Christopher Hitchens

Christopher Eric Hitchens (* 13. April 1949 in Portsmouth, England) ist ein US-amerikanischer[1] Autor, Publizist und Literaturkritiker englischer Herkunft.
Religion
Hitchens ist für seinen Atheismus und Antitheismus bekannt. Immer wieder erregte er Aufsehen mit scharfen Angriffen gegen Figuren des religiösen Lebens. So bezeichnete er die katholische Ordensschwester Mutter Teresa in einem Zeitungsartikel als „Ghul von Kalkutta“. Er warf ihr Missionierungsbestreben und eine Verherrlichung des Leids vor. So habe sie in ihren Hospitälern den Einsatz von schmerzstillenden Medikamenten untersagt, weil sie gemeint habe, die Patienten seien in ihrem Leid näher beim christlichen Gott.
Hitchens betrachtet die in Teilen der religiösen Rechten sich ausbreitende Skepsis gegenüber der Darwinschen Evolutionstheorie mit Spott und Argwohn. Er argumentiert gegen die Versuche der Kreationisten, ihre pseudowissenschaftlichen Thesen im Biologieunterricht der öffentlichen Schulen zu etablieren.[2]
Bei einem Vortrag in der London Westminster Hall am 27. März 2007 lobte er den Atheisten Richard Dawkins und sagte, es sei gut, dass mit ihm zumindest ein „Extremist“ in puncto Atheismus anwesend sei. Während eines Vortrags in der Universität von Toronto am 15. November 2006 sagte Hitchens, man solle Religion der Lächerlichkeit preisgeben und ihr mit „Hass und Spott“ begegnen.[3]
Sein neues Buch God Is Not Great: How Religion Poisons Everything (dt. Der Herr ist kein Hirte. Wie Religion die Welt vergiftet) erschien 2007. Hitchens fordert darin die Befreiung von der „geistigen Sklaverei der Religion“. Der Glaube an Gott selbst steht für ihn zur Disposition. Für ihn ist die Religion unter anderem „gewaltsam, irrational, intolerant“, eine Mischung aus „Tribalismus und Bigotterie“ sowie feindselig gegen die Freiheit der Wissenschaft. Er vertritt in diesem Buch seine vier Hauptthesen, dass Religionen
- in ihren Schöpfungsgeschichten über die Menschen und das Universum deren Ursprünge nachweislich verkehrt wiedergeben würden,
- ein besonders stark ausgeprägt devotes Verhalten mit ebenso stark ausgeprägter Selbstbezogenheit paarten,
- der Grund für riskante sexuelle Unterdrückung seien (vergleiche z. B. Genitalverstümmelung oder Aids vs. Kondomverbot),
- auf Wunschdenken basierten.
Distanz von der Linken und Bewertung des Terrorismus
Hitchens, ein ehemaliger Trotzkist[4] und Kolumnist der linken Zeitschrift The Nation, hatte mit seinen investigativen Recherchen lange Zeit Beifall aus dem Lager der Linken erhalten, u.a. für sein 2001 veröffentlichtes Buch über den ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger, den er scharf kritisierte wegen dessen Mitverantwortung für die CIA-Aktivitäten in Chile, die sinnlose Ausdehnung des Vietnamkrieges und die Rolle der USA beim Völkermord in Osttimor. Hitchens begann sich jedoch allmählich von den Positionen der Linken zu distanzieren, besonders nachdem die Fatwa gegen seinen langjährigen Freund Salman Rushdie verhängt wurde. Nach dem 11. September verstärkte Hitchens seine Kritik an der Linken und stellte sich zur Überraschung seiner früheren Mitstreiter auf die Seite der Neokonservativen.[5][6]
Ein Grund für diesen Gesinnungswandel waren die Erklärungsversuche vieler Linker für den islamistischen Terrorismus. Hitchens übte scharfe Kritik an Versuchen, die Terroranschläge als Reaktion auf einen „strukturellen Imperialismus“ der USA zu deuten. Die Attentäter des 11. September seien vielmehr „Faschisten mit einem islamischen Gesicht“[7]; dies dürfe nicht durch globalisierungskritische Formeln vergessen werden, in welchen die Täter zu Opfern stilisiert würden. Die Neue Linke habe als Ausdruck der Postmoderne einen relativistischen Charakter angenommen. The Nation verließ Hitchens im Streit, nachdem er Redakteuren und Lesern vorgeworfen hatte, den damaligen US-Justizminister John Ashcroft für eine größere Gefahr zu halten als Osama bin Laden.[8] Allerdings hat er seitdem immer wieder betont, dass sich seine Ansichten seitdem nicht wesentlich verändert haben. Vielmehr sieht er die Unterstützung des Irak-Kriegs gerade als zwingende Konsequenz aus seiner religionskritischen Haltung und seinem Bekenntnis zu einem „säkularen Humanismus“.
Haltung zum Irak-Krieg
Hitchens unterstützt den zweiten Irak-Krieg. Er hält ihn für gerechtfertigt, um die Werte des Säkularismus, des Feminismus und der liberalen Demokratie zu verteidigen. Den Krieg sieht er als Konflikt zwischen säkularer Demokratie und „theokratischem Faschismus“ (bzw. „Faschismus mit einem islamischen Gesicht“). Deshalb wird er oft auch als „liberaler Falke“ bezeichnet. In diesem Zusammenhang ist auch seine heftige Kritik an Michael Moore und dessen Film Fahrenheit 9/11 [9] zu sehen. Auch sechs Jahre nach Kriegsausbruch behält Hitchens seine vormalige Meinung über den Krieg bei.
Weitere Tätigkeiten
Momentan schreibt Hitchens Kolumnen für das Boulevardmagazin Vanity Fair und für das Online-Magazin Slate. Er tritt oft in Talkshows auf und lieferte sich teilweise hitzige Debatten in Wort und Schrift mit so unterschiedlichen Gestalten des politischen Lebens wie Noam Chomsky, Charlton Heston, Norman Finkelstein, Al Sharpton, George Galloway und seinem jüngeren Bruder Peter Hitchens, der ebenfalls ein bekannter Publizist ist. Größere Aufmerksamkeit erlangte ein TV-Auftritt von Hitchens in der TV-Show Hannity&Colmes des konservativen Privatsenders Fox News Channel, in dem er heftig mit einem der beiden Moderatoren, Sean Hannity, aneinandergeriet. Anlass des Wortgefechts waren harte und z.T. spöttische Kommentare von Hitchens über den am Vortag verstorbenen amerikanischen Fernsehprediger Jerry Falwell.[10] Aufsehen erregte Hitchens auch mit einem Selbstversuch, bei dem er sich (als Irakkriegsbefürworter) freiwillig dem so genannten Waterboarding unterzog. Diese Verhörpraktik geißelte er im Anschluss als Folter und widerspricht damit Darstellungen der Bush-Regierung.[11] Während des Präsidentschaftswahlkampfes 2008 unterstützte er Barack Obama gegen John McCain.[12]
Zu Hitchens persönlichen Freunden und Weggefährten zählen unter anderem der Neokonservative Paul Wolfowitz und der irakische Politiker Ahmad Tschalabi. Hitchens ist auch ein Ehrenmitglied der National Secular Society, des wichtigsten Verbands der britischen Atheisten.[13]
Werke (Auswahl)
Hitchens hat über zwanzig Bücher als Einzelautor und weitere als Co-Autor veröffentlicht. Davon sind auf Deutsch erschienen:
- Die Akte Kissinger. (The Trial of Henry Kissinger.) Aus dem Englischen von Peter Torberg und Jürgen Bürger. DVA, Stuttgart 2001, ISBN 9783421051776; Onlineversion bei Harper’s Magazine.
- Widerwort. Eine Verteidigung der kritischen Vernunft. Aus dem Englischen von Joachim Kalka. DVA, München 2003, ISBN 3421056129
- Der Herr ist kein Hirte. Wie Religion die Welt vergiftet. Blessing Verlag, München 2007, ISBN 978-3-89667-355-8. – Leseprobe: Ist Religion Kindesmisshandlung? („Perlentaucher“, 24. September 2007)
- Original: God Is Not Great: How Religion Poisons Everything. (US-Titel) bzw. God Is Not Great: The Case Against Religion. (GB-Titel), Atlantic Books 2007, ISBN 978-1-84354-586-6 – Auszug: Why religion poisons everything (The Times, 31. Mai 2007); Kritik: Theo Hobson, Atheism is pretentious and cowardly (The Guardian, 6. Juni 2007)
Einzelnachweise
- ↑ "God Is Not Great" author, Christopher Hitchens talks about religion, politics, and becoming an American
- ↑ Richard Gebhardt: Satanische Verse in God's own Country In: Jungle World, 26. Juli 2007
- ↑ http://richarddawkins.net/article,731,Free-Speech,Christopher-Hitchens
- ↑ Christopher Hitchens: George Galloway Is Gruesome, Not Gorgeous In: Slate, 13. September 2005: "He says that I am an ex-Trotskyist (true)"
- ↑ Interview mit Christopher Hitchens In: The Independent, 22. September 2004
- ↑ Christopher Hitchens: The End of Fukuyama In: Slate, 1. März 2006
- ↑ Christopher Hitchens: Defending Islamofascism In: Slate, 22. Oktober 2007
- ↑ Christopher Hitchens: Taking Sides In: The Nation, 26. September 2002
- ↑ Christopher Hitchens: Unfairenheit 9/11 In: Slate, 21. Juni 2004
- ↑ Hitchens bei "Hannity&Colmes"
- ↑ Christopher Hitchens: Believe Me, It’s Torture In: Vanity Fair, August 2008
- ↑ Christopher Hitchens: Vote for Obama In: Slate, 13. Oktober 2008
- ↑ National Secular Society: Our Honorary Associates
Weblinks
- Hitchens Website – zahlreiche Artikel
- Artikel von Hitchens in deutschsprachiger Übersetzung in der WELT
- Christopher Hitchens: The Subtle, Lethal Poison of Religion („Washington Post“, 26. September 2007)
Personendaten | |
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NAME | Hitchens, Christopher |
ALTERNATIVNAMEN | Hitchens, Christopher Eric |
KURZBESCHREIBUNG | britischer Autor, Journalist und Literaturkritiker |
GEBURTSDATUM | 13. April 1949 |
GEBURTSORT | Portsmouth, England |