Neue Musik
Als Neue Musik werden unterschiedliche Musik- und Kompositionsrichtungen des 20. und 21. Jahrhunderts bezeichnet, die als Gegenbewegung zur romantischen Tradition des 19. Jahrhunderts innerhalb der europäischen Konzertmusik entstanden. Den Übergang zur Neuen Musik wird etwa 1890 mit dem musikalischen Impressionismus angesetzt.
Als erste eigenständige Stilrichtung der Neuen Musik gilt der musikalische Expressionismus; die wichtigsten Vertreter dieser so genannten Neuen oder Zweiten Wiener Schule sind:
Wichtige Stilelemente dieser Zeit sind die Atonalität und die Zwölftontechnik (Dodekaphonie).
Weitere Strömungen der Neuen Musik zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind:
- Bruitismus - Edgar Varèse,
- Futurismus - Luigi Russolo und die russische Skrjabin-Schule.
Der um 1920 entstehende Neoklassizismus rekurriert wieder auf die vorromantische Musik, insbesondere die des 18. Jahrhunderts), deren Ästhetik, Gattungen und Formen. Bedeutende Vertreter dieser Stilrichtung sind:
- Igor Strawinsky
- Maurice Ravel
- Ferruccio Busoni,
- Aaron Copland,
- Paul Hindemith,
- Carl Orff,
- Sergej Prokofjew,
Im deutschen Nationalsozialismus werden die meisten Formen der Neuen Musik, ebenso wie beispielsweise die Jazzmusik, als "entartet" eingestuft und verboten oder unterdrückt. Die Ausstellung Entartete Musik anlässlich der Reichsmusiktage 1938 in Düsseldorf prangerte das Schaffen von Komponisten wie Paul Hindemith, Arnold Schönberg, Alban Berg und Kurt Weill an, die darauf ins Exil gingen. Gefördert wurde stattdessen im Sinne der NS-Kulturpolitik die harmlose Unterhaltungs- und Gebrauchsmusik wie Operetten, Tanz- und Marschmusik, die in die Propaganda einbezogen wurden.
Nach Kriegsende wurde die antiromantische Musik wiederentdeckt und deren Pflege eigene Konzertreihen geschaffen, so die einflussreichen Internationalen Ferienkurse für Neue Musik im Jagdschloss Kranichstein in Darmstadt die alle zwei Jahre vom Internationalen Musikinstitut Darmstadt veranstaltet werden. Wichtig in diesem Zusammenhang auch das Institut für Neue Musik und Musikerziehung, das über ein umfangreiches Archiv seltener Aufnahmen verfügt, besonders auch von früheren Veranstaltungen der Internationalen Ferienkurse für Neue Musik. Die Aufnahmen stehen auf diversen Medien zur Verfügung; seit mindestens 1986 auch auf digitalen Medien.
Strömungen der Neuen Musik nach dem 2. Weltkrieg sind:
- Serielle Musik - ab etwa 1948 - Olivier Messiaen, Karlheinz Stockhausen, Luigi Nono, Pierre Boulez, Luciano Berio, György Ligeti, Igor Strawinsky u.a.; Hindemith wird als Leitfigur ersetzt durch Anton Webern;
- Elektronische Musik - ab etwa 1948/49 - Karlheinz Stockhausen
- Musique concrète - Pierre Schaeffer)
- Aleatorik (Würfelzufall) - John Cage
- Neodadaismus - ab etwa 1968.
Einen weiteren Einschnitt bildet die Zeit um 1950; der Kritiker Karl Schumann resummiert, das Wirtschaftswunder habe auch zu einem Kulturwunder geführt. Die Entwicklungen der Neuen Musik konzentrieren sich auf Musiktheater (Mauricio Kagel, Hans Werner Henze) sowie Klangfarbenkompositionen und sind gekennzeichnet durch einen zunehmenden Stilpluralismus.
Strömungen der Neuen Musik nach 1950 sind:
- Postserielle Musik - ab 60er Jahren - György Ligeti, Hans Werner Henze, Krzysztof Penderecki, Witold Lutoslawski, Helmut Lachenmann.
- Minimal Music - ab 60er Jahren - La Monte Young, Terry Riley, Steve Reich, Philip Glass.
In den sechziger und siebziger Jahren habe sich das Musikpublikum der Tyrannei der Avantgarde unterworfen, polemisierte der Journalist Roger Scruton 1986 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung; Ende der 80er Jahre änderte sich dieses Verhältnis; die Kluft zwischen avantgardistischer Musik und Publikum erweitert sich und das Publikum zeitgenössischer Musik bildet zunehmend einen "geschlossenen Kreis". Karlheinz Stockhausen spricht dem gegenüber von einer globalen Verschmutzung durch Abfallmusik und postuliert, in einer progressiven Gesellschaft müsse das Verhältnis 75 Prozent neue Musik und 25 Prozent alte Musik sein, andernfalls nehme Musik an der geistigen Evolution nicht teil.
Die letzte systematisch noch erfassbare Phase setzt etwa 1970 mit der so genannten Neuen Einfachheit ein, deren Bezeichnung analog zu den Neuen Wilden der Kunst zu verstehen ist; zu den Vertretern der Neuen Einfachheit zählen u.a.:
- Hans-Jürgen von Bose,
- Hans-Joachim Hespos
- Heinz Holliger,
- Helmut Lachenmann,
- Wolfgang Rihm,
- Dieter Schnebel,
- Giuseppe Sinopoli,
- Yannis Xenakis,
- Udo Zimmermann,
- Hans Zender.
Siehe auch: Portal Musik, Ars nova, Musica nova, Epochen der Musik, Musikgeschichte
Foren der Neuen Musik
- Darmstädter Ferienkurse,
- Donaueschinger Musiktage,
- Warschauer Herbst,
- Rencontres, Metz,
- Weltmusiktage, http://www.wnmd2004.ch/d/neutral/fs_neutral.htm.
Organisationen und Institutionen
- Gesellschaft für Neue Musik e.V. (GNM), http://www.neue-musik-gesellschaft.de/ - Der Zweck der Gesellschaft ist die Förderung neuer Musik unter Berücksichtigung ihrer individuellen und gesellschaftlichen Funktion, ihrer weiteren Entwicklung sowie der Vermittlung zwischen Theorie und Praxis.
- Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM), http://www.iscm.nl/ - Hauptaufgabe der "Internationale Gesellschaft für Neue Musik" ISCM sind die jährlich von Mitgliedsland zu Mitgliedsland wechselnden Weltmusiktage.
Weblinks
- Artikel 'Neue Musik' aus dem Schülerduden;
- Verlag Neue Musik/Edition Margaux - auf zeitgenössische Musik spezialisierter Verlag aus Berlin;
- Neue Musik im WDR - Programmübersicht.
- INMM Institut für neue Musik und Musikerziehung, Darmstadt
- Internationales Musikinstitut Darmstadt