Kantonesische Sprache
Kantonesisch (粵語) | ||
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Gesprochen in |
Volksrepublik China, Hongkong, Macao, Singapur, Malaysia sowie in einigen westlichen Ländern mit emigrierter, chinesischer Bevölkerung | |
Sprecher | 71 Millionen | |
Linguistische Klassifikation |
| |
Offizieller Status | ||
Amtssprache in | Hongkong, Macao | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1 |
zh (Chinesische Sprachen) | |
ISO 639-2 | (B) chi (Chinesische Sprachen) | (T) zho (Chinesische Sprachen) |
ISO 639-3 |
yue, zho (Makrosprache, Chinesische Sprachen) |

Die kantonesische Sprache (chinesisch 廣東話 / 广东话, Pinyin Guǎngdōnghuà, kant. Gwóngdūngwah) oder Yue (chinesisch 粵語 / 粤语, Pinyin Yuèyǔ, kant. Yuhtyúh), ist eine chinesische Sprache, die vor allem im Süden Chinas, in der autonomen Provinz Guangxi, Wuzhou und in Großteilen der Provinz Guangdong (auch Kanton, daher kantonesisch) gesprochen wird. Eine Ausnahme bildet die Sonderwirtschaftszone Shenzhen. Hier wird wegen des sehr hohen Anteils an Zuwanderern aus den südöstlichen Teilen Chinas vorwiegend Mandarin (Hochchinesisch) gesprochen. In den beiden Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao wird ebenfalls kantonesisch gesprochen.
Weiterhin wird die drittgrößte chinesische Sprache unter anderem von ausgewanderten Minderheiten in Singapur, Malaysia und Vietnam gesprochen.
Yue stimmt strukturell-linguistisch weitestgehend mit dem gebräuchlichen Hochchinesisch überein, unterscheidet sich aber von diesem erheblich in der Aussprache, im Lexikon und auch in der Grammatik. Der auffälligste Unterschied in der Aussprache ist, dass Silben mit Verschlusslauten enden können (z. B. Sun Yat-sen, Pak Choi).
Mit Yale-Romanisierung, Jyutping und anderen gibt es Transkriptionen des Kantonesischen zur Umschrift in lateinische Buchstaben.
Töne
Kantonesisch ist eine Tonsprache. Hier unterscheidet man Yām(hochchinesisch Yin)- und Yèuhng(hochchinesisch Yang)-Töne. Yām-Töne sind hoch, Yèuhng-Töne sind tief. Die tiefen Töne werden in der Yale-Romanisierung durch ein h gekennzeichnet, das dem Vokal angehängt wird. Es gibt drei Yām- und drei Yèuhng-Töne. Diese unterscheiden sich im Tonverlauf. Des Weiteren werden auch drei Eintrittstöne unterschieden, die von drei der Yām- und Yèuhng-Töne abgeleitet werden können und daher nicht als distinktiv gelten.
Verschiedene Dialekte des Yue unterscheiden sich in einigen Eigenschaften des Tonsystems. So weist der Yin Ping-Ton (陰平) in Guangzhou die Varianten 53 und 55 auf, während in Hongkong die Kontur 55 vorherrscht. Auch diachronische Veränderungen spielen hierbei eine Rolle; so hat sich die Kontur des Yin Shang-Tons (陰上) im 20. Jahrhundert von 35 nach 25 gewandelt.
Der chinesische Sprachwissenschaftler Zhao Yuanren hat ein System zur Notierung der Töne entwickelt. Er unterteilt die Tonhöhe in fünf Ebenen, wobei 5 der höchste und 1 der niedrigste Ton ist. Die Tonänderung kann durch eine Verkettung der Zahlen (Tonformen) dargestellt werden. Die Töne des Kantonesischen lassen sich deshalb wie folgt durch jeweils ein Zahlenpaar charakterisieren:[1]
Yām-Töne | Yèuhng-Töne | Eintrittstöne | ||||||||
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Nummer | 1 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 |
Bezeichnung | Hoher Ton, 陰平 | Hoher, leicht fallender Ton, 陰平 | Mittlerer steigender Ton, 陰上 | Mittlerer Ton, 陰去 | Tiefer Ton (leicht fallend), 陽平 | Tiefer steigender Ton, 陽上 | Tiefer Ton, 陽去 | Hoher Eintrittston, 陰入 | Mittlerer Eintrittston, 中入 | Tiefer Eintrittston, 陽入 |
Verlauf | 55 | 53[2] oder 52[3], 51[3] | 35[2] oder 25[3] | 33 | 21 | 13 oder 23[3] | 22 | 5 | 3 | 2 |
Beispiel | 醫 | 衣 | 史 | 試 | 時 | 市 | 事 | 色 | 錫 | 食 |
Eine genaue Unterscheidung kommt also auf 9 Töne; die Eintrittstöne (Nr. 7 bis 9; Tonverlauf 5, 4 bzw. 3) sind aber nur die abgekürzten Varianten des 1., 3. bzw. 6. Tons (Verlauf 53/55, 44 bzw. 33). Diese Töne werden gesprochen, wenn eine Silbe auf Verschlusslaut (-p, -k, -t) endet.
Beziehung zu den vier Tönen im Hochchinesischen
Bei Kenntnis des Tons der kantonesischen Lesung eines Zeichens, lässt sich der Ton der Mandarin Lesung eindeutig ableiten:
1 -- 1 身、心、張、生、媽、工 ...
2 -- 3 早、體、好、小、姐、許 ...
3 -- 4 課、再、見、姓、性、貴 ...
4 -- 2 晨、陳、婷、梁、同、原 ...
5 -- 3 你、有、我、領、老、友 ...
6 -- 4 第、二、部、分、問、候 ...
Die allermeisten Mandarin-Töne lassen sich so ableiten. Man muss allerdings sichergehen, dass es sich bei der kantonesischen Lesung um eine Standardlesung handelt, da manche Zeichen den Ton wechseln können, wenn sie alleine oder in einer in Mandarin unbekannten Komposition benutzt werden. Abweichungen von der oben genannten Regel sind auch dann zu erwarten, wenn die Lesung einen Verschlusslaut enthält, denn die Anzahl der möglichen Töne ist bei Vorhandensein eines Verschlusslautes auf nur drei eingeschränkt. Das Umwandlungsschema ist dann fast regellos. Man kann dann nur noch statistische Tendenzen angeben:
1 -- 1, 4, 2 一、級、室、築、足、急
3 -- 4, 2, 3 隔、潔、雪、...
6 -- 4, 2 學、屬、傑、達、實、服、白、薄
Tonwechsel
Ein beliebiger Ton kann sich unter umständen in einen zweiten, manchmal auch in einen ersten Ton verwandeln. Dieses Phänomen wird 變音 binyēm genannt. Binyēm kann folgende Funktionen haben:
1. Markierung von speziell kantonesischem Gebrauch eines Wortes, etwa die alleinstehende Benutzung dort wo sie in Mandarin nicht möglich wäre:
臺子 toi2 zi2 -> 臺(檯) toi4
名字 ming4 zi6 -> 名 meng2
2. Unterscheidung von Verben und Nomen:
畫畫 waag6 waa2
話話 waa6 waa2
3. Schaffung von Intimität, etwa bei Bezeichnungen für Familienmitglieder, oder sogar Namen:
屋企 ngug1 kei5*2
老母 lou5 mou5*2
外母 ngoi6 mou5*2
孫女 sün1 neü5*2
侄女 zad6 neü5*2
女 neü5*2
姊妹(姐妹) zi2 mui6*2
表姐妹 biu2 ze2 mui6*2
〈量〉 位 wei6*2
姑丈 gu1 zöng6*2
舅丈 kau5 zöng6*2
姨丈 yi4 zöng6*2
雪妹 süd3 mui6*2 (Name)
Ein Besonderes Umwandlungsschema haben wir bei den Verdopplungswortern:
1 1 --> 4 1
爸爸 ba1*4 ba1
媽媽 ma1*4 ma1
哥哥 go1*4 go1
4 4, 6 6 --> 4 2
婆婆 po4 po4*2
弟弟 dai6*4 dai6*2
妹妹 mui6*4 mui6*2
...
In Mandarin gibt es bei diesen Wörtern ebenfalls eine Tonänderung: Die zweite Silbe verliert einfach ihren Ton.
Wortwahl
Die Schriftsprache und die Gesangssprache stimmt bei chinesischen Sprachen in Wortwahl und Grammatik im allgemeinen entweder mit Mandarin oder klassischem Chinesisch überein. Es gibt allerdings auch Mischformen.
Umgangssprachlich | Schriftsprachlich | Wortherkunft |
---|---|---|
早晨 zou2 san4 | 早上好、早上 zou2 söng6 hou2, zou2 söng6 | Wort existiert auch in Mandarin |
有心 yao5 sam1 | 謝謝問候、謝謝關心、謝謝 ze6 ze6 man6 hao6, ze6 ze6 guan1 sam1, ze6 ze6 | 心 steht für 心意 |
早唞、晚安 zou2tau2, maan5 ngon1 | 早點休息、晚安 zou2 dim2 yao1 sig1, maan5 ngon1 | 唞 bedeutet ausruhen (休息), und wird in Mandarin nicht benutzt |
生、先生 saang1, sin1 saang1 | 先生 sin1 saang1 | 生 hier Abkürzung von 先生 |
佢 keü5 | 他 taa1 | 佢 existiert auch schon in klassischen Texten, dort aber ursprünglich durch 渠 representiert, möglicherweise von 其 kei4 aus 其他 |
哋 dei6 | 們 mun4 | von klassisch chinesischem 等 dang2 |
好 hou2 | 很、好 han2, hou2 | Diese Form der Steigerung existiert auch in Mandarin |
唔 m4 | 不 bad1 | Durch Vokalverlust aus 無 mou4 |
麻麻 maa4 maa4*2 | 一般 yad6 bun1 | Von 麻 maa4 in Bedeutungen wie 麻木 |
屋企 ngug1 kei5*2 | 家裏、家 gaa1 leü5, gaa1 | Wörtlich Haus-stand |
個 go3 | [與“仔、女、細佬、孫”等比本人小的親屬名詞結合,表示所屬] | Unbekannt |
喇 la3 | [句末語氣詞,表示肯定] 了 liu5 | Vermutlich von 了 le5 herausdifferenziert |
乜 mad1 | 什麽、啥 sem6 mo1, sa2 | Unbekannt, Ähnlichkeit mit 嗎 maa5 |
嘢 ye5 | 東西 dung1 sai1 | Unbekannt |
名 meng4*2 | 名字 ming4 zi6 | Kurzform von 名字 ming4 zi6 |
呢 ni1 | 這 ze3 | Das Wort existiert auch im Vietnamesischen (này) und Thailändischen (nēe), es wird eine Herkunft von 爾 yi5 oder 今 gam1 vermutet |
係 hai6 | 是 si6 | Existiert auch in klassischen Texten |
嚟(來) lai4 | 來 loi4 | Ursprünglich Aussprachevariation von 來 loi4, möglicherweise beeinflusst von seltenerem 蒞 lai6 |
嘅 ge3 | 的 dig1 | Unbekannt |
點(嚸) dim2 | 怎麽、咋 zam6 mo1, zaa3 | Unbekannt |
話 wa6 | 說 süd3 | Hat seine verbiale Verwendung in Mandarin, ähnlich wie 食, verloren |
入 yab6 | 進、入 zön6, yab6 | Bedeutungsdifferenzierung in Kantonesisch genauer, 進 ist vorschreiten, 入 ist hineingehen |
邊 bin1 | 哪 na5 | Unbekannt |
度(道) dou6 | 裡 leü5 | Von 道 dou6 in der alten Bedeutung Provinz (省), also verallgemeinert "Ort" |
隔籬屋 gag3 lei4 ngug1 | 鄰居 lön4 geü1 | 隔 für 隔壁, 籬 für 笆籬, 屋 für 屋企 |
啦 la1 | 吧、了 ba6, liu5 | Aus 了 differenziert |
嘞 lag3 | [句末語氣詞,表示完成] 了 liu5 | Aus 了 am Satzende |
一齊 yad1 cai4 | 一起 yad1 hei2 | Aus 齊 in den Bedeutungen 一同 und 齊全 |
埋 mai4 | [表示靠攏] | An Verben angehängt, um "aufrücken, anschließen" zu verdeutlichen, geht aus der Bedeutung "bedecken" hervor |
做嘢、工作 zou6 ye5, gung1zog3 | 工作 gung1zog3 | 嘢 bedeutet hier eher 事、事業 als 東西 |
未 mei6 | 還沒有、還沒、沒 | Klassisches Wort |
冇(無) mou5 | 沒有 | Von 無 mou4 |
而家 yi4 gaa1 | 現在 yin6 zoi3 | Unbekannt |
〈量〉 家 gaa1 | [企事業單位的量詞] 間 gaan1 | Größere Firmen und einfache Läden, Restaurants u.ä. werden hier nicht durch verschiedene ZEW differenziert |
嗰 go2 | 那 naa6 | Auch in Vietnamesisch als 個 cái |
耐 noi6 | 久 gau2 | Aus 耐 noi6 in der Bedeutung 耐久 |
個啵 go3 bo3 | [句末語氣詞,表示肯定] ~~ 的呀 dig1 nga4 | Vielleicht aus 㗎(架) ga3 und 吧 baa6 |
喺度 hai2 dou6 | 正在、在 zing3 zoi3, zoi3 | 喺 für 在, 度(道) für 裡 |
緊 gan2 | 著、在、正在 zög6, zoi3, zing3 zoi3 | Grammatikalische Verwendung geht unmittelbar auf die konkrete Bedeutung straff, stramm zurück |
溫書 wan1 sü1 | 復習、溫書 fu1 zab6, wan1 sü1 | Wort existiert auch in Mandarin |
鑊 wog6 | 鍋 wo1 | Das deutsche Wok ist aus dem kantonesisch 鑊 wog6 entlehnt, der Verschlusslaut ist unregelmäßig, daher wird es mit einem eigenen Zeichen geschrieben |
咗 zo2 | [動詞後,表示完成] 了 liu5 | Unbekannt |
食 sig6 | 吃 heg3 | Hat seine verbiale Verwendung in Mandarin, ähnlich wie 話, verloren |
都 dou1 | 都、也 dou1, yaa5 | 都 hat im kantonesischen eine allgemeinere Bedeutung |
睇 tai2 | 看 hon3 | Mit 視 si6 verwandt, vergleiche Sinovietnamesisch 視 thị, das Wort existiert auch im Vietnamesisch: 𧡊(体、) thấy, das zeichen dazu wäre für das kantonesische sogar phonetisch perfekt übereinstimmend. |
搵(捃) wan2 | 找 zaau2 | Von 捃 |
翻(返) faan1 | 回 wui4 | Wort existiert auch in Mandarin |
唔好 m4 hou2 | 不好、不要 bad1 hou2, bad1 yiu3 | trivial |
同 tung4 | 和 wo4 | Wort existiert auch in Mandarin |
傾偈 king1 gai2 | 談話 taam4 wa2 | Unbekannt, 偈 gai2 möglicherweise von 計 gai3, mit dem es auch oft geschrieben wird |
噉 gam2 | 那麽 na6 mo1 | Von 恁 gam2/gam3/yam6 |
咁 gam3 | 這麽 ze3 mo1 | Von 恁 gam2/gam3/yam6 |
唔該 m4 goi1 | 謝謝 ze6ze6 | Unbekannt |
唔使 m4 sai2 | 不用 bad1 yung6 | Unbekannt |
行 hang4 | 走 zau2 | Hat seine konkrete verbiale Verwendung in Mandarin, ähnlich wie 話, verloren |
幾 gei2 | 多少、幾、挺 do1 sui2, gei2, ting5 | Wort existiert auch in Mandarin |
〈量〉 部 bou6 | 輛 löng5 | |
著 zög3 | 穿 cün1 | In Mandarin tritt die Bedeutung anziehen, kleiden nur in Kombination mit 穿 auf, also 穿著 |
衫 saam1 | 衣服、衫 yi1 fu6, saam1 | Bedeutungsausweitung: Hemd -> Hemd, Kleidung |
靚 löng3 | 漂亮 piu3 löng6 | Unbekannt |
細 sai3 | 小 siu2 | Wegen des Gleichklangs von 小 siu2 und 少 siu2 im Kantonesischen, wird auf die 小 siu2 durch das Synonym 細 sai3 ersetzt |
路仔 lou6 zai2 | 孩子 haai4 zi2 | Vielleicht von gleichlautendem 露仔 lou6 zai2 |
得意 dag1 yi3 | 有意思、可愛 yao5 yi3 si1, ho2 ngoi3 | trivial |
中意 zung1 yi3 | 喜歡 hei2 fun1 | 中 steht hier für 衷心, 意 fuer 意思、意興, beachte auch 意中人 |
琴日 kem4 yad6 | 昨天 zog6 tin1 | Unbekannt, 琴 ist hier nur phonetisch ausgeliehen |
今日 gam1 yad6 | 今天 gam1 tin1 | trivial |
聽日 ting1 yad6 | 明天 ming4 tin1 | Unbekannt, 聽 ist hier nur phonetisch ausgeliehen |
日 yad6 | = 天、日 tin1, yad6 | Die Variante mit 日 yad6 als Tag ist klassischer |
行街 hang4 gaai1 | 逛街 kwaang3 gaai1 | trivial |
冷氣 lang5 hei3 | 空調 hung1 tiu4 | trivial |
雪櫃 süd3 guai6 | 冰箱 bing1 söng1 | trivial |
〈介〉 便 bin6 | 面 min6 | bin6 ~ min6 |
煲 bou1 | 燒 siu1 | trivial |
焗 gug6 | 燜 mun6 | Wahrscheinlich von 煮 zü2, 粥 zug1, 鬻 yuk6 |
一個字 yad1 go3 zi6 | 五分鐘 ng5 fan1 zung1 | Mit 字 zi6 sind hier die 5 Minutenstriche auf der Uhr gemeint |
一個鐘 yad1 go3 zung1 | 一個小時 yad1 go3 siu2 si4 | Ein 鐘 zung1 ist ein 咚 dung1 (~童 tung4), also ein Schlagen der Glockenuhr, also eine Stunde, die Uhr selbst heißt ebenfalls 鐘 zung1 |
Struktur
Die Struktur der Yue-Dialekte ähnelt stark der anderer moderner chinesischer Sprachen. Der folgende Abschnitt stellt daher nur einige Charakteristika dar, die das Yue kennzeichnen.
Morphologie
Ein charakteristisches morphologisches Merkmal, das die Yue-Dialekte von anderen chinesischen Sprachen unterscheidet, ist die Reihenfolge der Bestandteile in einigen Komposita, bei denen der Kopf nicht am Ende, sondern am Anfang steht: 人客 yan4 haag3 Mensch – Gast „Gast“ = hochchinesisch 客人 kèrén Gast – Mensch „Gast“ Dieses Merkmal tritt noch stärker im Vietnamesischen auf - dort heißt Gast 𠊚客 người khách (neben sinovietnamesisch 客人 khách nhân). Vietnam und Kanton teilen sich den selben Namen, der nur jeweils anders geschrieben wird, 越 und 粵. Auf mandarin beides YUE, auf kantonesisch beides YÜD, auf vietnamesisch beides VIET. Vietnamesen und Kantonesen haben ursprünglich beide dem 京 ging1 (viet. kinh, mand. jing1) Volk angehört. Ihre Sprachen haben über die Zeit immer mehr Wörter aus dem Chinesischen aufgenommen, so dass sie heute wie chinesische Sprachen erscheinen, und die Aussprache des klassischen Chinesisch sogar viel besser bewahren, als moderne chinesische Sprachen wie Mandarin.
Syntax
Das Yue benutzt Zählwörter nicht nur in Nominalphrasen, die durch Numeralia oder ein Demonstrativpronomen bestimmt sind, sondern wendet sie auch zur Determination an:[4]
隻 zeg3 | 雞乸 gai1 naa2 | 睇見 tai2 gin3 | 隻 zeg3 | 鷹 ying1 |
Zählwort | Henne | schauen − sehen | Zählwort | Falken |
„Die Henne sah den Falken“ |
In einigen Fällen unterscheidet sich die Satzstellung im Yue von der anderer chinesischer Sprachen. So stehen bestimmte Adverbien nicht vor, sondern hinter dem Verb. Zudem steht im Gegensatz zu nördlichen Formen des Chinesischen das direkte Objekt vor dem indirekten Objekt:[5]
送 sung3 | 本 bun2 | 書 sü1 | 佢 keü5 |
schenken | Zählwort | Buch | er, ihm |
„ihm das Buch schenken“ |
Unterschiede zwischen den Transkriptionssystemen
ts
YALE: j
JYUTPING: z
GUANGDONG ROMANIZATION: z, j
tsʰ
YALE: ch
JYUTPING: c
GUANGDONG ROMANIZATION: c, q
kw & kʰw
YALE: gw und kw
JYUTPING: gw und kw
GUANGDONG ROMANIZATION: gu und ku
j
YALE: y
JYUTPING: j
GUANGDONG ROMANIZATION: y
a
YALE: aa
JYUTPING: aa
GUANGDONG ROMANIZATION: a
ɐ
YALE: a
JYUTPING: a
GUANGDONG ROMANIZATION: e
ɛ
YALE: e
JYUTPING: e
GUANGDONG ROMANIZATION: é
œ
YALE: eu
JYUTPING: oe
GUANGDONG ROMANIZATION: ê
ɵy
YALE: eui
JYUTPING: eoi
GUANGDONG ROMANIZATION: êu
y
YALE: yu, ü
JYUTPING: yu
GUANGDONG ROMANIZATION: yu, ü
Verschlusslaute
YALE: -p, -k, -t
JYUTPING: -p, -k, -t
GUANGDONG ROMANIZATION: -b, -g, -d
Literatur
- Oi-kan Yue Hashimoto: Phonology of Cantonese. University Press, Cambridge 1972
- Robert S. Bauer, Paul K. Benedict: Modern Cantonese Phonology. de Gruyter, Berlin 1997. ISBN 3-11-014893-5, ISBN 978-3-11-014893-0
- 張欣: 粵語會話三月通 (上海海文音像出版社)
- 饒秉才: 廣州音字典 —— 普通話對照 (廣東人民出版社)
- 劉扮盛: 廣州話普通話詞典 (商務印書館)
- 鄭定歐: 香港粵語詞典 (江蘇教育出版社)
- CHRISTOPHER HUTTON & KINGSEY BOLTON: A DICTIONARY OF CANTONESE SLANG - THE LANGUAGE OF HONG KONG MOVIES, STREET GANGS AND CITY LIFE
Links
Einzelnachweise
- ↑ Konturen nach Hashimoto 1972
- ↑ a b Yuen Ren Chao: Cantonese Primer. Cambridge, Mass., Harvard University Press, 1947.
- ↑ a b c d Robert S. Bauer, Paul K. Benedict: Modern Cantonese Phonology. de Gruyter, Berlin 1997. ISBN 3-11-014893-5, ISBN 978-3-11-014893-0.
- ↑ Beispiel nach Hashimoto, Seite 20
- ↑ Beispiel nach Hashimoto, Seite 26
Weblinks
- Wesentliche Unterschiede zwischen Kantonesisch und Mandarin
- Lydia K.H. So: Tonal Changes in Hong Kong Cantonese