Titoismus
Der Titoismus bezeichnet das sozialistische System von Jugoslawien zwischen 1945 und 1980, dem Todesjahr von Marschall Josip Broz Tito. Unter Titos Führung war die kommunistisch geprägte Partisanenbewegung mit ihrer Taktik im 2. Weltkrieg, wenn auch unter großen Opfern, gegen die Besatzung der Deutschen Wehrmacht letztlich erfolgreich. Sein Ruf als Partisanenkommandeur und sein Charisma brachten die Kommunistische Partei Jugoslawiens, deren Vorsitzender Tito war, nach dem 2. Weltkrieg in Jugoslawien an die Macht.
Der Titoismus etablierte sich als nationale Alternative zum Stalinismus in der internationalen Arbeiterbewegung. Jugoslawien zeichnete sich in dieser Zeit dadurch aus, dass es auch nach dem Zerwürfnis zwischen Tito und Stalin von der Sowjetunion unabhängig blieb. Die sowjetisch kontrollierten Staaten des Warschauer Paktes isolierten Jugoslawien, weshalb Tito die Bewegung der Blockfreien Staaten schuf. Der Titoismus gilt neben dem Eurokommunismus als eine Form des westlichen Sozialismus.
Der Titoismus zeichnete sich innenpolitisch durch ein umfassendes föderatives Konzept der Staatsorganisation aus, das den sechs in der jugoslawischen Föderation zusammengefassten Republiken weit reichende Selbstbestimmungsrechte und den beiden autonomen Gebieten (Kosovo und Vojvodina) Autonomie gewährte. Ein weiteres Merkmal des Titoismus war die sogenannte Arbeiterselbstverwaltung. Diese gestattete den Mitarbeitern eines jeden Betriebes Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen (z.B. durch Wahl des Direktors, Mitbestimmung über Löhne und Gehälter). Außenpolitische Säulen des Titoismus waren die Gleichberechtigung der Staaten und die Blockfreiheit, für die sich Jugoslawien einsetzte. Dennoch erstarkten auch in Jugoslawien bürokratische Strukturen, im Vergleich zu den anderen realsozialistischen Staaten war es jedoch gesellschaftlich offener.
Nach Titos Tod wurden die Prinzipien des Titoismus zusehends aufgegeben zugunsten einer Dominanz Serbiens im jugoslawischen Staatsgefüge, die zu Segregationsbestrebungen der anderen Teilrepubliken führten, die in Serbien und bei den serbischen Minderheiten der anderen Teilrepubliken einen aggressiven serbischen Nationalismus verstärkten. Unter Titos Nachfolger Slobodan Milošević wurden die nach Unabhängigkeit strebenden Teilrepubliken massiv unterdrückt, was in den 1990er Jahren in verheerende Jugoslawienkriege in Kroatien, Bosnien und im Kosovo eskalierte.
Siehe auch: Kommunistische Partei, Kommunismus