Zum Inhalt springen

Otto Graf Lambsdorff

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. Dezember 2009 um 15:24 Uhr durch Small Axe (Diskussion | Beiträge) (Ausbildung und Beruf). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Otto Graf Lambsdorff, 2001

Otto Friedrich Wilhelm Freiherr von der Wenge Graf Lambsdorff (* 20. Dezember 1926 in Aachen; † 5. Dezember 2009 in Bonn[1]) war ein deutscher Politiker (FDP).

Er war von 1977 bis 1982 und von 1982 bis 1984 Bundesminister für Wirtschaft sowie von 1988 bis 1993 Bundesvorsitzender der FDP.

Ausbildung und Beruf

Lambsdorff besuchte von 1932 bis 1944 die Schule zunächst in Berlin, später das Saldern-Gymnasium in Brandenburg an der Havel. Im Zweiten Weltkrieg diente er ab Frühjahr 1944 als Offizieranwärter bei der Wehrmacht und wurde kurz vor Kriegsende in Thüringen bei einem Tieffliegerangriff schwer verwundet. Infolge der Verwundung musste ihm das linke Bein amputiert werden. Nach der Kriegsgefangenschaft bestand Lambsdorff dann 1946 das Abitur am Pestalozzi-Gymnasium in Unna und absolvierte anschließend ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn und Köln, welches er 1950 mit dem ersten und 1955 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen beendete. 1952 erfolgte seine Promotion mit der Arbeit Abschied vom Reichsleistungsgesetz unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung zum RLG.

Von 1955 bis 1971 war er im Kreditgewerbe tätig, zuletzt als Generalbevollmächtigter der Düsseldorfer Privatbank Trinkaus. Seit 1960 war er als Rechtsanwalt zugelassen. Von 1971 bis 1977 war er Mitglied des Vorstandes der Victoria-Rückversicherung AG. 1978 trat er in die Düsseldorfer Anwaltssozietät Wessing/von der Goltz ein. Von 1988 bis Juli 2008 war er Aufsichtsratsvorsitzender der IVECO Magirus AG. Lambsdorff bekleidete einen Posten im Advisory Board der GML (Group Menatep), deren Mehrheitsaktionär Michail Chodorkowski war.

Familie

Otto Graf Lambsdorff war das älteste von drei Kindern von Herbert Graf Lambsdorff (1899–1976) und Eva von Schmid (1904–1978). Sein Bruder Hagen Graf Lambsdorff (* 1935) war deutscher Botschafter in Tschechien und Lettland. Otto Graf Lambsdorff war in zweiter Ehe verheiratet mit Alexandra von Quistorp (*1945) und hatte drei Kinder aus erster Ehe. Otto Graf Lambsdorff lebte in Bad Münstereifel.

Sein Neffe Alexander Graf Lambsdorff vertritt die FDP seit 2004 im Europaparlament.

Partei

Seit 1951 war er Mitglied der FDP. Von 1968 bis 1978 war er als Schatzmeister Mitglied im geschäftsführenden FDP-Landesvorstand von Nordrhein-Westfalen. Seit 1972 gehörte er dem FDP-Bundesvorstand an, seit 1982 auch dem Präsidium der FDP. Von 1988 bis 1993 war er FDP-Bundesvorsitzender und seit 1993 war er Ehrenvorsitzender der FDP.

Von 1991 bis 1994 war er Präsident der Liberalen Internationale. Von 1995 bis 2006 war er Vorsitzender des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung.

Abgeordneter

Von 1972 bis 1998 war er Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war er von 1972 bis 1977 und von 1984 bis 1997 wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

Öffentliche Ämter und politische Ziele

Otto Graf Lambsdorff, 1978

Am 7. Oktober 1977 wurde er als Bundesminister für Wirtschaft in die von Bundeskanzler Helmut Schmidt geführte Bundesregierung berufen. Nach der Bundestagswahl 1980 war Lambsdorff u. a. durch das Abfassen des sog. Lambsdorff-Papiers (auch als Scheidungspapier bekannt) am Bruch der sozialliberalen Koalition beteiligt. Am 17. September 1982 trat er gemeinsam mit den anderen FDP-Bundesministern zurück.

Nach der Wahl von Helmut Kohl zum Bundeskanzler wurde Lambsdorff erneut am 4. Oktober 1982 zum Bundesminister für Wirtschaft ernannt. Am 27. Juni 1984 schied er wegen seiner Verwicklungen in die sog. Flick-Affäre aus der Bundesregierung aus. Drei Jahre später wurde er gemeinsam mit dem Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch („Pflege der politischen Landschaft“) sowie dem vormaligen Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe in Höhe von 180.000 Mark[2] verurteilt.

Als bekannter Verfechter der Marktwirtschaft blieb Lambsdorff in seiner Partei populär und konnte sich 1988 als Nachfolger von Martin Bangemann bei der Neuwahl des FDP-Parteivorsitzenden gegen Irmgard Adam-Schwaetzer durchsetzen. In seiner Amtszeit kam im August 1990 der Zusammenschluss der FDP mit der LDPD und anderen liberalen Gruppierungen in der DDR zustande. Nach der deutschen Wiedervereinigung erreichte die FDP eines der besten Wahlergebnisse bisher. Bereits zu diesem Zeitpunkt forderte er als einer der ersten eine Abkehr von der bisherigen „Umverteilungspolitik“ und die „Rückkehr zu mehr marktwirtschaftlichen Prinzipien und Grundsätzen“, was später auch die Wiesbadener Grundsätze der FDP bestimmen sollte.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag begann er 1999 als Beauftragter des Bundeskanzlers die Verhandlungen über Art und Höhe der Entschädigung für ehemalige NS-Zwangsarbeiter zu führen. Mit Gründung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ wurde diese Wiedergutmachung im Sommer 2001 begonnen.

Flick-Affäre

Im Zuge der Flick-Affäre hob der Bundestag am 2. Dezember 1983 auf Ersuchen der ermittelnden Bonner Staatsanwaltschaft die Immunität des amtierenden Bundeswirtschaftsministers Lambsdorff auf, der dann, als die Anklage zugelassen wurde, am 27. Juni 1984 zurücktrat. Der Prozess vor dem Bonner Landgericht zog sich rund anderthalb Jahre hin. Nach Aussage des Richters Hans Henning Buchholz fielen „nahezu alle Zeugen … durch ihr schlechtes Erinnerungsvermögen auf“. Am 16. Februar 1987 wurde Otto Graf Lambsdorff wegen Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe zur Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilt. Lambsdorff erhielt eine Geldstrafe.

Eine Beeinflussung politischer Entscheidungen durch die Geldzahlungen ließ sich nicht nachweisen.

Nichtöffentliche Ämter

Otto Graf Lambsdorff war Ehrenpräsident der DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz). Seit 2006 war er Internationaler Berater der Japan Art Association für die Verleihung des Praemium Imperiale.

Mitgliedschaften

1995 war Otto Graf Lambsdorff Mitbegründer und bis 2003 Kuratoriumsvorsitzender des Fördervereins Dom zu Brandenburg. Er war Mitglied des Domkapitels des Doms zu Brandenburg/Havel.

Von 1992 bis 2001 war er European Chairman der Trilateralen Kommission. Seit 2001 ist er Honorary Chairman.

Er war Mitglied der Jury des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises.

Otto Graf Lambsdorff war Mitglied des protestantischen Johanniterordens.

Kabinette

Einzelnachweise

  1. http://www.welt.de/politik/article5442764/Otto-Graf-Lambsdorff-gestorben.html
  2. http://www.handelsblatt.com/News/Default.aspx?_p=300036&_t=ig_p_text&ig_xmlfile=hb_steuerhinterziehung.xml&ig_page=3
Commons: Otto Graf Lambsdorff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Vorlage:PND