Friedhof Ohlsdorf




Der Friedhof Ohlsdorf (früher Hauptfriedhof Ohlsdorf – seit 1995 Anstalt des öffentlichen Rechts) im Hamburger Stadtteil Ohlsdorf ist mit 391 ha der größte Parkfriedhof der Welt und insgesamt – nach dem Calverton National Cemetery mit 423 ha auf Long Island, New York/USA – der flächenmäßig zweitgrößte Friedhof der Welt. Bislang wurden hier knapp 1,7 Millionen Menschen beigesetzt, und über das gesamte Areal verteilen sich 280.000 Grabstellen. Noch mehr Tote beherbergt in Europa nur der Wiener Zentralfriedhof mit über drei Millionen.
Die Anlage zeichnet sich durch die Mischung aus historischen Bauten und Gartendenkmälern mit modernen Themengrabstätten aus: Schmetterlingsgräber, Kolumbarien, Paar-Anlagen und mehr. Zahlreiche Touristen strömen jährlich, besonders zur Rhododendronblüte Ende April bis Mitte Mai, auf den Friedhof.
Planung und Bau
Durch die Ausdehnung der Stadt wurden Begräbnisstätten knapp, und seit 1854 wurden vom Senat Überlegungen angestellt, wo ein neuer Großfriedhof für Hamburg angelegt werden könnte. Dieser Zentralfriedhof sollte im Zeichen der Säkularisierung für die Toten aller Religionen und Konfessionen offen sein. Die Planungen sahen von vornherein eine Ablösung aller innerstädtischen Friedhöfe Hamburgs vor. Den Auftrag für die Ausarbeitung eines neuen Hamburger Hauptfriedhofes erhielt der Gartenarchitekt Johann Wilhelm Cordes.
1874 war ein großer Teil des Geländes zwischen der Fuhlsbüttler Straße und der preußischen Grenze Richtung Bramfeld aufgekauft, ab 1877 wurden die ersten Bestattungen vorgenommen.
Die Erweiterung auf die heutige Größe nach Osten bis zur Bramfelder Chaussee erfolgte bis 1920 in mehreren Schritten, an deren Planung unter anderem Otto Linne beteiligt war, der auch für die Gestaltung des Hamburger Stadtparks ab 1918 verantwortlich war.
Erweiterung Friedhof Öjendorf
Bereits 1929 wurde erwartet, dass sich die Kapazität des Friedhofes in den 1940er Jahren erschöpfen würde, und man begann mit der Planung eines weiteren Zentralfriedhofs im Hamburger Osten. Dieser, der Friedhof Öjendorf, wurde 1966 in Betrieb genommen.
Anlage
Das Konzept des Friedhofs wurde als Plan und Modell auf der Pariser Weltausstellung 1900 mit einem Grand Prix ausgezeichnet.
Im westlichen älteren Teil herrschen große parkartige Strukturen vor. Hier befinden sich auch die Grabmale vieler prominenter Hamburger. Einzelne Mausoleen wurden zum Teil als Ersatz für die Grabanlagen der aufgegebenen alten Friedhöfe hier angelegt. Seit kurzem werden wieder neue Mausoleen auf dem Ohlsdorfer Friedhof gebaut.
Der östliche neuere Teil ist strenger geometrisch angelegt. Auch hier sind die einzelnen Gräberbezirke durch großzügige Hecken und Bäume getrennt.
Zwei Buslinien verkehren auf dem Friedhof, der rund 18 km Fahrstraßen hat, eine Durchfahrt jedoch verbietet; ebenso war das Befahren des Friedhofs mit Fahrrädern bis in die 1970er Jahre nicht gestattet.
Der Friedhof ist wegen der artenreichen Bepflanzung auch als Park sehenswert, besonders zur Zeit der Rhododendronblüte.
Neue Beisetzungen außerhalb bestehender Grabfelder werden nur dann vorgenommen, wenn in einem kleineren Teilareal die Ruhenszeit aller Gräber nach der letzten Beisetzung abgelaufen ist und alle Gräber im betreffenden Abschnitt aufgehoben werden können.
Bauwerke
Neues Krematorium

Als letztes Projekt realisierte Fritz Schumacher das Neue Krematorium und zwei Feierhallen im Klinkerstil am Haupteingang Ohlsdorf, bevor er 1933 von den Nationalsozialisten abgelöst wurde. Die dritte Feierhalle »C« und die Verstorbenenhalle wurden Anfang der 1950er Jahre ergänzt. Die Einäscherungen der Verstorbenen für die gesamte Metropolregion Hamburg finden heute im Hamburger Krematorium auf dem Hauptfriedhof Öjendorf statt.
Das „Alte Krematorium“ von 1892 lag etwas abseits des Friedhofs und ist – umgebaut zu einer Schule – bis heute erhalten.
Ehemaliger Wasserturm
Der im historistischen Baustil 1898 errichtete ehemalige Wasserturm bildet einen beeindruckenden Orientierungspunkt an der Cordes-Allee.
→ Zur Hauptseite Wasserturm im Ohlsdorfer Friedhof
Gedenkstätte für die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung
Gegenüber dem Neuen Krematorium liegt die Gedenkstätte für die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. In 105 ober- und 29 unterirdischen Urnengefäßen befinden sich Asche und Erde aus deutschen Konzentrationslagern.
Ehrenhain Hamburger Widerstandskämpfer
Rechts vom Haupteingang an der Bergstraße befindet sich seit dem 8. September 1946 der Ehrenhain Hamburger Widerstandskämpfer 1933–1945, die Begräbnisstätte für 55 hingerichtete oder an den Haftfolgen verstorbene Antifaschisten. Eine 1953 von dem Hamburger Bildhauer Richard Steffen (1903–1964) geschaffene Bronzeplastik steht am Eingang des Ehrenhains. Auf der eingrenzenden Steinwand stehen die Worte des 1943 hingerichteten tschechischen Widerstandskämpfers Julius Fučík: „Menschen wir hatten Euch lieb – seid wachsam“.
Kapellen
Es gibt 12 Kapellen auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Die Kapellen 1 bis 8 liegen im alten (westlichen) Teil, die Kapellen 9 bis 13 im neuen (östlichen) Teil. Die Kapelle 5 gibt es nicht mehr. Diese stand auf dem Kreisel, wo heute der Ostring, die Kapellenstraße und die Krieger-Ehrenalle zusammentreffen.[1]
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Kapelle 12
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Kapelle 13
- Kapelle 1 an der Kapellenstraße (53° 37′ 20,6″ N, 10° 2′ 18,8″ O )
- Kapelle 2 an der Nebenallee (53° 37′ 23,8″ N, 10° 2′ 42″ O )
- Kapelle 3 an der Oberstraße (53° 37′ 3,6″ N, 10° 2′ 46,7″ O )
- Kapelle 4 in der Bergstraße (53° 36′ 59,8″ N, 10° 2′ 27,4″ O )
- Kapelle 6 am Nordring / Ostring (53° 37′ 37,7″ N, 10° 3′ 16,3″ O )
- Kapelle 7 am Westring (53° 37′ 39,4″ N, 10° 2′ 48,1″ O )
- Kapelle 8, 1. Kolumbarium am Westring (53° 37′ 38,4″ N, 10° 2′ 17,1″ O )
- Kapelle 9 am Friedhofsweg (53° 37′ 34,4″ N, 10° 3′ 42,9″ O )
- Kapelle 10 an der Südallee (53° 37′ 10,3″ N, 10° 3′ 17,1″ O )
- Kapelle 11, 2. Kolumbarium in der Eschenallee (53° 37′ 47,4″ N, 10° 4′ 30,5″ O )
- Kapelle 12 in der Lärchenallee (53° 37′ 22,9″ N, 10° 4′ 13,2″ O )
- Kapelle 13 an der Mittelallee, erbaut 1927/28, Entwurf Fritz Schumacher (53° 37′ 28″ N, 10° 4′ 38,1″ O )
Denkmäler und freie Skulpturen
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Linne-Denkmal
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Denkmal zum 2. Weltkrieg
bei Kapelle 9 -
Skulptur „Schicksal“
von Hugo Lederer (1905)
Grabstätten
Die Ausgestaltung der Gräber unterlag Regelungen, die aber viel künstlerische Freiheit zuließen.
Hier finden sich Grabplastiken, die von Xaver Arnold, Ernst Barlach, Arthur Bock, Hans Dammann, Annie Kalmar, Richard Kuöhl, Hugo Lederer, Albert Leistner, Gerhard Marcks, Stephan Sinding, Heinrich Pohlmann und anderen gestaltet wurden[2].
Die Figuren wurden oft in der Technik der Galvanoplastik erstellt. Dabei wird ein Grundkörper mit einem millimeterdicken Überzug aus Metall versehen.
Mausoleen
Zur Zeit gibt es 21 Mausoleen (Stand: August 2008), von denen 16 in der Zeit zwischen 1887 und 1926 errichtet wurden. Unter diesen sind fünf besonders große, geschlossene Mausoleen:
- Mausoleum von Schröder, das größte Mausoleum des Friedhofs, erbaut 1906 im neoromanischen Stil von Edmund Gevert, Lage: 53° 37′ 42,7″ N, 10° 2′ 46,1″ O . 2008 lief das Nutzungsrech der Familie von Schröder ab, der neue Pächter ist Klausmartin Kretschmer[3]
- Mausoleum Jenisch, erbaut 1908 von Gustav Berger, Lage: 53° 37′ 43,5″ N, 10° 2′ 39,5″ O
- Mausoleum Höpfner, erbaut 1910 von Edmund Gevert, Lage: 53° 37′ 43,9″ N, 10° 2′ 38,6″ O
- Mausoleum Hoefele, erbaut 1911, Lage: wenige Meter nördlich vom Mausoleum von Schröder
- Mausoleum Riedemann, entworfen von Martin Haller, Lage: 53° 37′ 36,7″ N, 10° 2′ 24,3″ O
Die ersten vier stehen alle am Westring, Mausoleum Riedemann steht nicht weit entfernt der Kapelle 8 auf einer Anhöhe. Weitere kleinere Mausoleen in der Nähe vom Mausoleum von Schröder sind:
- Mausoleum Peper/Hegel, ein offenes Mausoleum mit großer Zentralfigur, erbaut 1925/1929
- Mausoleum von Puttkamer/Heymann, erbaut 1913/14 nach Entwürfen von Ludwig Raabe und Otto Wöhlicke
- Mausoleum Ortlepp/Frohböse, ein sehr kleines Urnenmausoleum, erbaut 1912
Seit 2005 sind weitere Mausoleen hinzugekommen, u.a. stammt Mausoleum Nr. 17 von Ulrich Ritterbusch[4] (Übergabe an den Bauherrn am 22. Juli 2005) und Nr. 21 (erbaut 2008) vom Hamburger Fotographen F. C. Gundlach (Architekt: Roland Poppensieker)[5][6]. Letzteres steht ebenfalls am Westring zwischen den Mausoleen von Schröder und Jenisch.
Fotos
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Grabstätte
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Grab Wichmann
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Grab Rübcke
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Grab Hagenbeck
Bronzeplastik des Löwen „Triest“ -
Grab von Ernst Voss
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Grabmal
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Grab Blohm-Never
Jüngling mit Buch (1935) -
Grab Büsching-Höft
Flehender Jüngling von Arthur Bock (1929) -
Gemeinschaftsgrabfeld
Laeisz/Hanssen/Canel/Meerwein (1886-1917) -
Gemeinschaftsgrabfeld
Laeisz/Hanssen/Canel/Meerwein (1886-1917) -
Grab des Bildhauers Richard Kuöhl
Eigenes Werk: Mariensäule (1931) -
Grab Reinhold
Hammonia mit Stadtkrone und Wappen (1898) -
Grab Reinhold
Bronzeengel links am Grab -
Grab Troplowitz
Skulptur von Arthur Bock (1930er Jahre) -
Mausoleum Campe (1915)
Kriegsgräber
Auf dem Gelände befinden sich zwei deutsche und britische Soldatenfriedhöfe beider Weltkriege.
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Soldatengräber
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Gedenkstein Krause
Gefallener des 1. Weltkriegs -
1. Weltkrieg
Bombenopfer


Ein kreuzförmig angelegtes Massengrab (ca. 38.000 Tote, offizielle Bezeichnung Sammelgrab) mit dem zentralen Mahnmal von Gerhard Marcks mit einer monumentalen Figurengruppe (Fahrt über den Styx) erinnert an die Opfer der Bombennächte vom 25. Juli bis 3. August 1943.
Friedhofsmuseum

Das Museum Friedhof Ohlsdorf besteht seit 1996.
Träger ist das Unternehmen Hamburger Friedhöfe AöR, die ehrenamtliche Betreuung obliegt dem Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e. V.. In einem kleinen historischen Gebäude nahe dem Haupteingang wird auf 60 m² Fläche die Vielfalt der hamburgischen Friedhofs- und Bestattungskultur gezeigt. Außerdem finden Sonderausstellungen mit wechselnden Themen zur Friedhofs- und Trauerkultur statt. Das Museum dient auch als Auskunftsstelle für kulturell interessierte Friedhofsbesucher. Dazu steht ein Archiv des Förderkreises zur Verfügung. Es umfasst:
- eine Präsenzbibliothek mit etwa 700 Titeln von Büchern, Broschüren und Zeitschriften. Sie sind in einer Datenbank erfasst und nach Themenbereichen und Autoren sortiert,
- eine Kartei über bildende Künstler, die auf dem Ohlsdorfer Friedhof wirkten,
- eine Sammlung von Zeitungsausschnitten und Abbildungen zu Leben und Wirken bekannter Persönlichkeiten, die auf dem Ohlsdorfer Friedhof bestattet wurden. Die Sammlung datiert z. T. zurück bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts,
- eine Sammlung von Aktenauszügen, Fachaufsätzen, Gesetzestexten, Pressemeldungen, Zeitungsausschnitten und dergleichen.
Gräber bekannter Persönlichkeiten
Die Gräber der bekannteren Hamburger sind hier nachzulesen:
Siehe auch
- Liste berühmter Begräbnisstätten
- Alter Portugiesisch-jüdischer Friedhof in Hamburg-Altona (vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis 1869 genutzt)
Literatur
- Barbara Leisner, Heiko K. L. Schulze, Ellen Thormann: Der Hamburger Hauptfriedhof Ohlsdorf. Geschichte und Grabmäler. 2 Bände und eine Übersichtskarte 1:4000, Hans Christians Verlag, Hamburg 1990, ISBN 3-7672-1060-6
- Helmut Schoenfeld, Norbert Fischer, Barbara Leisner, Lutz Rehkopf: Der Ohlsdorfer Friedhof. Ein Handbuch von A–Z. Edition Temmen, Bremen 2006, ISBN 3-86108-086-9
Einzelnachweise
- ↑ Postkarte Die Kapellen und Hauptwege des Friedhofes zu Ohlsdorf, um 1900.
- ↑ Barbara Leisner: Der Hamburger Hauptfriedhof Ohlsdorf: Geschichte und Grabmäler, für Pohlmann s. die Gräber Gerhardy und Leisner (S.37,77)
- ↑ Zeitungsartikel vom 5. Mai 2009 im Hamburger Abendblatt [1]
- ↑ Zeitungsartiket vom 22. Juli 2005 im Hamburger Abendblatt [2]
- ↑ Zeitungsartikel vom 20. August 2008 in der Hamburger Morgenpost [3]
- ↑ Bauwelt (Zeitschrift), Ausgabe 20/2009, S. 22–27
Weblinks
- Webpräsenz des Friedhofs
- Webseite des Fördervereins
- Der größte Parkfriedhof der Welt bei Ohlsdorf.de
- Fotos der Kapellen und einiger Sehenswürdigkeiten
- Sehr umfangreiche Informationen mit vielen Fotos
- Zahlreiche Figuren auf dem Friedhof Ohlsdorf
- Statuen und Impressionen vom Friedhof Ohlsdorf
- Das Trauerspiel um die berühmten Toten
Koordinaten: 53° 37′ 29″ N, 10° 3′ 42″ O