Benutzer:Chris2001/Spielwiese/Barberini-Diptychon


Das Barberini-Diptychon zählt zu den bedeutendsten Werken der Elfenbeinschnitzerei. Es entstand in der Spätantike und befindet sich heute im Louvre in Paris.
Es handelt sich um eine Komposition von fünf Panelen, von denen noch vier original erhalten sind. Thema der Darstellung ist die Darstellung eines Kaisers als triumphator omnium gentium, wahrscheinlich handelt es sich dabei um Justinian I.
Auf der Rückseite befindet sich eine Liste austrasischer Könige, die von Brunichild in Auftrag gegeben wurde und liturgischen Zwecken diente. Sie entstand wahrscheinlich um 613 und zeigt, das das Diptychon bereits früh ins Frankenreich gelangte.
1625 schenkte es der Gelehrte Nicolas-Claude Fabri de Peiresc an Kardinal Francesco Barberini, wodurch es nach Rom gelangte und Teil der bedeutenden Sammlung Barberini wurde.[1]
1899 wurde es vom Louvre gekauft.
Kunsthistorische Einordnung
Das Barberini-Diptychon steht in der Nachfolge der zweiteiligen (Konsulars-)Diyptychen. Mit dem Aufkommen des Kodexes und dem Bedeutungsrückgang der tabula cerata entstand der Typ der fünfteiligen Diptychen.
Beschreibung
Das Diptychon misst 34,2 x 26,8cm, das Mittelpanel 19 x 12,5 cm bei einer Dicke von ca. 2,5 cm.
Ursprünglich war das Diptychon mit mehreren Edelsteinen verziert, die mit der Zeit allerdings größtenteils aus ihren Fassungen herausgefallen sind. Es sollte hier auch noch mal erwähnt werden, dass Elefantenelfenbein einer der teuersten Rohstoffe überhaupt ist (durchaus vergleichbar mit Gold).
Auf dem Zentralpanel ist ein gekrönter Reiter in prächtiger Rüstung dargestellt. Bemerkenswert die Tiefe des Reliefs, Teile sind vollständig „à jour“ gearbeitet. Derlei vollplastische Durchbruchsarbeiten sind extrem selten bei Elfenbeindiptychen und sind ein Grund dafür, das Barberini-Diptychon zu den bedeutendsten Werken dieses Genres zu zählen. Die Frau unten hat eindeutig Allegorie-Charakter. Sie entspricht Tellus/Gaia-Darstellungen, nur dass sie statt eines Füllhorns in einem Bausch ihres Gewandes Früchte/Gaben darbringt. Möglicherweise ist sie auch als Symbol einer befriedeten Provinz zu sehen. Die Viktoria/Engel-Darstellung steht auf einem kleinen Globus, auf dem eine x-förmige Gravierung angebracht ist. Sie wird teilweise als Christusmonogramm angesprochen. Bei den Ornamentbändern fällt auf, dass zwei verschiedene Typen verwandt wurden.
Prinzipiell folgt die Darstellung paganen römischen Traditionen des triumphator omnium gentium, eine christliche Konnotation erhält das Diptychon erst durch das obere Panel, in dem Christus als Kosmokrator dargestellt wird. Diese Komposition hat direkte pagane Vorläufer (anstelle der Christusfigur befand sich ursprünglich eine Personifikation Konstantinopels). Die Haartracht (Buckellocken) Christus’ und der Engel sind ein wichtiger Anhaltspunkt für die Bestimmung der Entstehungszeit.
Ungewöhnlich ist der nachträglich eingeritzte Bart des hochrangigen Offiziers auf dem Seitenpanel. Möglicherweise handelt es sich dabei um eine Zutat aus einer späteren Epoche. Der Sack unten rechts neben ihm ist vermutlich ein Goldsack. Prinzipiell ein Attribut eines Konsuls, hier aber in Hinblick auf die Thematik des triumphator omnium gentium vielleicht eher als Beute zu sehen.
Auf dem unteren Panel sind dargestellt (von links nach rechts):
- zwei Gaben bringende Perser/Orientalen (darunter vermutl. auch aurum coronarium)
- ein Löwe
- ein „Engel“/Victoria mit Tropaion
- ein Elefant
- zwei Inder (Erkennungszeichen: die „Hörner“ auf der Stirn), von denen der erste einen Elefantenstoßzahn bringt.
- Ein Tiger
Der Stil ist relativ spätantik-abstrakt, zeigt jedoch auch ein gewisses Maß an Realismus (theodosianischer Stil). Aufgrund seiner hohen Qualität ist es vermutlich in einer kaiserlichen Werkstatt in Konstantinopel entstanden.
Interpretation
Für die Identifizierung des dargestellten Kaisers erscheint Justinian die wahrscheinlichte Option zu sein. Innerhalb der in Frage kommenden Entstehungszeit (erste Hälfte des 6. Jahrhunderts) erscheint die überaus glorifizierende Darstellung als Völkerbezwinger für ihn am plausibelsten. Sowohl der Barbar im Hintergrund des Zentralpanels, als auch die beiden auf der linken Seite des unteren Panels tragen persische Tracht, weswegen die Darstellung vermutlich in Zusammenhang mit dem von Justinian geschlossenen sog. „ewigen Frieden“ von 532 mit dem Perserreich steht. Möglicherweise ist ein Reiterstandbild Justinians aus dem Hippodrom Vorlage für das Zentralpandel gewesen, jedenfalls findet sich das Motiv auch noch auf einem Bronzegewicht aus dem Byzantine and Christian Museum of Athens.
Vermutlich wurden die Tafeln wie die meisten fünfteiligen Diptychen als Vorderdeckel eines Prachtkodexes verwandt.
Einzelnachweise
- ↑ A. Héron de Villefosse: L'Ivoire de Peiresc. in: Mémoires de la Société nationale des Antiquaires de France, 75, 1915-1918, S. 275-276.
Literatur
- Richard Delbrück, Die Consulardiptychen und verwandte Denkmäler, Berlin, 1929.
- Wolfgang Fritz Volbach, Elfenbeinarbeiten der Spätantike und des Frühen Mittelalters, Mainz, 1952, S. 36-37.
- (en) Antony Cutler: Barberiniana. Notes on the Making, Content, and Provenance of Louvre OA. 9063, in: Tesserae : Festschrift für Josef Engemann, Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 18, 1993, p. 329-339.
- (fr) Danièle Gaborit-Chopin: Byzance, l'art byzantin dans les collections publiques françaises (Katalog zur Ausstellung des Louvre vom 3.11.1992-1.2.1993), Paris, 1993, S. 63-65.
- (fr) A. Héron de Villefosse: L'Ivoire de Peiresc,in: Mémoires de la Société nationale des Antiquaires de France, 75, 1915-1918, p. 267-295.
- (fr) Jean-Pierre Sodini: Images sculptées et propagande impériale du IVe au VIe siècle : recherches récentes sur les colonnes honorifiques et les reliefs politiques à Byzance, in: A. Guillou et J. Durand, Byzance et les images, La Documentation française, Paris, 1994, S. 43-94.