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UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009

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UN-Klimakonferenz 2009
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Ort Bella Center, Kopenhagen, Dänemark
Datum 7.–18. Dezember 2009
Teilnehmer Mitglieder der UNFCCC
Website www.cop15.dk

Die UN-Klimakonferenz fand vom 7. bis 18. Dezember 2009 im Bella Center in Kopenhagen, Dänemark statt. Sie war die 15. Konferenz der Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (Conference of the Parties, COP 15) und das fünfte Treffen im Rahmen des Kyoto-Protokolls (Meeting of the Parties, MOP 5).

Die Konferenz gilt als gescheitert, die Delegierten einigten sich lediglich auf einen „Minimalkonsens“. In einem politischen Papier, dem „Copenhagen Accord“, der völkerrechtlich nicht bindend ist, wurde das Ziel festgelegt, die Erderwärmung auf weniger als 2 °C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Konkrete Ziele für die Verringerung der Treibhausgasemissionen wurden nicht beschlossen.

Der Fahrplan von Bali 2007 (bali roadmap) sah vor, dass sich die Vertragsstaaten in Kopenhagen auf ein neues Regelwerk für den Klimaschutz nach 2012 einigen.[1]

Hintergrund und Ziele

Die Konferenz folgt auf die „Klimakonferenz: Globale Risiken, Herausforderungen und Entscheidungen“, eine wissenschaftliche Tagung, die im März 2009 ebenfalls im Bella Center stattfand. Das Ziel der Klimarahmenkonvention besteht darin, eine gefährliche Störung des Klimasystems zu verhindern. Dies kann gemäß dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen nur dann erreicht werden, wenn die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzt wird. Die Europäische Union hat dies aufgegriffen und es sich als Ziel zu eigen gemacht. Es bedeutet, dass die Treibhausgasemissionen im Verhältnis zu 1990 um mindestens 80 bis 95 Prozent vermindert werden müssten.

Im Vorfeld wurde bei Konferenzen in Bonn, Barcelona und Bangkok verhandelt. Die Vorverhandlung der Ad Hoc Working Group under the Kyoto Protocol (AWG-KP) war nach wie vor weit von einem Ergebnis entfernt.[2][3] Ein Vorentwurf für ein Abkommen wurde bereits veröffentlicht. [4][5]

Interessen der Teilnehmerstaaten

Die Teilnehmerstaaten haben aufgrund ihrer unterschiedlichen Rahmenbedingungen auch unterschiedliche Verhandlungsziele. Von Staaten mit großem Wirtschaftswachstum wie Indien und China war bereits im Vorfeld bekannt, dass diese einer Selbstbeschränkung erheblichen Widerstand entgegensetzen werden. Weitere Schlüsselrollen im Verhandlungsprozess wurden den USA und einzelnen EU-Ländern zugeschrieben.[6]

Bereits im Oktober 2009 auf der Konferenz von Bangkok hatten die Entwicklungs- und Schwellenländer unter chinesischer Führung den Industriestaaten vorgeworfen, eine mögliche Einigung in Kopenhagen auf Kosten der ärmeren Staaten zu sabotieren.[7] Während der Konferenz eskalierte der Konflikt, nachdem unter dem Titel Danish text ein internes Verhandlungspapier bekannt wurde, welches den Entwicklungsländern geringere Verschmutzungsrechte zugestehen wollte. [8]

Umfeld

Im Vorfeld der Konferenz fand ein Treffen von Bürgermeistern zur Präsentation und Koordination regionaler Klimaschutzmaßnahmen statt.[9][10][11]

Im November 2009 hatten unter anderem rund 60 Nobelpreisträger an die Regierungschefs appelliert, sich in Kopenhagen auf ein tragfähiges Klimaabkommen zu verständigen und mit dem Klimawandel eingehenden Probleme zu bekämpfen.[12]

Hackerzwischenfall an der University of East Anglia

Mediales Aufsehen aufgrund der zeitlichen Nähe zum Vorfeld der Konferenz erregte der Hackerzwischenfall am Klimaforschungszentrum der University of East Anglia. Der Vorfall wurde teilweise als Sabotageversuch gegenüber einem möglichen Konferenzabschluss interpretiert.[13][14] Unter anderem äußerte sich der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki-moon auf der Konferenz zu der Affäre und widersprach vereinzelten Interpretationen, der anthropogene Anteil an der globalen Erwärmung sei durch den Vorfall in Frage zu stellen.[15]

Rolle von NGOs, Industrievertretern und nichtstaatlichen Akteuren

Im Umfeld der Konferenz waren eine Vielzahl von Umweltschutzorganisationen und NGOs beteiligt. Seitens der Umweltorganisation Greenpeace, die als Beobachter bei der Konferenz akkredidiert ist, wurde im Rahmen eines Galadiners im Beisein der dänischen Königin unter dem Motto Politiker reden, Führer handeln die nicht weiter spezifierte Forderung nach einem „bindenden und ehrgeizigen“ Verhandlungsabschluss überbracht.[16] Demgegenüber wurden auch inhaltlich kontroverse Meinungen zum aktuellen Umgang mit dem Klimawandel sowie zu möglichen Lösungsvorschlägen geäußert, wie etwa von Survival International, einer NGO für indigene Völker, der zu Folge einige Gegenmaßnahmen zum Klimawandel wie Biofuels, Wasserkraftwerke und Schutzmaßnahmen für bestimmte Urwaldtypen für indigene Völker deutlich negative Folgen hätten.[17]

Die dänische Regierung und lokale Industrievertreter warben auf der Konferenz im Rahmen einer Public Private Partnership für dänische Umwelttechnologie.[18]

Sicherheitsvorgaben

Die allgemeinen Schutzmaßnahmen, Einschränkungen des Demonstrationsrechts in Teilbereichen sowie Proteste und Demonstrationen im Umfeld der Konferenz führten zum bisher größten Polizeieinsatz der dänischen Geschichte.[19] Die Chefredakteure der deutschen Fernsehsender ZDF und ARD forderten in einem Protestschreiben, erhebliche Beschränkungen der Berichterstattung auf dem Klimagipfel aufzuheben.[20] Eine besondere Herausforderung stellte die Nähe der Freistadt Christiania in Kopenhagen dar, die als Zentrum der Alternativkultur in Dänemark gilt und bereits früher Ausgangspunkt von Demonstrationen und Krawallen im Rahmen globalisierungskritischer Aktionen wurde.

Ergebnis

Die Vereinten Nationen haben das Ziel aus der Bali roadmap, in Kopenhagen eine völkerrechtlich verbindliche Nachfolgeregelung für das Kyoto-Protokoll zu verabscheiden und das oft genannte Ziel einer Selbstverpflichtung zur Halbierung des globalen Kohlendioxidausstoßes bis zum Jahre 2050 nicht erreicht. Das zentrale Abschlussdokument, der „Copenhagen Accord“, ist rechtlich nicht bindend[21][22], enthält aber als Minimalkonsens erstmals das konkrete Ziel, die Erderwärmung auf weniger als 2°C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Wie dies erreicht werden kann, blieb aber weiter ungeklärt. Die Delegierten einigten sich nicht auf konkrete Ziele für die Verringerung der Treibhausgase.

Der Copenhagen Accord kann jedoch von allen Mitgliedsstaaten der Klimarahmenkonvention unterzeichnet werden. Seine wesentlichen Inhalte: Die Erderwärmung soll auf weniger als 2 Grad Celsius begrenzt werden. Dafür sind “tiefe Einschnitte bei den Emissionen” nötig; verbindliche Ziele zur Reduktion der Emission von Treibhausgasen gibt es aber nicht. Stattdessen sollen die Industriestaaten bis Ende Januar 2010 ihre jeweiligen Reduktionsziele bis zum Jahr 2020 in einen Anhang I eintragen; die Einhaltung dieser Selbstverpflichtungen soll ebenso wie die finanzielle Unterstützung von armen Ländern den Richtlinien der Vertragsstaatenkonferenz entsprechend international überwacht werden. Die Nicht-Industriestaaten sollen, ebenfalls bis Ende Januar 2010, ihre Aktivitäten zur Verringerung der Erderwärmung in einem Anhang II einzutragen, der alle zwei Jahre aktualisiert wird. Sie können die Einhaltung selbst überwachen und müssen die Ergebnisse mitteilen; von den Industriestaaten finanzierte Maßnahmen werden aber wie die Maßnahmen der Industriestaaten international überwacht. Für diese Maßnahmen – zu denen ausdrücklich auch der Schutz der Wälder gehört - und für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels in armen Ländern stehen im Zeitraum 2010 bis 2012 30 Milliarden US-$ zur Verfügung, ab 2020 sollen es 100 Milliarden US-$ pro Jahr sein. Das Geld soll weitgehend über einen neu zu gründenden „Copenhagen Green Climate Fund“ verteilt werden. Die Umsetzung dieser Vereinbarung soll im Jahr 2015 überprüft werden; dann soll auch geprüft werden, ob das langfristige Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius abgesenkt werden muss.

US-Präsident Obama nannte das Ergebnis „bedeutend und beispiellos“, aber bei weitem nicht ausreichend. Bundeskanzlerin Merkel sah das Ergebnis mit „gemischten Gefühlen“, und hält den Weg zu einem rechtlich verbindlichen UN-Klimavertrag noch für sehr lang. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete das Ergebnis als Erfolg. Auch Indiens Umweltminister Jamesh lobte das Ergebnis. Das UN-Klimasekretariat reagierte mit gemischten Gefühlen. Umweltorganisationen zeigten sich hingegen enttäuscht.[23]

Siehe auch

  • COP15.dk – Offizielle Seite der dänischen Regierung zur Konferenz (englisch)
  • UNFCCC: COP 15/CMP 5 Offizielle Seite der UN-Klimarahmenkonvention zur Konferenz, mit Möglichkeit zum Download der Beschlüsse und des „Copenhagen Accord“ (englisch)
  • UN-Klimakonferenz – Klimawandel auf dem Informationsportal zur politischen Bildung

Einzelnachweise

  1. IISD Reporting Services – zukünftige Treffen
  2. Progress Made in Negotiations for Ambitious and Effective Copenhagen Deal at Bonn UNFCCC Meeting. (PDF) In: Press Release. UNFCCC/CCNUCC;
  3. Bangkok Climate Change Talks – 2009. United Nations Framework Convention on Climate Change;
  4. Negotiating text. (PDF) United Nations Framework Convention on Climate Change, S. 53; (englisch, (others, available)).
  5. Negotiating text. (PDF) United Nations Framework Convention on Climate Change, S. 181; (englisch, (others, available)).
  6. Spiegel online: Obama hat freie Hand beim Klimaschutz, 8. Dezember 2009
  7. China leads accusation that rich nations are trying to sabotage climate treatyAngry statement from 131 countries at climate talks in Bangkok claims rich nations are rejecting historical responsibilities Guardian 5. Oktober 2009
  8. Copenhagen climate summit in disarray after 'Danish text' leak, Developing countries react furiously to leaked draft agreement that would hand more power to rich nations, sideline the UN's negotiating role and abandon the Kyoto protocol Guardian, 8. Dezember 2009
  9. I European Conference for the promotion of Local actions to combat Climate Change - Submitted events — EEA. Eea.europa.eu, abgerufen am 9. Dezember 2009.
  10. European Conference for the Promotion of Local Actions to Combat Climate Change, 23-25/9/09 (Huelva, Spanje) | vleva. Vleva.eu, abgerufen am 9. Dezember 2009.
  11. Covenant of Mayors. Eumayors.eu;
  12. Kanzlerin will an Klimakonferenz in Kopenhagen teilnehmen, Welt Online, vom 11. November 2009.
  13. Datenklau lässt Klimaskeptiker jubeln. ARD-Tagesschau, 5. Dezember 2009.
  14. Klima-Gate nährt Klimawandelskepsis. Deutschlandfunk, 4. Dezember 2009.
  15. Staff: Human role in climate change not in doubt: U.N.'s Ban.
  16. “24 hours to pull the world back from climate chaos”. Greenpeace Presserklärung, 17. Dezember 2009.
  17. Survival International.
  18. Climate Consortium - COP15 United Nations Climate Change Conference Copenhagen 2009. En.cop15.dk, abgerufen am 9. Dezember 2009.
  19. Tom Zeller: Copenhagen Talks Tough on Climate Protest Plans, New York Times 
  20. [http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/31/0,3672,7957215,00.html (Protestschreiben vgl. „Infobox“ ganz unten.)
  21. Plenum nimmt Vereinbarung zur Kenntnis. FAZ, 19. Dezember 2009
  22. Tagesschau, 19. Dezember 2009.
  23. „Eine reine Farce“. Handelsblatt, 19. Dezember 2009.