Jenő Barcsay
Jenö Barcsay (* 14. Januar 1900 in Katona/Siebenbürgen; † 2. April 1988 in Szentendre) war ein ungarischer Maler, Graphiker, Zeichner und Fachschriftsteller.
Vita
Barcsay begann seine Laufbahn mit einer Klavierausbildung 1918 am Konservatorium Marosvásárhely.
Er studierte zwischen 1920-26 and der Hochschule für Bildene Kunst in Budapest Malerei bei János Vaszary und Gyula Rudnay, Graphik bei Viktor Olgyai.
Ein Aufenthalt in Paris 1926/27 und Rom 1928/30 welches über ein Stipendiem finanziert worden ist prägten seine Stilbildung. Ab dem Sommer 1925 bis 1928 war Barcsay in der Künstlerkolonie Hódmezoevásárhely aktiv, und seit 1929 in Szentendre und Budapest. Von 1931 bis 1945 war er Zeichenlehrer an der gewerblichen Berufsschule in Pest.
Von 1945 bis 1974 hatte Barcsay die Professur für Anatomie an der Hochschule für Bildende Kunst in Budapest inne. Seit 1966 unterhielt er ein Atelierhaus in Szentendre.
Stilistische Entwicklung
Erste Genrebilder Barcsay die noch von Gyula Rudnays romantisierendem Stil beeinflußt waren, sind lyrische Landschaften der ungarischen Tiefebene.
Das Paris-Erlebnis (Cézanne) und Italien mit seinen Renaissance-Fresken hinterlassen nachhaltige Eindrücke für einen klaren Bildaufbau und eine ausgewogene Farbsprache. Der zweite Parisaufenthalt mit dem Erlebnis Picasso, Matisse und dem Kubismus beeinflußt entscheidend Barcsay weiteres Schaffen.
1929 in Szentendre verbindet er kontrastreich räumliche Naturerleben und flächenhaft-prismatische Dekorativität (zuerst als Kohle-Zeichnung dann in Öl) mit konstruktivistischen Elementen, ohne die Bindung zum Realismus der Tiefland-Maler und zu den düsteren, strukturierten Landschaften István Nagys zu verleugnen. Erfolglos sind vorerst Versuche, in figürl. Darstellung konstruktivistische und expressive Bildelemente zu vereinen (z.B. Drei Arbeitermädchen, 1938, 200x135 cm, Bild von Barcsay zerstört).
Ende der 30er Jahre findet bei Barcsay eine Hinwendung zu einer düster-erregten Natur-Romantik, vorrangig in Stilleben und nächtlich-visionären Straßenszenen, in denen Menschen nur noch als Distanzfiguren auftreten (z.B. Weiße Lichter, Pastell/Tempera, 1944).
Nach 1945 war Barcsay ein führender Vertreter der konstruktivistischen Richtung der ungarischen Europa-Schule, der seine Bemühungen um eine freie Kunst trotz staatlichen Verbots der Schule fortsetzt. Mit einer Malauffassung, die der neuen ungariscne Architektur angelehnt war, führt Barcsay die Konstruktivität bis an die Grenze nonfigurativer Malerei, u.a. in gitterhaft strukturierten Stadtlandschaften.
Am Anfang der 60er Jahre gelangen sein gefühlsbetonter Lyrismus und die Neigung zur konstruktiven Abstraktion zur Synthese: Die Sehnsucht des Menschen nach Gemeinschaft kommt in der Schönheit wie Zerrissenheit der figürlichen Anlage und dem subtilen Kolorismus zum Tragen (Mosaikentwurf Frauen I, vor goldenem Grund, Öl/Holz, 1963).
Das Spätwerk erscheint dagegen formal und farblich stark reduziert im Kolorit, um Grundfragen des menschlichen Daseins allgemeingültig auszudrücken (z.B. Ahnung und Vergehen, Öl, 1973, Teile eines Triptychons). Als Erbe der ungarischen Avantgarde entwickelte er aus seiner engen Verbindung mit Szentendre einen eigenständigen natührlichen Neokonstruktivismus, der in seiner lebenserfüllten Materialität und Kompaktheit die europäischen Moderne maßgebend bereicherte. Barcsay errang außerdem mit seinen in viele Sprachen übersetzten Kunstbänden internationale Anerkennung. Seine bekannteste Buchveröffentltlichungen ist wohl ein Bilderband zur Anatomie- Zeichnung "Muevészeti anatómia" das beim Córvin Verlag 1967 herausgegeben wurde, und als Standartliteratur für Kunststudenten bis heute Geltung hat.
Ausgestellte Werke (Auszug)
- Baja: I.Türr-Museum
- Budapest: Natinal-Galerie: zahlreiche Zeichnugen und Gemälde, u.a. Hügellandschaft, Öl, 1934; Weiße Lichter, 1944; Fabrik, Öl/Lw., 1946; Bildkonstruktion (Blau-Variationen), Öl/Lw., 1966; In der Loge, Öl/Lw., 1969. – National-Theater: Marmormosaik, 1966. – Historisches Museum: Brauner Kopf, Öl/Lw., 1960; Mosaikentwurf für Szentendre, 1968. – Újpest, Schwimmbad: Mosaik, 1974/75. – Rákoskeresztúr, Standesamt: Mosaikwand.
- Debrecen: Déri-Museum
- Kaposvár: Joszef Rippl-Rónai-Museum: Arbeiten, Ende 20er/Anfang 30er Jahre.
- Kecskemét: Galerie: u.a. Nachlaß.
- London: British Museum
- Miskolc: Technische Universität, Bibliothek: Frauen, Marmormosaik, 1963.
- Nagykanissza: G.Thury-Museum – Bilder-Galerie
- Pécs: Moderne Galerie: zahlreiche Landschaften und Ortsansichten von Szentendre; Mosaik-Skizze (Frauen), Öl, 1968; Triptychon I-III, Öl, 1979.
- Szeged: F.Móra-Museum: Flucht, Öl.
- Székesfehérvár: Stadt-Museum: u.a. Rhythmus der Formen, Öl, 1971.
- Szentendre: J.Barcsay-Museum: ständige Ausstellung, ca. 150 Gemälde, 70 Graphiken, Entwürfe für Fresken, Mosaike, Teppiche, Nachlaß. – K.Ferenczy-Museum: Arbeitermädchen, Öl, 1928. – Kulturhaus: Mosaik, 1973-75.
- Várpalota: Gy.Nagy-Galerie
Ausstellungen (Auszug)
- 1925, '32, '36, '38, '41, '43, '66 Ernst-Museum Budapest
- 1932 Tamás-Galerie Budapest
- 1944 Alkotás-Künstlerklub Budapest
- 1947 Künstler-Galerie, Budapest
- 1957 Salon der Nationalgalerie, Budapest
- 1964 Dürer-Saal, Budapest
- 1970,'82 Kunsthalle Budapest
- 1975 Hatvan
- 1976 Dunaújváros
- 1983 F. Móra-Museum, Szeged
Gruppenausstellungen (Auszug)
- 1927, '34 (Preis), '40 Natinal-Salon: Künstlergruppe KÉVE, Budapest
- 1985 Ungarische National Galerie, Budapest
- 1929, '64 (Preis), '80 Biennale, Venedig
- 1937 V.& A. Museum: Ungarische Kunst, London
- 1955-65 Hódmezoevásárhely (1955 Auszeichung)
- 1964 XXXII. Biennale, Venedig(mit Csohány Kálmán und Segesdy Györggy)
- 1966 Exposition de Peinture, Sculpture et Arts Graphiques Hongrois du Xe au XXe siecle, Paris
- 1969 I. Biennale der Konstruktivisten, Nürnberg
- 1975 Kunst-Museum: Ungarische Kunst zwischen 1900-50, Luzern
- 1976 XXXVII. Biennale, Venedig
- 1980 XXXIX. Biennale, Venedig
- 1988 Zeitgenössische ungarische Kunst, Wien
Auszeichnungen/Ehrungen (Auszug)
- 1925 Preis der Szinyei-Merse-Gesellschaft (für das Gemälde "Der Idiot des Dorfes")
- 1954 L.Kossuth-Preis (Silber);
- 1964 Verdienter Künstler
- 1970 Grand Prix 2.Internat. Malerei-Festival Cagnes-sur-Mer
- 1970 Verdienstorden in Gold
- 1975 Ehrenbannerorden
- 1988 Ehrenbannerorden mit Lorbeerkranz. für Mitgliedschaft 1929-66 Künstlerkolonie Szentendre
- 1950 Vereinigung ungararischer Maler, Bildhauer und Kupferstecher (Ungarischer Kunstfonds)
- 1945-49 Europa-Schule
- 1980 Graphik-Atelier Szentendre
- Verband ungarischer bildenden Künstler
Bibliographe Sebstzeugnisse
- Szükségem van a természetre (Ich brauche die Natur), in: Az új magyar muevészet onarcképe, Budapest, 1946, 32
- Ember és dráperia (Mensch und Draperie), Budapest, 1958
- Tér és forma (Form und Raum), Budapest, 1966
- Muevészeti anatómia, Budapest, 1967