Corps Thuringia Jena
Das Corps Thuringia Jena ist ein Corps (Studentenverbindung) im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), dem ältesten Dachverband deutscher Studentenverbindungen. Das Corps ist pflichtschlagend und farbentragend. Es vereint Studenten und ehemalige Studenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena und ehemalige Studenten der Universität Hamburg. Die Corpsmitglieder werden „Jenenser Thüringer“ genannt.
Thuringia hat die Farben „schwarz-kardinalsrot-weiß von unten“ mit silberner Perkussion. Dazu wird eine schwarze Mütze getragen.
Die Thüringerfüchse tragen ein Fuchsenband in „kardinalsrot-weiß-kardinalsrot“.
Als regionale Besonderheit zählen die Studentenverbindungen in Jena wie auch die in Halle an der Saale ihre Farben von unten nach oben.
Der Wahlspruch lautet „Freiheit, Ehre, Bruderliebe!“, der Wappenspruch „Virtuti tantum floret corona!“ (deutsch: „Nur der Tapferkeit gebührt die Krone!“).
Geschichte

Das Corps Thuringia wurde am 6. Juni 1820 von Studenten an der Universität in Jena gegründet.
Im Corps Thuringia erhielt sich die Tradition des studentischen Bierstaats länger als bei anderen Verbindungen und ist in Abwandlungen noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts nachzuweisen. Berühmt war das von den Jenenser Thüringern inszenierte Bierherzogtum Lichtenhain, benannt nach dem Dorf bei Jena (heute Ortsteil), in dem es abgehalten wurde.
Thuringia gehört mit seinem ältesten Kartellcorps Corps Brunsviga Göttingen zu den Begründern des Schwarzen Kreises innerhalb des KSCV. Dieser Kreis ist nach den Mützenfarben beider Corps benannt und begründete in den 1860er Jahren die Entstehung der Kreispolitik, also die Einteilung der Corps in nach Farben benannten Kreise, denen jeweils besondere Charakteristiken und unterschiedliche Ziele in der Verbandspolitik zugeschrieben werden. Diese Kreise bestehen bis heute und bestimmen die Kultur des ältesten Dachverbandes studentischer Verbindungen in Deutschland.
Thuringia Jena und Brunsviga Göttingen sind seit 1846 in einem Kartell, also einer besonderen Form eines befreundeten Verhältnisses, verbunden. Dies ist das älteste dieser Art im KSCV und vermutlich auch das älteste, durchgängig bestehende Freundschaftsverhältnis zweier Verbindungen in Deutschland überhaupt.
Am 6. Juni 1948 eröffnete Thuringia Jena nach dem Zweiten Weltkrieg seinen Aktivenbetrieb in Hamburg, wo es bis 1990 ansässig war. Noch im Sommer des Jahres, einige Monate vor der deutschen Wiedervereinigung, beschloss Thuringia als erstes Corps beider Dachverbände und als erste Studentenverbindung Deutschlands, wieder an seinen ursprünglichen Sitz in der damals noch bestehenden DDR zurückzukehren. Das Haus in Hamburg wurde verkauft, noch vor der Wiedervereinigung wurde der Corpsbetrieb wieder in Jena aufgenommen.
Als Mitglied des Eisenacher Kartells sind die Thüringer eines der einflussreichsten Corps des Kösener Senioren-Convents-Verbandes. Außerdem sind sie mit zwei angestrebten Mensuren pro Semester wohl eine der Verbindungen mit den meisten („Pflicht“)-Mensuren in Deutschland.
Bekannte Mitglieder
- Franz Rittscher (1839-1897), Senator der Hansestadt Lübeck
- Fritz Bacmeister (1840-1886), berühmter studentischer Fechter
- Heinrich Albert (1873-1960), Reichswirtschaftsminister 1923, Vorsitzender des Vorstandes des Norddeutschen Lloyd
- Carl Hauß (1875-1942), Präsident des Reichspatentamts
- Hans Erich Nossack (1901-1977), Schriftsteller
- Otto Klonz (1902-1968) Vorsitzender des Vorstandes der Kaufhof AG
- Hans Heinrich Matthiesen (1904-1978), Vorsitzender des Vorstandes der Mobil Oil Deutschland AG
- Heinrich Homann (1911-1994), Politiker
Verhältniscorps
Thuringia steht im Kartell mit den Corps Brunsviga, Silesia Breslau, Borussia Greifswald, Suevia München, Hassia Gießen zu Mainz und Franconia Tübingen und unterhält befreundete Verhältnisse mit Suevia Straßburg zu Marburg, Saxonia Kiel, Gothia Innsbruck, Bavaria Würzburg und Lusatia Leipzig. Früher bestand auch ein Kartell mit dem inzwischen erloschenen Corps Hansea Königsberg.
Weblinks
Siehe auch
Liste Kösener Corps, Bierstaat
Literatur
- Hans-Bernhard Herzog (Hrsg.): 100 Jahre Eisenacher Kartell. 1909 - 2009, Neustadt an der Aisch 2009, ISBN 978-3-87707-754-2