Codex Alimentarius
Codex Alimentarius, der lateinische Ausdruck für Lebensmittelkodex, ist die Bezeichnung einer Kommission der Vereinten Nationen, die als Teil der Weltgesundheitsorganisation operiert und erstmals 1963 herausgegeben wurde. Der Auftrag der Codex-Alimentarius-Kommission ist es, internationale Normen für den Handel mit Lebensmitteln aufzustellen; teilweise sollten diese in der Europäischen Gemeinschaft bis zum 31. Dezember 2009 in Kraft treten.
Alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind Mitglied im Codex Alimentarius. Weiterhin ist 2003 die Europäische Gemeinschaft als Mitglied der Kommission beigetreten. Dadurch ist der Einfluss der 27 Mitgliedsstaaten in dieser Organisation stark angestiegen.
Neben Verfahren zum Gewährleisten der Lebensmittelsicherheit (etwa dem Aufbau eines HACCP-Systems oder der Durchführung von Stichprobenkontrollen) enthält der Codex Alimentarius auch produktspezifische Standards, die Festlegungen über Herstellungsverfahren treffen, mikrobiologische Risiken benennen und die Kennzeichnung der Ware zur Information des Endverbrauchers regeln.
Inhalte
Allgemeine Regelungen
- Lebensmittelkennzeichnung (insbesondere für Bio- und Genfood)
- Hilfsstoffe
- Grenzwerte für Giftstoffe und Nahrungsergänzungsmittel
- Nahrungsergänzungsmittel (Vitamine, Mineralstoffe, etc.)
- Rückstände aus Land- und Viehwirtschaft
- Methoden zur Risikoanalyse von biotechnischen Produkten (Pflanzen, Microorganismen, Allergene)
- Nahrungsmittelhygiene einschließlich HACCP
- Analysemethoden und Probenentnahme
- Futtermittelzusätze und Lagerung
Spezielle Regelungen
- Fleischprodukte
- Fisch und Fischereiprodukte einschließlich Wasseranbau
- Milch und Milchprodukte
- diätetische Lebensmittel und Kindernahrung
- frische und bearbeitete Gemüse und Früchte sowie Fruchtsäfte
- Getreide und abgeleitete Produkte, getrocknete Hülsenfrüchte
- Fette, Öle und abgeleitete Produkte, z.B. Margarine
- diverse Nahrungsmittel (Schokolade, Zucker, Honig, Mineralwasser)
Akzeptanz und Abweichungen vom Standard
Der Codex wird weltweit als de facto bindend betrachtet und wird insbesondere von der FAO und WHO, aber auch von vielen anderen Stellen bemüht. Er stellt somit eine weitgehend gesicherte Sammlung von Ansichten und Einsichten des Stands der zugehörigen Wissenschaft dar. Dementsprechend ist es für die große Mehrheit der Staaten dieser Welt ein leichtes den darin enthaltenen Vorgaben und Maßgaben zu folgen während der durchaus anspruchsvollere Weg, sich eigene, davon abweichende Erkenntnisse zu verschaffen und daraus nationale Regelungen abzuleiten, eher selten zum Zuge kommt.
Kontroversen
Kritiker sehen darin die Gefahr einer übermäßigen staatlichen Einflussnahme auf alternative Heilverfahren und das Recht zur Selbstbestimmung bei der Ernährung. Eine der betroffenen Richtungen ist etwa die Anthroposophie mit einigen ihrer Ausprägungen (Wissenschaft und Heilberufe, Philosophie für Landwirtschaft, Lebensmittel und Medizin).
Kritikpunkte der gemäßigten Lager sind weiterhin die Reduzierung jeglicher zulässiger Nahrungsmittel-Angebote auf nur die explizit aufgelisteten und damit zulässigen Inhaltsstoffe gekoppelt mit dem schwierigen, teuren und oft jahrzehntelangen Weg zur Akkreditierung weitere Substanzen. Auch sind die Nachweismethoden bereits durch den Codex und nur ausschließlich über ihn festgelegt, so dass im Sinn der Kritik auch eine indirekte Beschneidung der Freiheit der Wissenschaften und ihrer Methodenfreiheit implementiert wurde da der Codex hierin selbstbezüglich ist und somit eine dahingehend mindestens langfristig ungenügende Offenheit besitzt. Eine gewisse Besorgnis besteht auch dadurch, dass beim Überschreiten bestimmter Anteile, z.B. von Vitaminen, eine Umgruppierung vom Nahrungs- oder Nahrungsergänzungsmittel hin zum Medikament geschieht. Auch wird befürchtet, dass nationale Regelungen zur Kennzeichnung oder der Bann von gentechnisch veränderten Organismen und Nahrungsmitteln, etwa Produkte des Herstellers Monsanto, durch eine solche übergeordneten Normensammlung wieder gekippt werden könnte.
Auch die mittelbar forcierte Umsetzung von HACCP ruft Kritik hervor. Insbesondere bemühen sich Interessenvertretungen um die Entlastung von Kleinbauern mit grob bis zu 10 Mitarbeitern, bei denen der Aufwand für die nötige Dokumentation das Betriebsergebnis merklich beeinträchtigen würde. Dagegen kommt Kritik auch zu Stande, dass die bestehenden Salmonellen-Gefahren, durch die weiterhin nicht begrenzten Transportstrecken für die gefährdeten landwirtschaftlichen Güter, noch immer unbeantwortet sind. Hierbei wird den Entscheidungsträgern wiederum eine ungute, einseitige Bevorteilung von größeren und sehr großen Landwirtschaften unterstellt.
Siehe auch
- Codex Alimentarius Austriacus, der Österreichische Lebensmittelkodex, nach dessen Vorbild der Codex Alimentarius entstand
- Reinheitsgebot, Maßgaben zur Herstellung und den Inhaltsstoffen von Bieren
Weblinks
- WHO/FAO-Seite zum Codex Alimentarius (englisch)
- Informationsseite des österreichischen Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW): Der weltweite „Codex Alimentarius“
- Informationsseite des deutschen Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)