Trennungsgesetz
Das Trennungsgesetz betrifft die Trennung der österreichischen Hauptstadt Wien und dem Bundesland Niederösterreich. Genau genommen sind es zwei gleichlautende Gesetze, die jeweils durch die Landtage der beiden Bundesländer am 29. Dezember 1921 verabschiedet wurden und am 1. Jänner 1922 in Kraft traten und begründen ihren Beschluss auf dem Artikel 114 der Bundesverfassung 1920.
Hintergrund
Nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie blieb nur das kleine Restösterreich über, wobei aber das Bundesland Niederösterreich gemeinsam mit Wien mehr als die Hälfte der Einwohner Österreichs hatte. Dadurch hatte Niederösterreich auch die überwältigende Mehrheit in den verschiedenen Gremien wie dem neugeschaffenen Bundesrat. Da die übrigen sieben Bundesländer (das Burgenland war staatsrechtlich noch nicht bei Österreich) das nicht akzeptierten, forderten sie entweder eine Trennung der beiden Länder oder eine rigorose Beschneidung der Abgeordnetenzahlen Niederösterreichs. Auch politische Motive waren nicht unbedeutend, stand doch dem sozialdemokratischen Wien ein mehrheitlich christlichsoziales Niederösterreich gegenüber.[1]
Entstehung des Bundesgesetzes
Im Zuge der Entstehung der neuen Bundesverfassung wurde am 1. Oktober 1920 beschlossen, dass es in der Folge kein Bundesland Niederösterreich mehr geben solle, sondern dass sich der Landtag von Niederösterreich in zwei Kurien, nämlich jene in Wien und in Niederösterreich, gliedert. So entstanden eine gemeinsame Verfassung für Wien und Niederösterreich, sowie je eine für jede Kurie. Im Artikel 114 des BVG wurde die Möglichkeit festgeschrieben, nach der sich die beiden Bundesländer teilen durften. Es wurde aber dabei kein Zeitpunkt festgelegt, ob und wann eine Trennung zu erfolgen hatte. Dies lag rein im Ermessen des Niederösterreichischen Landtages
Die staatsrechtliche Trennung war aber in der damaligen Öffentlichkeit nahezu unbestritten.
Trennung
Die Verhandlungen zwischen Wien und Niederösterreich wurden über ein Jahr lang von einem Ausschuss durchgeführt. Dem Ausschuss gehörten die Landeshauptmänner von Niederösterreich und Wien, Mayer und Reumann, aber auch die Abgeordneten Zwetzbacher, Ségur, Christoph und Helmer aus Niederösterreich und die Wiener Abgeordneten Danneberg, Breitner, Tandler, Hoss, Rummelhardt, Kienböck und Nepustil an.[2] Ein wesentlicher Punkt der Verhandlungen war einerseits, dass der Sitz der niederösterreichischen Landesregierung und des Landtages im Landhaus in der Wiener Herrengasse verbleibt.
Aber auch sämtliche Immobilien, die bisher beiden Bundesländern gemeinsam gehörten mussten aufgeteilt werden. Die niederösterreichischen Landesbahnen konnten im Zuge dieser Verhandlungen an den Bund übertragen werden[2].
Sonderregelungen, wo diese Übertragungen nicht ganz durchgeführt werden konnten, sind heute noch spürbar, wie beispielsweise die Versorgung einiger niederösterreichischen Gebiete (vor allem im Süden) mit elektrischen Strom durch die Wien Strom. Außerdem gibt es auch bis heute eine Reihe von Objekten und Liegenschaften, wo beide Länder zu gemeinsamen grundbücherlichen Eigentümern erklärt wurden.
Ein vorgesehenes Schiedsgericht sollte auch im Nachhinein eventuelle Streitfälle schlichten können. Dieses musste aber nie in Aktion treten.
Eine Kommission, die für die Abrechnungen verantwortlich war, konnte Anfang 1923 ihre Tätigkeit abschließen. Spätere Abrechnungen erfolgten mit Zustimmung des Landes Wien durch die niederösterreichische Landesregierung.
Hauptstadt
In den Gesetzen sind zwar Sitz der Landesregierung und des Landtages festgeschrieben. Nicht aufgegriffen wurde in dem Gesetz jedoch die Frage nach einer eigenen Landeshauptstadt. Diese sollte erst im Jahr 1984 mit einer Volksbefragung der Niederösterreicher geklärt werden und in der Folge zur Übersiedlung der Gremien nach Sankt Pölten führte.
Änderungen des Gesetzes
- Niederösterreich
- 15. März 1923 (LGBl. Nr. 22/1923)
- 27. Februar 1924 (LGBl. Nr. 39/1924)
- wiederverlautbart 27. September 1978 (LGBl. Nr. 151/1978)
- Wien
- Wiener Landesverfassungsgesetz vom 8. Februar 1924 (LGBl. Nr. 26/1924)
Einzelnachweise
- ↑ Am Schottentor von März 2003, abgerufen am 8. November 2009
- ↑ a b Festsitzung des NÖ Landtages am 17. Dezember 1981 abgerufen am 8. November 2009