Gore-Effekt
Der Gore-Effekt ist eine nach Al Gore benannte ironische Bezeichnung für unzeitiges Schneewetter oder Kälteeinbrüche in Zusammenhang mit Veranstaltungen und Demonstrationen zu Gefahren der Globalen Erwärmung. Der angebliche Effekt breitete sich nach einem passenden Einzelereignis 2004 im Stil einer modernen Sage aus. Listen mit Ereignissen aus aller Welt wurden in den USA auf informellen Websiten und Blogs beschrieben. 2007 wurde der Begriff ins Urban dictionary aufgenommen. Seit 2008 taucht der Begriff vermehrt in der amerikanischen Öffentlichkeit, so in überregionalen Tageszeitungen und politischen Magazinen auf und wird etwa im Zusammenhang mit dem Kälteeinbruch zum Ende der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen angeführt.
Insbesondere dem ehemaligen US-Präsidentschaftskandiaten Al Gore wird dabei in spöttischer Weise nachgesagt, seine Vorträge und Aktivitäten fielen regelmäßig mit entsprechenden Wetterereignissen zusammen oder er löse diese sogar aus. [1] Der Gore-Effekt wird dabei ähnlich wie die Moderne Sage über eine vorgebliche Aussage Gores verwendet, er persönlich hätte das Internet erfunden. Kommentatoren und Kritiker führen Auflistungen von angeblichen oder tatsächlichen Belegen für den Gore-Effekt an, um Lebensstil und Auftritte des Multimillionärs und Nobelpreisträgers satirisch zu verzeichnen und das weltweite Engagement gegen die Globale Erwärmung ins Lächerliche zu ziehen.
Auftreten
Als erstes Auftreten des Gore-Effekts wird meist sein Redeauftritt bei einer im Januar 2004, einem der kältesten Tage in der Geschichte New Yorks, veranstalteten Demonstration gegen die globale Erwärmung [2] genannt. Auf Seiten der religiösen Rechten werden entsprechende Ereignisse mehr oder minder ernsthaft als Zeichen für ein angeblich mangelndes himmlisches Einverständnis zu den Aktivitäten Gores angeführt. So nahm der konservative Kongressabgeordnete Roy Blunt aus Missouri die damalige Eiseskälte zum Anlass, Gore vorzuwerfen, Mutter Natur wäre mit der Botschaft Gores genauso wenig einverstanden wie er selbst. [3]
Ebenso stellte der im Zusammenhang mit der Hockeyschläger-Kontroverse bekanntgewordene Klimaskeptiker Steve McIntyre in seinem Blog Climateaudit am 25.12.2008 einen eher märchenhaft formulierten Bezug zwischen Vortragsreisen von Al Gore ins kanadische Toronto 2006 und 2007 und den danach aufgetretenen extremsten Schneefällen seit 1883 an. Der Titel des Beitrags, How Al Gore Saved Christmas (Wie Al Gore Weihnachten gerettet hat) lehnt sich dabei an das bekannte amerikanische Kinderbuch Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat an. [4]
Beispiele
- Senatsanhörungen Gores zur Gesetzgebung zur globalen Erwärmung im März 2006 wurden aufgrund eines Schneesturms abgesagt und im Januar 2009 von einem Eisregen begleitet.[5][6]
- Die Extremsportlerinnen Ann Bancroft und Liv Arnesen waren im März 2007 gezwungen, eine Arktisüberquerung, die auf das Problem der globalen Erwärmung und die schmelzenden Polkappen aufmerksam machen sollte, wegen extremer Kälte und Erfrierungen abzubrechen.[7]
- Aufgrund heftiger Schneefälle in den USA während der UN-Klimakonferenz auf Bali spekulieren einige Blogger über eine Fernwirkung des Gore-Effekts.[8] Einige Spötter gehen soweit, Gore weitere übernatürliche Fähigkeiten anzudichten bzw. seine manchmal als starr empfundene Rethorik und Körperhaltung als Hinweis auf eine extraterrestrische Herkunft zu deuten. In dem Zusammenhang wird auch gerne auf Gores Geburt im März 1948, knapp 9 Monate nach dem Roswell-Zwischenfall im Juni 1947 verwiesen. [9]
- Am 22.Oktober 2008 war ein Vortrag von Al Gore an der Harvard University mit einem seit über 125 Jahren lokal nicht mehr beobachteten Temperaturminimum zusammengefallen.[5]
- Die Ende Oktober 2008 stattfindende Marathondebatte des britischen House of Commons zur Klimagesetzgebung war vom ersten Schneefall im Oktober in London seit 1922 begleitet. [5]
- Eine Veranstaltung Al Gores zur globalen Erwärmung in Italien Mitte Dezember 2008 war von Schneefällen nicht nur in Mailand sondern, dort ebenso ungewöhnlich, in Rom, Neapel und Palermo begleitet.
- Ein Besuch von Al Gore in Australien im Juli 2009 bzw. 2006[6] anlässlich der Aktion Safe Climate Australia in Melbourne war mit einem plötzlichen Kälteeinbruch und starken Schneefällen verbunden.[10]
- Eine im März 2009 angesetzte Großdemonstration in Washington gegen die globale Erwärmung fiel mit für die Jahreszeit sehr seltenem Schneefall und dadurch bedingten Verkehrsproblemen zusammen. Die als Rednerin vorgesehene führende demokratische Politikerin Nancy Pelosi musste aufgrund einer Flugverspätung ihre Teilnahme absagen [6]
- Bereits zum Ende der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 drohte in den USA ein Wintereinbruch und eine turbulente Wetterlage über dem Nordatlantik, in Europa kam dieser etwas später an. Die US-Senatsdelegation wie Präsident Obama selbst reisten nach einer improvisierten Pressekonferenz zu einem angeblichen Durchbruch bei der Konferenz vorzeitig ab. Bei der Ankunft Obamas in den USA kam es zu wetterbedingten Behinderungen, unter anderem musste er aufgrund eines extremen Schneesturms auf den sonst üblichen Transfer per Hubschrauber verzichten. [6][11][12]
Hintergrund
Laut dem Meteorologen Joseph D’Aleo zeigt der Gore-Effekt die Mängel von kurzfristigen Wettervoraussagen auf. [5] Der Gore-Effekt ist kein ernsthafter Witterungsregelfall, sondern kommt zustande, weil Kritiker und Kommentatoren aus Vorträgen und Veranstaltungen Gores wie anderer Aktivisten zur Globalen Erwärmung einzelne passende Fälle herausgreifen. Ähnlich geartet ist die Medienaufmerksamkeit für Lottogewinne, die trotz extremer Seltenheit der Fälle groß ist. Dabei wird mehr oder minder absichtlich der Denkfehler einer selektiven Betrachtung Ex post begangen. Hans-Hermann Dubben und Hans-Peter Beck-Bornholdt veranschaulichten solche Zielscheibenfehler mit einem texanischen Scharfschützen, der grob auf ein Scheunentor schießt und erst danach eine Zielscheibe um die Einschußlöcher malt.[13]
Nach Lisa Miller, der republikanischen Sprecherin des Energie- und Klimaauschusses im amerikanischen Senat sind die entsprechenden Auflistungen durchaus witzig, der Gore-Effekt hätte aber keinen politischen Einfluss. Die Sprecherin Gores, Kalee Kreider bestätigt den amüsanten Aspekt, man sollte sich aber, ihr zufolge, davon nicht von der Realität des Klimawandels ablenken lassen. [5] [6]
Sonstiges
Einzelnachweise
- ↑ Kältetote in Peru Unser Kolumnist enthüllt Al Gores persönliche Klimakatastrophe, von Harald Martenstein, Die Zeit, 13.3.2009
- ↑ Kommentar: The Gore Effect Washington Times, 4.3.2009
- ↑ Gore decries 'global warming' in bitterly cold NYC Former VP slams Bush as 'moral coward,' says 'W' only concerned about financial contributors, WorldNetDaily Exclusive 15.1.2004
- ↑ How Al Gore Saved Christmas, Climateaudit 25.12.2008
- ↑ a b c d e Tracking 'The Gore Effect', von Erika Lovely, Politico 25.11.2008
- ↑ a b c d e The Gore Effect brings snow to New York City, NYDailyNews, Michael Daly, 20.12.2009
- ↑ Frostbite Ends Bancroft-Arnesen Trek, Patrick Condon, The Washington Post, 12.3.2007
- ↑ Global Climate Catastrophe Notes, 16.12.2007, The Al Gore Effect: Theoretical Basis
- ↑ Nine months after the Roswell Incident, Al Gore was born. It might not be a coincidence, William Langley, UK Telegraph, 28.5.2006
- ↑ 'Gore Effect' strikes as Congressional delegation to leave Copenhagen early to beat snowstorm, 18.12.2009, Tony Hake
- ↑ The 'Gore Effect' sets in on Copenhagen as heavy snow is forecast, 15.12.2009, Examiner, Tony Hake
- ↑ Weather 101 - the Al Gore Effect, 12.12.2009, von H. Michael Mogil
- ↑ Hans-Peter Beck-Bornholdt, Hans-Hermann Dubben Mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit , Logisches Denken und Zufall 2005, Rowohlt, ISBN: 3499619024