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Politische Parteien in Japan

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Japan besitzt in der Nachkriegszeit ein pluralistisches Mehrparteiensystem mit einer dominanten Partei, der seit ihrer Gründung 1955 bis 2009 fast ununterbrochen dauerregierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP).

Die größte Oppositionspartei war seit Ende der 1990er Jahre die Demokratische Partei (DPJ), die in der Shūgiin-Wahl 2009 erstmals die Mehrheit im Unterhaus erobern konnte und die Regierung stellt. Sie ging aus einer Vielzahl von Parteineugründungen, -umbildungen und -auflösungen hervor, nachdem das Machtmonopol der LDP während der Deflationskrise der 90er Jahre erstmals in ernsthafte Gefahr geraten war. Daneben existieren drei einigermaßen kontinuierlich existierende Parteien, namentlich die Sozialdemokratische Partei (SDP), Nachfolger der Sozialistischen Partei Japans (SPJ), die Kommunistische Partei Japans (KPJ) und die Kōmeitō, der politische Arm der buddhistischen Organisation Sōka Gakkai. Letztere gehörte seit 1999 zur Regierungskoalition der LDP, die SDP koaliert seit 2009 mit der Demokratischen Partei.

Kleinere Parteien sind meist vorübergehende Abspaltungen der LDP, die aufgrund von persönlichen Differenzen oder Dissens in einer bestimmten politischen Frage entstehen und sich meist nach einigen Jahren wieder auflösen - entweder indem die Mitglieder in die LDP zurückkehren oder weil sie in die Bedeutungslosigkeit fallen. Seit 2005 existieren die Neue Partei Japan und die Neue Volkspartei, die von Gegnern der vom LDP-Vorsitzenden Jun’ichirō Koizumi betriebenen Postprivatisierung gegründet wurden. 2008 entstand der Kaikaku Club („Reformklub“), 2009 die Minna no Tō („Partei aller“) aus ehemaligen Abgeordneten beider großer Parteien.

Geschichte vor 1945

Nach der Meiji-Restauration begannen sich die ersten politischen Parteien zu formieren, die zu Beginn allerdings über wenig Einfluss verfügten. Dies änderte sich erst, als am 1. Juli 1890 die Wahlen zum ersten Parlament Japans stattfanden, die zugleich die ersten Wahlen in einem asiatischen Land waren. Die älteste politische Partei Japans war die Öffentliche Gesellschaft von Patrioten (aikoku kōtō), die 1874 gegründet wurde und deren erste politische Forderung die Errichtung einer repräsentativen Gesetzgebung war. Kurze Zeit später wurde 1881 die Liberale Partei (jiyūtō) gegründet. Wegen des im Vorfeld des Ersten Weltkriegs aufkeimenden Militarismus wurde die Parteienlandschaft jedoch sukzessive wieder zerstört und wich schließlich im Zweiten Weltkrieg einer nationalen Einheitspartei, die einer Militärdiktatur unterstand. Von 1874 bis zur Auflösung aller Parteien im Jahr 1940 gab es insgesamt 63 Parteien.

Der Einfluss der Parteien im japanischen Parlament war bis 1918 eher gering, da die Zustimmung des Parlaments nur auf wenige Bereiche, z. B. die Verabschiedung des Haushalts, beschränkt war und die Regierung außerparlamentarisch durch die herrschenden Oligarchen bestimmt wurde. Dies änderte sich erst im Zeitraum 1918-1932, in der sogenannten Taishō-Demokratie. In dieser Zeit wurden die Regierungen erstmals mit den Führern der im Parlament vertretenen Parteien besetzt, um die Kooperation des Parlaments mit der Regierung zu stärken. 1925 wurden die bereits mehrfach gelockerten Zensusbeschränkungen des Wahlrechts aufgehoben und das allgemeine Wahlrecht für Männer über 25 eingeführt.

Die einflussreichsten Parteien der „Taishō-Demokratie“ waren das Rikken Seiyūkai, das Kenseikai (später: Rikken Minseitō) und das Rikken Dōshikai – alle drei bürgerliche Parteien. Neben die Meiji-Oligarchien und das Militär traten zunehmend die großen Industriekonglomerate (Zaibatsu) im Ringen um politischen Einfluss.

Zugleich begann sich nach dem Ersten Weltkrieg und der Russischen Revolution die politische Linke in Gewerkschaften und Verbänden zu formieren – anfangs jedoch ohne Repräsentation im Parlament. 1926 entstand die Arbeiter- und Bauernpartei (rōdō-nōmin-tō), der eine Reihe weiterer Neugründungen und Abspaltungen folgten. Erst 1932 entstand mit der Shakai Taishūtō („Sozialistische Massenpartei“) eine relativ gemäßigte Partei, die nennenswerte Erfolge bei Wahlen erzielen konnte. Radikalere Gruppierungen wie die 1922 gegründete Kommunistische Partei Japans, die sich gegen das Kaisertum und den Kapitalismus wandten, wurden vom Staat durch Sondergesetze, Verhaftungswellen und Razzien verfolgt und erreichten keine breite gesellschaftliche Basis.

Zeit des Militarismus

Der wachsende Einfluss des Militärs auf die Regierung nach dem Beginn der Großen Depression und dem Einmarsch in der Mandschurei 1931 reduzierte den Einfluss der Parteien wieder, die Opposition wurde gleich- oder ausgeschaltet. Insbesondere nach dem Angriff auf China 1937 verschärfte sich das innenpolitische Klima.

Rechtsgerichtete Geheimbünde und nationalistische Militärzirkel destabilisierten die bürgerliche Regierung durch Anschläge und Pläne für einen Staatsstreich. Nach dem Putschversuch am 15. Mai 1932 begann mit dem Kabinett von Saitō Makoto die Zeit der „Kabinette der nationalen Einheit“ (挙国一致内閣, kyokoku itchi naikaku), die das Ende der Parteienherrschaft markierten. Die bürgerlichen Parteien Seiyūkai und Minseitō reagierten auf den Machtverlust, indem sie selbst eine aggressivere Außenpolitik forderten und zu Kompromissen mit dem Militär bereit waren. Die „Sozialistische Massenpartei“, die zwar gegen Japans Austritt aus dem Völkerbund gewesen war und den Einfluss des Militärs bekämpfte, wendete sich ebenfalls nicht entschieden gegen die Expansion auf dem Festland; sie konnte bei den letzten Vorkriegswahlen im April 1937 mit 36 von 466 Sitzen ihr bestes Wahlergebnis erzielen.

Nach dem Ausbruch des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges 1937 wurde die Regierung schrittweise zentralisiert und der Kontrolle durch das Parlament entzogen. Im Oktober 1940 bedeutete die Schaffung des Taisei Yokusankai („Bund zur Förderung der Kaiserherrschaft“) und einer Einheitsfraktion im Parlament auch das formale Ende der politischen Parteien.

Nach der Kapitulation Japans unter dem Eindruck der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki und dem Kriegseintritt der Sowjetunion begann unter Regie des Supreme Commander for the Allied Powers (SCAP), den amerikanischen Besatzungsbehörden, der Aufbau einer neuen politischen Ordnung, die formal in der Verfassung von 1947 festgeschrieben wurde. Bereits 1945 formierten sich neue Parteien, die zum Teil auch personell an die Parteienherrschaft der 1920er Jahre anknüpften.

Amerikanische Besatzung und Nachkriegszeit

Während der alliierten Besatzung Japans wurden mit der Formierung neuer Parteien und zwei Reformen des Wahlrechts 1945 und 1947 die Grundlagen der Parteienlandschaft der Nachkriegszeit gelegt. Nach einer Phase der Konsolidierung mündete dies 1955 in das sogenannte „55er-System“, das von der Liberaldemokratischen Partei (LDP) als bürgerliche Regierungspartei und der Sozialistischen Partei Japans (SPJ) als größte Oppositionspartei bestimmt wurde. Dieses System erodierte ab den 1960er Jahren vor allem auf Seiten der SPJ, blieb aber in seiner Grundstruktur bis Anfang der 1990er Jahre erhalten.

In einem „Boom neuer Parteien“ formierten sich ab 1992 immer neue Parteien, die 1993 zum Machtverlust der LDP und danach zum endgültigen Bedeutungsverlust der SPJ als Sammelbecken der Opposition führten. Nach zahlreichen Umbildungen stabilisiert sich die Parteienlandschaft seit Ende der 1990er Jahre: Die LDP ist in die Regierung zurückgekehrt, aber auf eine Koalition mit kleineren Partnern angewiesen; und die Demokratische Partei hat die Rolle als größte Oppositionspartei übernommen.

Das konservative Lager bis zur Gründung der LDP

Hauptartikel: Hoshu Gōdō

Die bedeutendste der 1945 gegründeten Parteien war die Liberale Partei, der auch Yoshida Shigeru, der bestimmende Politiker der Nachkriegszeit auf japanischer Seite angehörte. Sie knüpfte an das Rikken Seiyūkai der Vorkriegszeit an. Daneben entstand die liberaler ausgerichtete „Fortschrittspartei Japans“ (Nihon Shimpotō) in Anknüpfung an die Rikken Minseitō. Aus ihr gingen die Demokratische Partei, die Kaishintō („Fortschrittspartei“) und schließlich die Demokratische Partei Japans hervor. Die größte einer Reihe weiterer bürgerlicher Parteien war die 1947 entstandene Kokumin Kyōdōtō („Volks-Kooperationspartei“), die später in der Kaishintō aufging, und eine zentristische Ausrichtung hatte.

In der sogenannten „Konservativen Fusion“ (hoshu gōdō) am 15. November 1955 schlossen sich die beiden verbliebenen Parteien, die Liberale Partei und die Demokratische Partei Japans zur Liberaldemokratischen Partei zusammen.

LDP-Dominanz

Hauptartikel: Liberaldemokratische Partei (Japan)

Die Liberaldemokratische Partei führte Japan im wirtschaftlichen Aufstieg der Nachkriegszeit und regierte von ihrer Gründung ununterbrochen für fast 38 Jahre. Die LDP vertrat in dieser Zeit eine gelenkte Marktwirtschaft (siehe MITI), die unbedingte Westbindung im Bündnis mit den USA, eine zurückhaltende Wiederbewaffnung in Form der Selbstverteidigungsstreitkräfte und eine Klientelpolitik, die viele Infrastrukturprojekte auch für ländliche Gebiete, aber auch Korruptionsskandale mit sich brachte. Nach dem Verlust der Regierungsbeteiligung 1993 für fast ein Jahr stellt sie seit 1996 wieder den Premierminister, regiert aber seit 1999 durchgehend in Koalition.

Von 1976 bis 1986 bestand der „Neue Liberale Klub“ (新自由クラブ, Shin Jiyū Kurabu), eine Abspaltung von städtischen LDP-Mitgliedern, die aufgrund von Skandalen die Partei verließen und eine Reform des Wahlrechts sowie der Wahlkampffinanzierung forderten.

Die politische Linke

Ähnlich den meisten westlichen Industrieländern kann die politische Linke in Japan auf einige der ältesten politischen Organisationen zurückgreifen. Vergleichbar ist auch die personelle und organisatorische Nähe zu den Gewerkschaften. Und ebenso wie die meisten europäischen Pendants ist die Linke in Japan notorisch uneins über ihren Kurs zwischen "Godesberg" und Marxismus-Leninismus, Neutralität und Westbindung, Pazifismus und Wiederbewaffnung.

Die Kommunistische Partei

Hauptartikel: Kommunistische Partei Japans

Die Kommunistische Partei Japans 日本共産党, Nippon Kyōsantō, KPJ) wurde bereits 1922 im Untergrund gegründet. Sie strebte lange Zeit eine „demokratische Revolution des Volkes und eine anschließende sozialistische Revolution“ an und vertrat auch eine radikal pazifistische Politik, die unter anderem die Forderung nach einer parlamentarischen Republik an Stelle der konstitutionellen Monarchie einschloss. Später revidierte die KPJ jedoch große Teile ihres Parteiprogramms und bekennt sich zu den japanischen Streitkräften, zum militärischen Bündnis mit den USA sowie zur japanischen Verfassung und damit auch zum Kaiser.

Die Sozialistische Partei

Hauptartikel: Sozialistische Partei Japans, Sozialdemokratische Partei (Japan) und Demokratisch-Sozialistische Partei (Japan)

1945 wurde die Sozialistische Partei Japans (SPJ) gegründet. Sie war bis Anfang der 90er Jahre die größte Oppositionspartei. 1947 stellte sie mit Katayama Tetsu erstmals den Premierminister, die Regierung zerbrach jedoch bald im Flügelstreit. Nach einer ersten Phase der Spaltung in den 50er Jahren verließ der gemäßigtere rechte Flügel im Streit um den Sicherheitsvertrag mit den USA endgültig die Partei und gründete die Demokratisch-Sozialistische Partei (DSP), die als eigentlicher Vertreter der japanischen Sozialdemokratie gesehen werden kann, bei Wahlen aber trotz ihrer gemäßigteren Positionen weniger erfolgreich als die Sozialistische Partei war. Die DSP wurde 1994 Teil der Shinshintō.

Die SPJ änderte 1996 ihren Namen in Sozialdemokratische Partei, nachdem sie im Laufe der Zeit selbst einige ihrer radikalen Positionen aufgegeben hatte. In den 90er Jahren gewann sie zwar eine Regierungsbeteiligung und sogar das Ministerpräsidentenamt in der Regierung von Tomiichi Murayama, verlor aber ihre Rolle als stärkste Oppositionspartei zu Gunsten der Shinshintō und schließlich der Demokratischen Partei.

Kōmeitō

Hauptartikel: Kōmeitō

Einige Mitglieder der einflussreichen buddhistischen Sekte Sōka Gakkai, deren Mitgliedschaft in der unmittelbaren Nachkriegszeit stark zunahm, kandidierten bei den Unterhauswahlen von 1956 und den Oberhauswahlen 1959 erfolgreich für das japanische Parlament. 1962 erreichte die Gruppe Fraktionsstärke und nannte sich nun Kōmei Seiji Renmei (公明政治連盟; „Bund für saubere Politik“); zwei Jahre später wurde daraus der politische Arm der Sōka Gakkai, die Kōmeitō. Programmatischer Inhalt der Partei ist der humanitäre Sozialismus mit einer strikten Abgrenzung gegenüber den Kommunisten.

Die zwischenzeitlich aufgelöste und 1998 rekonstituierte (Neue) Kōmeitō ist seit 1999 Teil der Regierungskoalition der LDP.

Reformperiode

Die frühen 90er Jahre brachten nach dem Ende der Bubble economy neben einer lähmenden Wirtschaftskrise einen Boom neuer Parteien (新党ブーム, Shintō būmu), deren Vielzahl nur von ihrer Kurzlebigkeit überboten wurde. Hauptakteure einiger der wichtigsten Parteineu- und -umbildungen waren zwei ehemalige Führungspolitiker der LDP, Ichirō Ozawa und Tsutomu Hata. Die neuen Parteien konnten 1993 erreichen, dass die LDP für fast ein Jahr die Regierungsbeteiligung verlor.

Die erste Neugründung dieser Zeit war 1992 die Neue Japan-Partei von Morihiro Hosokawa. Ein Jahr später, 1993, verließen Ichirō Ozawa und Tsutomu Hata die LDP und gründeten die Erneuerungspartei. Dadurch verlor Premierminister Kiichi Miyazawa die absolute Mehrheit im Parlament, was in den resultierenden Neuwahlen bestätigt wurde. Hosokawa bildete eine Koalitionsregierung unter Beteiligung aller Parteien außer der KPJ und der LDP, die aber nach weniger als einem Jahr scheiterte. Ein Minderheitsregierung unter Premierminister Hata währte nur rund zwei Monate. Gleichzeitig mit der Erneuerungspartei war die Neue Partei Sakigake von Masayoshi Takemura entstanden; sie ermöglichte nun gemeinsam mit der SPJ der LDP die Rückkehr an die Macht.

Wichtigstes Ergebnis des Jahres 1994 war eine Wahlrechtsreform, die es kleineren Parteien durch die Abschaffung der Mehrmandatswahlkreise erschwert, Direktmandate zu erringen, zugleich aber auch ein Grabenwahlsystem einführte, bei dem ein Teil der Sitze im Unterhaus durch Verhältniswahl besetzt wird. Eine weitere wichtige Änderung war eine öffentliche Parteienfinanzierung, die die Abhängigkeit von Parteispenden reduzieren sollte. Pro Einwohner stellt die Regierung jährlich 250 Yen zur Verfügung, die aufgeschlüsselt nach Wahlergebnissen an die Parteien verteilt werden.

Nach dem Scheitern der Anti-LDP-Koalition schlossen sich 1994 die Erneuerungspartei, die Neue Japan-Partei, die Kōmeitō und die DSP zur Neuen Fortschrittspartei (Shinshintō) zusammen, die die Führungsrolle in der Opposition übernahm. 1997 zerfiel sie wieder in verschiedene Gruppierungen: Die ehemalige Kōmeitō kam als Neue Kōmeitō zurück, einige Anhänger Ozawas schlossen sich zur Liberalen Partei zusammen, und einige traten der LDP bei.

Weitere kurzlebige Parteien im Parlament in den 1990er Jahren waren der Jiyū Kaikaku Rengō (自由改革連合, „Liberaler Reformbund“; 1994), der Jiyū Rengō (自由連合, „Liberale Liga“; 1994–, seit 2005 ohne Mandat) und als Resultat des Zerfalls der Neuen Fortschrittspartei die Taiyōtō (太陽党, „Sonnenpartei“; 1996–98), From Five (1997–98), Kokumin no Koe (国民の声, „Stimme des Volkes“; 1998), Shintō Yūai (新党友愛, „Neue Partei Brüderlichkeit“; 1998), der Kaikaku Club (改革クラブ, „Reformklub“; 1998–2002) und die Minseitō (1998). Die meisten von ihnen schlossen sich 1998 der Demokratischen Partei an. Außerdem gingen aus der Neuen Fortschrittspartei die Vorläufer der „Neuen Kōmeitō“ hervor: Die Shintō Heiwa (新党平和, „Neue Partei Friede“; 1998) und der Renmei Club (黎明クラブ, „Morgendämmerung-Klub“; 1998)

Die Demokratische Partei

Hauptartikel: Demokratische Partei Japans

1996 gründeten ehemalige LDP-Mitglieder und Sozialdemokraten zusammen die Demokratische Partei. Nach dem Zerfall der Neuen Fortschrittspartei hat sie 1998 die meisten der entstandenen Parteien geschluckt und sich zur dominierenden Oppositionspartei entwickelt. Seit 2006 steht sie unter dem Vorsitz von Ichirō Ozawa. in der Oberhauswahl 2007 konnte sie die LDP erstmals in der Wählergunst übertreffen.

2008 gründete der aus der Demokratischen Partei ausgetretene Hideo Watanabe mit vier weiteren Abgeordneten den Kaikaku Kurabu („Reformklub“; engl. Japan Renaissance Party), der im Parlament mit der regierenden LDP zusammenarbeitet.

Die Neuwahlen zur Postprivatisierung 2005

Hauptartikel: Neue Partei Japan und Neue Volkspartei

Im Streit um die von Premierminister Jun’ichiro Koizumi als wichtigstes innenpolitisches Projekt forcierten Privatisierung der japanischen Post wendeten sich erhebliche Teile der LDP gegen ihn. Indem er nicht nachgab, gelang es Koizumi zwar sein Image als Rerformer zu stärken; allerdings verließ eine Reihe von Abgeordneten die LDP, darunter einige namhafte Parteiführer (u.a. Shizuka Kamei, Tamisuke Watanuki, Takeo Hiranuma). Teile der sogenannten „Rebellen“ organisierten sich in der Neuen Partei Japan und der Neuen Volkspartei. Bei der von Koizumi vorzeitig veranlassten Unterhauswahl 2005 gelang es ihm aber, viele Kandidaten (sogenannte „Attentäter“, oft faktionsungebundene Koizumi-Loyalisten) gegen die LDP-Rebellen ins Parlament zu bringen und der politische Schaden für die LDP blieb begrenzt.[1][2]

Die beiden entstandenen Parteien sind Splitterparteien: Die Neue Partei Japans hat einen Sitz im Oberhaus; und die Neue Volkspartei hat jeweils vier Sitze in Ober- und Unterhaus. Sie arbeiten in der Opposition mit der Demokratischen Partei zusammen.

Gesetzliche Regelungen

Gesetze, die den Status von politischen Parteien in Japan regeln, sind das kōshoku-senkyo-hō („Gesetz über die Wahl zu öffentlichen Ämtern“), das seiji-shikin-kisei-hō („Gesetz zur Regelung politischer Gelder“) und das seitō-josei-hō („Gesetz über die Förderung politischer Parteien“). Dabei werden Parteien im Allgemeinen als „politische Gruppierungen“ (seiji dantai) bezeichnet. Den formalen Status als politische Partei (seitō), an den insbesondere die staatliche Parteienfinanzierung geknüpft ist, erlangen demnach nur Gruppierungen, denen mindestens fünf Abgeordnete im nationalen Parlament angehören oder die mindestens zwei Prozent der Stimmen bei landesweiten Wahlen erhalten haben. Neben der staatlichen Parteienfinanzierung erhalten Parteien im Gegensatz zu politischen Gruppierungen Sendezeiten im öffentlichen Rundfunk NHK, die Möglichkeit, Wahlkreiskandidaten zusätzlich über die Verhältniswahlliste kandidieren zu lassen, und das Recht, Parteispenden auch von Unternehmen, also juristischen Personen anzunehmen.

Staatliche Parteienfinanzierung

Die staatliche Parteienfinanzierung in Japan gehört zu den höchsten der Welt. Nach dem Gesetz zur Parteienfinanzierung von 1994 erhalten die Parteien staatliche Zuschüsse in Höhe von 250 Yen pro Einwohner (nach der jeweils aktuellen Volkszählung). Die Verteilung richtet sich nach der Anzahl ihrer Abgeordneten im Parlament, wobei sich der Anteil einer Partei nach der Zahl ihrer Abgeordneten geteilt durch die Gesamtzahl in beiden Häusern richtet, und nach ihren Stimmenanteilen bei Unterhaus- und Oberhauswahlen. Letztere werden nach folgendem Schlüssel gewichtet:

  • die Direktwahlstimmen der letzten Unterhauswahlen zu einem Viertel,
  • die Verhältniswahlstimmen der letzten Unterhauswahlen zu einem Viertel,
  • die Direktwahlstimmen der letzten beiden Oberhauswahlen zu je einem Achtel,
  • die Verhältniswahlstimmen der letzten beiden Oberhauswahlen zu je einem Achtel.[3]

Im Jahr 2006 wurden vom Staat insgesamt 31,7 Milliarden Yen (rund 180 Millionen Euro) an die Parteien ausgezahlt. Diese verteilten sich wie folgt:

Die Kommunistische Partei Japans lehnt es ab, staatliche Parteienfinanzierung anzunehmen.[4]

Faktionalismus

Ein charakteristisches Merkmal der Politik ist die Untergliederung der großen politischen Parteien (LDP, SPJ und DPJ) in Faktionen (派閥, habatsu). Solche Faktionen sind Zusammenschlüsse vor allem von Parlamentsabgeordneten hinter einem oder manchmal mehreren Führungspolitikern. Im Gegenzug für die Unterstützung des Faktionsführers bei Abstimmungen und innerparteilichen Machtkämpfen erhalten die Mitglieder Unterstützung bei Wahlkämpfen und werden bei der Vergabe von Partei- und Regierungsposten berücksichtigt, die zwischen den Faktionen ausgehandelt wird. Begünstigt wird die Faktionalisierung durch die im überwiegenden Mehrheitswahlrecht begründete starke Personalisierung der japanischen Politik. Diese geht soweit, dass insbesondere vor der Wahlrechtsreform von 1994 Kandidaten verschiedener Faktionen derselben Partei gegeneinander antraten.

Vor allem in der regierenden LDP ist die Faktionalisierung stark ausgeprägt, auch wenn die Parteivorsitzenden in ihrer Amtszeit stets erklärten, den Einfluss der Faktionen zurückdrängen zu wollen. Die Parteivorsitzenden, die während ihrer Amtszeit offiziell keiner Faktion angehören, werden aber erst durch eine Kraftprobe der Faktionen bestimmt und kommen oft aus der zahlenmäßig stärksten Faktion. In der oppositionellen DPJ sind die Faktionen weniger scharf abgegrenzt und ihre Zusammensetzung gründet sich überwiegend auf die Parteizugehörigkeit vor der Gründung der DPJ. Als die SPJ bis in die 90er Jahre die größte Oppositionspartei war, gliederte auch sie sich in Faktionen, die aber in höherem Maße den Flügeln europäischer Parteien der Linken ähnelten, da sie verschiedene politische Positionen innerhalb der Partei zum Ausdruck brachten. Am deutlichsten waren die Differenzen zwischen rechtem und linkem Flügel, die im Streit über den Friedensvertrag mit den USA entstanden waren und schließlich in der Abspaltung der DSP resultierten. Seit ihrer Regierungsbeteiligung in den 90er Jahren ist die SPJ bzw. ihr Nachfolger SDP nur noch eine kleine Partei und bemüht sich um ein einheitliches Auftreten nach außen, auch wenn verschiedene Strömungen in der Partei weiter existieren.

Offizielle Namen der Faktionen sind meist aus einem der Begriffe „Forschungsrat“ oder „Versammlung“ und einer mehr oder weniger konkreten politischen Parole zusammengesetzt (z.B. 社会主義研究会, Shakai Shugi Kenkyūkai, dt. „Forschungsrat für Sozialismus“ (SPJ) oder 一新会, Isshinkai, dt. „Erneuerungsrat“ (DPJ)). In den Medien werden sie meist mit ihren Vorsitzenden bezeichnet.

Siehe auch

Literatur

  • Manfred Pohl: Die politischen Parteien, in: Länderbericht Japan, Manfred Pohl/Hans Jürgen Mayer (Hrsg.), BpB 1998, Bonn.
  • Ronald J. Hrebenar et al.: Japan's New Party System, Westview Press 2000. ISBN 0-8133-3057-2
  • Ray Christensen: Ending the LDP Hegemony: Party Cooperation in Japan, University of Hawaii 2000. ISBN 0-8248-2295-1
  • Ethan Scheiner: Democracy without Opposition in Japan: Opposition Failure in a One-Party Dominant State, Cambridge University Press 2006. ISBN 978-0-521-60969-2

Belege

  1. Deutsche Welle, 11. September 2005: Überwältigender Sieg für Koizumi
  2. Tagesschau.de, 11. September 2005: Koizumi gewinnt Parlamentswahl
  3. Ministerium für Innere Angelegenheiten und Kommunikation: Election System in Japan
  4. Zuletzt bestätigt durch die Resolution des 24. Parteikongresses, III.9c. (Englisch)