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Therapeutische Hyperthermie

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Hyperthermie (gr. Überwärmung) nennt man in der Medizin eine Behandlung durch künstliche Temperaturerhöhung des Körpergewebes. Es gibt Überwärmungen des ganzen Körpers und solche von Regionen oder einzelnen Organen. Unter die Bezeichnung fallen nicht die einfachen äußeren Wärmeanwendungen, die nur die Hauttemperatur erhöhen (Fango, Infrarotbestrahlung) usw.

Die Maligne Hyperthermie ist eine schwere Unverträglichkeitsreaktion auf bestimmte Narkosemedikamente (siehe dort).


Geschichte der Hyperthermie

Erstmals erwähnt wurde die heilende Wirkung von Wärmezuführung schon in den altägyptischen Hochkulturen (2400 v.Chr.), aber erst Mediziner der griechischen Antike haben diesen therapeutischen Ansatz konsequent angewandt, anerkannt und benannt: Überwärmung (griechisch: Hyperthermie). Im Laufe der Jahrhunderte fanden sich verschiedenste Anwendungsgebiete. So war zeitweise bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten die künstliche Erzeugung von Fieber mit Hilfe pyrogener Stoffe als Fiebertherapie üblich. Diese Eingriffe in Organismus und Körperfunktionen lassen sich als aktive Hyperthermie bezeichnen. Die passive Hyperthermie bezeichnet hingegen die Erhöhung der Körpertemperatur mittels Geräteeinsatzes von außen. Sie kommt heute vor allem in der Krebsbehandlung zum Einsatz.

Hyperthermie in der Krebsbehandlung

Manfred von Ardenne

1910 wurde erstmals die Möglichkeit der Überwärmung zur Erhöhung der Strahlenwirkung bei bösartigen Tumoren beschrieben. Anfang der 1960er Jahre wurde diese bereits bekannte und angewandte Methode als Ganzkörperhyperthermie wiederentdeckt. Seit den 1970er Jahren laufen Studien zu dieser Therapieform. In Deutschland war es vor allem der Physiker und Krebsforscher Manfred von Ardenne, der die so genannte Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie mit der Anwendung von Hyperthermie zur Krebs-Mehrschritt-Therapie verband. Die unter anderem von ihm entwickelte moderne Gerätetechnologie ermöglichte eine bessere Steuerung der Überwärmung und damit eine gezieltere Anwendung in der medizinischen Praxis.

Teilkörper-Hyperthermie

Die von Ardenne eingeführten Methoden und Geräte haben keine schulmedizinische Anerkennung gefunden. Die Ganzkörper-Hyperthermie wird innerhalb der Schulmedizin nur noch sehr selten eingesetzt. Wenn im ganzen Körper relevante Temperaturen (> 42°) erreicht werden, ist das Risiko für Komplikationen erheblich. Eine Narkose ist erforderlich.

Die Anwendung als Teilkörper-Hyperthermie wird jedoch vielerorts weiterentwickelt und in klinischen Studien erprobt. Fast immer wird die Hyperthermie mit Strahlen- oder Chemotherapie kombiniert (manchmal unter der Bezeichnung Oncothermie). In der Behandlung von Krebserkrankungen (Onkologie) wird sie vor allem dann eingesetzt, wenn andere Verfahren (Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie) keinen ausreichenden Erfolg mehr versprechen. Die Überwärmung auf 40 - 44° Celsius wird gezielt im Tumorgebiet erzeugt, meist von außen mithilfe von Mikrowellen, Radiowellen oder Ultraschall.

Einzelne Organe können vom Blutkreislauf vorübergehend getrennt und mit erwärmter Lösung gespült werden. Es gibt auch experimentelle Ansätze, Heizspulen direkt in einen Tumor hineinzubringen oder magnetische Flüssigkeiten zu injizieren und diese dann induktiv zu erwärmen.

Wirkungsweise

Besondere Wirksamkeit erreicht die Hyperthermie in Kombination mit den "klassischen" Behandlungsformen wie der Chemotherapie und der Strahlentherapie. Die Wirksamkeit wird dabei gegenseitig potenziert, eine Heilung wahrscheinlicher - der sogenannte synergistische Effekt der Hyperthermie. Man hat z.B. festgestellt, dass Zytostatika (Chemotherapiesubstanzen) bei Temperaturen über 40° C deutlich aggressiver wirken als bei der normalen Körpertemperatur. Darüber hinaus sind die thermisch vorgeschädigten Tumorzellen leichter durch die Strahlentherapie zu bekämpfen, weil ihre Reparaturfähigkeiten herabgesetzt sind. So lassen sich Nebenwirkungen wie Haarausfall und Übelkeit, die den Patienten häufig psychisch und physisch stark belasten, reduzieren. Selbst ein Tumor, der gegen Chemo- und Strahlentherapie resistent war, kann nach einer Hyperthermie-Behandlung auf diese Therapien wieder ansprechen.

Gegenwärtiger Stand

Die Wirkmechanismen und Kombinationspotentiale sind derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Es gibt viele Geräte mit völlig unterschiedlicher Funktionsweise am Markt. Das erklärt, warum Hyperthermie-Behandlungen noch nicht als Standardtherapien eingesetzt werden. Die Geräte sind derzeit nur in onkologischen Zentren verfügbar. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es solche Programme an 14 onkologischen Zentren in Deutschland (z.B. München/Großhadern, Universitätsklinik Tübingen, Berlin/Charité); es werden nur einige Hundert Patienten im Jahr behandelt. Hyperthermie ist in Deutschland keine Regelleistung der Gesetzlichen Krankenversicherung.