Nordirlandkonflikt
Der Nordirlandkonflikt (engl. The Troubles) beherrschte die nordirische Politik der Jahre 1969-1998. Obwohl sich in diesem Konflikt mehr oder weniger zwei verschiedene Konfessionen gegenüberstehen, hat der Konflikt keinen religiösen Hintergrund. Der Grund für den Nordirland-Konflikt ist der Kampf der irischen Bevölkerung um die Unabhängigkeit von Großbritannien.
Hinweis: Dieser Artikel soll einen Überblick über die Entwicklung des Konfliktes geben. Es sollen Informationen über die aktuellere Entwicklung, Hintergründe, Lösungsmöglichkeiten und die Ziele der beteiligten Parteien des noch immer andauernden Konfliktes gegeben werden. Informationen über die Geschichte des Konflikts finden Sie in den Artikeln Geschichte Irlands und (ab 1921) Geschichte Nordirlands.
Vorgeschichte
Unter Heinrich VIII. bekommt das katholische Irland einen protestantischen Herrscher, der eine Staatskirche einführt.
Jakob I. siedelt etwa ein halbes Jahrhundert später (1609) gezielt Schotten und Engländer in Irland an. In der englischsprachigen Öffentlichkeit spricht man von Ulster Plantation.
Wiederum 80 Jahre später, 1690, besiegt das Heer Wilhelms von Oranien ein irisch-katholisches Heer in der Schlacht am Boyne. Dem Sieg in dieser Schlacht wird immer noch alljährlich durch die Märsche des Oranier-Ordens gedacht, die immer wieder zu heftigen Unruhen führen. Im Oranier-Orden schlossen sich 1795 die Protestanten Nordirlands zusammen.
1845 kommt es in ganz Irland infolge der Kartoffelfäule zur Großen Hungersnot (engl. Great Famine). Ein Drittel der Bevölkerung stirbt oder wandert aus. Irland fühlt sich von England im Stich gelassen.
Sechzig Jahre später, 1905, kommt es zur Gründung der Sinn Fein (SF), die Irland von England lösen will.
1916 - während des Ersten Weltkrieges - kommt es zum Osteraufstand, bei dem erstmals die Irish Republican Army (IRA) auftritt, der Iren gegen die englischen Herrscher, und darauf zu einem Bürgerkrieg. Er führt 1921 zur Teilung Irlands in die unabhängige Republik Irland und Nordirland, welches zum Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland gehört. Nordirland hat circa 1,7 Millionen Einwohner von denen 40% katholisch, 20% presbyterianisch und 15% Mitglieder der Anglikanischen Kirche sind (Zahlen 2001). Die Enttäuschung bei der katholischen Bevölkerung in Nordirland ist groß, die Diskriminierung der Katholiken dort verstärkt sich.
Die einen verstehen sich nun als pro-britische Unionisten; sie sind meist Protestanten. Die anderen sehen sich als pro-irische Nationalisten oder Republikaner; sie sind meist Katholiken.
Während im Zweiten Weltkrieg Nordirland einen wirtschaftlichen Aufschwung durch die Rüstungsindustrie (Schiffbau, Flottenstützpunkte, Luftwaffenbasen) erlebt, kommt es ab 1945 zu einem Niedergang, besonders in den großen Städten Belfast und Derry. Den katholischen Bevölkerungsteil trifft es besonders hart.
Die Unruhen
Besonders in Belfast leben viele Katholiken in Arbeitervierteln mit hoher Arbeitslosigkeit, auch bei Jugendlichen. Es kommt zu bürgerkriegsähnliche Unruhen, zum Niederbrennen ganzer Straßenzüge und zur Vertreibung vieler Menschen aus ihren Häusern. Ghettos entstehen, in denen fast nur Protestanten oder nur Katholiken leben. Die Polizei wird der Situation nicht mehr Herr, die Armee wird gerufen (z.B. im Konflikt um die Holy Cross-Grundschule). Schulen haben entweder protestantische oder katholische Schüler. Das britische Mehrheitswahlrecht begünstigt unionistische gegenüber republikanischen Kandidaten. Häufige Kontrollen, Hausdurchsuchungen und die Politik der Internierung verdächtiger Menschen schüren die Gewalt. Geld für die Untergrundarmee IRA kommt aus den Vereinigten Staaten, wo viele Irischstämmige leben. Der wirtschaftliche Niedergang (weniger Auslandsinvestitionen, Emigration) verstärkt sich, führt erneut zu höherer Arbeitslosigkeit. Bis zu 4.000 Tote sind zu beklagen.
Die Verhandlungen
Die Vertreter von SF und SDLP ringen nun mit UUP und DUP um eine Lösung in Nordirland. Langjährige Verhandlungen müssen die legitimen Interessen der Unionisten wie der Republikaner berücksichtigen; die Republik Irland und England stecken ihr Territorium ab. London fordert Dublin auf, vom Verfassungsziel einer Wiedervereinigung Irlands abzugehen. Mit dem Karfreitagsabkommen wird dies erreicht; Englands Zugeständnis ist eine Reform der Polizei und eine stärkere Beteiligung der SF an der Verwaltung Nordirlands. Volksabstimmungen zeigen, daß die Bevölkerung der Gewalt müde ist; das Leben in Nordirland beginnt sich zu normalisieren.
Die Konfliktparteien
irische / nationalistische (katholische) Seite
Die Nationalisten streben eine Loslösung von Großbritannien und eine Vereinigung mit der Republik Irland an.
- Irish Republican Army (IRA): Die wichtigste Terrororganisation in Nordirland. Sie zerfällt in mehrere Arme.
- Sinn Féin: Ihr Name bedeutet übersetzt "Wir selbst". Sie gilt als der politische Arm der IRA.
- Irish Republican Socialist Party (IRSP)/Irish National Liberation Army (INLA): 1975 aus der OIRA hervorgegangene, sozialistische Partei und ihr bewaffneter Arm, der sich seit 1998 im Waffenstillstand befindet.
- Real Sinn Fein/Continuity IRA (CIRA):Abspaltung von der PIRA 1986. Nicht im Waffenstillstand.
- 32 COUNTY SOVEREIGNTY MOVEMENT/Real IRA (RIRA): entstanden 1997. Nicht im Waffenstillstand.
- Social Democratic and Labor Party
unionistische / loyalistische (protestantische) Seite
Die Unionisten wollen Teil des Königreichs bleiben.
- Ulster Unionist Party (UUP): Wichtige politische Partei. Bekanntestes Mitglied der Partei ist David Trimble.
- Democratic Unionist Party DUP: Protestantisch-unionistische, politische Partei, die das Karfreitagsabkommen nicht unterstützt. Bekanntestes Mitglied dieser Partei ist der Pfarrer Ian Paisley.
- Ulster Defence Association: Die wichtigste der protestantischen Terrororganisationen
- Ulster Volunteer Force: Die zweite protestantische Terrororganisation
Britische Regierung
Die Nordirlandminister der britischen Regierung regieren Nordirland wenn dieses nicht dazu in der Lage ist.
Das Ziel einer Vereinigung mit Nordirland war in der Verfassung festgeschrieben. Im Zuge des Karfreitagsabkommens verzichtete Irland nach einem Volksentscheid auf diesen Anspruch; der Passus wurde gestrichen.
Literatur
- T. Ryle Dwyer: Michael Collins, ISBN 3-928300-62-8 (deutsch)
- Michael Collins: The Path to Freedom, ISBN 1-85635-148-3, Mercier Press (englisch)
- Dietrich Schulze-Marmeling (Hg.): Nordirland - Geschichte Landschaft Kultur & Touren, Die Werkstatt, 1996, ISBN 3-89533-177-5
- Pit Wuhrer: Die Trommeln von Drumcree. Nordirland am Rande des Friedens, Rotpunktverlag, 2000 ISBN 3-85869-209-3
- Danny Morrison: Aus dem Labyrinth. Schriften auf dem Weg zum Frieden in Nordirland. ISBN 3-89771-000-5
- Kevin Bean, Mark Hayes (Hg.): Republican Voices. Stimmen aus der irisch-republikanischen Bewegung. Vorwort Bernadette McAlliskey, ISBN 3-89771-011-0 (deutsch - Interviews mit ehemaligen Mitgliedern)
Weblinks
siehe auch: Geschichte Irlands, Geschichte Nordirlands, Ulster