Goldene Regel
Als Goldene Regel (lat. regula aurea; engl. golden rule) bezeichnet man seit dem 17. Jahrhundert einen alten und weltweit bekannten Grundsatz der praktischen Ethik in positiv-aktiver oder negativ-passiver Form:
„Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“
„Behandle andere nicht so, wie du nicht von ihnen behandelt werden willst.“
Die negative Form in deutscher Sprache ist das aus der Lutherbibel stammende Sprichwort:[1]
„Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu.“
Die Regel drückt das in allem menschlichen Sozialverhalten vorhandene und geforderte Prinzip der Gegenseitigkeit aus: Jeder erwartet vom Anderen ein Verhalten, dass sein Dasein berücksichtigt, so wie er selbst es tut. Eben darum soll er das Dasein Anderer anerkennen und ihnen für sich erwünschtes Verhalten erweisen, für sich unerwünschtes Verhalten unterlassen. Die Regel enthält also keine konkreten Anweisungen, sondern ein Kriterium für alle möglichen Handlungen: Immer soll man dabei Interessen und Situation Betroffener sowie die Folgen für sie einbeziehen, das eigene Handeln danach prüfen und bewerten. Das soll eine Gemeinschaft ermöglichen, bewahren und fördern.[2]
Ähnliche Merksprüche wurden 1929 in religiös-philosophischen Texten Chinas, Indiens, Ägyptens und Persiens seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. nachgewiesen.[3] Ihre Bedeutung und Reichweite unterscheiden sich jedoch in den jeweils zugrundeliegenden ethischen Konzepten. In der Geschichte Europas haben vor allem im Judentum und Christentum überlieferte Fassungen gewirkt. Dort legt die Regel das Gebot der Nächstenliebe in Richtung eines allgemein einsehbaren Verhaltens aus, wie es vorher griechische und römische Autoren der Antike lehrten. Immanuel Kant hat die im Zeitalter der Aufklärung populäre Regel mit seinem Kategorischen Imperativ rational begründet.
Konfuzianismus
Konfuzius (551-479 v. Chr.) soll in seinen um 200 n. Chr. aufgeschriebenen Analekten einem Schüler auf dessen Frage nach einem Leitwort für das ganze Leben geantwortet haben (A. 15.23):[4]
„Es ist das Wort Shu: Erlege anderen nicht auf, was du nicht wünschst, das sie dir auferlegen.“
Shu wird übersetzt als Achtsamkeit, Empathie oder Selbstlosigkeit. Diese Tugend hat den Rang eines obersten Prinzips für die individuelle lebenslange Charakterbildung. Als solche ist sie nicht auf bestimmte Situationen begrenzt und kennt keine Ausnahmen. Ausnahmefälle wurden daher im Konfuzianismus nicht diskutiert.
An anderer Stelle (A. 4,15) erklärt ein Schüler Chung (Bewusstheit, Pflicht, Loyalität) und Shu als verbindende Kette in allen Lehren des Konfuzius. Diese war für diesen nicht einfach nach dem Maßstab des anderen unterstellten Eigeninteresses erfüllbar, sondern schloss auch die dem Handeln vorausgehende kritische Prüfung der eigenen Wünsche ein. So überliefert A. 5,12 folgenden Dialog: Ein Schüler habe die Regel zitiert:
„Was andere mir nicht antun sollen, das will ich ihnen nicht antun.“
Darauf habe Konfuzius geantwortet: „Das ist dir zu hoch!“
Die nahezu unerreichbare Höhe des Tugendideals drückt ein Konfuzius zugeschriebener Text Die Lehre vom Mittel (3. Jahrhundert) aus. Dort wendet dieser die Regel auf familiäre und soziale Verhältnisse an. Von vier Wegen des moralisch edlen Menschen habe er selbst nicht einmal einen erfüllt:
„Was du von deinem Sohn erwartest, übe im Dienst am Vater; was du von deinen Untergebenen erwartest, übe im Dienst am Prinzen; was du vom jüngeren Bruder erwartest, übe am älteren Bruder; was du vom Freund erwartest, danach behandle diesen zuerst.“
Die reine Erfüllung einer vorgegebenen Rangordnung von Tugendpflichten erreichte Konfuzius zufolge noch keine moralische Güte. Vielmehr komme es überall auf die oberste Tugend des jen - übersetzt als Mitmenschlichkeit - an. Diese lasse sich nicht in Ritualen erfüllen, sondern fordere individuelle Spontaneität und Kreativität. Die Regel wird demnach in A. 12,2 mit Achtung vor fremden Kulturen, Großzügigkeit und Gastfreundschaft in Beziehung gesetzt, dient also dem Erlernen und Ausüben der Mitmenschlichkeit in der eigenen Familie ebenso wie im Ausland. In A. 6,28 wird der Wunsch zur eigenen Charakterbildung an das Fördern des Charakters anderer gekoppelt und gefolgert:
„Die Fähigkeit, andere nach dem zu beurteilen, was uns selbst nahe ist, kann das Mittel zur Herstellung von Menschlichkeit genannt werden.“
Hinduismus
Im Mahabharata, einer zwischen 400 v. und 400 n. Chr. gewachsenen Schrift des Hinduismus und Brahmanismus, ist der Satz überliefert:[5]
„Man soll niemals einem Anderen antun, was man für sich selbst als verletzend betrachtet. Dies, im Kern, ist die Regel aller Rechtschaffenheit (Dharma).“
Buddhismus
Im Udana - dem Buddha zugeschriebenen Aphorismen aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. - heißt es :[6]
„In allen Gegenden, die es hier gibt
Fand ich, daß jeder sich am höchsten schätzt;
Und so ist's überall. Drum, wer sich liebt,
Bedenke, daß er andre nicht verletzt!“
Diese Fassung knüpft an die Analyse des menschlichen Egoismus an und leitet das schon in den indischen Veden bekannte Gebot des Nichtverletzens (Ahimsa) daraus ab.
Zoroastrismus
Die um 700 v. Chr. entstandene Schrift Dâdistân-î Dinik überliefert eine Überlegung der Weisen im Zoroastrismus: Sie hätten unter anderem erwogen,[7]
„... dass diese Natur [des Menschen] nur gut ist, wenn sie anderen nicht antut, was immer ihrem eigenen Selbst nicht gut tut.“
Im Shayast-na-Shayast, einer zwischen 400 und 200 v. Chr. entstandenen mittelpersischen Schrift, werden die nichtrechten und rechten Taten des Menschen aufgelistet. Als religiöse Hauptziele unter anderen werden genannt:[8]
„...eins ist somit, anderen alles das nicht anzutun, was einem selbst nicht wohltut;
das zweite ist, voll zu verstehen, was wohltuend und wohlgetan ist und was nicht...“
Griechische und römische Philosophie
Ein Versprechen der Nymphe Kalypso an Odysseus in Homers Odyssee (V,184-191) lautet:[9]
„Ich werde so für dich sorgen, wie ich es für mich in derselben Not tun sollte.“
Sie wisse, fährt sie fort, was richtig und gerecht sei, und ihr Herz sei nicht aus Eisen, sondern sie fühle wahres Mitleid mit ihrem ehemaligen Gefangenen, den sie nun auf Befehl des Gottes Zeus freilassen musste. Dies erscheint hier als individuelle situationsbezogene Einsicht, indem sich der Geber der Wohltat ausnahmsweise in die Lage des Empfängers versetzt und dabei intuitiv Wissen von Recht und Mitgefühl entdeckt.
Pittakos (um 651-570 v. Chr.) wurde der Satz zugeschrieben:[10]
„Worüber du beim Nächsten unwillig wirst, das tue selbst nicht.“
Thales (um 624-546 v. Chr.) soll nach Diogenes Laertios auf die Frage, wie man am edelsten und gerechtesten leben könne, geantwortet haben:[11]:
„Wenn wir nicht tun, was wir an anderen tadeln.“
Nach den Historien des Herodot (um 450 v. Chr.) versprach König Mäandros von Samos unmittelbar vor der persischen Invasion seiner Insel:[12]
„Was ich an anderen verdamme, das will ich, soweit ich kann, selbst vermeiden.“
Daraufhin habe er auf sein Königsamt verzichtet und gleiche Rechte für seine Untertanen verkündet. Dies sei jedoch erfolglos geblieben, da niemand sonst seiner Maxime folgte. Das Beispiel drückt den Wunsch oder Vorsatz aus, selber so zu handeln, wie man es von Anderen verlangt, ohne ein analoges Verhalten Anderer zu erwarten. Daher ist umstritten, ob hier eine Frühform der Regel vorliegt.[13]
Isokrates (436-338 v. Chr.), Vertreter des Sophismus in Athen, formulierte und begründete die Regel in seiner Rede des Nikokles an die Zyprioten. Darin appelliert der fiktive Regent an sein Volk (3,49.62):[14]
„Verhaltet euch anderen gegenüber so, wie ihr es von mir euch gegenüber erwartet.“
“So wie sich eurer Ansicht nach Untertanen euch gegenüber zu verhalten hätten, so müsst auch ihr euch meiner Herrschaft gegenüber verhalten.“
Weiter heißt es:[15]
„Jene Dinge, die Zorn hervorrufen, wenn ihr sie von anderen erleidet, tut ihnen nicht an. Übt nichts in euren Taten, für das ihr andere in euren Worten verdammt.“
Dem folgt allerdings sofort die Warnung:
„Erwartet, dass es euch wohl oder schlecht ergeht, je nachdem ihr mir gegenüber wohl- oder schlechtgesinnt seid.“
Die Untertanen sollten also dem Herrscher gegenüber die Goldene Regel befolgen, da sie sonst mit Vergeltung rechnen müssten.
Isocrates erkannte gegen seinen Zeitgenossen Platon individuelles Gewinnstreben als legitim für eine ideale Gesellschaft an. Seine Regel sollte einen Interessenausgleich bewirken: Gegenseitige Rücksichtnahme sollte allen Vorteile bringen. Dazu argumentierte er mit Lebenserfahrung: Tugend bewirke gesellschaftliches Ansehen, dieses bringe dem Tugendhaften Reichtum. Die Regel war somit Ausdruck einer pragmatischen Erfolgsethik für Wohlhabende im Rahmen der antiken Polis.
Aristoteles (384-322 v. Chr.) bezog sich in seinen Hauptwerken nicht auf die Regel. Er soll jedoch auf die Frage nach dem richtigem Verhalten gegenüber Freunden geantwortet haben:[16]
„So wie wir wünschen sollten, dass unsere Freunde sich zu uns verhalten.“
Zur Freundschaft gehörten für ihn gleichartige Wünsche und Werte, so dass man das akzeptiere, was andere tun, wenn man es selber täte, und nicht tue, was man auch bei anderen ablehne. Damit zeigte er auf, dass die Regel gemeinsame Wertvorstellungen und Verständigung darüber voraussetzt, um im Rahmen dieses Konsenses anwendbar zu sein.[17]
Der römische Stoiker Seneca (4 v. - 65 n. Chr.) riet im Rahmen seiner Erörterung des Zornes dazu, sich an die Stelle dessen zu versetzen, dem man zürne. Als Ergebnis stellte er fest:[18]
„Wir sind nicht bereit zu ertragen, was wir selbst auferlegen würden.“
Um anderen Gutes zu tun, solle man in der Weise geben, wie man selbst gern empfange: willig, rasch und ohne zu zögern. Er empfahl also, die Regel in Situationen, die keine Zeit für rationale Reflexion lassen, intuitiv anzuwenden. Er lehnte eine ethische Erörterung der römischen Sklaverei ab und befürwortete weder deren Abschaffung noch Freilassung eigener Sklaven, sondern riet nur:
„Behandle deine Untergebenen so, wie du von deinen Herren behandelt werden möchtest.“
Statt dieses eher an eigenem Ansehen orientierten Regelgebrauchs folgerte der Stoiker Epictet (50-125), ein ehemaliger Sklave:
„Was du zu erleiden vermeidest, das versuche nicht, andere erleiden zu lassen. Du vermeidest Versklavung: Sorge dafür, dass andere nicht deine Sklaven sind.“
Seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. zitierten griechische und römische Historiker, Rhetoriker, Popularphilosophen und Dichter negative und positive Regelfassungen als Beispiel natürlicher, selbstevidenter Ethik: etwa Demosthenes, Xenophon, Libanios, Cassius Dio, Ovid und Sextus Empiricus.[19] Doch die Regel wurde in griechisch-römischer Philosophie nicht zum obersten handlungsleitenden Prinzip und setzte das verbreitete Vergeltungsdenken nicht außer Kraft, das Gutes und Nützliches, Böses und Schädliches mit jeweils entsprechendem Handeln auszugleichen verlangte (siehe Talion). Albrecht Dihle nahm eine Herkunft der Regel aus diesem Denken an.[20]
Judentum
Tanach
Der um 100 n. Chr. abgeschlossene Tanach enthält die Regel nicht, sondern konkrete Gebote zum Wohlverhalten gegenüber Anderen, darunter die Gebote der Nächsten- (Lev 19,18) und Fremdenliebe. Sie werden mit JHWHs Befreiungshandeln als Bundespartner der Israeliten begründet (Lev 19,34 EU):
„Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. Ich bin der Herr, euer Gott.“
Daraufhin machten biblische Propheten Gottes Recht auch gegenüber Mächtigen geltend. So überführt Natan den König David mit einem Gleichnis seiner Verbrechen an Untergebenen und bewirkt, dass der König sein moralisches Urteil über den im Gleichnis geschilderten Mörder und Ehebrecher auf sich selbst anwendet und Gottes Strafe als gerecht akzeptiert (2 Sam 12,1-7).
Andere antik-jüdische Schriften
Das antike Judentum übernahm der Regel verwandte Merksätze ab etwa 200 v. Chr. aus der hellenistischen Popularphilosophie und integrierte sie in seine Auslegung der Tora. Jüdische Weisheitsliteratur fasste alltägliche Erfahrungsweisheit wie auch sonst im Alten Orient in einprägsame Sprichwörter. Diese bestätigen Gottes Tora, indem sie dem danach rechtschaffen Handelnden ein erfülltes Leben in Aussicht stellen (Tun-Ergehen-Zusammenhang).
Die Schrift Jesus Sirach (190-175 v. Chr.) verbindet die Regel mit dem Nächstenliebegebot wie folgt (Sir 31,15 EU):
„Sorge für einen Nächsten wie für dich selbst und denk an all das, was auch dir zuwider ist.“
Sie empfiehlt zwischenmenschliche Vergebung, die Gott ebenso beantworten werde, und kritisiert im Umkehrschluss unversöhntes Beten als Heuchelei (Sir 28,3f EU):
„Der Mensch verharrt im Zorn gegen den andern, vom Herrn aber sucht er Heilung zu erlangen? Mit seinesgleichen hat er kein Erbarmen, aber wegen seiner eigenen Sünden bittet er um Gnade?“
Übereinstimmung von Beten und eigenem Handeln verlangt das Slawische Henochbuch (1. Jahrhundert) für alles Leben:[21]
„Was ein Mensch für sich selbst vom Herrn erfleht, das soll er auch jedem Lebewesen antun.“
Einige der Testamente der zwölf Patriarchen (200-100 v. Chr.) fassen die Tora im Doppelgebot der Gottes-und Nächstenliebe zusammen; Testimonium Naphtali (1,6) formuliert:[22]
„Ihn [JHWH] sollen seine Kreaturen fürchten, und keiner soll dem Nächsten tun, was er nicht will, dass man es ihm tue!“
Die Regel deutet hier das Nächstenliebegebot, das damals seinerseits die Sozialgebote des Dekalogs zusammenfasste. Dazu erklärte ein unter den Schriftrollen vom Toten Meer aufgefundener Kommentar unter dem Titel „Die Zwei Wege“:[23]
„Der Weg des Lebens ist: Erstens, du sollst Gott, deinen Schöpfer, lieben, und zweitens, deinen Nächsten wie dich selbst. Und alles, was du dir nicht angetan haben willst, sollst du niemand anderem antun. Und die Deutung dieser Worte ist: Morde nicht, begehe keinen Ehebruch, rede kein falsches Zeugnis, stehle nicht, begehre nicht, was deinem Nächsten gehört.“
Der Aristeasbrief (127-118 v. Chr.) rät dem König in einem fiktiven Dialog mit Philosophen:[24]
„Wie du dir wünschst, dass das Böse dich nicht überwältigt, sondern dass du teilhast an allem Guten, in diesem Geist sollst du handeln in allen deinen Anliegen, auch gegenüber Angreifern. Denn auch Gott leitet alle Menschen durch Sanftmut.“
Dies wird hier zwar nur dem Herrscher empfohlen, aber mit Gottes analogem Handeln an der Menschheit begründet und soll daher auch das Verhalten gegenüber Feinden bestimmen.
Im Buch Tobit rät der beispielhaft gerecht lebende Jude Tobit seinem Sohn (Tob 4,14ff EU):
„Gib Acht auf dich bei allem, was du tust, mein Sohn, und zeig durch dein Benehmen, dass du gut erzogen bist. Was dir selbst verhasst ist, das mute auch einem anderen nicht zu!“
Als Beispiele werden sofortige Lohnauszahlung an Tagelöhner, Verzicht auf übermäßigen Alkoholgenuss, Abgeben vom Überfluss an Notleidende genannt. Dies verknüpfte profane und religiöse Motive: Sinn für das Maßhalten im Alltag, Güterausgleich zwischen Arm und Reich, Erwartung himmlischen Lohns für irdisches Rechttun.[25]
Philo von Alexandria (ca. 15 v. - 40 n. Chr.) zählte in seiner nur bruchstückhaft überlieferten griechischen Schrift Hypothetica zu den ungeschriebenen, aber allgemein bekannten Gesetzen den Satz:[26]
„Was jemand selbst zu erleiden hasst, soll er selbst nicht tun.“
Talmud
Hillel (um 30 v. - 10 n. Chr.) antwortete nach einer im Talmud (Shabbat 31a) überlieferten Geschichte auf die Frage eines Nichtjuden nach dem Hauptgebot, das alle übrigen Gebote erfülle:[27]
„Was dir verhasst ist, das tue deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora, alles andere ist Auslegung. Geh, lerne!“
Inwiefern dieser Ausspruch die Befolgung der einzelnen Toragebote erübrigen oder aber als übergeordnetes Prinzip dazu anleiten soll, ist im Judentum umstritten. Für Letzteres spricht eine ähnliche, etwa gleichzeitig von Rabbi Akiba überlieferte Geschichte: Auf die Bitte, die ganze Tora auf einmal zu lehren, habe er geantwortet, Mose habe 40 Tage und Nächte auf dem Berg Sinai verbracht und dabei dennoch nicht die ganze Tora gelernt. Eine ihrer Hauptregeln sei jedoch:
„Was dir verhasst ist, wenn man es dir antut, das tue deinem Nächsten nicht.“
Rabbinisch-talmudische Texte wenden die Regel mit Wenn-dann-Bestimmungen (Kasuistik) etwa auf Diebstahl, Mord, Verleumdung und Ehebruch an, also jene Vergehen, die die Zehn Gebote kategorisch untersagen. Andere leiten vorausschauende Klugheitsregeln daraus ab, etwa (yKet 31a):
„Tue, dass man dir tue, betraure, damit man dich betraure; begrabe, damit man dich bestatte; begleite, damit man dich begleite.“
Mit der Regel legten sie weiterhin das „wie dich selbst“ im Nächstenliebegebot aus, setzten dieses also voraus und ersetzten es nicht (Av 2,10; TJI zu Lev 19,18):
„Die Ehre deines Nächsten sei dir so lieb wie die deine.“
„Du sollst deinen Nächsten lieben; denn was dir unlieb ist, sollst du ihm nicht antun.“
Christentum
Neues Testament
Im Neuen Testament erscheint die positiv formulierte Regel zweimal als wörtliche Rede Jesu:
„Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.“
Im Matthäusevangelium steht der Satz im Schlusskapitel der Bergpredigt, das mit Jesu Gebot beginnt: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Dem folgt Jesu Lehre zum Gebet, die den unbefangen Bittenden Gottes zuvorkommende Gnade zusagt. Diese Liebe gelte gerade auch denen, die Böses tun. Die Regel erscheint somit als positive Alternative zum Verurteilen anderer, das auf einen selbst zurückfalle, und als Gnadengabe Gottes, die eine Gottes Tun entsprechende zwischenmenschliche Antwort ermöglicht. Sie ist mit der Formel „Gesetz und Propheten“ als Zusammenfassung der Tora gekennzeichnet: Ihre Befolgung soll Gottes ganzen Willen erfüllen. Darin stimmt Jesu Lehre mit der Hillels im damaligen Judentum überein. Das geforderte Tun ist nach den Folgeversen aber nicht beliebig, sondern soll Nachfolge Jesu sein. Nur dem, der die Regel so wie er befolgt, wird im Bild vom fruchtbaren Baum nachhaltige positive Wirkung auf andere und im Bild vom Hausbau eigene Zukunft zugesagt.[28]
Laut dem Aposteldekret (Apg 15,20.29) sollten neugetaufte Nichtjuden (Heiden) sich von Götzendienst, Hurerei und Mord abkehren. Westliche Textvarianten fügten die positive Regelform hinzu, nach der sie stattdessen leben sollten. Indem die urchristliche Mission dieses bekannte Motiv der Popularethik aufnahm, machte sie die unilaterale, nicht-reziproke Feindesliebe als erhoffte Entfeindung auch von Christenverfolgern verständlicher.[29]
Andere frühchristliche Schriften
In der frühchristlichen pädagogischen und apologetischen Literatur war die Regel im Anschluss an Mt 7,12 als ethische Maxime verbreitet. In der Didache folgt sie dem Doppelgebot der Liebe:[30]
„Erstens sollst du Gott lieben, der dich geschaffen hat, zweitens deinen Nächsten wie dich selbst; alles aber, was du willst, dass es dir nicht geschehe, das tue auch du keinem anderen.“
Sie schließt hier Handlungen aus, die der Gottes- und Nächstenliebe widersprechen, und lässt sich demnach für Christen nicht utilitaristisch - handle so an anderen, wie du dir davon Nutzen für dich versprichst (do ut des) - deuten.[31] Dieser Tradition folgten Justin (dial. 93,2), Photius, Clemens von Alexandria (III,12), die Pseudo-Klementinen (Hom. 7,4; 11,4), die Didaskalia apostolorum (1,7), und Tertullian (Marc. 14,16).[32]
Theologie
Augustinus von Hippo fasste die Regel in De ordine (II,25) als gewöhnliches verbreitetes Sprichwort auf, das an die Selbstliebe - den Egoismus - appelliere. Dieser sei das Bindeglied zwischen Gottes- und Nächstenliebe, das diese Gebote dem natürlichen Menschen einleuchtend mache. In De civitate Dei (XIV,8) erörterte er Mt 7,12: Hier sei nur der gute, nicht jeder Wille gemeint, so dass manche Exegeten „Alles“ mit „Gute“ ergänzt hätten. Dies sei jedoch unnötig, da „Wollen“ ohnehin nur das, was Gottes Willen entspreche, meinen könne, da die Schrift böses Wollen immer „Begehren“ nenne. Damit stellte er heraus, dass die Regel eine Idee des Guten als ethischen Maßstab zur Unterscheidung von wünschbaren und unwünschbaren Handlungen voraussetzt und erfordert.[33]
Das Decretum Gratiani (um 1140) setzte die Regel mit dem Naturrecht gleich, das im geoffenbarten Gesetz (Tora) und Evangelium enthalten sei. Es gebiete allen, anderen das für sich Erwünschte zu tun und verbiete, ihnen das für sich Unerwünschte zuzufügen. Als Gebot eingeführt, verwies die regel somit implizit auf biblische Gebote als inhaltliches Entscheidungskriterium zur Regelanwendung.
Petrus Abaelardus präzisierte die positive Regelform: Sie fordere nur gutes Tun am Nächsten, nicht schlechtes, das man von ihm hinzunehmen bereit sei. Sie setze also die Kenntnis des Liebesgebots voraus. Petrus Lombardus ergänzte die negative Form: Man dürfe dem Anderen nur das nicht zufügen, was ungerecht (iniuste) sei. Duns Scotus zufolge setzen beide Formen das „richtige Vernunfturteil“ über das, was man sich wünschen könne, voraus. Damit erklärte die Scholastik die Regel als unzureichend für gerechtes Handeln, da sie den Maßstab dafür nicht enthalte.[34]
Für Martin Luther bedeutete die allgemein bekannte Regel, dass das Nächstenliebegebot an sich jedem Menschen einsichtig sei (Römerbriefvorlesung, 1515/16). Es rede den Sünder an, indem es das eigene Ich und seine Wünsche zum Maßstab des Verhaltens zu anderen mache. Erst Jesus Christus habe den Grund der Regel aufgedeckt: Wir sollen ganz dem Nächsten dienen, uns in ihn hineinversetzen und sein Wohl unserem vorordnen, also gerade keinen Interessenausgleich zwischen seinem und unserem Wohl suchen. Den Nächsten so zu lieben wie uns selbst bedeute nicht, ihn neben uns selbst zu lieben, sondern als Person um seiner selbst willen: auch dann noch, wenn er nichts wert sei. Denn wir liebten uns selbst ja ebenfalls auch dann noch, wenn wir für andere nichts gälten. So leite die Regel zur Selbsterkenntnis an, dass sie im Grunde niemand befolge und befolgen könne, ohne sein Ich aufzugeben. Erst die Aufgabe der Selbstliebe mache den Weg zur Erkenntnis frei, dass Jesus allein Nächstenliebe verwirklicht habe, so dass allein seine Gnade (sola fide) und unser Glaube daran (sola fide) uns dazu befreie.[35]
Zeitalter der Aufklärung
Angesichts der Folgen des Dreißigjährigen Krieges beschrieb Thomas Hobbes die Regel in seinem Hauptwerk Leviathan (1651) als „Summe der Naturgesetze“, die den Übergang vom anarchischen „Krieg Aller gegen Alle“ in eine vom Gewaltmonopol regierte Rechtsordnung ermögliche. Denn vom natürlichen Egoismus ausgehend sei der Satz
„Füge einem anderen nicht zu, was du dir selbst nicht zugefügt haben würdest“
sogar den gemeinsten Menschen einsichtig. Er zeige Jedem, dass er nur den Platz mit den Betroffenen eigener Taten tauschen müsse, um zwischen seinen und ihren Taten abzuwägen, so dass er entscheiden könne, ob diese Taten in seinem Interesse lägen. Von da aus könnten ihm alle Naturgesetze einleuchten und die Bereitschaft wachsen, Anderen ebenso viel Freiheit für sich einzuräumen, wie man ihnen gegenüber sich selbst erlaube, und ihnen eben das zu gewähren, was man von ihnen verlange.[36]
Dies löste zunächst in England, dann auch auf dem europäischen Festland eine anhaltende Diskussion aus. In deren Verlauf erschienen nun Aufsätze, Predigten und Bücher darüber, deren Titel der Regel den heutigen Namen gaben:
- Benjamin Camfield: The Comprehensive Rule of Righteousness, Do as You Would Be Done by (1679)
- George Boraston: The Royal Law, or the Golden Rule of Justice and Charity (1683)
- John Goodman: The Golden Rule, or, the Royal Law of Equity explained (1688)[37]
Der Rechtsphilosoph Samuel von Pufendorf begann 1672 eine aufgeklärte Kritik der Regel: Wörtlich genommen, sei sie nicht allgemein anwendbar und könne kein Recht begründen. Denn danach müsse etwa ein Richter einen Raubmörder freisprechen, statt ihn zur Todesstrafe zu verurteilen; einem Bettler müsse man danach nur soviel geben, wie er verlange, nicht, wieviel er zum Leben brauche. Auch wenn nicht zufällige Wünsche anderer, sondern ihre tatsächlichen Bedürfnisse und Rechte berücksichtigt würden, sei die Regel keine Begründung, sondern eine Folgerung aus dem vorausgesetzten Gleichheitsprinzip, wonach alle Menschen von Natur aus gleichberechtigt seien. Dieser Kritik folgend, erklärte Christian Thomasius die Regel 1688 unter Gleichgestellten für gültig, zwischen Herren und Dienern für nicht anwendbar. Seine Ergänzung Was du willst, dass andere es sich selbst tun, das tue auch dir selbst fand jedoch kaum Anklang.
John Locke kritisierte 1690 den Gebrauch der Regel zur Begründung des Naturrechts. Jemand, der nie von ihr gehört hätte, aber sie verstehen könne, würde nach einem Grund fragen, warum man Andere so behandeln solle, wie man behandelt werden wolle. Dann sei der, der die Regel vorschlage, verpflichtet, ihre Wahrheit und Vernunft zu erklären. Der menschliche Geist sei ursprünglich eine tabula rasa; moralische Ideen seien nicht angeboren, da sie dann weder befragbar noch begründbar seien. Ihre Wahrheit hänge von einer externen Voraussetzung ab, von denen sie rational abzuleiten sei.[38]
Gottfried Wilhelm Leibniz dagegen sah in der Regel 1765 eine praktische, „instinktiv“ erkennbare Wahrheit, die gleichwohl rationales Nachdenken und Erklären verlange. Sie scheine einen gerechten Willen als allgemeingültig zu unterstellen, ohne den Maßstab dafür anzugeben. Indes sei ihr wahrer Sinn, dass man durch den Rollentausch mit den vom eigenen Handeln Betroffenen ein gleichmäßiges und unparteiisches Urteil erreichen könne. Die Regel könne also auch ohne vorherigen Konsens über die Norm von Gerechtigkeit angewandt werden, da sich durch Hineinversetzen in die Lage Anderer die gemeinsame Basis des Handelns finden lasse. Erst in ihrer Anwendung stelle sich heraus, ob die beabsichtigten Handlungen oder Unterlassungen legitim seien.[39]
Voltaire verstand die Regel 1705 als Ausgleich zwischen Leidenschaft und Vernunft. Anthony Ashley-Cooper (1711) und George Berkeley (1731) unterstellten die Regel dem Begriff des Allgemeinwohls: Nicht kurzsichtiger Eigennutz, sondern das Wohl aller Menschen sei das intendierte Handlungsregulativ. Darüber müsse es einen gesellschaftlichen Grundkonsens (common sense) geben. Damit stellten sie die Notwendigkeit der verbindlichen Verallgemeinerung (Universalisierung) von ethischen Kriterien heraus. Demgemäß verband der Jurist Gottfried Achenwall die Regel 1758 mit dem Prinzip der Verallgemeinerung.[40]
Jean-Jacques Rousseau sah 1762 im Appell an vernünftigen Interessenausgleich noch keine ausreichende Begründung von Moral und Menschenrecht. Johann Gottfried Herder dagegen lobte die Regel 1784 als „Regel der Gerechtigkeit und Wahrheit“: Sie sei als „das große Gesetz der Billigkeit und des Gleichgewichts des Menschen Richtschnur“ [...], das auch in die Brust des Unmenschen geschrieben ist“.[41]
Samuel Clarke verstand die Regel als ein dem universalen Allgemeinwohl dienendes Vernunftprinzip. Im Allgemeinen müsse Jeder dem ewigen Willen Gottes entsprechend Wohlfahrt und Glück aller Menschen anstreben: Dieses öffentliche Gut lasse sich gegenwärtig und zukünftig nur durch Absehen von jedem privaten oder persönlichen Vor- oder Nachteil, von Lohn oder Strafe, näher bestimmen. Unter dieser Prämisse lasse sich die Regel praktisch anwenden: Sie decke dann die reale Ungleichheit unter Menschen als absurd auf und weise sie zurück. Denn jede denkbare Relation, die Jemand zu einem Anderen habe und ausübe, habe und übe der Andere zu ihm aus, wenn er in die exakt gleiche Situation gebracht werde. Daraus folge:
„Was auch immer ich als vernünftiges oder unvernünftiges Tun eines Anderen für mich beurteile, erkläre ich mit demselben Urteil als vernünftig oder unvernünftig, das ich im gleichen Fall für ihn tun sollte.“
Ohne fremde Korruption würden alle Menschen universale Gleichheit Aller anerkennen und ausüben. Deren Maß sei besonders unter Gleichen einfach und evident; aber auch in asymmetrischen Beziehungen zwischen Herren und Untertanen müsste die konsequent angewandte Regel nicht nur alle Umstände der Handlung, sondern auch alle Unterschiede der davon betroffenen Personen berücksichtigen und so unparteiische Entscheidungen ermöglichen. Ein Richter habe nicht zu bedenken, was er sich aus derselben Furcht oder Selbstliebe wie der Verbrecher für sich wünschen würde, sondern was er in dessen Lage als vernünftiges, am Allgemeinwohl orientiertes und darum unparteiisches Urteil für sich erwarten würde.[42]
Immanuel Kants erste Formulierung des Kategorischen Imperativs von 1785 knüpfte zwar auch an den Willen des Einzelnen an, forderte ihn aber auf, rational zu prüfen, ob die seinem Willen zugrundeliegende „Maxime“ zu einem universalen Gesetz verallgemeinerbar sei:
„Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“
Damit ersetzte er die direkte Orientierung an eigenen Wünschen, Bedürfnissen und Interessen in Beziehung zu anderen Individuen durch die Orientierung an einem übergeordneten, für alle Menschen gleich gültigen Gesetz. Seine zweite Formulierung schloss den Missbrauch anderer Menschen als Mittel für egoistische Zwecke explizit aus:
„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“
Diesen Satz grenzte Kant ausdrücklich gegen das Missverständnis ab, er sei nur eine intellektuelle Variante der „trivialen“ Goldenen Regel. Pufendorfs Kritik aufgreifend, stellte er fest: Das Gegenseitigkeitsprinzip könne „kein allgemeines Gesetz sein, denn es enthält nicht den Grund der Pflichten gegen uns selbst, nicht der Liebespflichten gegen andere [...], endlich nicht der schuldigen Pflichten gegen einander; [...]“. So könne sich einer der Erwiderung von Nächstenliebe entziehen, indem er Wohltaten anderer ablehne, oder ein Verbrecher könne damit gegen seine Richter argumentieren.[43]
Diskussion seit Kant
Verhältnis zum Vergeltungsprinzip
Die goldene Regel fördert eine Form der Wechselseitigkeit (Reziprozität), ist aber von ähnlichen Regeln zu unterscheiden. Das Vergeltungsprinzip (Talion) ist ein Reaktionsprinzip. In der einfachsten Form wird vermeintliches Unrecht gerächt. Das alte Gesetz „Auge um Auge…“ führt das Verhältnismäßigkeitsprinzip ein. In der Spieltheorie hat sich das Prinzip, Gleiches mit Gleichen zu vergelten, unter der Bezeichnung „tit for tat“ als eine effiziente Strategie erwiesen. Die goldene Regel ist dagegen ein vorausschauendes Handlungsprinzip.
Verhältnis zur Nächstenliebe
Das biblische Gebot der Nächstenliebe fordert auf, den Nächsten zu „lieben wie sich selbst“. Die Wechselseitigkeit bezieht sich auf Handlungen, die dem Anderen Gutes tun, um zwischenmenschliche Konflikte dauerhaft zu lösen und so indirekt einem selbst zugute kommen. In diesem Streben zeigt sich eine grundlegende Akzeptanz des Anderen als gleichwertiges und gleichberechtigtes Individuum.
Grenzen der Verallgemeinerung
Kritisiert wird an der Goldenen Regel die unausgesprochene Annahme, dass alle Menschen gleiche Vorlieben und Abneigungen hätten. Allgemein ist dieser Schluss zulässig, jedoch könnten Wünsche und Neigungen in der zwischenmenschlichen Beziehung auch verschieden sein.[44] Menschen, die aus ihrer Neigung heraus eher grob sind, möchten gegebenenfalls auch selbst grob behandelt werden. Viele gesellschaftliche Konflikte entstehen auch dadurch, dass Menschen ihre eigenen Vorlieben in andere projizieren, ohne die Abneigung hierzu bei den Betroffenen zu erkennen.
Ein konstruierter Einwand gegen die Goldenen Regel könnte lauten: Wenn ich dem anderen nichts antun soll, von dem ich nicht will, dass es andere mir antun, dann dürfte z. B. eine Politesse keinem Parksünder einen Strafzettel ausstellen, wenn sie selbst auch keinen Strafzettel bekommen will. Solche Situationen entstehen für die Anwendung der Goldenen Regel dann, wenn das Verbot der Handlung oder Unterlassung durch gesetzte Bußen oder Strafen bestimmt wird. Derartige Situationen lassen auch solche Eigeninterpretationen zu, wie: „einen Strafsünder bestrafen, außer ich bin es“, „einen Strafsünder bestrafen, wenn dies gerechtfertigt bzw. vorgeschrieben ist“, „einen Gesetzesverstoß ordnungsgemäß ahnden“, „das geltende Recht befolgen“. Besonders diskutiert wird dies am Fall eines Tyrannenmords.
Die Goldene Regel allein gibt aber nicht vor, welcher Art und wie weit die zu prüfenden Handlungen bzw. Maximen sein sollen. Nur einseitig und konsequent angewendet kann sie zu sogenannten „master-and-servant“-Situationen („Herr und Knecht“), beschrieben im Gefangenendilemma, führen, da jemand, der sich im Gegensatz zu seinem Gegenüber nicht an die Goldene Regel hält, keine Vergeltung fürchten muss und somit sein Gegenüber mit Leichtigkeit unterwerfen und seinen Wünschen und Neigungen entsprechend behandeln kann. Hier führt ein bedingungsloses Festhalten an der Goldenen Regel also zur Degradierung zum bloßen Objekt anderer.
Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich bei konkurrierenden Interessen. Dies lässt sich anhand des folgenden Beispiels demonstrieren: Ich frage mich, ob ich den Rasen mähen darf. Ich selbst würde wegen des damit verbundenen Lärms nicht wollen, dass mein Nachbar seinen Rasen mäht. Dies scheint aber kein geeignetes Argument gegen mein eigenes Rasenmähen. Denn die Vorteile des einen (gepflegter Garten usw.) scheinen die Nachteile des anderen (vorübergehender Lärm) zu überwiegen. Hier ist zumindest der bloße Interessensvergleich unabhängig von deren Gewichtung nicht hinreichend zur Handlungsbewertung. Besonders deutlich wird das Versagen der Regel bei Interessenkonflikten in der Brett-des-Karneades-Situation.
In präferenzutilitaristischen Theorien (wie Peter Singers Praktischer Ethik) wurden diverse Präzisierungen und Modifikationen vorgeschlagen. Auch einige deontologische Theorien wie die kantische Ethik haben einige der vorbenannten Probleme nicht.
Gegenwartsbedeutung
Das Parlament der Weltreligionen hat die Goldene Regel 1993 in seine „Erklärung zum Weltethos“ aufgenommen.[45]
Das InterAction Council schlug am 1. September 1997 eine Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten vor, deren Artikel 4 das Prinzip universaler Verantwortung mit der negativen Regelfassung begründet:[46]
„Alle Menschen, begabt mit Vernunft und Gewissen, müssen im Geist der Solidarität Verantwortung übernehmen gegenüber jedem und allen, Familien und Gemeinschaften, Rassen, Nationen und Religionen: Was du nicht willst, daß man dir tut, das füg' auch keinem anderen zu.“
Die British Humanist Society fordert seit 1999:
„Tue nichts, was du nicht möchtest, dass man dir tun soll.“
Siehe auch
Literatur
- Überblick
- Hans-Peter Mathys, Roman Heiligenthal, Heinz-Horst Schrey: Goldene Regel. I. Judentum II. Neues Testament und frühes Christentum III. Historisch und ethisch. In: Theologische Realenzyklopädie 13/1984, S. 570-583
- A. Sand, G.W. Hunold: Goldene Regel. In: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Band 4, Freiburg 1995, Spalte 821-823
- Heinz-Horst Schrey, Hans-Ulrich Hoche: Regel, goldene. In: Joachim Ritter, Karlfried Gründer (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 8, Basel 1992, S. 450–464
- historisch
- Albrecht Dihle: Die Goldene Regel. Eine Einführung in die Geschichte der antiken und frühchristlichen Vulgärethik, Studienhefte zur Altertumswissenschaft 7, Göttingen 1962
- Johannes Straub: Die Goldene Regel. In: Johannes Straub: Regeneratio Imperii: Aufsätze über Roms Kaisertum und Reich im Spiegel der heidnischen und christlichen Publizistik. Band 1, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1972, ISBN 3-534-05327-3
- Jeffrey Wattles: The Golden Rule. Oxford University Press, New York/Oxford 1996, ISBN 0-19-511036-6
- Russell Freedman: Confucius: The Golden Rule. Scholastic, 1. Auflage 2002, ISBN 0439139570 (englisch)
- Joachim Hruschka: Die Goldene Regel in der Aufklärung – die Geschichte einer Idee. In: B. Sharon Byrd u.a. (Hrsg.): Jahrbuch für Recht und Ethik, Band 12/2004, S. 157–172
- Jacob Neusner, Chilton Bruce D.: The Golden Rule: The Ethics of Reciprocity in World Religions. Continuum 2009, ISBN 1-84706-296-2
- Antti Raunio: Summe des christlichen Lebens: Die „Goldene Regel“ als Gesetz der Liebe in der Theologie Martin Luthers von 1510-1527. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 3525100566
- philosophisch
- Hans Reiner: Die Goldene Regel. Die Bedeutung einer sittlichen Grundformel der Menschheit. (1948) In: Hans Reiner: Die Grundlagen der Sittlichkeit. 2. Auflage, Meisenheim 1974
- James A. Gould: The Not-So-Golden Rule, in: Southern Journal of Philosophy 1 (1963), S. 10–14
- Marcus George Singer: The Golden Rule, in: Philosophy 38 (1963), S. 293–314
- Marcus George Singer: The Golden Rule. In: Paul Edwards (Hrsg.): Encyclopedia of Philosophy, Vol. 3, New York 1967, S. 365–367
- Marcus George Singer: The ideal of a rational morality, philosophical compositions. Oxford University Press 2002, ISBN 0198250215, Kapitel 12
- H. T. D. Rost: The Golden Rule: A Universal Ethic. George Ronald, Oxford 1986, ISBN 0853982260 (englisch)
- Alan Gewirth: The Golden Rule Rationalized. In: Alan Gewirth: Human Rights. Essays on Justification and Applications. (1978) Chicago 1998, S. 128–142
- Walter Brinkmann: Die Goldene Regel und der Kategorische Imperativ. Rationalität und praktische Notwendigkeit. In: Volker Gerhardt u.a. (Hrsg.): Kant und die Berliner Aufklärung. Akten des IX. Internationalen Kant-Kongresses, Band 3, Berlin/New York 2001, S. 13–20
- moraltheologisch
- Bruno Schüller: Die Begründung sittlicher Urteile. Typen ethischer Argumentation in der katholischen Moraltheologie. Düsseldorf 1973, S. 56–71 („Die Goldene Regel“)
- Gerfried W. Hunhold: Identitätstheorie: Die sittliche Struktur des Individuellen im Sozialen. In: Anselm Hertz, Wilhelm Korff, Trutz Rendtorff (Hrsg.): Handbuch der christlichen Ethik, Band 1, Guetersloher Verlagshaus, 2. Auflage 1987, ISBN 3579042173, S. 194f
- praktisch
- Patrick W. Jordan: Erfolg durch Menschlichkeit. Die goldene Regel für Beruf und Privatleben. Ariston Verlag, 1. Auflage 2004, ISBN 3720525066
- Alfred Bellebaum, Heribert Niederschlag: Was Du nicht willst, das man Dir tu'. Die Goldene Regel - ein Weg zu Glück? Uvk, 1. Auflage 2002, ISBN 3896699350
- Günter Spendel: Die 'Goldene Regel' als Rechtsprinzip. (1948) In: Günter Spendel: Für Vernunft und Recht. Zwölf Studien. Mohr/Siebeck, Tübingen 2004, ISBN 3161482522, S. 69-95 (Maria-Katharina Meyer: Rezension, S. 349ff)
- Erik H. Erikson: Die Goldene Regel im Licht neuerer Einsicht. In: Einsicht und Verantwortung. Die Rolle des Ethischen in der Psychoanalyse. (1964) Fischer-TB.-Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3436014133, S. 192-215
- Thomas Huth: Die Goldene Regel als Wettbewerbsgleichgewicht. Ein Versuch über Keynes. Volkswirtschaftliche Schriften 511) Duncker & Humblot GmbH, 1. Auflage 2001, ISBN 3428102266
- Bibelexegese
- Werner Wolbert: Die Goldene Regel und das ius talionis. In: Trierer Theologische Zeitschrift 95/1986, S. 169-181
- Paul Ricoeur: The Golden Rule. New Testament Studies 36/1990, S. 392-397
- Enno Rudolph: Eschatologischer Imperativ oder Klugheitsregel? Die Goldene Regel im Kontext des Matthäusevangeliums und im Streit der Deutungen. In: Enno Rudolph: Theologie, diesseits des Dogmas: Studien zur systematischen Theologie, Mohr/Siebeck, Tübingen 1994, ISBN 3161462440, S. 80-95
- John Topel: The Tarnished Golden Rule (Luke 6: 31): The Inescapable Radicalness of Christian Ethics. In: Theological Studies, Vol. 59/1998 (Auszug online)
- Alan Kirk: „Love Your Enemies“, the Golden Rule, and Ancient Reciprocity (Luke 6:27-35). In: Journal of Biblical Literature, Vol. 122, No. 4/2003, S. 667-686 (Auszug online)
Weblinks
- Bibliographien
- historisch
- Jeffrey Wattles: Levels of Meaning in the Golden Rule (aus: The Journal of Religious Ethics, Blackwell Publishing, Vol. 15, No. 1/1987, S. 106-129)
- aktuell
- Josef Bordat: Die Goldene Regel und der interkulturelle Dialog (Readers Edition, 13. Juli 2007)
- Josef Bordat: Zur Universalität der Menschenrechte (aus: Widerspruch. Münchner Zeitschrift für Philosophie. Jg. 25/2005, Nr. 43, München, S. 61-72)
- Andreas Müller (Humanistischer Pressedienst, 28 November 2008): Menschenrechte und die Goldene Regel
- Einzelthemen
- internetloge.de: Die Goldene Regel in der Freimaurerei
- Eckart Voland (FAZ, 6. Juni 2006): Grundkurs in Soziobiologie (2): Die Goldene Regel
- Neil Duxbury: Golden Rule Reasoning, Moral Judgement and Law
- Richard M. Hare: Abortion and the Golden Rule, in: Philosophy and Public Affairs 4/3 (1975), S. 201-222. Auch in: H. Kuhse / Peter Singer (Hgg.): Bioethics. An Anthology. Oxford 1999, S. 58ff.
- Bibelexegese
Einzelnachweise
- ↑ Tobit 4,16 nach der revidierten Lutherbibel von 1984; Einheitsübersetzung von Tob 4,15 EU: Was dir selbst verhasst ist, das mute auch einem anderen nicht zu!
- ↑ Hendrik van Oyen: Die Goldene Regel und die Situationsethik. In: Johannes Gründel, Hendrik van Oyen: Ethik ohne Normen? Freiburg 1970, S. 89-136
- ↑ Leonidas J. Philippidis: Die 'Goldene Regel', religionswissenschaftlich untersucht. Dissertation, Leipzig 1929 (oft zitiertes Standardwerk)
- ↑ alle Zitate dieses Abschnitts nach Jeffrey Wattles: The Golden Rule. New York/Oxford 1996, S. 15-19
- ↑ Mahabharata online, Buch 13 (Anusasana Parva), Abschnitt 113, Vers 8; ins Englische übersetzt von Kisari Mohan Ganguli
- ↑ Udana, Kapitel 5 (Sonathera), Abschnitt 1; ins Deutsche übertragen von Kurt Schmidt: Sprüche und Lieder. Buddhistische Handbibliothek (1954), Verlag Beyerlein-Steinschulte, ISBN 3-931095-17-7
- ↑ Dadistan-I dinik, Kapitel 94, Passus 5, ins Englische übersetzt von E.W. West, in: Friedrich Max Müller (Hrsg.): The Sacred Books of the East, Volume 18: Pahlavi Texts, Part II. (1882) Adamant Media Corporation, Neuauflage 2000, ISBN 1402156081, S. 271
- ↑ Shayast-na-Shayast, Kapitel 13, Passus 29, abgedruckt in: Friedrich Max Müller (Hrsg.), E. W. West (Übersetzer): Pahlavi Texts Part I: The Sacred Books of the East Part Five, Kessinger Publishing, LLC, 2004, ISBN 1432623850, S. 363
- ↑ zitiert bei Jeffrey Wattles: The Golden Rule. a.a.O., S. 28
- ↑ Hermann Diels, Walther Kranz (Hrsg.): Die Fragmente der Vorsokratiker, 13. Auflage, Weidmann, Berlin 1984, ISBN 3-296-12203-6 (10 e, A4)
- ↑ zitiert nach Ewald Strohmar, 2007: Was du nicht willst...; Diogenes Laertius, Buch A, 1,37, griechischer Originalwortlaut
- ↑ Herodotus Book 3: Thaleia, 142; ins Englische übersetzt von G. C. Macaulay]
- ↑ Christoph Eucken: Isokrates: Seine Positionen in er Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Philosophen. James Bennett Pty Ltd, 1. Auflage 1983, ISBN 3110086468, S. 202
- ↑ zitiert nach Alexander und Baldur Kirchner: Rhetorik und Glaubwürdigkeit: Überzeugen durch eine neue Dialogkultur, Dr. Th. Gabler Verlag, 1. Auflage 1998, ISBN 3409189963, S. 29
- ↑ zitiert nach Jeffrey Wattles: The Golden Rule, a.a.O., S. 31
- ↑ zitiert nach Diogenes Laertius: The Lives and Opinions of eminent Philosophers, Buch V: Aristotle, Kapitel XI, ins Englische übersetzt von C. D. Yonge
- ↑ Jeffrey Wattles: The Golden Rule, a.a.O. S. 37ff
- ↑ alle folgenden Zitate dieses Abschnitts nach Jeffrey Wattles: The Golden Rule, a.a.O., S. 39f
- ↑ Heinz-Horst Schrey: Regel, goldene I: Antike bis Aufklärung. In: Joachim Ritter, Karlfried Gründer (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 8, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, S. 451 und Anmerkungen 8-12, S. 455
- ↑ Albrecht Dihle: Die Goldene Regel, 1962; zusammengefasst in: Goldene Regel. In: Theodor Klauser (Hrsg.): Reallexikon für Antike und Christentum, Anton Hiersemann Verlag, Stuttgart 1981, Band 11, ISBN 3-7772-8142-5, S. 930ff
- ↑ zitiert nach Hans-Peter Mathys: Goldene Regel I. Judentum, in: Theologische Realenzyklopädie 13/1984, S. 570f
- ↑ zitiert nach Hans-Peter Mathys: Goldene Regel I. Judentum, a.a.O., S. 571
- ↑ zitiert nach David Flusser: Die Zehn Gebote und das Neue Testament. In: Gershon Levi (Hrsg.): Die Zehn Gebote in Geschichte und Tradition, 2. Auflage, Magnes Press, Hebrew University, Jerusalem 1990, S. 235
- ↑ Jeffrey Wattles: The Golden Rule. a.a.O., S. 45
- ↑ Jeffrey Wattles: The Golden Rule. a.a.O., S. 46
- ↑ zitiert nach Hans-Peter Mathys: Goldene Regel I. Judentum, a.a.O., S. 570
- ↑ alle Zitate dieses Abschnitts nach Hans-Peter Mathys: Goldene Regel I. Judentum, in: Theologische Realenzyklopädie 13/1984, S. 571
- ↑ Peter Fiedler: Das Matthäusevangelium, Kohlhammer, Stuttgart 2006, S. 188ff
- ↑ Roman Heiligenthal: Goldene Regel II, in: Theologische Realenzyklopädie Band 13, a.a.O., S. 574
- ↑ zitiert nach Ulrich Luz: Das Evangelium nach Matthäus. Evangelisch-katholischer nKommentar zum neuen Testament I/1, Benziger, Neukirchener Verlag, 5. Auflage 2002, S. 510
- ↑ Paul Ricoeur: The Golden Rule. New Testament Studies 36/1990, S. 396f
- ↑ Roman Heiligenthal: Goldene Regel II, in: Theologische Realenzyklopädie Band 13, a.a.O., S. 573
- ↑ Heinz-Horst Schrey: Goldene Regel III, in: Theologische Realenzyklopädie Band 13, a.a.O., S. 575f
- ↑ Heinz-Horst Schrey: Goldene Regel III, in: Theologische Realenzyklopädie Band 13, a.a.O., S. 576
- ↑ Heinz-Horst Schrey: Goldene Regel III, in: Theologische Realenzyklopädie Band 13, a.a.O., S. 576f
- ↑ Jeffrey Wattles: The Golden Rule, a.a.O., S. 77 und Anmerkung 1, S. 211
- ↑ Faksimile online
- ↑ John Locke: An Essay Concerning Human Understanding. (1690) Referiert in Jeffrey Wattles: The Golden Rule, a.a.O., S. 81
- ↑ Gottfried Wilhelm Leibniz: New Essays on Human Understanding. (1765) Erstes Buch, 2. Kapitel, Teil 2. Referiert in Jeffrey Wattles: The Golden Rule, a.a.O., S. 81f
- ↑ Heinz-Horst Schrey: Regel, goldene I, Historisches Wörterbuch der Philosophie, a.a.O., S. 454f
- ↑ Johann Gottfried Herder: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, 1,4,6,§5; zitiert nach Goldene Regel III, in: Theologische Realenzyklopädie Band 13, a.a.O., S. 578
- ↑ Jeffrey Wattles: The Golden Rule, a.a.O., S. 82f
- ↑ Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1785; referiert bei Hans-Ulrich Hoche: Regel, goldene II: Die goldene Regel seit Kant, Historisches Wörterbuch der Philosophie, a.a.O., S. 457
- ↑ Siehe J.L. Mackie: Ethics. Harmondsworth 1977, Kapitel 4
- ↑ »Erklärung zum Weltethos« des Parlaments der Weltreligionen, Chicago 1993
- ↑ Interaction Council, 1997: Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten