Philipp von Hutten

Philipp von Hutten (* 18. Dezember 1505 auf Schloss Birkenfeld, Unterfranken; † (ermordet) vermutlich am 17. Mai 1546 in der Nähe des heutigen Cruz de Tara-Tara bei Quíbor, Venezuela) war ein deutscher Konquistador, der in den Jahren von 1535 bis 1538 als Hauptmann an einer Expedtion der Augsburger Welser-Gesellschaft ins Landesinnere Venezuelas teilnahm, um dort nach Gold zu suchen. Ende 1540 wurde er von Karl V. zum militärischen Oberbefehlshaber der von den Welsern verwalteten spanischen Überseeprovinz Venezuela ernannt. Auf dem Rückweg von einer zweiten Expedition, die Hutten zwischen 1541 und 1546 anführte, ließ ihn sein spanischer Rivale Juan de Carvajal ermorden.
Leben
Am Hofe Karls V.
Über die ersten dreißig Lebensjahre Philipp von Huttens liegen nur wenige gesicherte Informationen vor. Belegt ist, daß seine Eltern ihn im Alter zwischen zwölf und vierzehn Jahren zur Pagenausbildung in die Obhut des Grafen Heinrich III. von Nassau-Breda-Vianden gaben, der zu den Erziehern und engsten Vertrauten des späteren habsburgischen Kaisers Karl V. gehörte. Im Gefolge Karls hielt Hutten sich mehrere Jahre in Spanien auf, bevor er gemeinsam mit ihm 1529 zur Kaiserkrönung nach Bologna aufbrach. Für die Jahre zwischen 1530 und 1534 ist sein Aufenthalt am kaiserlichen Hof in Brüssel und Toledo durch an ihn adressierte Briefe belegt. Unklar bleibt jedoch, welche genaue Position Hutten im Gefolge Karls einahm.
In Huttens Brüsseler Zeit fällt seine enge Beziehung zu Magdalena von Obritschan, Hofdame Maria von Ungarns, einer Schwester Karls V. Von der Liebe zwischen den beiden wissen wir nur über drei Briefe, die Magdalena zwischen 1532 und 1534 an Hutten geschickt hat. Ob Huttens relative Mittellosigkeit gegenüber dem aus einem begüterten Rittergeschlecht stammenden Hoffräulein der Grund für das Nichtzustandekommen einer Heirat zwischen den beiden war, oder ob dies sogar zu Huttens späterem Entschluß führte, sein Glück in der Neuen Welt zu suchen, kann nur vermutet werden.
Die Welser in Venezuela
Mit seiner Krönung zum spanischen König im Jahr 1516 war Karl V. Herrscher über ein Reich geworden, in dem die Sonne nie unterging. Der Geldbedarf für die Finanzierung dieses Reiches – und insbesondere zur Sicherung ihres im Entstehen begriffenen Überseereichs in Mittel- und Südamerika – überstieg spätestens seit dem ab 1526 wiederaufflammenden habsburgisch-französischen Kampf um die Hegemonie in Europa die Möglichkeiten der spanischen Krone. Aus diesem Grund nahm Karl V. Kontakt zu der Augsburger Welser-Kompanie – einem zu jener Zeit europaweit agierenden Handels-, Bank- und Minenkonzern – auf, mit dessen Kapital er die weitere Erschließung seiner überseeischen Territorien zu finanzieren hoffte. Im Jahr 1528 kam es zum Abschluß eines Asientos zwischen der spanischen Krone und dem von Bartholomäus Welser geführten Handelshaus, in dem der Welser-Kompanie die Statthalterschaft über die spanische Überseeprovinz Venezuela übertragen wurde. Im Gegenzug zu den zahlreichen damit verbundenen Handelsvorteilen verpflichteten sich die Welser zur weiteren Eroberung des ihnen anvertrauten Territoriums, zur Anlage von Siedlungen, Bekehrung der indigenen Ureinwohner zum katholischen Glauben und zum Aufbau einer geregelten Verwaltung. Wie sich jedoch bald herausstellte, beschränkte sich das Interesse der Augsburger alleine auf die verbissene Suche nach dem legendären Gold von El Dorado und die äußerst lukrative Verschiffung von 4.900 afrikanischen Sklaven nach Amerika.
Aufbruch in die Neue Welt

Ende Februar 1534 kam es zu einer folgenreichen Begegnung, als Hutten im spanischen Toledo der Übergabe eines Teils des Goldschatzes Atahualpas an den Kaiser beiwohnte. Dieser sogenannte "königliche Fünfte" wurde Karl V. von Hernando Pizarro, dem Bruder des Konquistadoren Perus Francisco Pizarro überreicht. Ob ein persönliches Gespräch mit Pizarro den Anstoß für Huttens Entschluß gab, genau wie dieser sein Glück in der Neuen Welt zu suchen, ist nicht belegbar. Gesichert ist aber die Tatsache, daß Hutten sich am 27. Februar 1534, dem Tag der Übergabe des Goldes, in Toledo aufhielt und sich nur kurze Zeit später entschloß, nach Venezuela aufzubrechen.

Anfang Oktober 1534 trat Hutten in Sevilla seinen Dienst als Hauptmann der Welser-Kompanie an. Dort rüstete er sich für eine Dauer von zwei Jahre mit neuer Kleidung aus und begab sich zur Einschiffung in die spanischen Hafenstadt Sanlúcar de Barrameda, wo bereits mehrere Galeonen vor Anker lagen. Gemeinsam mit einer Truppe von rund 600 Landsknechten und dem neuen Gouverneur Venezuelas Georg Hohermuth von Speyer an Bord stach die Welser-Armada in See und erreichte am 7. Februar 1535 Coro, die damalige Hauptstadt des Landes.
Auf der Suche nach El Dorado

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Tod am Tocuyo
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Zur Überlieferungsgeschichte der Hutten-Briefe
Philipp von Hutten und seine Mission im Auftrag der Welser war bis ins zwanzigste Jahrhundert so gut wie vergessen. Dies änderte sich mit einer 1996 begonnenen Edition seiner Briefe, die bis 1988 als verschollen galten und deren Entdeckung als wissenschaftliche Sensation gefeiert wurde.
Überraschend unbeschadet überstand ein Teil der Hutten-Korrespondenz nicht nur den langen Weg über den Atlantik von Coro nach Cartagena, dem Sammelpunkt der spanischen Silberflotte und von dort weiter nach Cádiz oder Sevilla, dann zu Pferd weiter nach Augsburg und von da zu den jeweiligen Empfängern, sondern überdauerten auch die mehrere hundert Jahre währende Lagerung in Familienarchiven. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangten die auf das Territorium der DDR geretteten Materialien teilweise in eine Tapetenfabrik und entgingen nur durch die Aufmerksamkeit eines der Arbeiter ihrer Vernichtung durch das Zermahlen zu Papiermasse. Zusammen mit anderen, auf Philatelisten-Börsen gehandelten Briefen gelangten die Materialien in die Hände des Direktors des Luther-Museums in Wittenberg, der sie nach dem Fall der Mauer an Friedrich Karl von Hutten, einen Nachfahren Philipps aushändigte.
Nach mühevoller Arbeit und mit Hilfe spezialisierter Philologen erschien 1996 der erste von drei Bänden einer vom Bamberger Historiker Eberhard Schmitt besorgten Edition. Über die Person Philipp von Huttens hinaus ermöglichen die einzigartigen Materialien neue Einblicke in die kolonialen Ziele der Welser in Lateinamerika und lassen deren Statthalterschaft in neuem Licht erscheinen.
Literatur
- Götz Simmer: Gold und Sklaven: die Provinz Venezuela während der Welser-Verwaltung (1528–1556), Berlin 2000, ISBN 3-89685-343-0
- Eberhard Schmitt / Götz Simmer (Hrsg.): Tod am Tocuyo: die Suche nach den Hintergründen der Ermordung Philipps von Hutten 1541–1550, Berlin 1999, ISBN 3-87061-863-9
- Eberhard Schmitt / Friedrich Karl von Hutten (Hrsg.): Das Gold der Neuen Welt: die Papiere des Welser-Konquistadors und Generalkapitäns von Venezuela Philipp von Hutten 1534–1541, 2., neubearb. Aufl., Berlin 1999, ISBN 3-87061-862-0
- Konrad Haebler: Die überseeischen Unternehmungen der Welser und ihrer Gesellschafter, Leipzig 1903
Personendaten | |
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NAME | Hutten, Philipp von |
KURZBESCHREIBUNG | Welser-Konquistador und kaiserlicher Generalkapitän von Venezuela |
GEBURTSDATUM | 18. Dezember 1505 |
GEBURTSORT | Schloss Birkenfeld in den Haßbergen |
STERBEDATUM | 17. Mai 1546 |
STERBEORT | in der Nähe des heutigen Cruz de Tara-Tara bei Quíbor, Venezuela |