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Gesellschaft Schweiz-Russland

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Gesellschaft Schweiz-Russland
Rechtsform Verein
Gründung 1925
Sitz Reinach AG, Schweiz
Leitung Samuel Eichenberger
(Präsident des Vorstandes)
Website www.schweiz-russland.ch

Der Verein Gesellschaft Schweiz-Russland (russisch Общество Швейцария-Россия) ist eine Nichtregierungsorganisation zur Förderung und Pflege der gegenseitigen Kontakte, der freundschaftlichen Zusammenarbeit und des kulturellen Austausches zwischen der Schweiz, der Russischen Föderation und dem übrigen russischsprachigen Raum.

Bewegte Geschichte

Der Verein zur Förderung der freundschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der Russischen Föderation hat eine bewegte Geschichte, dies zeigt sich auch in seiner Namensgebung seit der Gründung 1925:

  • 1925 Gesellschaft Schweiz–Sowjetunion (GSS)
  • 1944 Gesellschaft zur Förderung und Pflege normaler Beziehungen zwischen der Schweiz und der Sowjetunion (GSS)
  • 1950 ca. Gesellschaft Schweiz–Sowjetunion (GSS)
  • 1993 Gesellschaft Schweiz–Russland (GSR)

Gesellschaft Schweiz–Sowjetunion

Gegründet wurde der Verein 1925 als Gesellschaft Schweiz–Sowjetunion (GSS). [1]

Gesellschaft zur Förderung und Pflege normaler Beziehungen zwischen der Schweiz und der Sowjetunion

Am 6. Februar 1944 wurde die GSS in Basel sozusagen "neu" gegründet und umbenannt in Gesellschaft zur Förderung und Pflege normaler Beziehungen zwischen der Schweiz und der Sowjetunion, behielt aber ihren Kurznamen GSS. Den Statutenentwurf schrieb der erste Zentralsekretär der GSS, Fritz Heeb, der später als Rechtsanwalt von Alexander Solschenizyn international bekannt wurde. Heeb schrieb 1946 auch ein Positionspapier über "Die Aufgaben der Gesellschaft". [2]

Petition zur Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Sowjetunion

Datei:Plakat von Hans Erni, Schweiz-Sowjetunion, 1945.jpeg
Plakat von Hans Erni für die Gesellschaft Schweiz-Sowjetunion (1945)

Die "neue" GSS organisierte 1944 eine Petition, damit die Schweizer Regierung die diplomatischen Beziehungen mit der Sowjetunion wieder aufnimmt. Der Bundesrat und die Bundesanwaltschaft "legten uns jedoch alle nur mögliche Schwierigkeit in den Weg", berichtete GSS-Vorstandsmitglieder. [3] Sie mussten monatelang um die Bewilligung zur Herausgabe einer eigenen Zeitschrift kämpfen, um die Seitenzahl und die Verkaufsmöglichkeiten dieser Zeitschrift.

Verboten wurde sogar der Aushang von Plakaten, die der international bekannte Schweizer Maler Hans Erni für die Petition gestaltet hatte. Der Plakattext "Wir erstreben freundschaftliche und vertrauensvolle Beziehungen zwischen unserm Lande und der Sowjetunion" alarmierte Bundesanwaltschaft und Bundesrat, der am 27. Februar 1945 beschloss, gestützt auf Art. 102, Ziffer 8 und 9 der Bundesverfassung, den Anschlag des Plakats in der ganzen Schweiz zu verbieten. Die darin enthaltene "Propaganda für eine kriegsführende Macht" sei "aus Gründen der Neutralität unzulässig". Erni wurde dafür zum Landesverräter gestempelt und von den Behörden observiert. Eine bereits gedruckte - von ihm gestaltete - Schweizer Banknotenserie wurde zurückgezogen. [4]

Trotz dieser behördlichen Hindernisse gegenüber der GSS kamen 120000 Unterschriften für die Petition zusammen, welche die Schweizer Regierung am 18. März 1946 dazu bewogen, "mit der Regierung der Sowjetunion freundschaftliche Beziehungen zu unterhalten". Verhandlungspartner auf Schweizer Seite war der Ausserordentliche Gesandte Eduard Zellweger, der wiederum langjähriges Mitglied der GSS war, auf russischer Seite verhandelte der Ausserordentliche Gesandte Nikolai Alexandrowitsch Koschewnikow. [5]

Die Petition und die damit erreichte Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Sowjetunion verhalf der GSS zu grosser Bekanntheit in der Schweiz. Im Frühling 1945 zählte die GSS rund 2'700 Mitglieder. In verschiedenen Städten der Schweiz bestanden Ortsgruppen (u.a. in Arbon, Basel, Bern, Locarno, Luzern, St. Gallen, Winterthur und Zürich). [6]

Im Kalten Krieg

Wie schon während des Zweiten Weltkrieges half die GSS noch lange nach Kriegsende materiell und personell bei der Betreuung der 10'000 sowjetischen Internierten in der Schweiz mit.

Vor und während des Kalten Krieges 1945 bis 1989 förderte die GSS unter nicht immer einfachen Umständen den kulturellen Austausch, die Verständigung der Völker und die menschlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten.

Gegen eines der couragierten Gründungsmitglieder der "neuen" GSS, den Luzerner Kunstmaler Max von Moos, wurde 1947 sogar ein Verfahren angestrengt wegen angeblichem Missbrauchs des Lehramts an der Kunstgewerbeschule Luzern zu Propagandazwecken. [7]

Gesellschaft Schweiz-Russland

Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde im Februar 1993 die Gesellschaft Schweiz–Sowjetunion aufgelöst und die Gesellschaft Schweiz–Russland (GSR) gegründet. Diese hält sich nach den bitteren Erfahrungen der ersten Jahrzehnte bewusst aus der Politik raus und betont die humanitäre Hilfe sowie den kulturellen Austausch zwischen der Schweiz, der Russischen Föderation und neu dem gesamten russischsprachigen Raum.

Swiss Center in St. Petersburg

Ab 1993 engagiert sich die GSR in St. Petersburg. Aus der anfänglich rein humanitären Hilfe entsteht ein Swiss Center in St. Petersburg, welches zur offiziellen Vertretung der Gesellschaft Schweiz–Russland in der Russischen Föderation wird. [8]

1995 organisieren die GSR und deren Swiss Center in St. Petersburg erste Kulturreisen und Sprachreisen nach Russland. 1998 bis Juni 2006 war die Leiterin des Swiss Center, Madeleine Lüthi, Generalhonorarkonsulin der Schweiz in St. Petersburg.

GSR heute

Die GSR hat heute rund 400 Mitglieder. Diese sind engagiert in Regionalgruppen in Basel, der Innerschweiz und in Genf sowie in einer Gruppe Kultur und Bühne Schweiz–Russland "Gorizont" in Luzern.

Vorstand:

  • Samuel Eichenberger, Präsident
  • Theres Koelliker, Generalsekretariat
  • Kristin Crottogini, Sozial-, Integrations- und Jugendfragen

Zeitschriften-Verlag

Die Gesellschaft Schweiz-Sowjetunion führte ab 1945 einen eigenen Zeitschriften-Verlag, dessen einziges Produkt "Schweiz-Sowjetunion" aber von den Schweizer Behörden massiv unter Druck gesetzt wurde.

Die erste Ausgabe der Zeitschrift "Schweiz-Sowjetunion" erschien im Januar 1945 mit 16 Seiten Text-Umfang - ein grösserer Heftumfang wurde ausdrücklich verboten vom Bundesrat, der zuvor auch den sperrige Zeitschriftentitel "Mitteilungen für die Mitglieder der Gesellschaft zur Förderung und Pflege normaler Beziehungen zwischen der Schweiz und der Sowjetunion" sowie die maximale Auflage von 2'000 Exemplaren vorgeschrieben hatte. Die GSS durfte also nicht einmal alle ihre 2'700 Mitglieder mit der Zeitschrift beliefern. Sofort nach Erscheinen der ersten Ausgabe mit dem Titel "Schweiz-Sowjetunion" und 16 Seiten plus Umschlag intervenierte die Bundesanwaltschaft, womit ein jahrelanger Kampf zwischen Verlag und Bundesbehörden begann. So erschienen denn nur folgende Jahrgänge der Zeitschrift "Schweiz-Sowjetunion":

  • 1944, Pilotnummer
  • 1945, Heft 1 bis 10
  • 1946, Heft 11 (Juli)
  • 1949, Heft 12 (Mai)
  • 1952, Heft 13 (September/Oktober)
  • 1983, Heft 1 bis 3 (Februar bis Dezember)
  • 1987, Heft 1 und 2 (August und November)
  • 1988, Heft 3 (Februar)

Buch-Verlag

Datei:GSR Leutnant Gerassimow, Original Buch-Cover.jpg
Leutnant Gerassimow von Michail Alexandrowitsch Scholochow (1945)

Ab den 1940er Jahren führte die Gesellschaft Schweiz-Sowjetunion einen eigenen Buch-Verlag, der verschiedene Bücher und Broschüren publizierte.

  • Moskau in der Jahrhundertmitte. Tagebuch eines Schweizers von Konrad Farner. Farner war Leiter der achtköpfigen Delegation der GSS, die das Land im Winter 1950/51 besuchte. 252 Seiten und 20 Abbildungen auf Tafeln (1952).
  • "Über das sowjetische Ballett" von Galina Ulanowa (eine der weltweit vier Prima Ballerina Assoluta) mit Illustrationen von Hans Erni, der im Juni 1954 die Hauptprobe des sowjetischen Balletts ind er Pariser Oper besuchte und davon sieben Diamantgravuren auf Lithographiestein schuf. 54 Seiten und sieben Abbildungen (8. Februar 1955)

Präsidenten

Bekannte Mitglieder

Einzelnachweise

  1. Website, der Gesellschaft Schweiz-Russland GSR
  2. Schweizerisches Sozialarchiv, Fritz Heb, Politische Aktivitäten Ar 132.40.1
  3. "Schweiz-Sowjetunion 1946-1986", Broschüre der Gesellschaft Schweiz-Russland
  4. Swissinfo, "Hans Erni 100-jährig"
  5. Brief des Ausserordentlichen Gesandten der Schweiz, Eduard Zellweger
  6. maiakWiki, Geschichte der Gesellschaft Schweiz-Russland GSR
  7. Stiftung Max von Moos, Website
  8. Website, Swiss Center in St. Petersburg
  9. Felix Wiedler book (design) story #7
  10. Staatsarchiv Basel-Stadt Nachlass Paul Camenisch
  11. Historisches Lexikon der Schweiz Marc Oltramare