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Schloss Neu-Augustusburg

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Schloss Neu-Augustusburg um 1700

Das Weißenfelser Schloss Neu-Augustusburg in Sachsen-Anhalt war von 1680 bis 1746 Residenz des sächsischen Herzogtums Sachsen-Weißenfels, ist teilweise sehr gut erhalten und beherbergt heute u.a. eine Ausstellung zum ehemaligen Herzogtum Sachsen-Weißenfels.

Bau und Bedeutung

Die Grundsteinlegung erfolgte am 25. Juli 1660 durch den Erzbischof von Magdeburg August, der dank des Testaments seines Vaters, Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen, seit 1657 auch als erster das neu gegründete Herzogtum Sachsen-Weißenfels verwaltete und dies von seiner Residenz als Magdeburger Erzbischof in Halle a.d. Saale aus tat. Mit Ende des Dreißigjährigen Krieges und dem Westfälischen Friedens 1648 erwarb sich das Kurfürstentum Brandenburg allerdings den Anspruch auf den weltlichen Besitz des Erzbistum Magdeburg (zu dem auch die Stadt Halle gehörte). Der sollte eingefordert werden, sobald der letzte Administrator des Erzbistum Magdeburg stirbt. Es wird daher vermutet, dass Herzog August in diesem Wissen Neu-Augustusburg konkret für seinen Amtsnachfolger bauen ließ, der nach seinem Tod im neu eingerichteten Herzogtum Magdeburg als Herzog von Sachsen-Weißenfels definitiv nicht bleiben konnte und Weißenfels sowieso Residenzstadt des sächsischen Herzogtums war.

Sohn Johann Adolf I. von Sachsen-Weißenfels bezog 1680 nach dem Ableben seines Vaters als neuer und erster Herzog das noch unfertige Schloss und brachte es 14 Jahre später zur Vollendung. Die Baumeister waren Johann Moritz Richter und sein Sohn. Beide schufen mit diesem Bau eine der größten frühbarocken Schlossanlagen in Mitteldeutschland.

Nach Herzog Johann Adolf I. von Sachsen-Weißenfels residierten hier auf Neu-Augustusburg bis zur Auflösung des Herzogtums im Jahre 1746:

Das Schloss entwickelte sich zum kulturellen Zentrum, das bedeutende Künstler wie Johann Beer, Johann Philipp Krieger, Georg Philipp Telemann und Friederike Caroline Neuber anzog.

Hier entdeckte Herzog Johann Adolf I. von Sachsen-Weißenfels auch das musische Talent des jungen Georg Friedrich, als er seinen Leibarzt Georg Händel darum bittet, dessen Sohn bei ihm in der Schlosskirche Orgel spielen zu lassen. Johann Sebastian Bach komponierte für den Herzog seine Kantate Was mir behagt, ist nur die muntre Jagd BWV 208 (Jagdkantate)), die 1713 zu Ehren des Herzogs in Weißenfels uraufgeführt wurde (heute Hotel Jägerhof). Seine Kantate Entfliehet, verschwindet, entweichet, ihr Sorgen BWV 249a (Schäferkantate) erklang zum Geburtstag des Herzogs 1725 hier auf Schloss Neu-Augustusburg. Für die Orgel der Schlosskirche komponierte er seine Toccata in F BWV 540/I.

Schlosskirche St.Trinitatis

Datei:Schloss-Neu-Augustusburg-Schlosskirche2.jpg
Schlosskirche mit Altar
Datei:Schloss-Neu-Augustusburg-Schlosskirche1.jpg
Schlosskirche mit Förner-Orgel

Besonders interessant und sehenswert ist die weitgehend im Original erhaltene Schlosskirche St. Trinitatis, welche zu den schönsten frühbarocken Kirchen Mitteleuropas zählt.

Als Schlosskapelle ist der Raum von der Fürstenloge auf der Empore her konzipiert. Die Ausmalung übernahm Johann Oswald Harms; die umlaufenden Emporenbilder zeigen typologisch entsprechende Szenen aus dem Neuen (1. Empore) und Alten Testament (2. Empore). Ein besonderes Schmuckelement sind die zahlreichen Emblemata. Der ursprüngliche Kanzelaltar von Johann Heinrich Böhme aus Schneeberg und Johann Balthasar Stockhammer (1678/80) wurde nach dem Übergang des Schlosses an das katholische Haus Sachsen 1751 auseinandergenommen; der Altar erhielt ein Relief der Verkündigung als Altarbild.

Zu den bekannten Schlosspredigern zählten Johannes Olearius (1611–1684) und Erdmann Neumeister.

Die Kirche wird seit 1946 sonntäglich von der Evangelisch-Lutherischen St. Trinitatisgemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche genutzt, die nach dem Abschluss einer Nutzungsvereinbarung mit der Stadt 2004 im angrenzenden Nordostflügel des Schlosses auch Gemeinderäume und das Pastorat eingerichtet hat.

Orgel

Die Orgel auf der dritten Empore der Schlosskirche wurde 1667-1673 durch den Orgelbauer Christian Förner erbaut. Sie umfasste 22 Register auf zwei Manualen und Pedal und galt Zeitgenossen als ein technisches wie musikalisches Meisterwerk des mitteldeutschen Orgelbaus.

Nach jahrzehntelanger Vernachlässigung in der Zeit der Nutzung des Schlosses als Kaserne wurde die Orgel 1839 durch Johann Friedrich Schulze radikal umgebaut, 1864 nahm Friedrich Ladegast Reparaturen vor. Nach 1945 wurden Pfeifenwerk und Gehäuse schwer beschädigt; 1985 erfolgte ein als Teilrekonstruktion bezeichneter weitgehender Neubau durch die Orgelbaufirma A. Voigt. Trotz der massiven Eingriffe gilt die Förner-Orgel als musikgeschichtliches Denkmal und Schlüsselinstrument zum gesamten Orgelbau in Mitteldeutschland.[1]

Gruft

Die Weißenfelser Herzogsfamilie wurde in der Gruft unter dem Altarraum der Kirche bestattet. Die Gruft, mit 38 zum Teil prunkvollen Zinnsarkophagen, ist in der Regel einmal im Monat für Besucher zugänglich.

Schlossgebäude

Blick von Osten auf den Ehrenhof mit teilrestauriertem Nordflügel, Juni 2008

Nach dem Aussterben des Weißenfelser Herzogshauses 1746 ging das Schloss zunächst wieder an das Kurfürstentum Sachsen und wurde nur noch selten bewohnt. Ab 1815 gehörte es zu Preußen und wurde zur Kaserne umgebaut. Als solche wurde es bis 1920 vom Heer als Unteroffiziersschule, dann von der Polizei genutzt. Nach 1945 fanden Flüchtlinge hier eine Unterkunft, anschließend wurde im Schloss eine Fachschule für Heimatmuseen sowie das Schuhmuseum der DDR eingerichtet. Im Jahr 1993 wurde es erstmals der Stadt Weißenfels übergeben. Seither wird das Gebäude in Abschnitten restauriert.

Heute befindet sich im Schlossgebäude das Stadtmuseum Weißenfels, das neben einer Ausstellung zum Schuhhandwerk seit 2007 auch eine neugestaltete Ausstellung zum Herzogtum Sachsen-Weißenfels zeigt. Von der Schlossterrasse bietet sich ein weiter Blick über die Stadt Weißenfels. Der Schlosskeller und das Schlosscafé sind zudem Veranstaltungsorte für Konzerte, Diskotheken, Comedy und Ähnlichem.

Literatur

  • Gottlob Traugott Gabler: Die Fürstengruft auf Neu-Augustusburg, oder Die Herzöge von Sachsen-Weißenfels und Querfurth", gedruckt bei C.F. Meusel, Weißenfels 1844
  • 300 Jahre Schloß Neu-Augustusburg, 1660-1694 - Residenz der Herzöge von Sachsen-Weißenfels: Festschrift. Weißenfels 1994
  • Mario Titze: Barockskulptur im Herzogtum Sachsen-Weissenfels. Hrsg. v. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt / Landesmuseum für Vorgeschichte. Michael Imhof Verlag 2007, ISBN 978-3-86568-316-8

Einzelnachweise

  1. Alexander Koschel, in: Textbuch zu J.S. Bach und die mitteldeutsche Orgelmusik des 16.-18. Jahrhunderts (CD)

Koordinaten: 51° 11′ 58″ N, 11° 58′ 31″ O