Banat
Banat (serbisch-kyrillisch Банат, ungarisch Bánság, auch Banat von Temesvar) ist eine historische Region in Mitteleuropa, die heute in den Staaten Rumänien, Serbien und Ungarn liegt. Der Begriff Banat leitet sich vom Herrschaftsbereich eines Ban ab.
Geografie

Das Banat liegt am Südostrand der ungarischen Tiefebene und ist von den Flüssen im Norden die Marosch, im Westen die Theiß und im Süden die Donau, sowie im Osten den Südkarpaten begrenzt.
Im Osten der Region liegt das Banater Bergland, das reich an Steinkohle und Eisenerz ist. Im West wiederum finden sich fruchtbare Ebenen.
Im Vertrag von Trianon wurde das Banat zwischen Rumänien (zwei Drittel), Serbien (früher „Serbische Woiwodschaft“) und Ungarn (ein geringer Zipfel im Nordwesten) aufgeteilt. So trugen oder tragen einige neue Verwaltungsbezirke heute noch den Namen der Region. Flächenmäßig hat das historische Banat mit 28523 km² etwa die Größe Belgiens.
Das rumänische Banat besteht im Westen aus einem Teil des Pannonischen Flachlandes („die Heide“), im nordöstlichen Teil aus Hügelland („die Hecke“) und im Südosten aus den Karpaten (Banater Gebirge, Poiana-Ruscă- und Retezat-Gebirge). Wirtschaftliches und kulturelles Zentrum ist die Großstadt Timişoara (dt. Temeswar oder Temeschburg, ung. Temesvár). Der serbische Teil besteht fast nur aus Flachland.
Administrative Unterteilung des Banat
In Rumänien:
- Timiş
- Caraş-Severin (außer den Ortschaften Bucova, Cornişoru, Băuţar und Preveciori)
- Arad (nur der südlich des Mieresch liegende Teil)
- Mehedinţi (nur der westliche Teil; hier liegen die Ortschaften Baia Nouă, Dubova, Eibenthal, Orşova und Sviniţa)
In Serbien:
- Vojvodina
- Severni Banat (Nordbanat) (außer den Gemeinden Ada, Senta und Kanjiza, die westlich der Theiß in der historischen Region Batschka liegen)
- Srednji Banat (Zentralbanat)
- Južni Banat (Südbanat)
- Zentralserbien (nur ein kleiner Raum in der Umgebung von Belgrad (nördlich der Donau und westlich des Temesch bei der Gemeinde Palilula) (Pančevački Rit)
In Ungarn:
- Komitat Csongrád (nur ein kleiner Teil südlich der Marosch und östlich der Theiß)
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Das Banat in Rumänien
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Die Gemeinde Palilula im Belgrader Ballungsraum (Zentralserbien) ist auch Teil des Banats
Städte und größere Gemeinden im Banat
- Rumänien
Timişoara (deutsch Temeswar), Reşiţa (deutsch Reschitz), Lugoj (deutsch Lugosch), Jimbolia (deutsch Hatzfeld), Sânnicolau Mare (deutsch Groß-Sankt-Nikolaus), Periam (deutsch Perjamosch), Anina (deutsch Steierdorf), Oraviţa (deutsch Orawitza), Orşova (deutsch Orschowa), Caransebeş (deutsch Karansebesch), Lipova (deutsch/ungarisch Lippa), Buziaş (deutsch Busiasch), Făget (deutsch Fatschet) Deta (deutsch/ungarisch Detta), Gătaia (deutsch Gataja), Recaş (deutsch Rekasch), Ciacova (deutsch Tschakowa), Bocşa, Moldova Nouă (deutsch Neumoldowa), Oţelu Roşu (deutsch Ferdinandsberg), Băile Herculane (deutsch Herkulesbad), Biled (deutsch Billed), Giarmata (deutsch Jahrmarkt).
- Serbien
Zrenjanin (deutsch Groß-Betschkerek), Pančevo (deutsch Pantschowa), Kikinda (deutsch Großkikinda), Vršac (deutsch Werschetz), Bela Crkva (deutsch Weißkirchen).
- Andere Städte
Städte, die historisch nicht Teil des Banats sind, sich aber im Laufe des 20. Jahrhunderts in diese Region hinein erweitert haben, so dass heute einige Stadtteile im historischen Banat liegen: Arad (Aradu Nou, deutsch Neuarad), Belgrad (Palilula) und Szeged (deutsch Szegedin) (Újszeged).
Geschichte

In der Antike war das Banat Teil des Königreichs Dakien, und seit Beginn des 2. Jahrhunderts Teil der römischen Provinz Dacia. Im Süden und Osten entstanden zahlreiche römische Festungen und Städte. Die ortsansässigen Daker wurden vermutlich romanisiert (siehe auch: Dako-romanische Kontinuitätstheorie). Nach den Rückzug der Römer aus dem Karpatenbogen im Jahr 271 wurde das Banat zu einem der Durchgangsgebiete der Steppennomaden, die in der ungarische Tiefebene verschiedene aufeinanderfolgende Reiche errichteten.
Während der Awarenzeit im 5. und 6. Jahrhundert siedelten sich Slawen an. Jahrhunderte später fiel das Banat an das Königreich Ungarn. Ob die Region im 9. Jahrhundert Teil des Bulgarischen Reiches war, ist umstritten.[1]
Die Osmanen eroberten das Banat 1526 (siehe auch: Islam in Rumänien). Es wurde 1718, fast zwanzig Jahre später als Ungarn (Friede von Passarowitz), österreichisch und bekam den Namen Temescher Banat. 1867 wurde es ins Königreich Ungarn integriert. Es wurden die Komitate Torontal (heute hauptsächlich in Serbien), Temes (entspricht ungefähr dem heutigen rumänischen Kreis Timiş) und Krassó-Szörény (entspricht dem heutigen Kreis Caraş-Severin) gebildet.
Zwischen dem 1. und dem 15. November 1918 bestand die Banater Republik. Danach wurde die Region von Serbien besetzt und verwaltet. Am 21. Juni 1919 wurde das Banat geteilt: im Vertrag von Trianon (4. Juni 1920) fielen 18.945 km² an Rumänien, 9.307 km² an den neuen Staat Königreich Jugoslawien, und 217 km² verblieben bei Ungarn.
Bevölkerung
Die Bevölkerungsstruktur war in beiden Teilen des Banats bis 1944 noch sehr gemischt. Im 18. Jahrhundert – nach dem Ende der Türkenkriege – wurden durch die österreichische Krone vorwiegend katholische, in der Mehrzahl deutsche Siedler zu den hier lebenden Serben angesiedelt. Diese Auswanderer, die später als Donauschwaben bezeichnet wurden, waren hauptsächlich Pfälzer, Schwaben, Bayern, Hessen, Nieder- und Oberösterreicher („Landler“) und Elsässer. Es gab aber auch eine kleine Anzahl von Franzosen, Kroaten, Bulgaren, Italienern und Spaniern, Magyaren, Slowaken, Russinen und Armeniern. Im südlichen Banat nahe dem Eisernen Tor gibt es bis heute einige Banater Tschechen. Im Banat gab es viele Dörfer und Städte mit einer absoluten oder relativen deutschen Mehrheit. In Timişoara (dt. Temeswar, Temeschburg) waren bis zum Zweiten Weltkrieg die Deutschen die zahlenmäßig stärkste ethnische Gruppe.
Als Folge der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht und deren Gräueltaten gegenüber der serbischen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg verschwand die deutsche Minderheit im serbischen Westbanat (358.604 Personen in der Vojvodina laut Volkszählung 1931, siehe Donauschwaben) unmittelbar nach dem Krieg durch Flucht, Verschleppung in russische Zwangsarbeit, Ermordung, Vertreibung und Abwanderung fast vollständig. Auch im rumänischen Banat erfolgte eine vorübergehende Entrechtung und Totalenteignung der deutschen Minderheit und die zeitweilige Deportation fast aller Deutschen im arbeitsfähigen Alter in die Sowjetunion, sowie später Verschleppungen in die Bărăgan-Steppe. Im Gegensatz zum damals jugoslawischen (heute serbischen) Westbanat fand hier allerdings keine systematische Vertreibung statt. So konnten die Banater Schwaben in Rumänien ihre Identität und ihren Besitz in unterschiedlichem Maße wahren. Erst die großen Auswanderungswellen der 1980er und 1990er Jahre ließ die Zahl der Deutschen im Banat auf eine heute verschwindend kleine Minderheit zurückgehen, allerdings weisen vor allem in der Umgebung von Timişoara (dt. Temeswar) noch heute Ortsnamen wie Altringen, Bethausen, Gottlob, Johanisfeld, Lenauheim, Liebling, Nitzkydorf oder Gherman auf die deutsche Vergangenheit der Region hin.
Das Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen ist traditionell gut. Die ethnischen Konflikte der Vergangenheit sind längst abgeklungen. Im serbischen Banat wurden die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg durch Montenegriner, Bosnische Serben und Serben aus Zentralserbien ersetzt. In den 90er Jahren kamen noch serbische Flüchtlinge aus Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo hinzu. Im rumänischen Banat sind an die Stelle der ausgewanderten Deutschen zahlreiche Siedler aus anderen Teilen Rumäniens nachgerückt, vorwiegend Rumänen, aber auch sehr viele Ungarn (sog. Szekler) und Roma. Dennoch konnte im rumänischen Banat der (durch die Abwanderung der Deutschen verursachte) Bevölkerungsmangel nicht immer gedeckt werden.
Für einen Einwohner des Banats ist es auch heute nicht ungewöhnlich, zwei oder drei Sprachen zu beherrschen. Viele Lehnwörter wurden zudem lokal unter den Sprachen ausgetauscht. So ist es im Bereich der Stadt Lugoj (dt. Lugosch, ung. Lugos) beispielsweise nicht unüblich, im täglichen Sprachgebrauch das Wort Bigleis für Bügeleisen zu verwenden.
Herkunft des Namens Banat
Die Herkunft des Wortes ist umstritten. Nach dem Historiker Rudolf Spek[2] versteht man unter Banat (ung. Bánság) in Ungarn des Mittelalters bestimmte Grenzmarken im Süden des Landes, die unter der Verwaltung eines Banus standen, der ähnliche Aufgaben wie die deutschen Markgrafen zu erfüllen hatte. Die Bezeichnung Banus und Banuswürde ist kroatischen Ursprungs und gehen auf das 12. Jahrhundert zurück. Die übrigen Banate wie das Bosnische, Matschoer oder Severiner Banat gingen mit der Besetzung Ungarns durch die Türken unter.[3] Nach dem jugoslawischen Romanisten Petar Skok leitet sich Banat vom awarischen Fürstentitel Ban ab.[4] Andere Historiker leiten das Wort von türkisch „bajan“ (Reich, Herrschaft) ab. Gemäß Anton Scherer nannten die Protobulgaren ihre Statthalter Ban[5], anderen Quellen zu Folge nannte sich die bulgarische Aristokratie Boil, woraus sich später das slawische Boljar entwickelte[6].
Was heute unter dem Namen (Temescher) Banat verstanden wird, ist niemals ein Banat im eigentlichen Sinne des Wortes gewesen und wurde erst nach dem Frieden von Passarowitz (1718) als „Banatus Temesvariensis“ kurzweg als Banat bezeichnet, während der Friede von Karlovitz (1699) dieses Gebiet noch als „Provincia Temesvariensis“ umschreibt.[3]
Trivia
Banat gibt es auch auf dem Mond. Im Mare Imbrium, zwischen dem Krater Copernicus im Süden und dem kleinen Krater Pytheas im Norden liegen die Montes Carpatus mit einige vorspringenden Bergspitzen. Der nördlichste Vorsprung heißt "Banat Promontory" (Banater Vorgebirge).[7]
Literatur
- Walter Engel (Hg.): Das Banat – ein europäischer Kulturraum, Klartext, Essen 2007, ISBN 3-89861-722-X
- Remus Creţan: Etnie, confesiune şi opţiune electorală în Banat. Structuri teritoriale, tradiţie, actualitate, ed. a 2-a, rev. şi adăugită, Ed. Univ. de Vest, Timişoara 2006
- Thomas Krause: "Die Fremde rast durchs Gehirn, das Nichts …" Deutschlandbilder in den Texten der Banater Autorengruppe (1969–1991), (= Studien zur Reiseliteratur- und Imagologieforschung; 3), Peter Lang, Frankfurt am Main – Berlin [u.a.] 1998, ISBN 3-631-33399-4
- Roxana Nubert; Ileana Pintilie-Teleagă: Mitteleuropäische Paradigmen in Südosteuropa. Ein Beitrag zur Kultur der Deutschen im Banat, Praesens, Wien 2006, ISBN 3-7069-0340-7
- Hans-Heinrich Rieser: Das rumänische Banat. Eine multikulturelle Region im Umbruch. Geographische Transformationsforschungen am Beispiel der jüngeren Kulturlandschaftsentwicklung in Südwestrumänien, (= Schriftenreihe des Instituts für Donauschwäbische Geschichte und Landeskunde; 10), Thorbecke, Stuttgart 2001, ISBN 3-7995-2510-6
- Andrea Schmidt-Rösler: Rumänien nach dem Ersten Weltkrieg. Die Grenzziehung in der Dobrudscha und im Banat und die Folgeprobleme, (= Europäische Hochschulschriften: Reihe 3, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften; 622), Peter Lang, Frankfurt am Main – Berlin [u.a.] 1994, ISBN 978-3631476123
- Diana Schuster: Die Banater Autorengruppe. Selbstdarstellung und Rezeption in Rumänien und Deutschland, Hartung-Gorre, Konstanz 2004, ISBN 3-89649-942-4
- Ingomar Senz: Die Donauschwaben, Langen/Müller, München ²1994, ISBN 3-784-42522-4
- Akiko Shimizu: Die deutsche Okkupation des serbischen Banats 1941–1944 unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Volksgruppe in Jugoslawien, (= Regensburger Schriften aus Philosophie, Politik, Gesellschaft und Geschichte; 5), Lit, Münster 2003, ISBN 3-8258-5975-4
- Josef Wolf (Hg.): Quellen zur Wirtschafts-, Sozial- und Verwaltungsgeschichte des Banats im 18. Jahrhundert, Tübingen 1995
- Josef Wolf: Entwicklung der ethnischen Struktur des Banats 1890–1992 (Atlas Ost- und Südosteuropa / Hrsg.: Österreichisches Ost- und Südosteuropa-Institut; 2: Bevölkerung; 8 = H/R/YU 1, Ungarn/Rumänien/Jugoslawien), Gebr. Borntraeger Verlagsbuchhandlung, Berlin – Stuttgart 2004, ISBN 3-443-28519-8
Einzelnachweise
- ↑ Harald Roth (Hg.): Banat, Batschka, Syrmien/Wojwodina - Studienbuch Östliches Europa. Band 1: Geschichte Ostmittel- und Südosteuropas. Böhlau, Köln ; Weimar ; Wien 2009, S. 109–111.
- ↑ Rudolf Spek: Handwörterbuch des Grenz- und Auslandsdeutschtums, Bd.1. 1933, S. 208.
- ↑ a b Anton Scherer: Suevia-Pannonica. Graz 2009, S. 14.
- ↑ Petar Skok: Toponomastika Vojvodine, In:Vojvodina. Bd. 1. Novi Sad 1939, S. 108 - 127.
- ↑ Anton Scherer: Bane und Banate – Etymologie des Namens vom 10. Jahrhundert bis 1941. Danubio-Suevia, Graz 1989, S. 16.
- ↑ Lexikon des Mittelalters, Band 2. LexMA-Verlag,, München 1980, ISBN 3-423-59057-2.
- ↑ Siebenbuerger.de, Siebenbürgische Zeitung: „Banat Promontory“ auf dem Mond, 17. Juni 2005