatte einen Achsstand von 7000 mm, ein Ladevolumen von insgesamt 60,7 m³ und ein Eigengewicht von 9,3 t ohne Handbremse. Das Untergestell wurde aus Walzprofilen hergestellt und hatte kein Sprengwerk. Die Seitenwände waren mit Diagonalstreben über jeweils zwei Seitenfelder neben den Türen versehen und hatten wie die meisten ab 1927 gebauten gedeckten Güterwagen ein Tonnendach. Er war für eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h zugelassen und verfügte über eine Dampfheizleitung. (DB:Gmhs 35; DR:Gmhs 11)
Gattungszeichen Glmhs, Gattungsbezirk Leipzig
Dieser Güterwagen des 1943 neu eingerichteten Gattungsbezirks Leipzig hatte einen Achsstand von 8000 mm, kein Sprengwerk und eine Länge über Puffer (LüP) von 12.700 mm mit Handbremse. Auf beiden Seiten eine 1990 mm breite Schiebetür, ein Ladevolumen von insgesamt 74,8 m³, eine Eigengewicht von 10,1 t und ein Ladegewicht von 20 t. Er war auch mit einer Hildebrandt-Knorr-Bremse ausgestattet und verfügte über eine Dampfheizleitung. Als Vergleichswagen kann der Güterwagen der Wagengattung Glrhs Dresden angesehen werden. (DB:Glmhs 36; DR:Gmhs 11)
Gattungszeichen Ommu, Gattungsbezirk Klagenfurt
Dieser als offene Hochbordwagen bezeichneten Güterwagen hatte ein Ladegewicht von 26,5 Tonnen, aber im Gegensatz zu anderen offenen Wagen kein Sprengwerk. Die Bordwandhöhe betrug 1548 mm und die Stirnwände dieses Wagens waren abklappbar. Er war für eine Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h zugelassen, der Achsstand betrug 6000 mm, die Länge über Puffer 10.100 mm mit Handbremse und er verfügte über eine Hildebrandt-Knorr-Bremse. Dieser Güterwagen war eine Neukonstruktion mit einem Eigengewicht von 8,4 t ohne Handbremse, zum Vergleich wird gerne der offene Güterwagen der Wagengattung Ommu Villach herangezogen. (DB:Omm 34; DR:Ommu 44)
Gattungszeichen Rmms, Gattungsbezirk Ulm
Der mit 22 Rungen ausgestattete Wagen hatte ein Ladegewicht von 24,5 t, einen Achsstand von 8000 mm, ein Sprengwerk und ein Eigengewicht von 9,5 t ohne Handbremse. Die Länge über Puffer betrug 12.000 mm ohne Handbremse, der Wagen war mit einer Hildebrandt-Knorr-Bremse ausgestattet. Seine Seiten- und Stirnwände konnten so umgeklappt werden, dass ein Befahren über diese möglich war, über die umgeklappten Stirnwände war auch ein Überfahren von einem auf den anderen Rungenwagen möglich. Dieser Güterwagen war eine Neukonstruktion und zum Vergleich wird der vor Kriegsbeginn gebaute Rungenwagen der Wagengattung Rs Stuttgart herangezogen. (DB:Rmms 33; DR:Rmms 62)
Bauartbedingte Gewichtsänderungen
Gattungzeichen Gattungsbezirk Erstes Baujahr Gewichtsänderung gegenüber
dem Vergleichswagen
Nur für Wagen ohne Handbremse
Eigengewicht des
Vergleichswagen
Vergleichswagen
Gmhs Bremen 1943 ca. -19 % 11,5 t Gs Oppeln
Glmhs Leipzig 1943 ca. –27 % 13,9 t Glrhs Dresden
Ommu Klagenfurt 1942 ca. –18 % 10,3 t Ommu Villach
Rmms Ulm 1942 ca. –22 % 12,3 t Rs Stuttgart

Bauarten-Übersicht

Die nachfolgende Tabelle beinhaltet eine bestimmte Auswahl von Standardgüterwagen nach Bauart gegliedert. Angegeben mit Gattungenzeichen und Gattungsbezirk, unter der sie bei der DRB eingestellt waren. Die Musterblatt-Nummern der Länderbahn-Bauart und Verbandsbauart sind in Klammer stehend angegeben.

Die aufgeführten Wagengattungen der einzelnen Wagenarten sind nicht als Vorgänger- oder als Nachfolgerwagen zu sehen, da einige vollkommen neu entwickelt wurden und somit konstruktiv verschieden sind.

Bauart: Länder-
bauart

[ ca. 1878–1910](Musterblatt)
Verbands-
bauart

[ ca. 1910–1927 ]
(Musterblatt)
Austausch-
bauart

[ ca. 1926–1933](genietet)
Geschweißte
Bauart

[ 1933-1945 ]
Kriegs-
bauart

[ ab 1942-1945 ]
Wagenart:
Gedeckte
Güterwagen
G Hannover
G Stettin
(IId8)
G Kassel
G München
(A2)
Gr Kassel
 
Gs Oppeln
(kurz)
Ghs Oppeln
(lang)
Gmhs
Bremen
Gedeckte
großräumige
Güterwagen
 
mit Stirntüren =>
Gl Dresden
(sächs. Hohlglaswagen)
Gl Dresden
(A9)
Gl Dresden
 
Glhs Dresden
(ab 1937  Ghs Oppeln)
 
Glr Dresden
Glmhs
Leipzig
Noch nicht
entwickelt
Noch nicht
entwickelt
Glt Dresden Gltrhs Dresden Wurde nicht
gebaut
Klappdeckel
wagen
K Wuppertal
(IId4)
K Wuppertal
(A7)
K Wuppertal Kmr
Wuppertal*
Wurde nicht
gebaut
Verschlag
wagen
V Hamburg
(IId10)
V Hamburg
(A8)
V Hamburg V
Hamburg*
Wurde nicht
gebaut
Offene
Güterwagen
O Frankfurt
O Würzburg
(IId3)
O Halle
(A1)
O Halle* Wurde nicht
gebaut
Wurde nicht
gebaut
O Schwerin
(IId1)
O Nürnberg
(A6)
Wurde nicht
gebaut
Wurde nicht
gebaut
Wurde nicht
gebaut
Om Ludwigshafen
(IId2III)
 
Om Breslau
OmEssen
(A10)
Om
Königsberg
 
Om Breslau
Om Essen
 
Omm Linz
Ommu Villach
Ommu
Klagenfurt
Rungen
wagen
R Stuttgart
(IId5)
R Stuttgart
(A4)
R Stuttgart R Stuttgart
Rs Stuttgart
Rmms
Ulm
Zweiachsige
Schienenwagen
S Augsburg
(Ce143)
S Augsburg
(A11)
Sm
Augsburg
Sm Augsburg
Smr Augsburg*
Wurde nicht
gebaut
Vierachsige
Schienenwagen
SSk Köln
(IId7)
SS Köln
(A3)
SSl Köln SSla Köln Wurde nicht
gebaut
Viersachsige
Flachwagen
Noch nicht
entwickelt
Noch nicht
entwickelt
Noch nicht
entwickelt
SSy Köln
SSys Köln
Wurde nicht
gebaut
Sechsachsiger
Flachwagen
Noch nicht
entwickelt
Noch nicht
entwickelt
Noch nicht
entwickelt
SSyms Köln Wurde nicht
gebaut
Drehschemel
wagen
H Regensburg
(bayer.Bauart)
H Regensburg
(A5)
H
Regensburg*
Wurde nicht
gebaut
Wurde nicht
gebaut
  • Kleinserie mit weniger als 40 gebauten Exemplaren

Ab 1943 wurden die ersten Drehgestelle der geschweißten Pressblech-Bauart vereinfacht und als sogenannte Drehgestelle in Kriegsbauart in einer Stückzahl von über 35.000 Stück hergestellt; diese wurden unter anderem für Flachwagen, Kesselwagen und Wannentender verwendet.

Zusätzliche Gattungsbezirke

Die Deutsche Reichsbahn fasste schon ab 1921 alle Güterwagen mit gleichen oder ähnlichen Verwendungsmöglichkeiten in sogenannte Gattungsbezirke zusammen, diese erhielten Namen deutscher Städte, meist Städte mit Sitz einer Reichsbahndirektion. So kamen ab 1938 folgende Gattungsbezirke hinzu:

  • Bremen ab 1943
  • Bromberg ab 1943
  • Danzig ab 1939
  • Frankfurt ab 1939
  • Graz ab 1943
  • Kattowitz ab 1942
  • Klagenfurt ab 1942
  • Leipzig ab 1943
  • Linz ab 1938
  • Ludwigshafen ab 1939
  • Marburg ab 1943
  • Posen ab 1940
  • Riga ab 1943
  • Ulm ab 1942
  • Villach ab 1941

Siehe auch

Literatur- und Quellenangaben

  • Eugen Kreidler: Die Eisenbahnen im Zweiten Weltkrieg – Studien und Dokumente zur Geschichte des Zweiten Weltkriegs, Nikol Verlagsgesellschaft mbh & Co KG, Hamburg 2001
  • Helmut Behrends, Wolfgang Hensel, Gerhard Wiedau: Güterwagen-Archiv Band 1, Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1989
  • Helmut Behrends, Wolfgang Hensel, Gerhard Wiedau: Güterwagen-Archiv Band 2, Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1989.
  • Janusz Piekalkiewicz: Die Deutsche Reichsbahn im Zweiten Weltkrieg, Transpress Verlagsgesellschaft mbH, Berlin 1993
  • Roger Gittermann: Kriegsbauarten, Eisenbahn-Magazin Heft Nr.8, Alba-Fachverlag, Düsseldorf 1992
  • Walter Hollnagel: Eisenbahnraritäten – Von den zwanziger Jahren bis 1945, EK-Verlag, Freiburg 2008
  • Wolfgang Diener:Anstrich und Bezeichnung von Güterwagen, Verlag Dr. Bernhard Abend, Stuttgart 1992.
  • WER: Die Reichsbahn-Güterwagen, Reichsbahn-Werbeamt für den Personen- und Güterverkehr, Berlin 1939
  • Deutsche Reichsbahn, Reichsbahn-Zentralamt Berlin, Dezernat 28: Die Güterwagen der Regelbauart, Berlin 1945
  • Stefan Carstens, Rudolf Ossig : Güterwagen Band 1, Gedeckte Wagen, MIBA-Verlag, Nürnberg 2000.
  • Stefan Carstens, Hans Ulrich Diener: Güterwagen Band 2, Gedeckte Wagen – Sonderbauart, MIBA-Verlag, Nürnberg 2000.
  • Stefan Carstens, Hans Ulrich Diener: Güterwagen Band 3, Offene Wagen, MIBA-Verlag, Nürnberg 2003.
  • Stefan Carstens: Güterwagen Band 4, Offene Wagen in Sonderbauart, MIBA-Verlag, Nürnberg 2003.
  • Stefan Carstens: Güterwagen Band 5, Rungen-, Schienen- und Flachwagen, MIBA-Verlag, Nürnberg 2008