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Der Campus

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Dieser Artikel bezieht sich auf den Roman "Der Campus" von Dietrich Schwanitz, erschienen beim Goldmann-Verlag. Die Seitenzahlen im Artikel sind auf die Auflage aus dem Jahr 2005 bezogen und können bei älteren Ausgaben nicht ganz übereinstimmen.


Handlung (Zusammenfassung)

Hanno Hackmann, Professor für Kultursoziologie, hat eine Affäre mit einer seiner Studentinnen, Barbara Clauditz. Diese Affäre wird ihm zu heikel, da er Angst bekommt, wegen „Unzucht mit Abhängigen“ belangt zu werden und beschliesst die Beziehung zu beenden. Im Gespräch mit Barbara erzählt ihm diese, dass sie ihr derzeitiges Studium abbrechen und sich stattdessen der Schauspielerei verschreiben will. Als die Beziehung beendet ist, lässt sich Hanno zu einem letzten Beischlaf in seinem Büro hinreissen, wo sich von ein paar Bauarbeitern, die sich auf dem Baugerüst befinden, beobachtet werden.

Später ruft Frau Schell, die Leiterin des Studiengangs für Theater und Schauspielerei, bei Frau Wagner, der Frauenbeauftragten der Universität, an um von einer Studentin zu berichten, die, nachdem sie auf der Bühne eine Vergewaltigungsszene gespielt habe, ihr unter Tränen gesagt habe, dass sie diese Situation in Wirklichkeit auch schon erlebt habe. Nun würde sie nach einem Nervenzusammenbruch in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses liegen. Daraufhin bekommt Bernd Weskamp, der Vorsitzende des Disziplinarausschusses, einen Brief von Frau Wagner, mit der Aufforderung dieser Sache nachzugehen. Zuerst will Bernd der Angelegenheit keine weitere Beachtung schenken, wird dann aber vom Präsidenten der Universität gezwungen eine Befragung mit dem angeblichen Opfer durchzuführen, da der Präsident durch Frau Schell und deren neuen Koalitionspartner Heribert Kurtz, der Demonstrationen organisiert, unter Druck gesetzt wird, da bald die Wiederwahl des Präsidenten ansteht und dieser nicht als Frauenfeind hingestellt werden kann, da er sonst viele Wählerstimmen verlieren würde. Bernd nimmt Alice Hopfenmüller, eine Assistentin aus dem Historischen Seminar, mit zu der Befragung, damit diese das Protokoll schreibt und als weibliche Vertreterin fungiert. Doch Barbara leugnet alles, was sie gesagt haben soll oder vorgefallen sein soll. Bernd beschliesst aufgrund dieser Tatsachen den Fall abzuschliessen. Doch ein junger Journalist namens Martin Sommer erkundigt sich, im Auftrag seiner Zeitung, dem JOURNAL, nach einem berühmten verschollenen Riezler-Tagebuch, welches im Besitz des Historikers Schäfers sein sollte. Da dieser wirklich dieses Tagebuch besitzt und nicht will, dass die Medien das wissen, zieht er Alice, die auch für ihn arbeitet, ins Vertrauen und will Martin Sommer von seiner Fährte weglocken. Dazu sagt er ihm, dass es einen viel interessanteren Fall gäbe, der mit sexueller Nötigung zu tun habe. Alice ändert den Bericht über die Befragung so ab, dass es wirkt, als wäre Barbara ganz sicher vergewaltigt worden und wolle den Namen des Täters einfach nicht preisgeben. Dieser Bericht landet in Martins Händen, wo er sogleich in seinen Artikel für den nächsten Tag eingebaut wird. Als dann das JOURNAL erscheint beginnt die Demonstration, die von Heribert Kurtz‘ Leuten geführt wird. Kurtz verständigt einen Kollegen beim NDR, welcher die Demonstration filmen lässt und sie im Fernsehen riesig erscheinen lässt. Der Druck der Medien wird immer grösser, als Martin von Frau Schell wieder mit neuen Informationen gefüttert wird und weitere Berichte bringt. In dieser Zeit verschlechtert sich auch Hannos Zustand, da er nicht mehr gut schlafen kann. Der Präsident und somit auch Bernd geraten nun immer mehr unter den Druck der Öffentlichkeit. Als Bernd ein Gespräch mit Hanno hat um über die Haltung seines Instituts zu reden, verrät sich Hanno als Schuldiger, da er ganz panisch reagiert, als Weskamp ihm mitteilt, dass Barbara den Namen des Täters genannt habe. Da Kurtz den Hinweis bekam, dass es Zeugen von der Vergewaltigung gäbe, teilte er dies unverzüglich Bernd mit, damit dieser so Hanno das Genick brechen könnte und seinen Deal mit dem Präsidenten, bei dem er zum Vize-Präsidenten ernannt würde, besiegeln könnte. Bernd lädt Hanno Hackmann zu einem Hearing vor dem grossen Disziplinarausschuss vor, wo diskutiert werden würde, ob gegen Hanno wirklich ein Verfahren eingeleitet werden würde. Doch würde er dort für schuldig gehalten, würde er auch beim eigentlichen Verfahren für schuldig befunden werden. Der Präsident wollte das Hearing ohne Ausschluss der Öffentlichkeit abhalten, um seinen Siegeszug gegen das Sexmonster und den Chauvinismus mit allen zu zelebrieren. Zwar wird beim Hearing eine unterschriebene Aussage von Barbara vorgelegt, in der sie sagt, dass es nur eine Affäre war und keine Vergewaltigung stattgefunden hat. Doch aufgrund der falschen Rückschlüsse von Barbaras zuständiger Doktorin und der abgeänderten Aussagen der Bauarbeiter, die nun ganz genau eine Vergewaltigung beschreiben, welche sich so in seinem Büro zugetragen habe, hat Hanno keine Chance durchzukommen. Zum Schluss des Hearings, wo er sowieso schon alles verloren hat, klärt Hanno die Anwesenden über die Korruption in dieser Universität und seine Opferrolle in dieser ganzen politischen Kampagne auf.

Charaktere/Konstellation

Hanno Hackmann; ist Professor für Kultursoziologie und am Soziologischen Seminar an der Universität von Hamburg tätig. Es werden viele Schriften von ihm publiziert, viele Sitze in Beiräten und Verbänden von ihm besetzt und auch im Fernsehen ist er des Öfteren zu sehen. Er ist mit Gabrielle verheiratet und hat mit ihr zusammen eine Tochter namens Sarah. Hanno versteht viel von seinem Fach und zeigt dies in Gesprächen mit anderen Leuten aber auch gerne in dem er Fachausdrücke verwendet. Hanno schwärmt nicht gerade für die Welt in der er sich befindet, findet sich in ihr aber sehr gut zurecht, da er viel Ansehen von Kollegen und den Medien geniesst. Er hat einen Hang zum Zynismus, damit er sich selbst jederzeit von seiner Umgebung abgrenzen kann und sich selbst nicht als eingegliedertes Mitglied sehen muss, sondern nur als einen begabten Mann der sein Wissen mit anderen teilt. Seine Beziehung zu seiner Frau Gabrielle ist kritisch, da beide in einander nicht mehr sehen, was sie einst gesehen haben. Hanno fühlt sich von Gabrielle gar so fremd, dass er sie als Psychopathin bezeichnet(S. 9). Zu Sarah pflegt Hanno stets ein gutes und aufrichtiges Verhältnis zu führen. Ihre langen Gespräche zeugen von einer sehr innigen Beziehung(S. 205). Hannos Souveränität bei brenzligen Situationen ist ihm zwar oft von Vorteil in dieser Geschichte, so auch bei seinem Vortrag, als er Gabrielle und Babsi nebeneinander sitzen sieht (S. 20), doch wird er trotzdem zunehmend hilfloser. Die Paranoia hingegen wird bei ihm recht schnell auf ein Minimum reduziert, im Vergleich zum Beginn des Buches wo er am Morgen nach der verhängnisvollen Unzucht mit Babsi fast schon ins Büro gerannt ist um nicht den Bauarbeitern in die Arme zu laufen. Über die Moral von Hannos Verhalten lässt sich streiten. Ein verheirateter Ehemann und Vater, der eine Affäre mit einer Studentin ist gewiss kein Vorzeigebild von angemessenem Verhalten, doch ist sein Verhalten bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass Hanno und Gabrielle seit langem keine erfüllte Ehe mehr führen.

Bernd Weskamp; ist der Vorsitzende des Disziplinarausschusses der Universität von Hamburg. Er ist der Gegenspieler von Hanno Hackmann. Diese Rolle lehnt er zwar erst ab, gibt sich ihr aber dann umso mehr ihn, als er die Stellung des Vizepräsidenten in Aussicht gestellt bekommt. Im Grunde ist er sehr solidarisch mit den Leuten in der Universität, weiss aber genau wo er die Grenzen ziehen muss, um sich dadurch keine Feinde zu schaffen. Dieses gute Urteilsvermögen, wann ein Bündnis mit wem klug ist, verliert Bernd zwar nicht, doch er richtet es im Verlauf der Geschichte nach einem neuen moralischen Kompass aus. Denn als Bernie mit Rebecca zusammenkommt, handelt er nur noch in dem Interesse diese glücklich zumachen, also eine hohe Stellung beziehen und ihr ein schönes Leben schenken. Deshalb schreckt er auch nicht davor zurück, dieses Leben auf Hackmanns Leiche aufzubauen. Bernd und Hanno kannten sich vorher nur flüchtig, waren einander aber sympathisch. Wohl hätten sie vom Menschentyp her auch gar nicht schlecht zusammengepasst, doch die äusseren Umstände liessen sie zu Gegenspielern werden, was der Leser schon früh bemerkt. Doch spätestens als auf Seite 71 der Name Weskamp auf einer Liste in Hannos Büro auftaucht versteht der Leser dies als Wink, dass sich hier noch mehr zwischen diesen beiden abspielen wird. Dieser Umstand einer zukünftigen Konfrontation und Auseinandersetzung der beiden Personen lässt aber Unbehagen und zugleich Spannung im Leser aufkommen, da er zu beiden eine Beziehung aufgebaut hat und nicht will, dass der Protagonist, und schliesslich auch er selber, leiden muss.

Erzählweise

Schwanitz schreibt seinen Roman in einer personalen Erzählweise aus der Er-Sicht. Die Geschichte beginnt und endet mit der Sicht von Hanno Hackmann, weshalb er der eigentliche Protagonist des Buches ist. Jedoch wechselt Schwanitz oft die Bezugsperson der Er-Erzählweise. Erst wechselt er von Kapitel zu Kapitel zwischen Hanno Hackmann und Bernd Weskamp, dann beginnt er aber auch innerhalb der jeweiligen Kapitel andere Bezugspersonen einzubinden und erzählt die Geschichte aus deren Sicht. Dies wird vor allem in Kapitel 7, wo Martin Sommer eingeführt wird, gut sichtbar, als Schwanitz vier Mal die Person wechselt und der Leser dadurch immer mehr spürt, dass die Personen bald ein Mal mit einander konfrontiert werden würden. Diese häufigeren Wechsel sind nun nötig, da die Personen sich einander immer näher kommen und ihre Handlungen gravierendere und unmittelbarere Auswirkungen auf die jeweiligen anderen Personen haben. In Kapitel 10 gipfelt diese Erzählweise in einem enorm kurzen Intervall von Wechseln, wobei einer Person teilweise nur eine halbe Seite lang betrachtet wird. Das Ereignis der erscheinenden Zeitschrift JOURNAL, verbindet in diesem Kapitel alle Personen und stellt die erste durchgehende Verbindung zwischen ihnen her. Deshalb schreibt Schwanitz hier auch aus der Sicht von sieben verschiedenen Personen.

Der ganze Roman ist vollgepackt mit Anspielungen, Metaphern und sarkastischen Bemerkungen. Ein besonders bissiges Beispiel hierzu findet sich auf S. 326: „Dass jemand freiwillig gekommen wäre, war nicht zu erwarten, denn wer sich von einer Sitzung des Institutsrats einen eigenen Unterhaltungswert versprach, musste sich vor Verzweiflung eigentlich erschiessen.“

Formal gesehen ist der Roman zwar nicht auktorial geschrieben, nimmt aber manchmal feine auktoriale Züge an. Die finden wird wenn zum Beispiel Räume beschrieben werden und wir uns vielleicht fragen, ob die Person, aus deren Sicht wir die Geschichte gerade erzählt bekommen, den Raum wohl wirklich so detailliert wahrnimmt. So auch bei Hanno, als die sieben verschiedenen Magazine, die auf dem Bett liegen, beim Namen genannt werden (S. 139). Weitere Hinweise für auktoriale Akzente finden wir auf den Seiten 230 und 332. Dort steht: „Er wurde von ihnen in einen Zustand quälender und erbitterter Langeweile versetzt, die ihn so sehr aufregte, dass er schon wieder unterhalten wurde, ohne es zu merken.“ Dies setzt einen Erzähler voraus, der mehr weiss als die Person, von der er erzählt. „‘Du lässt Sarah damit in Ruhe!‘ Er hatte Gabrielle gar nicht gehört und fuhr herum.“ Wenn der Leser nun also alles nur aus der Sicht von Hanno sehen würde, hätten wir die Aussage von Gabrielle gar nie gelesen, was also auch für einen auktorialen Erzählstil spricht. Jedoch finden sich solche Beispiele nur sehr selten im Buch, weshalb die Erzählweise also nicht gleich als auktorial bezeichnet werden kann.

Da der Leser durch die verschiedenen Perspektiven, durch die er die Geschichte betrachtet, mehr Wissen als die jeweiligen Figuren hat, baut Schwanitz die Spannung nicht durch vorenthaltene Informationen auf (Wer hat was aus welchen Gründen getan?), sondern er lässt den Leser zu vielen Personen eine so enge Verbindung aufbauen, dass dieser sich schliesslich fragt, was wohl passieren wird, wenn diese aufeinander einwirken oder sich gar gegenüberstehen.

Historisches, Philosophisches, Psychologisches

Bis zum Ende des Buches hat Hanno, und somit auch der Leser, das Gefühl, dass sich die Sache doch noch irgendwie zum Guten wenden würde. Doch als dann der endgültige Todesstoss durch die Bauarbeiter erfolgt und Hannos Leben in Trümmern liegt, realisiert auch der Leser, dass Hanno das Opfer vom Egoismus der Verantwortlichen ist. Erst an dieser Stelle entfaltet sich die gesellschaftskritische Bedeutung dieses Buches voll und ganz. Ein ganzes Leben eines mehrheitlich aufrichtigen Mannes geht zugrunde, da jeder der Beteiligten nur an sich selber denkt. Niemandem geht es wirklich um die Person von Barbara Clauditz und ihren Schicksalsschlag. Die Aussage, die Hanno auf Seite 205 zu Sarah macht, wo er sagt, dass wenn es um das Innere einer Person geht, nur die betroffene Person selber beobachten kann, trifft sehr genau auf den Fall von Barbara zu. Denn jeder, der an der Geschichte beteiligt ist, sieht sie nur so, wie sie selbst einen persönlichen Vorteil daraus ziehen kann. Wie Hanno in seiner persönlichen Erklärung am Schluss des Hearings erwähnt hat, lässt sich dieser Zustand in der Universität auf die Gesellschaft übertragen, wodurch dieser Roman auf die Kritik der heutigen Gesellschaft abzielt. Als Kontrast zu dieser kalten, unmoralischen Gesellschaft steht das Umfeld von der Beerdigung von Hannos ehemaligem Geschichtsprofessor. Man könnte es fast schon als Idealbild ansehen (S. 267). Denn dort wird Hannos Missgeschick nicht dazu benutzt, dass einer der Anwesenden einen persönlichen Vorteil daraus ziehen könnte, sondern es löst sich in kollektiver Heiterkeit auf. Dieses Kapitel zeigt uns auch, dass nicht jedes Fortschreiten der Gesellschaft auch ein wirklicher Fortschritt der Gesellschaft sein muss. So sind es die konservativen Werte von Solidarität und Uneigennützigkeit der Landedelleuten, die an dieser Beerdigung, die Hanno ein wenig Sicherheit geben, in einer Zeit wo sein restliches Leben auf Messers Schneide steht.

Der ganze Roman führt einem auch vor Auge, dass wir Gefahren und Fehlverhalten oft gar nicht richtig wahrnehmen, bis diese schliesslich verheerende Auswirkungen haben. Und wenn es uns doch bewusst ist, was für Auswirkungen unser Verhalten haben kann, wie bei fast jedem der Hanno am Pranger stehen sehen wollte, müssen wir sicher genug Distanz wahren. Deshalb hätte Weskamp Hanno, der ihm ja schon sympathisch erschien, wohl nicht so leichtfertig ans Kreuz genagelt, wenn er nicht noch eine weitaus stärkere Beziehung zu Rebecca gehabt hätte.--AspirinXX 00:53, 30. Nov. 2009 (CET)