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Albert Dulk

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Albert Friedrich Benno Dulk 1855

Albert Friedrich Benno Dulk (* 17. Juni 1819 in Königsberg; † 29. Oktober 1884 in Stuttgart) war ein deutscher Freidenker, Dramatiker, Revolutionär, Sozialist und Schriftsteller.

Leben

Bronzenes Hochrelief in ovalem Medaillon von Albert Dulk am Dulkhäusle von Adolf von Donndorf

Albert Dulk ist der Sohn des Pharmazeuten und Hochschullehrers Friedrich Dulk. 1835 begann er eine Apothekenlehre, wurde Apothekergehilfe und entschied sich schließlich für ein Chemiestudium, das er 1846 in Breslau mit einer Dissertation über Dammarharz abschloss. Im Mai 1865 nahm Dulk die württembergische Staatsbürgerschaft an. Im gleichen Jahr, am 17. Juli, durchschwamm er den Bodensee von Romanshorn bis Friedrichshafen in sechseinhalb Stunden, womit er an zurückgelegter Strecke Lord Byrons Durchschwimmen der Dardanellen übertraf.

Im Vormärz veröffentlichte Dulk 1844 sein erstes Drama Orla wegen der Zensur anonym in der Schweiz. In Leipzig schloss sich Dulk den demokratisch gesinnten Studenten an. 1845 hielt er neben Robert Blum eine Begräbnisrede für die Gefallenen der Leipziger Unruhen, woraufhin er aus Sachsen ausgewiesen wurde. Als er 1846 ein Drama über den Bürgermeister Tschech zu schreiben begonnen hatte, das Fragment geblieben ist, besuchte er die Tochter des Hingerichteten, machte die preußische „Geheimpolizei“ auf sich aufmerksam und zog sich eine sechswöchige Haft zu.

1848 nahm Dulk in Königsberg aktiv an der Revolution teil und vertrat im dortigen Arbeiterverein einen mäßigenden Kurs. Er gab dessen Zeitung Der Handwerker heraus und hielt allgemeinbildende Vorträge. Zusammen mit Otto Seemann verfasste er 1848 die lange Zeit zu Unrecht unterschätzte einaktige revolutionäre politische Komödie Die Wände.

Nach dem Scheitern der Revolution brach Dulk im Juni 1849 zu einer Ägypten-Reise auf. Erst im Juli 1850 kehrte er nach Europa zurück. Nun ließ er sich in der Schweiz bei Vevey am Genfersee nieder. Zusammen mit seiner Frau, seiner Kusine Johanna Dulk, die er bereits 1846 geheiratet hatte, lebte er seit 1852 in einer Ehe zu dritt, denn seine einstige Geliebte, die Leipzigerin Pauline Dorosa, zog zu den beiden. Nachdem Albert 1857 eine dritte Frau in die Lebensgemeinschaft aufnahm, seine frühere Geliebte Else Bussler, zog Pauline 1866 aus, hielt jedoch an der Liebesbeziehung zu Albert fest. Nachdem Dulk 1858 nach Stuttgart umzog, sah er sich zeitlebens einer heftigen Ablehnung durch konservative, namentlich pietistische Kreise ausgesetzt, für die er den lebendigen „Gottseibeiuns“ verkörperte. Dessen ungeachtet fand Dulk Anschluss an literarische Zirkel in Stuttgart.

Dulks bedeutendstes Drama ist Lea, das die Jud-Süß-Thematik behandelt, aber keinen antisemitischen Gehalt hat. Albert Dulk war zeit seines Lebens mit dem bedeutenden Königsberger Arzt und Radikaldemokraten Johann Jacoby befreundet, der einer der bedeutendsten jüdischen Deutschen gewesen ist. Dulks freidenkerisches Hauptwerk ist das zweibändige Werk Der Irrgang des Lebens Jesu.

Datei:Dulkhaeuschen.jpg
Das Dulkhäusle oberhalb von Esslingen am Neckar

1871 zog er nach Untertürkheim bei Stuttgart um, wurde Mitglied des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, später der vereinigten Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands, d.h. von sozialdemokratischen Vorgängerparteien der SPD, für die er als Zählkandidat bei Reichstags- und Landtagswahlen Achtungserfolge errang. Allerdings geriet er als ethischer Sozialdemokrat zunehmend in eine Minderheitenposition. Unter dem Eindruck der Attentatshysterie wurde Dulk 1878 zu einem Jahr Gefängnis wegen Volksverhetzung und wegen Kirchenschmähung zu zwei weiteren Monaten Gefängnis verurteilt. Dies war eindeutig ein Akt politischer Justiz. Die Haft saß er im Heilbronner Gefängnis ab. Fortan galt er unter Sozialdemokraten als Märtyrer der politischen Verfolgung.

Am 2. April 1882 gründete er die erste deutsche Freidenkergemeinde in Stuttgart.

Am 29. Oktober 1884 starb er an einem Herzschlag beim Besteigen eines Zuges im Stuttgarter Bahnhof. Der Trauerzug durch Stuttgart am 2. November war zugleich eine sozialistische Massendemonstration mit mehr als 6000 Teilnehmern. Die Feuerbestattung erfolgte später in Gotha.

Würdigungen

Dulk wurde nach seinem Tod vielfach geehrt: 1885 wurde eine von Arbeitern gestiftete Büste am Dulkhäusle oberhalb von Esslingen enthüllt und im Jahr 2002 wurde in Stuttgart-Untertürkheim eine Straße nach Albert Dulk benannt.

Werke

  • Lichter aus Frankfurt. Der Briefwechsel Friedrich Stoltzes mit Albert Dulk 1867-1884. Weimar: VDG. 2004. ISBN 3-89739-426-X
  • Der Briefwechsel zwischen Albert Dulk und Paul Heyse 1860–1882. Mitget. von Ernst Rose. New York: Columbia Univ. Press. 1929.
  • Orla. Dramatische Dichtung. Mannheim: Grohe. (1844)
  • Lea. Drama in 5 Akten. Königsberg: Samter & Rathke. (1848)
  • König Enzio. Große Oper in vier Akten. Stuttgart: Blum und Vogel. Ca. 1863. Musik: Johann Joseph Abert. UA 1862 Stuttgart (Hoftheater). Neufassung: Enzio von Hohenstaufen. UA 1875 Stuttgart (Hoftheater)
  • Kaiser Konrad der Zweite. Historisches Schauspiel in drei Handlungen. Leipzig: Brockhaus. 1867.
  • Willa. Schauspiel in drei Handlungen. Wien: Rosner. 1875.
  • Gedichte. Stuttgart: Dietz. 1892. 2. Aufl.
  • Sämmtliche Dramen, hrsg. von Ernst Ziel. Stuttgart: Dietz. 1893/94.

Literatur

  • Gisela Hengstenberg: Rübezahl im Königsbau. Die Stuttgarter Künstlergesellschaft 'Das Strahlende Bergwerk'. Hohenheim, Stuttgart 2003, ISBN 3-89850-977-X.
  • Jochen Meyer: Albert Dulk. Ein Achtundvierziger. Aus dem Lebensroman eines Radikalen. Deutsche Schillergesellschaft Marbach am Neckar, Marbach 1988 (=Marbacher Magazin 48/1988), ISBN 3-929146-78-9.
  • Sylvia Peuckert: Vom Vor- in den Nachmärz: Albert Dulks Ägyptenreise. In: Christina Ujma (Hrsg.): Wege in die Moderne. Reiseliteratur von Schriftstellerinnen und Schriftstellern des Vormärz. Aisthesis, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-89528-728-2, S. 255 - 269.
  • Christoph Rieber: Das Sozialistengesetz. Die Kriminalisierung einer Partei. In: Haus der Geschichte Baden-Württemberg (Hrsg.): Politische Gefangene in Südwestdeutschland. Silberburg-Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-87407-382-3, S. 166–194.
  • Christoph Rieber/Ilse Walter-Dulk: Albert Dulk (1819-1884). In: Siegfried Bassler (Hrsg.): Mit uns für die Freiheit. 100 Jahre SPD in Stuttgart. Thienemann, Stuttgart 1987, ISBN 3-522-62570-6, S. 160–164.
  • Astrid Schweimler: Albert Friedrich Benno Dulk (1819-1884): Ein Dramatiker als Wegbereiter der gesellschaftlichen Emanzipation. Focus, Gießen 1988, ISBN 3-88349-465-8.
  • Ilse Walther-Dulk: Lichter aus Frankfurt / Der Briefwechsel Friedrich Stoltzes mit Albert Dulk 1867-1884. VDG Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2004, ISBN 3-89739-426-X.
  • Ilse Walther-Dulk: Die Flucht nach Ägypten des Albert Dulk. VDG, Weimar 2002, ISBN 978-3-89739-306-6.