Spiegel
Ein Spiegel ist eine reflektierende Oberfläche, die so glatt ist, dass die reflektierten Lichtstrahlen im Ergebnis ein Bild formen. Dabei verlaufen die Lichtstrahlen nach dem Reflexionsgesetz. Ein Spiegelbild ist das veränderte Abbild eines Bildes durch einen gedachten oder realen Spiegel. Die Reflexionen werden als scheinbare Lichtwege bezeichnet. Lichtreflexionen werden geometrisch berechnet.
Das Abbild richtet sich nach der Beschaffenheit (plan, konkav, konvex, wellig), der Lage (oben, unten oder schräg) sowie dessen Transparenz (halbtransparent, nicht-transparent) des Spiegels. Unter Umständen können so Zerrbilder entstehen.
Eine weiße Fläche stellt, obwohl sie ebenfalls nahezu alles Licht remitiert, keinen Spiegel dar, da das Licht ungeordnet in alle Richtungen gestreut wird, so dass kein Bild entsteht.
Aufbau und Herstellung von Spiegeln
Spiegel aus poliertem Glas:
Floatglas-Spiegel:
Bei der Herstellung von Floatglasspiegeln wird das geschmolzene Glas auf ein Bad aus geschmolzenen Zinn, welches eine wesentlich höhere Dichte als das Glas hat, aufgebracht. Sowohl die Glas-Luft-Grenzfläche, als auch die Glas-Zinn-Grenzfläche sind als Flüssigkeits-Oberflächen molekular flach, und auch waagrecht ausgerichtet. Nach dem Erkalten und Erstarren wird dann chemisch versilbert. Floatglas-Scheiben ohne Verspiegelung werden oft als Auslagen-Scheiben verwendet.
Wenn man geschmolzenes Glas in einer um ihre senkrechte Mittel-Achse langsam rotierenden feuerfesten Wanne erstarren lässt, dann nimmt die Oberfläche der Schmelze durch die Überlagerung von Schwerkraft und Fliehkraft ganz von selbst die Form eines Rotationsparaboloides an. Auf diese Weise kann man ohne viel Aufwand die Rohformen von Spiegelteleskopen konstruieren. Streng genommen haben auch die ohne jede Rotation erzeugten Floatglas-Spiegel einen Krümmungs-Radius von 6.378.150 Metern, was dem Erdradius entspricht. Deshalb sollte ihr Brennpunkt 3.189.075 Meter vor ihnen liegen. Meines Wissens hat das aber noch niemand getestet.
Reflektierende Schichten: Silber, Aluminium, Platin, Rhodium
Was die elektromagnetischen Wellen des Lichtes so effektiv umlenken kann ist das freie Elektronen-Gas, welches vorwiegend in den Metallen vorkommt.
Der klassische Spiegel in den Wohnzimmern besteht aus einer Glas-Platte, die auf der Hinterseite eine dünne Silber-Schicht trägt. Diese ist noch weiter hinten galvanisch ver-Kupfert, und dann noch zum Schutz lackiert. Der Grund für diesen Aufbau besteht darin, dass man die Oxidation des Silbers, und auch sein Verkratzen verhindern will. Eine weitere Möglichkeit der Schädigung der Silber-Oberfläche ist ihre Reaktion mit dem vom Menschen erzeugten Schwefelwasserstoff (H2S) zum dunklen Silber-Sulfid (Ag2S).
Die Glasoberfläche ist als erstarrte Flüssigkeits-Oberfläche molekular flach. Die dünne Silberschicht wird durch eine chemische Reaktion einer Lösung von Silbernitrat, Natronlauge, Ammoniak (zusammen als Tollens Reagenz bezeichnet), und Traubenzucker (als reduzierender Aldehyd) erzeugt.
Um die mehrfachen Grenzflächen-Reflexionen an der Glas-Oberfläche zu verhindern sind zum Beispiel Spiegel für Overhead-Projektoren oder Spiegelteleskope an der Vorderseite mit Platin verspiegelt, über das noch eine Schutzschicht aus Silizium-Dioxid aufgedampft wurde.
Ganz ohne Metall kommen die Glas-Prismen aus, bei denen das Licht durch die Totalreflexion umgelenkt wird.
Die Totalreflexion beruht auf der Interferenz von Lichtwellen, die aus einem Medium mit hohem Brechungsindex in ein Medium mit niedrigem Brechungsindex übertreten.
Während bei der Totalreflexion die Phase des Lichtes nicht umgekehrt wird, wird bei der metallischen Reflektion die Phase des Lichtes um 180 Winkelgrade umgekehrt.
Es gibt einige optische Geräte die diesen Unterschied ausnutzen, und bei denen auf die Oberfläche eines optischen Prismas eine dünne Metallschicht aufdampft wurde.
http://www.fgcz.ethz.ch/technology/biacore.basics.pdf
Eigenschaften des Spiegelbildes
Beim Betrachten von Gegenständen durch einen Spiegel wird vorne und hinten vertauscht und nicht, wie oftmals fälschlicherweise behauptet wird, links und rechts. Genauer: Der Spiegel vertauscht die ihm zugewandte mit der ihm abgewandten Seite (wenn der Spiegel links oder rechts vom Betrachter steht, vertauscht er also für diesen Betrachter tatsächlich links und rechts).
Dass ein Spiegel von vorne gesehen links und rechts nicht vertauscht, lässt sich mit Hilfe eines kleinen Experiments einsehen: würde ein Spiegel links und rechts vertauschen, so müsste nach einer Drehung von 90 Grad um die zur Spiegelfläche senkrechte Achse der Spiegel oben und unten vertauschen, was nicht der Fall ist. Hingegen vertauscht der Spiegel durchaus oben und unten, wenn man ihn flach auf den Boden legt.
Durch die Verwendung von zwei Spiegeln, die in einem 90°-Winkel direkt miteinander verbunden sind, kann man eine Umkehrung des spiegelverkehrten Bildes erreichen und sich selbst so betrachten, wie man von anderen gesehen wird.
Aufgabe: Ein Rasierspiegel hat einen Krümmungsradius r = 35 cm. Ein Mann möchte sein Gesicht um den Faktor 2,5 vergrößert sehen (nicht "auf dem Kopf"). Wie dicht muss sein Gesicht am Spiegel sein (ß' sei der Reflektionswinkel, f sei die Brennweite, d sei die Distanz und r sei der Krümmungsradius)? Lösung: Die Vergrößerung β' ergibt sich aus β' = f / (f-d) Die Brennweite bestimmt man aus dem Krümmungsradius nach f = r/2. Damit erhält man die Distanz d = r/2 (1 - 1/β') = 10,5 cm.
In ebenen Spiegeln beobachtet man ein unverzerrtes Bild, durch gekrümmte Spiegel erreicht man verzerrte Abbildungen. Mit speziellen gekrümmten Spiegeln, z.B. Hohlspiegeln oder konvexen Spiegeln, erreicht man vergrößerte und verkleinerte Bilder.
Verwendung
Die bekannteste Verwendung von Spiegeln ist wohl die im Haushalt als Garderoben- oder Badezimmerspiegel. Hierbei werden zweckmäßigerweise ebene Spiegel verwendet. Rasierspiegel hingegen sind meist Hohlspiegel, um auf dem vergrößerten Bild Bartstoppeln besser erkennen zu können.
Ebenfalls unverzichtbar sind Rück- und Seitenspiegel beim Auto, um den Verkehr hinter dem Fahrzeug beobachten zu können, ohne sich umzudrehen.
Konvexe Spiegel finden im Straßenverkehr an unübersichtlichen Kreuzungen bzw. Hausausfahrten Verwendung. Durch ihre Verkleinerungswirkung kann trotz der geringen Spiegelfläche die Straße gut überblickt werden.
Hohlspiegel werden beispielsweise für Spiegelteleskope benötigt. Spiegelteleskope haben gegenüber Linsenteleskopen den Vorteil, keinerlei chromatische Aberration aufzuweisen, zudem sind große Spiegel leichter herzustellen als große Linsen. Daher sind alle großen Teleskope Spiegelteleskope.
In solarthermischen Anlagen werden Spiegel (meist Parabolspiegel) verwendet, um das Sonnenlicht zu konzentrieren und so höhere Temperaturen zu erreichen.

Eine unterhaltsame Anwendung von Spiegeln sind optische Tricks auf der Bühne in der Zauberkunst. Hier werden Spiegel verwendet, um Gegenstände scheinbar verschwinden zu lassen. Einige Beispiele dazu findet man unter Unsichtbarkeit.
In Spiegelkabinetten werden verformte Spiegel eingesetzt, um bizarre Verzerrungen des Spiegelbildes des Betrachters hervorzurufen.
Halbdurchlässige Spiegel (auch Einwegspiegel genannt) sind eine Fortentwicklung einer Eigenschaft, die bereits eine normale Glasscheibe besitzt: Sie ist sowohl durchsichtig als auch reflektierend. (In der Fotografie kann man diese oft unerwünschten Reflexionen von glatten Oberflächen durch ein Polarisationsfilter vor dem Kameraobjektiv eliminieren.)
Beim halbdurchlässigen Spiegel wird auf eine Glasscheibe eine Reflexionsschicht (Silberbelag) aufgebracht, die viel dünner ist als bei einem normalen Spiegel, somit wird nur noch ein Teil des auftreffenden Lichts reflektiert, der Rest geht aber ungehindert hindurch.
Ein Einwegspiegel ist in Wirklichkeit gar kein "Einwegspiegel"; so etwas gibt es nicht und ist physikalisch auch gar nicht möglich. Alle diese Spiegel wirken von einer Richtung ganz genauso wie von der anderen. Genau genommen kann man immer nur von der dunkleren Seite in die hellere blicken, während man von der helleren Seite aus hauptsächlich nur sein eigenes Spiegelbild sieht, weil das von der dunkleren Seite hindurchtretende Licht sehr viel schwächer ist. Wenn sich die Lichtverhältnisse auf den beiden Seiten umkehren, dann kehrt sich auch die Seite um, von der man durchsehen kann: Immer nur von der dunkleren in die hellere Seite kann man blicken!
Halbdurchlässige Spiegel sind auch als "Spionspiegel" bekannt und dienen als Strahlteiler: Ein einfallender Lichtstrahl wird teilweise reflektiert und passiert teilweise den Spiegel. Wieviel Prozent des Lichts reflektiert und wieviel duchgelassen wird kann man durch die Stärke der aufgetragenen Reflexionsschicht einstellen.
Spiegel werden auch an Fahrzeugen und in der medizinischen Diagnostik verwandt.
Symbolik
Der Spiegel ist ein äußerst zweideutiges Symbol. Einerseits gilt er als Zeichen der Eitelkeit und der Wollust. Andererseits ist er aber auch ein Symbol für Selbsterkenntnis, Klugheit und Wahrheit. Diese Deutung ist auch Ursprung für die heute noch gebräuchliche Redensart "Jemandem einen Spiegel vorhalten" bzw. "Spiegelbild der Seele". In den Augen mancher Christen ist der Spiegel auch ein Attribut Marias, weil sich in ihr gewissermaßen das Ebenbild Gottes, nämlich Jesus, spiegelt.
In antiken Kulturen stand der Spiegel als Abbild der Seele einer Person, in dem - je nach mythologischer Vorstellung - die Seele auch eingefangen und festgehalten werden konnte. Im Alten Ägypten waren die Worte "Spiegel" und "Leben" identisch. Keltinnen wurden aus demselben Grund mit ihrem Spiegel begraben. In der griechischen Mythologie wird Dionysos Seele von den Titanen in einem Spiegel gefangen. Narziss wurde von der Reflexion seines Selbstbildes auf dem Wasser festgehalten.
In E.T.A. Hoffmanns Sammlung "Phantasiestücke in Callots Manier", Unterkapitel: "Die Abenteuer der Sylvesternacht" verkauft in der Erzählung "Die Geschichte vom verlorenen Spiegelbild" der Protagonist Erasmus Spikher seiner im Bund mit dem Teufel stehenden Geliebten Giulietta sein Spiegelbild und damit seine Seele. (In der Oper "Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach tut dies Hoffmann selbst).
Im Buddhismus wird die Existenz des Menschen mit der Reflexion in einem Spiegel verglichen; eine Idee die später im Christentum ebenfalls benutzt wird (Korinther 13,12).
In vielen Kulturen, so auch in der mitteleuroäischen Sagenwelt, gehören Spiegel und übersinnliche Erkenntnis (Weissagen, Wahrsagen) zusammen. Laut dem Volkskundler Trachtenberg haben noch im Mittelalter jüdische Gelehrte geglaubt, dass Spiegel beim Hineinsehen die Kraft der Augen wiedergeben und sie auf diese Weise stärkten. Gelehrte hätten deshalb während des Schreibens einen Spiegel vor sich hingestellt.
Verwandte Themen
- Physikalische Betrachtungen finden sich unter Reflexion (Physik), Totalreflexion, Transparenz und Linse (Optik).
- Einen Vergleich der Informations-Übertragungs-Leistung zwischen Spiegeln und Video-Systemen findet man unter Bildübertragung.
- Ein optisches Kinderspielzeug ist das Kaleidoskop.
- Die rechtwinklige Anordnung dreier Spiegel beim Tripelspiegel reflektiert Lichtstrahlen zurück zur Quelle.
Siehe auch:
Weblinks
- 7000 Jahre Glas - Geschichte des Spiegels
- Flache Spiegel - Optische Effekte mit Spiegeln
- Sendung mit der Maus: Spiegelherstellung
- Aufgaben und Lösungen