Flugschreiber

Ein Flugschreiber (umgangssprachlich als Black Box bezeichnet) ist ein an Bord von Flugzeugen mitgeführtes Aufzeichnungsgerät, das relevante Flug- und Flugzeugparameter während eines Fluges mit einer Zeitachse speichert und aus Flugdatenschreiber und Stimmenrecorder besteht, die nach einem Flugunfall eine zusätzliche Möglichkeit geben, die wichtigsten Ereignisse und Parameter zu verfolgen, um damit den Unfallhergang nachzuvollziehen. Die Speicherung bzw. die Konstruktion ist dabei dafür ausgelegt, dass sie starke Aufprallgeschwindigkeiten, hohe Temperaturen und hohen Wasserdruck bei möglichen Flugzeugunglücken über Land und über Wasser überstehen sollte.
Technik

Es gibt zwei Arten von Flugschreibern (Flug-Recorder), die Flug-Daten-Recorder (FDR) Flugdatenschreiber und der Cockpit Voice Recorder (CVR) Stimmenrecorder. In einigen Fällen sind beide Recorder in einem einzigen FDR/CVR Einheit zusammen untergebracht.
Die Geräte sind heute meist in der Mitte oder im Heck der Maschine eingebaut, welche erfahrungsgemäß bei einem Unfall am wenigsten zerstört werden. Heutige Modelle sind jeweils etwa so groß wie ein Schuhkarton, in auffälligem Leuchtorange gefärbt und mit ebenso auffälligen Beschriftungen "FLIGHT RECORDER DO NOT OPEN" auf einer Seite in Englisch und auf der anderen in Französisch "ENREGISTREUR DE VOL NE PAS OUVRIR" versehen, mindestens bis zu 6.000 Meter wasserdicht und haben eine Schutzvorrichtung, welche die Aufzeichnungen vor mechanischer Belastung und vor Feuer mit Temperaturen von mehr als 1.000 °C (30 Min.) schützt. Die Gerätespezifikationen sind in den Standardisierungrichtlinien Elektronik in der Luftfahrt der European Organization for Civil Aviation Equipment im Dokument EUROCAE ED-112 (Minimum Operational Performance Specification for Crash Protected Airborne Recorder Systems) festgelegt. EUROCAE ist die europäische Entsprechung zur US-amerikanischen RTCA, die beide eng zusammen arbeiten.
Unterwasserortung

Zum Auffinden unter Wasser wird jeder Cockpit Voice Recorder (CVR) und Flight Data Recorder (FDR) mit einer Unterwasser-Ortungsbake (engl. Underwater Locator Beacon, kurz ULB) zur Unterstützung bei der Suche im Falle eines Unfalles ausgestattet. Das Gerät schaltet sich in den Modus Pingern (engl. pinger), wenn es mit Wasser in Berührung kommt. Es sendet danach ein akustisches Signal mit der Frequenz von 37,5 kHz, das mit einem Ultraschall-Empfänger bis in Tiefen von 14.000 Fuß (ca 4.250 Meter) festgestellt werden kann. Die ULB-Einheit wird durch eigene Batterien mit einer Mindesthaltbarkeit von 6 Jahren versorgt und hat ausreichend Kapazität, um mindestens 30 Tage lang den Sendebetrieb aufrecht zu erhalten. [1]
Flugdatenschreiber
Der Flugdatenschreiber (engl. flight data recorder, FDR) bzw. auch digitale Flugdatenschreiber (engl. digital flight data recorder, DFDR) zeichnet je nach Technik einige wenige bis über hundert Flugparameter wie Höhe, Geschwindigkeit, Kurs, Neigungswinkel der Maschine, Ruder- und Klappenstellungen sowie Triebwerksparameter auf. Dazu werden Speichermedien (Magnetbänder oder Halbleiterspeicher) genutzt, die genug Kapazität haben, um die Daten ausreichend lange aufzuzeichnen. Danach werden die ältesten Datensätze überschrieben. Die einzelnen Parameter sind im EUROCAE Dokument ED 112 aufgeführt.
Stimmenrecorder
Der Stimmenrecorder (engl. cockpit voice recorder, CVR) zeichnet fortlaufend die letzten 30 Minuten auf. Die Aufzeichnung muss automatisch beginnen, bevor sich das Flugzeug mit eigener Motorleistung fortbewegt, und ohne Unterbrechung dauern bis die Piloten das Flugzeug verlassen. Dabei werden Daten bezogen auf eine Zeitskala auf einem Magnetband oder einem Halbleiterspeicher, je nach Ausführung, gespeichert.
Cockpit Voice Recorder (CVR) zeichnen in der Regel den gesamten Sprechfunkverkehr vom oder zum Cockpit, die im Cockpit entstehenden Hintergrundgeräusche sowie ohne Unterbrechung alle Signale von jedem benutzten Mikrophon, ob am Kopfhörer angebaut oder bei Notfällen auch über das Maskenmikrophon, die Gespräche der Flugbesatzungsmitglieder im Cockpit die über die Gegensprechanlagen geführt werden, andere Signale zur Identifizierung der Navigationsgeräte und der Anflughilfen, akustische Störmeldungen, die über den Kopfhörer oder den Lautsprecher übertragen werden, auf. Auch die Ansagen der Flugbesatzungsmitglieder im Cockpit, die über die Kabinen-Lautsprecheranlage in den Passagierbereich erfolgen, werden gespeichert.
Der Stimmenrecorder spielt oft eine entscheidende Rolle, wenn es um Fehler der Besatzung als Ursache eines Flugunfalls geht. So kann zum Beispiel auch herausgefunden werden, ob Alarmfunktionen aktiv waren oder nicht funktionierten, und eine Spektralanalyse der Hintergrundgeräusche kann Hinweise auf die Triebwerksfunktion liefern.
Auswertung
Bekannte Untersuchungsinstitutionen, die Flugschreiber auswerten können, sind die BFU (Bundesstelle für Flugunfall-Untersuchungen) in Braunschweig, das NTSB (National Transportation Safety Board) in den USA, die BEA (Bureau d'Enquêtes et d'Analyses pour la sécurité de l'Aviation Civile) in Frankreich oder das AAIB (Aircraft Accidents Investigation Branch) in Großbritannien.
Hersteller
Ein führender Hersteller von Flugdatenschreibern und Stimmrecordern ist die L-3 Communications Corporation,[2] die unter anderem für den Airbus A350 diese Geräte liefern wird.[3]
Weitere Hersteller sind Hamilton Sundstrand, [4] der unter anderem Flugdatenschreiber für Boeing und McDonnell Douglas geliefert hat, und Dukane Corporation.
Geschichte

Aufzeichnung von Flughöhe und Geschwindigkeit auf Papier
Erfinder des Flugschreibers ist der australische Luftfahrttechniker Dr. David Warren von den Aeronautical Research Laboratories of Australia. Er war als Ermittler an der Untersuchung einer zunächst völlig rätselhaften Absturzserie von damals hochmodernen De Havilland "Comet"-Düsenflugzeugen in den Jahren 1953 und 1954 beteiligt, bei der es weder Überlebende noch Augenzeugen gab, die zur Ursache befragt werden konnten. Dr. Warren, der kurz zuvor auf einer Messe das damals neuartige, kompakte Minifon-Miniaturtonbandgerät gesehen hatte, kam auf die Idee, ein Gerät zu entwickeln, das die Gespräche im Cockpit und wichtige Instrumentendaten auf Tonband aufzeichnen und über einen Unfall hinweg sichern könnte, um so den Unfallermittlern wichtige Hinweise zu geben. Noch 1954 verfasste Warren einen Text mit dem Titel “A Device for Assisting Investigation into Aircraft Accidents” (dt. Ein Gerät zur Unterstützung von Flugunfall-Untersuchungen). 1957 stellte Dr. Warren einen Prototyp fertig, der im Flug getestet wurde. Die australischen Flugbehörden zeigten jedoch zunächst kein großes Interesse. Erst 1960 führte ein nie aufgeklärter Absturz einer Fokker Friendship in Queensland, bei dem alle 29 Insassen ums Leben kamen, zu einem Gerichtsverfahren, in dem der Richter alle australischen Fluggesellschaften dazu verpflichtete, ab 1963 sämtliche Flugzeuge mit einem Stimmenrecorder auszustatten. 1967 war Australien das erste Land weltweit, welches das Vorhandensein von Stimmenrecorder und Flugschreiber in Flugzeugen vorschrieb. Die Hawker Siddeley Trident war ab 1964 das erste Flugzeugmuster, das serienmäßig mit einem Flugschreiber ausgestattet war.
Erste Flugdatenschreiber zeichneten lediglich die Geschwindigkeit (Staurohr) und die barometrische Höhe auf.
Die heutige Mindestausrüstung für Beförderung von Personen und Sachen im gewerblichen Luftverkehr ist in der JAR-OPS 1 und OPS 3 geregelt.
Bilder von Flugschreibern
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Geborgener Stimmenrecorder nach einem Flugzeugabsturz
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Flugschreiber geöffnet
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FDR und CVR
Weblinks
- How Black Boxes Work
- History and function
- David Warren - Inventor of the Black Box Flight Recorder (en.)
- Herstellerdaten DUKANE CORPORATION (PDF-Datei; 178 kB)
- Black Box, Robuste Zeugen von Flugzeugkatastrophen (Animation)