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Johannes Krüss

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Die Johannes Krüss war ein 1956 gebauter westdeutscher Fischdampfer, der im Frühjahr 1959 entscheidend an der Suche nach dem verunglückten dänischen Grönlanddampfer Hans Hedtoft beteiligt war. Aufgrund ihres Einsatzes wurden Kapitän Albert Sierck (geb. 27. Juli 1918-?) und die Besatzung sowohl von dänischen wie von westdeutschen Behörden mit Auszeichnungen geehrt. Der Funker der Johannes Krüss, Rudolf Nejedlo (geb. 18. August 1910-?), hielt mit dem Funker der Hans Hedtoft bis zum Untergang des Grönlanddampfers Funkkontakt. Vermutlich Ende Februar 1967 ging die Johannes Krüss selbst vor Grönland spurlos verloren. Unklar ist, ob sie in einer Kreuzsee sank, auf einen Eisberg auflief oder durch Schwarzen Frost überrascht wurde und kenterte. Benannt war die „Johannes Krüss“ nach einem Beiratsmitglied der Eigentümerin des Dampfers, der Hochseefischerei Carl Kämpf in Bremerhaven.

Technische Daten

Bauwerft: A.G. „Weser“, Werk Seebeck, Bremerhaven.

Stapellauf: 25. Juni 1956.

Taufpatin: Friedel Krüss, Ehegattin des Namengebers.

Probefahrt: 1. August 1956.

Eigentümerin: Hochseefischerei Carl Kämpf, Bremerhaven.

Heimathafen: Bremerhaven.

Größe: 650 BRT.

Länge: 56 m.

Breite: 9,15 m.

Tiefgang: 5 m.

Maschinenanlage: Dampfmaschine mit Abdampfturbine, 1 Schraube, 1 Kessel.

Maschinenleistung: 1.250 PS.

Durchschnittliche Marschgeschwindigkeit: 13 sm (24,07 km).

Tägliche Etmale unter günstigen Wetterbedingungen: 312 sm (511,82 km).

Fassungsvermögen im Fischraum: 6300 Zentner bzw. Korb.

Bunkermenge Heizöl je Reise: maximal 220 t.

Durchschnittlicher Heizölverbrauch täglich: 7 t.

Entfernung vom Heimathafen Bremerhaven zum Fanggebiet vor Grönland: 2.420 sm = 4481,84 km, das ist ca. sechseinhalb Mal die Entfernung Hamburg-München.

Kunsteis je Reise: 120 t.

Navigationshilfen: Ein Kreiselkompass, ein Funkpeiler, ein Decca-Radargerät, ein Kelvin- und Hughes-Radargerät sowie ein Loran-Gerät (Long Range Navigation).

Funkausstattung: Eine Funkstation im Funkraum für Grenzverkehr und Kurzwellenverbindungen mit einer Gegensprechanlage zur Brücke.

Fischereihilfen: Ein Schreiblot mit einer Tiefenortung von bis zu 500 m sowie zwei normale Lote.

Unterscheidungssignal: D E Q W.

Lage der Fanggründe: Grönland, Neufundland, Labrador, Barentssee, Bäreninsel, Spitzbergen, Island, Norwegenküste und Nordsee.

Dauer einer Fangreise: 21-23 Tage.

Besatzung: 23 Mann.

Schwesterschiffe: Albatross, Aldebaran, Alemannia und ca. 30 weitere Schiffe derselben Baureihe der Seebeck-Werft.

Auf der Suche nach der Hans Hedhoft

Am 23. Januar 1959 lief die Johannes Krüss erneut von Bremerhaven nach Grönland aus. Am Freitag, dem 30. Januar, stand sie in der Nähe von Cap Farvel, der Südspitze Grönlands. Die See war ruhig, aber die Sicht aufgrund von Schneetreiben schlecht. Außerdem waren von amerikanischen Wetterstationen Eiswarnungen empfangen worden. Ab 12.00h Schiffszeit wurde die See gröber, ab 18.00h hatte die Windstärke auf 9 bis 10 aus Nordost zugenommen. Da empfing die Johannes Krüss von dem Fischdampfer Stadt Herten einen weitergeleiteten Funkspruch des dänischen Grönlanddampfers Hand Hedtoft, dass dieser auf der Position 59,9 Nord 43,00 West eine Kollision mit einem Eisberg hatte. Auf dem Dampfer befanden sich 95 Menschen, darunter sechs Kinder und 19 Frauen. Sofort nahm die Johannes Krüss Kurs auf diese Position, die lediglich gut 25 Seemeilen (46,30 km) von ihm entfernt lag. Der Funker Nejedlo hielt ab diesem Zeitpunkt ständig Kontakt zu seinem Gegenpart auf dem dänischen Schiff, Carl Dejligberg. An der Suche beteiligten sich nun außerdem das dänische Frachtpassagierschiff Umanak, das westdeutsche Fischereischutzboot Poseidon, das amerikanische Eiswachtschiff Campbell, das dänische Fischereischutzboot „Teisten“ und der dänische Frachter H. J. Rink, doch die Johannes Krüss stand am dichtesten an der Unfallstelle. Von Neufundland aus starteten amerikanische Suchflugzeuge, doch war die Sicht stark eingeschränkt. Aufgrund von Packeisgefahr, der Dunkelheit und grauem Dunst konnte die Johannes Krüss jedoch nur mit reduzierter Fahrt gegen die schwere See andampfen. Erst nach drei Stunden erreichte sie die Unfallstelle, doch außer einer Holzverschalung, die nicht geborgen werden konnte und vermutlich von dem Dänen stammte, fand sie weder Wrackstücke, Leichen noch Rettungsboote.

Die letzten Augenblicke des Funkverkehrs zwischen dem Fischdampfer und dem Havaristen wurde bereits 1959 in einer Darstellung von Jens Janssen abgedruckt:

20 uhr 41 bis 20 uhr 45 hans hedhoft an johannes krüss … haben gerade ozn gepeilt 176 grad … wir sinken langsam stop … es ist viel eis hier … sehr schlechte sicht … viel schneeboen stop …

21 uhr 00 rufe hans hedtoft wegen peilzeichen … keine antwort stop …

21 uhr 03 rufe hans hedtoft – keine antwort stop …

21 uhr 06/07 höre auf 500 0khz schwache und teils verzerrte, a 2 striche stop rufe auf telefonie, hans hedtoft? sind sie das? stop keine antwort stop …

21 uhr 08/09 höre wieder einige schwache und etwas verzerrte, a 2 striche stop rufe wieder … hans hedtoft … sind sie das? stop keine antwort stop …

Das Unglück ist bis heute nicht aufgeklärt. Die Hans Hedtoft, die speziell für die Grönlandfahrt konstruiert war, galt wie die Titanic als unsinkbar, ihr Kapitän als äußerst erfahren in der Grönlandfahrt. Vermutlich war sie trotz eines speziellen Eisbergbugs, sieben wasserdichten Schotten und doppelten Stahlbodenplatten von einem unter Wasser liegenden Eisberg aufgeschlitzt worden. Zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Untergangs herrschte Windstärke 12 und die Sicht war stark reduziert, so dass die Johannes Krüss auch eventuell abgeschossene Rettungsraketen nicht wahrnehmen konnte.

Noch auf dieser Fangfahrt ereignete sich am 9. Februar 1959 auf der Johannes Krüss selbst vor Labrador ein Unglücksfall. In einem Orkan brach die Verschalung der achteren Fischluke. Sie sollte durch drei Besatzungsangehörige repariert werden. Dabei gingen der 23 Jahre alte Matrose Horst-Ewald Voigt und der 29 Jahre alte Matrose Ernst Redlingshöfer über Bord; zu diesem Zeitpunkt waren die Aufbauten des Fischdampfers teilweise schon mit 60 cm dickem Eis bedeckt, was ihre Rettung äußerst schwierig gestaltete. Obwohl Voigt zuerst den Rettungsring mit der Rettungsleine auffing, schwamm er mit diesem zu Redlingshöfer, da diesen bereits die Kräfte verließen. Durch die Bergung von Redlingshöfer hatte Voigt keine Verbindung mehr mit dem Schiff. Auch aufgrund der Manövrierkunst von Kapitän Sierck gelang es jedoch, den Abstand zwischen dem Schiff und Voigt zu halten und ebenfalls zu retten. Die Rettungsaktion in dem eisigen Wasser hatte über 20 Minuten gedauert. Beide Verunglückten erlitten keine ernsthaften Schäden.

Bei ihrer Rückkehr nach Bremerhaven erhielten Kapitän und Besatzung der Johannes Krüss vom Bremer Senat, dem dänischen Generalkonsul in Bremen, dem Verband der Deutschen Hochseefischereien und dem Taufpaten des Schiffs Ehrenurkunden und Geldgeschenke. Der Matrose Voigt erhielt für die Rettung des Matrosen Redlingshöfer die Silberne Rettungsmedaille des Landes Bremen und eine Armbanduhr mit einer Gravur. Am 18. Februar 1959 wurden Kapitän Sierck und der Reeder Kämpf in Kopenhagen von der dänischen Regierung empfangen; anschließend wurde Sierck auf Schloss Amalienborg von König Frederik IX. das Ritterkreuz zum Danebrogorden verliehen.

In Deutschland erhielten Kapitän und Besatzung zunächst lediglich ein Anerkennungsschreiben von Außenminister von Brentano und vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Im Mai 1959 erfolgte dann die Ehrung der gesamten Besatzung durch Bundespräsident Theodor Heuß. Der Bremer Wirtschaftssenator Karl Eggers überreichte in Bremerhaven Kapitän Sierck und dem ersten Maschinisten Georg Kohrt das Steckkreuz des Bundesverdienstordens. Der Funker Nejedlo erhielt das Bundesverdienstkreuz am Band. Die übrigen 20 Besatzungsmitglieder wurden mit Bundesverdienstmedaillen ausgezeichnet.


Andere Hilfsleistungen

Am 10. November 1961 fischte die Besatzung der Johannes Krüss in der Irischen See zwei britische Segler aus dem Wasser, die bereits seit fünf Tagen schiffbrüchig waren, und nahmen ihre Yacht in Schlepp, die sie Avonmouth einlieferten. Im März 1963 schleppten sie den havarierten Stader Kümo Johannes L. in Stavanger ein.


Verschollen

Am Dienstag, dem 21. Februar 1967, lief der Fischdampfer unter Kapitän Rudolf Starossek, einem gebürtigen Danziger, zu einer erneuten Fangreise auf. Das einzige Besatzungsmitglied, dass acht Jahre zuvor an der Suche nach der Hans Hedhoft beteiligt war, war der nunmehrige Erste Steuermann Voigt, der seinerzeit den Matrosen Redlingshöfer gerettet hatte. Grund der Reise war ein Fang für das Geschäft in der Karwoche. Bei den nördlichen Hebriden brach bei dem Matrosen Herbert Schulz eine Magenkrankheit aus, die eine Unterbrechung der Reise notwendig machte. Er wurde in Stornoway auf den Hebriden abgesetzt, die der Dampfer am 25. Februar 1967 verließ. Am 28. Februar empfing der Heckfänger Siriusder Hochseefischerei Nordstern A.G. eine letzte Funkmeldung des Dampfers, der seine Position mit 38° West angab; ca. 300 Seemeilen östlich des Südzipfels Grönlands. Zu diesem Zeitpunkt herrschten Temperaturen von 22 Grad C. unter Null, die Wetterkarten Grönlands verzeichneten für diesen Tag in der Region einen Weststurm mit Windstärke 10.

Seit dieser Meldung fehlt von der Johannes Krüss jede Spur. Als die Reederei am 5. März 1967 noch keine Fangmeldung von dem Funker Rudolf Kunz erhalten hatte, versuchte sie über Norddeich Radio einen Kontakt herzustellen, doch der Sender schickte das Kabel als unzustellbar zurück.

Am 7. März sandte der Trawler J. H. Wilhelms der Reederei Kämpf eine Meldung an alle Fischereifahrzeuge: Wer hat Johannes Krüss gesehen?. Es gab keine positive Antwort. Am 8. März beantragte die Reederei beim Bundesverkehrsministerium, Abteilung Seeverkehr, eine Suchaktion. Diese wurde am nächsten Tag erteilt und umgehend wurden verschiedene Suchmaßnahmen in Gang gesetzt. Der Polizeichef von Godthaab koordinierte die Suche. An der Suche waren unter anderem die westdeutschen Fischereifahrzeuge Jochen Homann, Seydisfjord und Braunschweig beteiligt; außerdem waren drei Flugzeuge an der Suche beteiligt.

Obwohl Fachleute inzwischen mit dem Verlust des Schiffs rechneten, klammerten sich die Reederei und die Angehörigen der Seeleute an die Hoffnung, dass der Schwarze Frost eventuell nur die Antenne des Dampfers zerbrochen habe und daher keine Funkverbindung möglich war. Doch am 21. März 1967 teilt das dänische Marineoberkommando der westdeutschen Botschaft in Kopenhagen mit, dass die Suche eingestellt wurde.

Die Johannes Krüss ging im selben Seegebiet unter wie die Hans Hedhoft. Die Ursache blieb ungeklärt. Eventuell wurde das Schiff unter einer ungewöhnlich großen Kreuzsee begraben oder es stieß mit einem Unterwassereisberg zusammen. Möglich schien auch ein Kentern aufgrund des Schwarzen Frosts.


Liste der verschollenen Besatzungsmitglieder

Kapitän Rudolf Starossek, 41 Jahre.

Bestmann Hans-Ulrich Rabenhorst, 22 Jahre.

Fischer Franz Hegen, 30 Jahre.

Funker Erich Kunze, 43 Jahre.

Heizer Erich Zaroba, 47 Jahre.

Matrose Horst Hinze, 27 Jahre.

Matrose Dieter Skodzek, 28 Jahre.

Zweiter Maschinist Said-Abdul Said, 25 Jahre.

Erster Steuermann Horst-Ewald Voigt, 31 Jahre.

Netzmacher Karl Heller, 31 Jahre.

Fischer Hugo Reinholz, 25 Jahre.

Maschinenassistent Manfred Sommerfeld, 23 Jahre.

Matrose Ahmed Kadi-Oglon, 23 Jahre.

Fischer Josef Wusits, 20 Jahre.

Zweiter Steuermann Grünter Wunram, 42 Jahre.

Matrose Paul Ringel, 33 Jahre.

Koch Wolfgang Lammel, 30 Jahre.

Heizer Helmut Fiedler, 34 Jahre.

Matrose Hermann Geratzki, 27 Jahre.

Matrose Winfried Kaschewski, 17 Jahre.

Erster Maschinist Peter Babatz, 27 Jahre.


Literatur

  • o.V. [Jochen Brennecke]:Tragödie in der Antarktis. Die dramatische Grönlandreise des Fischdampfers „Johannes Krüss“, in: In arktischen Regionen. Hochseefischdampfer „KÖLN“. – Fischdampfer „JOHANNES KRÜSS“ (SOS. Schicksale deutscher Schiffe, Nr. 57, Rastatt Dezember 1977, S. 35-65.
  • Jochen Brennecke: Todesmutiger Einsatz in der Arktis. Fischdampfer "Johannes Krüss" (SOS. Schicksale deutscher Schiffe, München 1959).
  • Wolfgang Walter: Deutsche Fischdampfer. Technik, Entwicklung, Einsatz, Schiffsregister, Hamburg 1999.
  • Bericht über den Untergang der Johannes Krüss in: Der Spiegel v. 20.03.1967, S. 166f.:[[1]]
  • Christian Biedekaken: Die letzte Reise der "Johannes Krüss". D E Q W warum keine Meldung?: [[2]]
  • Rolf Marschner: Indienststellung des Fischdampfers "Johannes Krüss": [[3]]