Tempel von Edfu
Tempel von Edfu in Hieroglyphen | ||||||
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Behdet Vorlage:Unicode (Südliches) Behdet | ||||||
Neset-netjeru Vorlage:Unicode Thron der Götter | ||||||
Djeba Vorlage:Unicode | ||||||
Griechisch | Ἀπόλλων πόλις μεγάλη (Apóllônos pólis megálê) | |||||
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Edfu (arabisch إدفو, DMG Idfū; koptisch Atbô; altägyptisch Behdet, Djeba, Mesen, Neset-netjeru) ist eine Stadt am Ufer des Nil in Oberägypten, etwa 100 Kilometer nördlich von Assuan und 90 Kilometer südlich von Luxor. Die ungefähr 60.000 Einwohner zählende Kleinstadt befindet sich an der Westseite des Nil. Seit 1969 verbindet eine Brücke im Norden der Stadt beide Nilufer.
Die Umgebung von Edfu ist von der Landwirtschaft geprägt, die Stadtbewohner leben jedoch im wesentlichen vom alten Töpfereigewerbe. Daneben ist die Stadt ein Handelszentrum mit einigen Zuckerfabriken. Bekannt ist Edfu für die am westlichen Stadtrand stehende Ruine des sogenannten Horustempels. Das Bauwerk gilt als einer der am besten erhaltenen Tempel Ägyptens.[1]
Der Tempel von Edfu stammt aus der Zeit der Ptolemäer und wurde zwischen 237 und 57 v. Chr. erbaut. Er war Behdeti, einer Nebenform der altägyptischen Gottheiten Horus und Hor-Behdeti (auch „Horus von Edfu“), geweiht. Hor-Pe („Horus von Buto“) wurde in der griechisch-römischen Kulturepoche mit Apollon gleichgesetzt, weshalb die Stadt hinsichtlich seiner Gastrolle als „Horus von Buto in Edfu“ in dieser Zeit nach ihm Apóllônos pólis megálê beziehungsweise Apollinopolis Magna hieß.
Lage
Lage in Ägypten |
Edfu liegt im südlichen Teil Ägyptens im fruchtbaren Niltal, 115 Kilometer nördlich des Nassersees. Rund um die Stadt wurden durch Bewässerungsmaßnahmen die landwirtschaftlichen Flächen beiderseits des Flusses auf eine Länge von etwa 25 Kilometern bis zu 25 Kilometer Breite erweitert. Daran schließen sich im Osten die Arabische Wüste, im Westen die Libysche Wüste an.
Die Stadt gehört administrativ zum Gouvernement Aswan (Assuan) und befindet sich dabei 30 Kilometer südöstlich der Nordgrenze des Gouvernements. Die sudanesische Grenze im Süden ist etwa 330 Kilometer, das Rote Meer im Nordosten 180 Kilometer entfernt. Mit Assuan und Luxor ist Edfu entlang des Nils durch eine Bahnlinie verbunden, die am Ostufer des Flusses entlang führt. Ein eigentliches Stadtzentrum besitzt die Ansiedlung nicht, den Mittelpunkt bilden die freigelegten Tempelanlagen.
Mit der Gouvernement-Hauptstadt Assuan ist Edfu außer der Bahn durch einer Straße verbunden, die am Ostufer des Nils über Kom Ombo nach Süden führt. Der nächstgelegene internationale Verkehrsflughafen ist der Flughafen Luxor, fünf Kilometer östlich der Stadt Luxor. Wichtigste Verkehrsader für Edfu ist der Nil, auf dem die für den Tourismus wichtigen Flussreiseschiffe von Luxor nach Assuan verkehren und der Frachtverkehr nach Unterägypten abgewickelt wird. Die Anlegestellen der auf dem Nil verkehrenden Kreuzfahrtschiffe liegen entlang des Ostrands des Stadtgebiets.
Geschichte
Lage einiger altägyptischer Städte |
Edfu war in pharaonischer Zeit die Hauptstadt des zweiten oberägyptischen Gaues (Wetjes-Hor; „Horus-Thron-Gau“ oder „Falkengau“). Während im Mittleren Reich Hor-Behdeti der Gaugott war, übernahm in griechisch-römischer Zeit Behdeti diese Funktion. Horus trat in Edfu in mehreren Erscheinungsformen auf, so beispielsweise als „Der von Behdet“, Hor-heri-wadjef, Hor-Behdeti-em-Djeba, Hor-Behdeti-em-cheperuef-en-Re, Hor-Behdeti-em-set-wenep, Hor-Behdeti-Re-Min, Horus von Buto in Edfu (Apollon in Edfu), Hor-en-peref, Harsiese im Falkengau, Harsiese in Edfu und „Horus von Edfu“.[2] Nach der Sage bestand Horus hier einen seiner größten Kämpfe gegen Seth.

In Verwaltungstexten erscheint als Ortsbezeichnung dagegen eher der Name Djeba. In der griechischen Antike hieß Edfu Apóllônos pólis megálê (Ἀπόλλων πόλις μεγάλη), was in römischer Zeit zu Apollinopolis Magna wurde, benannt nach dem Gott Horus von Buto, der hier eine besondere Verehrung erfuhr. Direkt vor den Stadtmauern befanden sich die Nekropolen der Stadt. Hier wurde auch die Mastaba des Izi aus dem Alten Reich errichtet. Izi wurde nach seinem Tod als Ortsheiliger verehrt.
Neben dem Tempel des Behdeti stehen noch ansehnliche Reste der antiken Stadt, von der auch Teile ausgegraben wurden. Dabei fand man Häuser aus der griechischen, römischen und byzantinischen Zeit. Im frühen Mittelalter war Edfu Sitz eines Bischofs, im Koptischen wurde die Stadt Atbo genannt.
Der Tempel von Edfu war lange Zeit bis zu den Kapitellen mit Sand überdeckt, was seinen guten Erhaltungszustand erklärt. An seinen Seitenrändern standen auf den Sandmassen noch im 19. Jahrhundert Häuser der einheimischen Fellachen. Fast einhundert der Gebäude wurden ab dem Jahr 1860 bei der Freilegung der Tempelanlagen unter Auguste Ferdinand François Mariette abgerissen.[1]
Der Tempel

Die Tempelgründung erfolgte im zehnten Regierungsjahr von Ptolemaios III., 236 v. Chr., dem Folgejahr des Erlassjahres vom Kanopus-Dekret. Ptolemaios III. ließ das eigentliche Tempelhaus errichten:
„Am 7. Epiphi (8. September),[3] der Tag des Schenut-Festes, als man die Ausmaße (des Baues) auf dem Erdboden festlegte, (es) war das erste aller Schenut-Feste anlässlich des Strickespannens bei der Gründung des Großen-Sitzes-des-Re-Harachte (Edfu), der Gründung des Thronsitzes-des-Schützers-seines-Vaters (Edfu).
Der König selbst und die Göttin Seschat, die Große legten den Grundriss des Ersten-Heiligtums (Edfu) fest; die richtige Lage seiner Räume wurde bestimmt von den Göttern des Schöpfungswortes gemeinsam mit Thot. Die Chnumgötter begannen zu formen, Ptah bildete und die erste Urgötterschaft war in Jubel ausgebrochen rings umher. Dekoriert wurden die Wände in seinem Inneren aufs vortrefflichste mit Reliefs, mit den Figuren der Götter und den Bildern der Göttinnen sowie mit (all) der Pracht des Herrlichkeit-Schaffenden (Edfu).“

Sein Nachfolger Ptolemaios IV. (Philopator) stellte es im Rohbau fertig. Bedingt durch kriegerische Unruhen nahm erst Ptolemaios VI. (Philometor) 176 v. Chr. den Bau wieder auf. 147 v. Chr. konnte er endlich unter Ptolemaios VII. (Euergetes II.) fertiggestellt werden.
Ptolemaios VII. ließ auch die große Vorhalle errichten, die 122 v. Chr. vollendet wurde. Der große Pylon von knapp 70 m Breite und 32,50 m Höhe sowie der dahinter liegende Kolonnadenhof, der 49 m mal 42,6 m misst, wurden von Ptolemaios IX. (Sotêr II.) und Ptolemaios X. (Alexander I.) erbaut und fertiggestellt.
Das Bauende kam aber erst mit den Reliefs auf dem Pylon, die Ptolemaios XII. (Neos Dionysos) 57 v. Chr. abschließend hinzufügte.
Ursprünglich war der Tempel komplett von einer Ziegelmauer umgeben, die heute noch teilweise erhalten ist.
Vor dem Pylon stehen rechts und links zwei große Falken aus schwarzem Granit. Hinter dem Pylon folgt der große Kolonnadenhof, von dem aus die Weihehalle und die Bibliothek erreicht werden kann.
Am Ende steht ein 25 m breiter und fast 14 m langer Portikus von 18 Säulen, hinter dem sich noch eine Halle, Gänge und Kammern befinden. Das Allerheiligste bildet in sich abgeschlossen ein kleines eigenständiges Bauwerk.
Die Inschriften des Edfu-Tempels sind für die Philologie von großer Bedeutung, da sie zu den größten zusammenhängenden Sammlungen von hieroglyphischen Texten der Griechisch-Römischen Zeit gehören. Seit 1986 übersetzt das Hamburger Edfu-Projekt diese Inschriften. Bislang sind in deutscher Sprache die Texte des Pylonen sowie der Außenseite der Umfassungsmauer publiziert.
Das Mammisi
Ein kleines Heiligtum der Göttin Hathor steht neben dem großen Tempel. Es wird Mammisi, Geburtshaus, genannt. Ptolemaios VII. ließ das westlich vom Eingangstor des großen Tempels liegende Gebäude errichten.
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Kolonnaden und Tempel in Edfu
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Tempelhof
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Ein Wandelgang in der Tempelanlage
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Das zentrale Heiligtum im Tempel zu Edfu
Söhne und Töchter der Stadt
Siehe auch
Literatur
- Hans Bonnet: Apollinopolis, in: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, Hamburg 2000 ISBN 3-937872-08-6 S. 51.
- D. Kurth unter Mitarbeit von A. Behrmann, D. Budde, A. Effland, H. Felber, E. Pardey, S. Rüter, W. Waitkus, S. Woodhouse: Die Inschriften des Tempels von Edfu. Abteilung I Übersetzungen; Band 1. Edfou VIII. Harrassowitz Wiesbaden 1998 (Übersetzung sämtlicher Texte des großen Pylonen)
- D. Kurth unter Mitarbeit von A. Behrmann, D. Budde, A. Effland, H. Felber, J.-P. Graeff, S. Koepke, S. Martinssen-von Falck, e. Pardey, S. Rüter und W. Waitkus: Die Inschriften des Tempels von Edfu. Abteilung I Übersetzung; Band 2. Edfou VII. Harrassowitz Wiesbaden 2000 (Übersetzung sämtlicher Texte der Außenseite der Umfassungsmauer des Tempels)
- Dieter Kurth (Hrsg.): Die Inschriften des Tempels von Edfu. Begleithefte. Harrassowitz, Wiesbaden 1991 ff. ISSN 0937-8413
Weblinks
- Der Horus Tempel von Edfu (www.meritneith.de)
- Edfu-Projekt des Archäologischen Instituts der Universität Hamburg (www1.uni-hamburg.de)
- Spektrum der Wissenschaft 8/2008: Altägyptisches Verwaltungszentrum mit Getreidesilos in Edfu entdeckt (www.spektrum.de)
Einzelnachweise
- ↑ a b Giovanna Magi: Eine Fahrt auf dem Nil – Die Tempel Nubiens, Esna · Edfu · Kom Ombo. Casa Editrice Bonechi, Florenz 2008, S.13, ISBN 978-88-7009-246-2
- ↑ Christian Leitz u.a.: LGG, Bd. 5: Ḥ - ḫ (Schriftenreihe: Orientalia Lovaniensia analecta 114). Peeters, Leuven 2002, ISBN 90-429-1150-6, S. 253-257.
- ↑ Der siebte Tag des elften Monats im bürgerlichen Mondkalender fiel 236 v. Chr. auf den 8. September (proleptischer Kalender: 11. September). Im ägyptischen Kalender fiel der 7. Epiphi des bürgerlichen Mondkalenders auf den 26. Epiphi.
- ↑ Dieter Kurth: Treffpunkt der Götter - Inschriften aus dem Tempel des Horus von Edfu -, Artemis, Zürich 1994, ISBN 3-7608-1097-7, S. 38-39.
Koordinaten: 24° 59′ N, 32° 52′ O