Zum Inhalt springen

Zeitrechnung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. Dezember 2009 um 18:00 Uhr durch Gravitophoton (Diskussion | Beiträge) (Literatur eingef.&erg. Vogtherr 06, Holford 08). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Zeitrechnung ist in der Chronologie die zyklische sowie die lineare Strukturierung der Zeit. Die zyklische Zeitrechnung ist Arbeitsgebiet der Kalenderrechnung und der Uhrzeitrechnung. Die lineare Zeitrechnung bezeichnet man als Jahrrechnung.

Normierungen und Darstellung

In der Europäischen Norm EN 28601 (von 1992) ist das Datumsformat (die gültige Darstellung der Zeitrechnung) festgelegt, welches für Deutschland und Österreich uneingeschränkt gültig ist (abgeleitet aus ISO 8601 von 1988). Darin wird auf eine Datierung nach christlicher Tradition bezüglich vor oder nach Christus nicht mehr eingegangen. Zudem sieht der aktuelle Standard ISO 8601 (von 2000) ein Jahr Null und Jahresangaben mit negativem Vorzeichen vor.

Erfassungssysteme

Zyklische Struktur

Zur zyklischen Strukturierung wird die Zeit in der Regel im Rahmen eines Kalenders eingeteilt in:

Jahre, Monate, Wochen, Tage

In Rahmen der Uhr wird sie dargestellt in:

Stunden, Minuten, Sekunden

Ausgangspunkt für diese wiederkehrenden Zeiteinteilungen waren in allen Kulturen die scheinbaren Bewegungen des Erdtrabanten Mond, der Sonne und der übrigen Gestirne:

Lineare Struktur

Die lineare Zeit entspringt dem individuellen Zeitempfinden, also der Einteilung eines Menschenlebens in Lebensjahre. Voraussetzung für lineare Zeitrechnungen (Jahrrechnung) ist die Vereinbarung eines oder mehrerer Bezugsdaten –- Bezugsdatum der persönlichen Zeitrechnung ist das Geburtsjahr. Diese Form der Zeitrechnung wurde in vielen Kulturen mit der Person oder dem Amtsantritt des jeweiligen Herrschers auf die „offizielle Zeitrechnung“ übertragen. Jahre werden etwa angegeben als Im soundsovielten Jahr der Regentschaft des …:

Bestimmte Kulturen und Religionen orientierten ihre Zeitrechnung an ihrer Gründergestalt.

  • Im Buddhismus orientiert man die Zeitrechnung traditionell am Todestag des Buddhas Siddhartha Gautama 544 v. Chr. (durch singhalesische Mönche festgelegt, eigentlich starb Buddha wohl um −483), unser Jahr 2000 war also in der gängigen buddhistischen Zeitrechnung das Jahr 2544.
  • Die römische Jahreszählung ab urbe condita leitet sich von der angenommen Abkunft des römischen Volkes von Äneas und der (legendären) Gründung Roms durch Romulus ab. Systematisch gebraucht wurde sie allerdings erst um 400 von dem iberischen Historiker Orosius.
  • Die christlichen Gemeinden folgten zunächst der jeweils regional vorherrschenden bürgerlichen Zeitrechnung. Der römische Mönch Dionysius Exiguus († um 545) berechnete aus Vorgaben des Neuen Testaments den Zeitpunkt der Geburt Jesu Christi für das Jahr 754 ab urbe condita (seit der Gründung Roms) und begründete damit die Christliche Zeitrechnung. Da ihm die mathematische Größe Null noch nicht bekannt war, bezeichnete er das erste Jahr mit einer Eins.

Beda Venerabilis war der erste Historiker, der diese Christliche Zeitrechnung systematisch gebrauchte (um 730). Im Frankenreich Karls des Großen war sie schon eine gebräuchliche Skala und verbreitete sich von dort später weltweit. Seither wird in der christlich geprägten Welt die Zeit eingeteilt in „ante Christum natum“ (vor Christi Geburt) und post Christum natum (nach Christi Geburt). Bei alten Jahresangaben findet sich häufig das „AD“, das heißt „Anno Domini“ / „im Jahr des Herrn“; mit „Herr“ ist hier Jesus Christus gemeint. Die Zeit seit der Erscheinung Christi wird als eine Zeit verstanden, deren Herr Jesus Christus ist.

Im indischen Raum gab es viele kurzlebige Reiche, die alle ihre eigenen Zeitrechnungen, beginnend mit einem Herrscher, hatten. Viele sind bisher chronologisch noch nicht fest fixiert.

  • Im Hinduismus das Shaka-Zeitalter und das Kaliyuga-Zeitalter.
  • Das Gupta-Reich beginnt seine Zeitrechnung mit der Thronbesteigung des ersten Gupta-Königs Chandragupta I. im Jahr 319.
  • Maues Ära: Frühes erstes nachchristliches Jahrhundert
  • Azes Ära: Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts, wohl identisch mit der Vikrama Ära
  • Gondophares Ära: begann um 20
  • Saka Ära: begann im Jahr 78, vielleicht identisch mit der Kosam/Bandogarh und der Lichchhavi Ära
  • Kanishka Ära: begann zwischen 110 bis 130
  • Kushan Ära: begann 227 und war vielleicht die Fortsetzung der Kansihka Ära
  • Kushano-Sasanidische Era: begann 233
  • Kalchuri-Chedi Ära: 248
  • Ganga Era: 420

Andere Jahresrechnungen orientieren sich an Ereignissen von religiöser oder kultischer Bedeutung:

  • Im Judentum gibt es die Zählung nach Jahren seit Erschaffung der Welt, beginnend mit dem 7. Oktober 3761 v. Chr. im julianischen Kalender (siehe jüdischer Kalender)
  • Eine im griechischen Kulturraum der Antike verbreitete Jahreszählung basierte auf Olympiaden, deren erste 776 v. Chr. stattfand.
  • Die islamische Jahreszählung beginnt mit der Hidschra Mohammeds im Monat Muharram, dem Abbruch der Beziehungen und Bindungen des Propheten und seiner Anhängerschar zu seiner Heimatstadt Mekka und seine Übersiedlung nach Medina im Jahr 622, (siehe islamischer Kalender)

Der Beginn einer Zeitrechnung (Ära) wird als Epoche bezeichnet, während das Wort Epoche umgangssprachlich als synonym mit Ära gebraucht wird.

Eine Anzahl von Systemen beruht aber auf astronomischer Grundlage:

Zur Vereinfachung der (maschinellen) Rechnung mit Zeiträumen wurden lineare Zeitrechnungssysteme mit mehr oder weniger willkürlich gesetzten Nullpunkten geschaffen:

Geologische Zeitalter

In der Geologie wird eine geologische Zeitskala verwendet die unter anderem nachfolgende Zeitalter definiert. Hierbei wird das

Präkambrium vom
Paläozoikum, dieses vom
Mesozoikum und dieses vom bis zur Gegenwart reichenden
Känozoikum abgelöst.

Chronologie

In den Geschichts- und verwandten Wissenschaften gibt es die Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Chronologie. Hier ist mit Chronologie eine zeitliche Abfolge gemeint welche als absolut (zum Beispiel Herrscherlisten, dendrochronologische Abfolge) gilt, wenn diese sich an die Gegenwart anbinden lässt. So ist etwa durch exakt datierte Fixpunkte bekannt, wann genau vor unserer Zeit ein Element dieser Abfolge existierte. Somit kann nun die ganze Abfolge absolut datiert werden. Als relativ wird eine Chronologie bezeichnet, wenn zwar Ereignisse, Funde etc. untereinander in eine zeitliche Abfolge gebracht werden können, jedoch bei der Altersbestimmung nicht festzulegen ist, wie lange diese Abfolge vor der Gegenwart lag, da ein feststehender Bezugspunkt zur Gegenwart fehlt.[1]

Einzelnachweise

  1. Hermann [und ab der 8. Aufl. Otto] Grotefend: Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, 10. Aufl., hrsg. von Theodor Ulrich, Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1960, ISBN 978-3775251778

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Vogtherr: Zeitrechnung - von den Sumerern bis zur Swatch. Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-44763-1.
  • Leofranc Holford-Strevens: Kleine Geschichte der Zeitrechnung und des Kalenders. Reclam, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-018483-7.