76. Infanterie-Division (Wehrmacht)
76. Infanterie-Division | |
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Truppenkennzeichen - Eine Grenadiermütze[1] | |
Aktiv | 26. August 1939 bis 1945 bei Deutsch-Brod in alliierte Gefangenschaft [1] |
Staat | ![]() |
Streitkräfte | Wehrmacht |
Teilstreitkraft | Heer |
Truppengattung | Infanterie |
Typ | Infanteriedivision |
Gliederung | Gliederung |
Stärke | 15.000 Soll |
Unterstellung | 6. Armee |
Aufstellungsort | Potsdam |
Zweiter Weltkrieg | Krieg gegen die Sowjetunion 1941–1945 |
Kommandeure | |
Liste der | Kommandeure |
Die 76. Infanterie-Division war ein Großverband der Wehrmacht und kam in der Schlacht um Stalingrad zum Einsatz.
Geschichte
1939 bis 1942
Am 26. August 1939 wurde die 76. ID als 2. Welle aus der 23. Infanterie-Division in Potsdam/Brandenburg aufgestellt. Am 31. Dezember 1940 wurden im Rahmen einer Neuorganisation einige Regimenter an die 333. Infanterie-Division abgegeben und danach wieder neu ersetzt.
Stalingradkampagne
Bereits Anfang September 1942 wurde die 76. ID in der Schlacht um Stalingrad gegen die Verteidigungsstellungen der 62. Armee in den Vororten eingesetzt. Zusammen mit der 71. Infanterie-Division ging sie am 13. September 1942 auf breiter Front gegen Stalingrad Stadtmitte vor und wurde in die Gefechte und Häuserkämpfe um den Hauptbahnhof, das Wasserwerk, die Grudininmühle und das Kaufhaus Uniwermag am Roten Platz verwickelt. Zu Beginn der Schlacht am 14. September 1942 waren von den 9 Infanterie-Bataillonen der 76. ID 5 bei mittlerer Kampfstärke (500-700 Mann) und 4 nur noch durchschnittlich (400-500 Mann) durch die Abnutzungskämpfe in den Vororten von Stalingrad.[2]
Ende September war die 76. ID als Abwehr gegen die sowjetische Kotluban-Offensive außerhalb von Stalingrad in der Nähe des Don-Bogens im Einsatz. [3]Die Verluste in der Kotluban-Offensive versetzten die 76. Infanterie-Division durch den Verlust mehrerer Infanterie-Bataillone in den Zustand „hors de combat“.[4] Noch am 25. September wird die 76. ID im Wehrmachtsbericht lobend erwähnt[5] und am 30. September 1942 wurden die stark angeschlagenen 9 Infanterie-Bataillone der 76. Infanterie-Division zu 6 Bataillonen zusammengefaßt, auf Befehl von Paulus aus der Stalingradschlacht vorerst abgezogen und an ihren Verfügungsraum in der Nähe von Kalatsch am Don transportiert.[6]
Im Winter 1942 wurde die komplette 76. ID in der Kesselschlacht vernichtet.
1943
Am 17. Februar 1943 entschied das Oberkommando West die 76. ID neu aufzustellen. Zu diesem Zweck wurden die verstärkten Grenadier-Regimenter 876 und 877 in die Division eingegliedert. Erst am 13. Mai 1944 wurde sie der 5. Feld-Division (L) unterstellt und diente der Auffrischung.
1944 und 1945
Am 20. August 1944 wurde die 76. ID in der Ukraine und Ostrumänien in schwere Kämpfe mit Sowjettruppen verwickelt. Ein Großverband der 6. und 8. Armee wurde von Truppen der Roten Armee eingeschlossen.
In der Abwehrkämpfen um Letcani und Jassy erlitt die 76. ID schwere Verluste und musste sich über den Bahluin-Fluß zurückziehen. In den Südkarpaten löste sich die 76. ID als Kampfverband auf. Während ein Großteil der Division in den Karpaten von rumänischen Partisanen vernichtet wurde, gelang es einigen Truppenteilen die ungarische Grenze zu erreichen und sich dort anderen Wehrmachtsverbänden anzuschließen.
Zwischen September und Oktober 1944 wurde die 76. ID erneut durch frische Truppen ersetzt, bis sie 1945 kapitulierte und im tschechischen Deutsch-Brod in sowjetische Kriegsgefangenschaft geriet.
Augenzeugenberichte
Die Erlebnisse der brandenburgischen 76. Infanterie-Division während der Häuserkämpfe in Stalingrad werden von Janusz Piekałkiewicz geschildert:
„Im Stadtgebiet von Stalingrad wurden in harten Straßenkämpfen mehrere befestigte Häuserblocks genommen. Bei der erfolgreichen Fortsetzung des Kampfes erreichten die deutschen Truppen an weiteren Stellen die Wolga. Gegenüber einem Gegner, der eine Stadt zäh verteidigt, wird der Angriff immer nur abschnittsweise langsam vorwärtskommen. In Stalingrad aber sind die Kampfbedingungen besonders schwer. In jeder Hausruine, in jedem Trümmerhaufen hat sich der Gegner festgesetzt und verteidigt seinen Stützpunkt mit letztem Kraftaufwand. Pioniere müssen Tag und Nacht arbeiten, um den weg von Minen frei zu machen. Der Kampf spiegelt sich in kleinen Gruppen auf nächste Entfernung ab. Jeder Trupp, jeder Soldat ist auf sich allein angewiesen. Das erfodert harten Einsatzwillen und schnellste Entschlußkraft von den Unterführern und erschwert in besonderem Maße die Befehlsführung der höheren Truppenstäbe. Durch den dichten Rauch brennender und schwelender Häuser dringen die Infanteristen nach vorn. Ihren Standpunkt können sie nur durch Abschießen von Leuchtkugeln angeben, denn eine Fernsprechverbindung ist meist unmöglich. Gegen die nördliche Riegelstellung [der Innenstadt] griff die [Rote Armee] wiederum mit stärkeren Infanterie- und Panzerkräften an; sämtliche Angriffe wurden in hartnäckigen Kämpfen abgeschlagen und insgesamt 36 feindliche Panzerkampfwagen vernichtet. Hierbei zeichnete sich die brandenburgische 76. Infanteriedivision besonders aus, gerade eine der Divisionen, die nach [sowjetischen] Meldungen vor einigen Tagen vollkommen aufgerieben worden sein sollte. “
Das Ende der 76. ID findet sich in folgendem Bericht:
„Am 20. August 1944 traten überlegene sowjetische Truppen im Raum Jassy sowie bei Tiraspol und Tighina (Bendery) am unteren Dnjestr gegen die deutschen und rumänischen Divisionen in Ostrumänien zum Großangriff an. Während die deutschen Armeen trotz hoher Verluste ihre Stellungen zunächst halten konnten, kam es bei den rumänischen Verbänden, die keinen nennenswerten Widerstand leisteten, sofort zu tiefen Einbrüchen. Als am 23. August große Teile des rumänischen Heeres zum Gegner übergingen, drangen westlich von Jassy sowjetische Panzerkorps rasch nach Süden zu den Pruthübergängen vor, wo sie sich mit Truppen, die vom unteren Dnjestr vorgegangen waren, vereinigten. Damit waren die meisten Verbände der deutschen 6. Und große Teile der 8. Armee eingeschlossen. Die deutsche 76. Infanterie-Division, die bei Letcani, 15 km nordwestlich von Jassy, eingesetzt war, hatte bereits in den ersten Stunden sehr hohe Verluste, und mußte nach Süden hinter den Bahluin-Fluß ausweichen, wo sie sich bei Cucuteni zunächst behaupten konnte. Als in den nächsten Tagen Jassy fiel und der Rückzugsweg nach Westen bereits abgeschnitten war, versuchten sich die angeschlagenen Einheiten unter ständigen Gefechten über Magosesti, Graiduri, Vaslui und Barlad in die Südkarparten durchzukämpfen. Doch nur einem kleinen Teil gelang der Durchbruch und schließlich der Anschluß an deutsche Truppen an der ungarischen Grenze, während andere dabei noch in Hinterhalte rumänischer Partisanen gerieten.“
Kommandeure
- General der Artillerie Maximilian de Angelis --- September 1939
- Generalleutnant Carl Rodenburg --- Januar 1942
- General der Infanterie Erich Abraham --- April 1943
- Generalleutnant Otto-Hermann Brücker --- Juli 1944
- General der Infanterie Erich Abraham --- August 1944
- Generalleutnant Siegfried von Rekowski --- Oktober 1944
- Oberst Dr. Wilhelm-Moritz Freiherr von Bissing --- Februar 1945
- Generalmajor Erhard-Heinrich Berner --- Februar 1945
Gliederung
- Infanterie-Regiment 178 (unbenannt in Grenadier-Regiment 178)
- Infanterie-Regiment 203 (unbenannt in Grenadier-Regiment 203)
- Infanterie-Regiment 230 (unbenannt in Grenadier-Regiment 230)
- Artillerie-Regiment 176
- Pionier-Bataillon 176
- Panzerabwehr-Abteilung 176
- Aufklärungs-Abteilung 176
- Infanterie-Divisions-Nachrichten-Abteilung 176
- Infanterie-Divisions-Nachschubführer 176
Träger des Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes
- Generalleutnant Carl Rodenburg (Divisionskommandeur), 76. Infanterie Division, Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen am 8. Oktober 1942
- Oberst Erich Gottfried Abraham (Regimentskommandeur), 76. Infanteriedivision 230. Infanterie-Regiment, Ritterkreuz verliehen am 13. November 1942
- Oberfeldwebel Johann Ksiag (Zugführer), 76. Infanterie Division, Panzerjagd-Abteilung 176, Ritterkreuz verliehen am 27. Februar 1943
Quellen
- Jochen Löser: Bittere Pflicht. Kampf und Untergang der 76. Berlin-Brandenburgischen Infanterie-Division, Biblio-Verlag, Osnabrück 1986, ISBN 3764814896
Weblinks
- Wendel, Marcus (2004) 76. Infanterie-Division (engl.), Abgerufen 2. September 2008.
- Lexikon der Wehrmacht Infanterie-Ersatz-Regiment 76, Abgerufen 23. November 2008
Einzelnachweise
- ↑ a b Lexikon der Wehrmacht „76. Infanterie-Division", Abgerufen 23. November 2008
- ↑ David M. Glantz: Armageddon in Stalingrad: September-November 1942 (The Stalingrad Trilogy, Volume 2). University of Kansas Press, Lawrence 2009, S. 137
- ↑ David M. Glantz: Armageddon in Stalingrad: September-November 1942 (The Stalingrad Trilogy, Volume 2). University of Kansas Press, Lawrence 2009, S. 179-182
- ↑ David M. Glantz: Armageddon in Stalingrad: September-November 1942 (The Stalingrad Trilogy, Volume 2). University of Kansas Press, Lawrence 2009, S. 230
- ↑ 25. September 1942:"Bei der erfolgreichen Abwehr starker feindlicher Entlastungsangriffe im Raum von Stalingrad zeichnete sich die brandenburgische 76. Infanterie-Division besonders aus." in http://www.ritterkreuzträger-1939-45.de/Infanterie/R/Rodenburg-Carl.htm
- ↑ David M. Glantz: Armageddon in Stalingrad: September-November 1942 (The Stalingrad Trilogy, Volume 2). University of Kansas Press, Lawrence 2009, S. 354
- ↑ Janusz Piekałkiewicz: Stalingrad. Anatomie einer Schlacht. Heyne, München 1993, S. 228-231
- ↑ http://www.klammi.de/html/76_id-1.html