G-Strophanthin
Strophanthin (von griechisch στροφή, strofí - die Strophe, hier im Sinne von die Wendung, Schlängelung bezogen auf die Strophanthin enthaltenden Pflanzen, auch unter verbreiteter Falschschreibung ohne das zweite th als Strophantin) ist eine therapeutisch genutzte Substanz und kommt in verschiedenen afrikanischen Strophanthus-Arten (Apocynaceae - Hundsgiftgewächse) vor. Die früher gebräuchliche Klassifikation als Herz-Glykosid ist nach neueren Erkenntnissen nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Nomenklatur
Die Bezeichnung g-Strophanthin leitet sich von der Strophanthus-Art Strophanthus gratus ab, k-Strophanthin von der Strophanthus-Art Strophanthus kombé. Quabain, die angelsächsische Bezeichnung für g-Strophanthin, hat seinen Namen vom afrikanischen Quabaio-Baum, dessen Rinde das g-Strophanthin enthält.
Entwicklung
Die Eingeborenen Afrikas verwendeten den Milchsaft der als Lianen auftretenden Strophanthus-Arten in erster Linie als Pfeilgift.
Nachdem Afrika-Expeditionen über die angebliche Herzwirksamkeit von Strophanthus-Samen berichtet hatten, gelang es 1862 dem schottischen Arzt Thomas Fraser, aus dem Samen des Strophanthus kombé die Tinctura Strophanthus herzustellen. 1885 wurde sie in die Herztherapie eingeführt.
Die therapeutische Weiterentwicklung und der Nachweis der schnellen und starken Wirkung bei intravenös verabreichtem k-Strophanthin geht auf den deutschen Arzt Albert Fraenkel zurück, der sie 1906 zum medizinischen Allgemeingut machte.
Der Stuttgarter Internist Berthold Kern führte 1947 orales g-Strophanthin als Herzmittel zur Vorbeugung und Behandlung von Angina pectoris und des Myokardinfarkts ein. Der Nutzen dieser Therapie ist in der Schulmedizin umstritten, da die ausreichende Bioverfügbarkeit von oral aufgenommenem g-Strophanthin wegen dessen teilweiser Inaktivierung schon während der ersten Leberpassage (direkt nach der Resorption im Magen-Darm-Trakt) angezweifelt wird. Durch Messungen mit radioaktiv markiertem g-Strophanthin, bei der auch Gewebekonzentrationen erfasst werden, konnten allerdings auch nach oraler Zuführung hohe Resorptionsquoten festgestellt werden. Intravenös verabreichtes k-Strophanthin hat im Gegensatz zum oral verabreichten g-Strophanthin einen sehr raschen Wirkungseintritt am Herzen zur Folge.
In jüngster Zeit wurde bewiesen, daß g-Strophanthin im tierischen wie im menschlichen Körpergewebe enthalten ist, vor allem in der Nebennierenrinde und im Hypothalamus.
Wirkprinzip
Strophanthin wirkt bei den im Organismus auftretenden Konzentrationen, sei es infolge Eigenausschüttung oder therapeutischer Zuführung, als eindeutiger Stimulator der Natrium-Kalium-Pumpe. Diese positiv inotrope Wirkung des Strophanthins am Herzen, also die Verstärkung der Herzkontraktion während der Systole, führt zu einer Vergrößerung der bei jedem Pulsschlag in den Kreislauf beförderten Blutmenge.
Die Schulmedizin setzt Strophanthin nur noch intravenös bei der Behandlung der akuten Herzinsuffizienz ein, gegen die es ebenso rasch wirkt wie das Digitalis-Glykosid mit dem schnellsten Wirkungseintritt, das Metildigoxin. Der unterschiedliche Abbau der beiden Substanzen im Körper des Patienten bietet dem Arzt beim kardialen Notfall die Alternative, einem Herzpatienten mit Störungen der Nierenfunktion Strophanthin zu injizieren, während er einem Herzpatienten mit gestörter Leberfunktion Metildigoxin verabreichen kann.