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Schlacht bei Soltau

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Die Schlacht von Soltau am 28. Juni 1519

Vorbemerkung Die Schlacht von Soltau wird üblicherweise im Zusammenhang mit der "Hildesheimer Stiftsfehde" (1519-23) genannt, deren militärischer Höhepunkt sie war. Die Stiftsfehde hatte alle Merkmale einer typischen Adelsauseinandersetzung jener Zeit. Es ging im Kern um die Verteilung von Einkünften und Gebietsansprüchen hauptsächlich auf dem Gebiet des Bistums Hildesheim. Zwei Aspekte machten sie allerdings zu etwas Besonderem. Zum Einen waren die Hauptkontrahenten auf beiden Seiten Mitglieder der welfischen Fürstenfamilie, zum Anderen unterstützten die feindlichen Parteien gleichzeitig verschiedene Prätendenten für die Kaiserwahl im Heiligen Römischen Reich. Die Braunschweig-Calenbergsche Partei (im Folgenden "Braunschweiger") mit den Herzögen Heinrich dem Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel und Erich I. von Calenberg an der Spitze favorisierte den Habsburger Karl (den späteren Kaiser Karl V.), die Lüneburgisch-Hildesheimische Koalition (im Folgenden "Lüneburger")unter Herzog Heinrich dem Mittleren und Bischof Johann IV. trat für die Wahl Franz I. von Frankreich zum neuen Kaiser ein.

Die beiderseitigen Heere Die Streitkräfte der Braunschweiger zählten etwa 7.000 Fußsoldaten (davon 4.000 Ausgehobene und 3.000 professionelle "Landsknechte") und 700 gepanzerte Reiter ("Reisige"). Die Lüneburger sollen ebenfalls über 7.000 Infanteristen verfügt haben, ihre Reiterei war allerdings mit etwa 1.500 Pferden wesentlich stärker. Die Braunschweiger führten 24 Geschütze und einen umfangreichen Tross mit sich, über die Geschützzahl der Lüneburger ist nichts Näheres bekannt. Für die Feldschlacht einsetzbar waren ohnehin nur die leichteren Kanonen. Die professionelle Infanterie focht im kompakten Gevierthaufen. Nach dem Vorbild der Schweizer führten die ersten 3-5 Glieder die bis zu 6 m lange Pike, die hinteren Reihen waren meist mit kürzeren Hellebarden o.Ä. ausgerüstet. Vereinzelt kamen auch zweihändig zu führende Schwerter und Luntenschloss-Arkebusen vor, doch spielten sie eine untergeordnete Rolle. Über die Ausrüstung der Ausgehobenen ist Nichts bekannt.

Die Marsch- und Schlachtordnung Beide Heere marschierten in der damals üblichen Form. Voran zog ein Vortrab ("Verlorener Haufen"), der im Fall der Braunschweiger 1.500 Landsknechte gezählt haben soll, welche von 300 Reitern und einem Teil der Artillerie begleitet wurde (wahrscheinlich die feldtauglichen Rohre). Dem folgte der Gewalthaufen von 4.500 Mann (davon 500 Landsknechte, begleitet vom Rest der Kavallerie) und eine Nachhut von 1.000 Landsknechten. Es ist davon auszugehen, dass der Tross kaum weniger Menschen zählte als die eigentliche Armee, zumindest bei den Braunschweigern, die zahlreiche Beute und auch ihre Kriegskasse mit sich führten. Über die Marschordnung der Lüneburger ist Nichts bekannt, doch kann man annehmen, dass sie grundsätzlich der der Braunschweiger ähnelte. Aus Gründen, die nirgendwo erklärt werden, hatten die Lüneburger ihre Fußtruppen zurückfallen lassen, so dass sich am 28. Juni vorerst nur deren Reiterei den Braunschweigern in den Weg stellte.

Das Terrain Nach einem langen, teilweise parallel verlaufenden Verfolgungsmarsch trafen beide Heere um die Mittagszeit des 28. Juni 1519 nordwestlich von Soltau zwischen den Dörfern Vahlzen und Langeloh aufeinander. Beide Parteien besetzten jeweils eine Anhöhe, dazwischen erstreckte sich über eine Länge von etwa 700 Metern sumpfiges Gelände. Die Richtung Süden blickenden Braunschweiger hatten ihre Flügel durch zwei Moore abgesichert, das Vahlzener Moor im Westen und das Dickmoor im Osten (Letzteres soll wesentlich feuchter und sumpfiger gewesen sein).

Die Aufstellung der Truppen Genaue Aufzeichnungen über die Positionierung der beiderseitigen Streitkräfte existieren nicht. Von den Lüneburgern weiß man immerhin, dass sie ihre Kavallerie in fünf Fähnlein unterteilt hatten, wovon vier je 225 Reiter und eines 600 Reiter umfasst haben sollen. Von den Braunschweigern wird angenommen, dass sie im Wesentlichen ihre Marschformation beibehielten und lediglich ihre 700 Reiter bei der Vorhut zusammenzogen. Womöglich brachten sie auch die feldtauglichen Geschütze am Rand der von ihnen besetzten Anhöhe in Stellung. Allgemein wird angenommen, dass sich die beiden kommandierenden Herzöge nicht einig über die zu treffenden Maßnahmen im Angesicht des Feindes waren.

Der Eröffnungskampf Der Kampf wurde kurioserweise von den Lüneburgern begonnen, obwohl diese vorerst nur ihre (allerdings überlegene) Kavallerie zur Hand hatten. Nach dem Bericht Heinrichs des Mittleren trafen drei seiner kleinen Fähnlein frontal auf die 700 Braunschweiger Reiter. Das vierte Lüneburger Fähnlein flankierte die gegnerische Reitermasse und brachte sie zur überstürzten Flucht ins nahegelegene Vahlzener Moor, wo viele der Flüchtenden umgekommen sein sollen. Das große Lüneburger Reiterfähnlein (600 Pferde) hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in die Kämpfe eingegriffen. Was der Verlorene Haufen der Braunschweiger (1.500 Landsknechte) während des Kavalleriekampfes tat, ist unklar. Er muss immerhin so weit von der eigenen Reiterei entfernt gewesen sein, dass sie flankiert und umgangen werden konnte.

Der Angriff auf den Verlorenen Haufen der Braunschweiger Während ein Teil der siegreichen Geschwader die Fliehenden verfolgte, griff das große Lüneburger Reiterfähnlein nun die isolierte Vorhut des Gegners an, offenbar wiederum sekundiert von einem effektiven Flankenangriff des vordem schon so geschickt agierenden vierten kleinen Reiterfähnleins. Allem Anschein nach erlagen die Landknechte schnell dem "Choc" der feindlichen Kavallerie, wurden zersprengt und flohen ins Dickmoor. Da dieses morastiger als das Vahlzener Moor war, wurde es zahlreichen Flüchtigen zum Verhängnis. Somit standen nur noch der Braunschweiger Gewalthaufen und die Nachhut im Feld, als schließlich das Lüneburger Fußvolk auf dem Schauplatz erschien.

Der Angriff auf den Braunschweiger Gewalthaufen Die Masse der 4.500 Braunschweiger Infanteristen hatte die Anhöhe wahrscheinlich nicht verlassen. Obwohl die Angreifer ihnen also bergan entgegengehen mussten, leisteten sie allem Anschein nach nur noch wenig Widerstand. Von der Nachhut offenbar nicht unterstützt (möglicherweise war Letztere sogar schon geflohen), wurde der Braunschweiger Gewalthaufen frontal von der überlegenen Lüneburger Infanterie angegangen, während die feindlichen Reiter seine Flanken umschwärmten. Das Ergebnis konnte nicht überraschen. Er wurde aufgerieben und floh wie vordem der Verlorene Haufen. Die Nachhut wurde, wenn sie überhaupt noch im Formation stand, von der Flucht des Vordertreffens mitgerissen. Damit war die eigentliche Schlacht geschlagen. Vereinzelte Gefechte dauerten angeblich noch bis in die Nacht, doch mag es sich dabei wohl mehrheitlich um Beutekämpfe gehandelt haben. Immerhin führten die Braunschweiger einen reich beladenen Tross und ihre Kriegskasse mit sich. Für so manchen Lüneburger mag die Aussicht auf Beute das eigentliche Ziel des Tages ausgemacht haben.

Die Verluste Angeblich verloren die unterlegenen Braunschweiger neben zahlreichen Gefangenen (unter denen sich sogar Herzog Erich I. von Calenberg befand)3.000 bis 3.500 Tote, wovon die viele in den Mooren umgekommen sein sollen. Die Sieger hatten demgegenüber nur leichte Verluste. Die Angaben schwanken zwischen 10 und 200 Toten. Erstere Zahl ist kaum glaubhaft, selbst wenn man die günstigsten Umstände für die Lüneburger annimmt. Auch betrug die Zahl der Verwundeten im Regelfall ein Mehrfaches derjenigen der Toten. Von Verwundeten hört man jedoch gar Nichts. Die Annahme von 3.000 bis 3.500 Toten auf Braunschweiger Seite ist offensichtlich geschätzt und orientiert sich wahrscheinlich an der Zahl der Resttruppen, die sich nach der Schlacht wieder sammelte. Allenthalben beklagte der Adel die hohen Pferdeverluste bei dieser Schlacht. Diese könnten darauf zurückgeführt werden, dass die Reiterei bei Soltau die Hauptarbeit zu tun hatte (was für die Lüneburger zumindest für die erste Hälfte der Schlacht zutrifft). Es wäre allerdings auch denkbar, dass das morastige Gelände vielen Pferden zum Verhängnis geworden ist.

Unstimmigkeiten Der Verlauf der Schlacht ist mit den wenigen Berichten, die darüber existieren, nur schwer in Einklang zu bringen. Hier sei nur beispielhaft auf einige Punkte verwiesen: -Wie konnte auf einem morastigen Gelände ausgerechnet die Reiterei die entscheidende Rolle spielen? -Was tat die Braunschweiger Artillerie? -Wie konnten die Lüneburger erst die feindliche Reiterei und dann auch noch die feindliche Vorhut so mühelos flankieren? -Wieso blieb bei den Lüneburgern die Infanterie zurück? Auffällig bleibt, dass die taktischen Vorteile von Anfang an auf Seiten der Lüneburger waren. Es muss also Entscheidungen der jeweiligen Füher gegeben haben, die diese Lagen zur Folge hatten. Wer diese Entscheidungen wann traf, ist jedoch völlig im Dunkel. Beispielsweise kann das Eröffnungsgefecht der Kavallerie nur in der geschilderten Weise stattgefunden haben, wenn die Braunschweiger Reiterei ihrem Gegner zumindest ein Stück entgegengeritten war. Ansonsten wäre auch nicht zu erklären, wie der Verlorene Haufen den Anschluss an die eigene Kavallerie verlor, was schließlich beiden Teilen zum Verhängnis wurde.

Die Folgen Obwohl Heinrich der Mittlere und Bischof Johann IV. durch ihren Sieg bei Soltau fürs Erste die Situation vor Ort in ihrem Sinne regeln konnten, schlug die große Politik im Reich einen anderen Kurs ein. Nachdem der Habsburger Karl zum neuen Kaiser gewählt worden war, unternahm die unterlegene Partei bei diesem verschiedene Vorstöße, um die Sieger von Soltau ins Unrecht zu setzen. Da diese Franz I. von Frankreich unterstützt hatten, fiel die Reaktion Karls V. nicht überraschend aus. Schließlich musste die Lüneburgisch-Hildesheimische Partei im Quedlinburger Rezess von 1523 große materielle Verluste hinnehmen. Der Sieger von Soltau, Heinrich der Mittlere, war unter Reichsacht gesetzt worden und hatte bereits 1520 Schutz im französischen Exil suchen müssen, wo er 1532 starb.

Literatur (Auswahl) -Stanelle, U., Die Schlacht bei Soltau, in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Bd. 54, 1982, S. 153-188. (Die o.g. Zahlenangaben stammen von ihm) -Felleckner, S. Anmerkungen über den Ablauf der Schlacht von Soltau (28.6.1519), in: Gifhorner Kreiskalender 2010, Gifhorn 2009, S. 102-112. (Maßgeblich für den obigen Text, Interpretation des Stanelle-Textes) -Varnové, E., Die Anfänge der Hildesheimer Stiftsfehde und die Chronisten H. Brandis und L Oldecop, in: ZHistVNdSachs 84, 1919, S. 181ff. -Roßmann, W. / Doebner, R.V., Die Hildesheimer Stiftsfehde (1519-1523), Hildesheim 1908. -Wiebeiltz, W., Unser Kreisgebiet während der Hildesheimer Stiftsfehde 1519-1523, in: Kreiskalender für Gifhorn-Isenhagen 1960, Gifhorn 1959, S. 32-37. -Blau, F., Die deutschen Landsknechte, Görlitz 1882. -Boeheim, W., Handbuch der Waffenkunde, Leipzig 1890. -Daniels, E., Geschichte des Kriegswesens, Bde. I-VII, Leipzig 1910-13. -Delbrück, H., Geschichte der Kriegskunst, Bde. 3, 4, Berlin 1920. -Gless, K., Das Pferd im Militärwesen, Berlin (Ost) 1989.