Nabenschaltung
Als Nabenschaltung bezeichnet man bei Fahrrädern ein mechanisches Getriebe, das geschlossen in der Hinterradnabe verbaut ist.
Technik


Alle Nabenschaltungen im Fahrradbereich arbeiten mit sogenannten Planetengetrieben. Bei mehr als drei Gängen werden verschiedene Planetengetriebe in einer Nabe kombiniert und zum Teil auch in Reihe geschaltet. Auf diese Weise lassen sich Schaltungen zwischen zwei und 14 Gängen realisieren. Häufig werden diese Schaltungen auch mit einer Rücktrittbremse, einem Dynamo oder gar mit einem Elektromotor kombiniert. Aber auch Kombinationen mit einer herkömmlichen Kettenschaltung kommen vor, um die Vorteile beider Systeme nutzen zu können.
Die Vorteile der Nabenschaltung liegen vor allem darin, dass sie relativ wenig gewartet werden müssen und im geringeren Verschleiß. Durch die geschlossene Konstruktion der Nabe ist das Getriebe im Inneren jederzeit vor Schmutz und Wasser geschützt und eine ausreichende Schmierung der Zahnräder gewährleistet. Auch ein Abspringen der Kette bei Schaltvorgängen kommt nicht vor, da es sowohl an der Nabe selbst als auch an der Kurbel nur ein Kettenblatt gibt (von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen), das im Idealfall eine exakt gerade Kettenlinie aufweist. Sollte dies der Fall sein, so ist hier eine optimale Zugkraftübertragung möglich. Ein positiver Nebeneffekt ist dabei der geringere Verschleiß von Kette und Kettenblättern. Aber es ist auch einfacher, die Kette mit einem Schutz zu versehen, um selbige vor Verschmutzung besser zu schützen. Ebenfalls ein Vorteil im Vergleich zur konventionellen Kettenschaltung ist die Möglichkeit, die Gänge im Stand wechseln zu können, ein Verschalten ist so quasi ausgeschlossen, und man kann immer im richtigen Gang (an)fahren. Ein weiterer Vorteil ist die symmetrische Einspeichung des Hinterrades; die gleichmäßigere Spannung verringert die Gefahr von Speichenbrüchen.
Bedingt durch den geschlossenen Aufbau des Getriebes, ist die Wartung der Nabe leider meist nur vom Hersteller selbst durchführbar, da ein Hobbymechaniker selten in der Lage ist die Nabe selbst auseinander zu nehmen. Auch die Lärmbelästigung des Antriebs (nur in einigen Gängen, wird mit zunehmender Laufleistung geringer) empfinden viele Fahrer als störend, neben dem geringeren Wirkungsgrad. Dieser beträgt bei den meisten Nabenschaltungen 92 % bis 97 % - bei einer gut gepflegten Kettenschaltung beträgt er 96 % bis 99 %. Das Gewicht einer Nabenschaltung ist meist höher als das einer Kettenschaltung. Durch die aufwendigere Technik ist auch der Preis höher, dafür sind die laufenden Kosten geringer, da wie bereits erwähnt sowohl Kette, als auch Kettenblatt und Ritzel viel seltener gewechselt werden müssen. Gerade aus diesen Gründen sind Nabenschaltungen aber nicht für jeden interessant. So ist die Zielgruppe vor allem und unter den Vielfahrern (mehr als 500 km pro Monat) wo sich der geringere Verschleiß rechnet oder bei Touren- und Sorglosfahrern zu finden, denen die Zuverlässigkeit wichtiger ist. Im sportlichen Umfeld sind Nabenschaltungen nicht zu finden. Ausnahme ist hier lediglich die Speedhub 500/14 von Rohloff (auch der Hersteller Honda scheint an einer ähnlichen Technik zu arbeiten, welche allerdings bereits die G-BOXX-Idee aufgreift), aber auch diese ist nur in wenigen Unterarten wie z.B. Downhill zu finden, bei denen das Gewicht nicht rennentscheidend ist.
Geschichte
1904 brachte die deutsche Firma Fichtel & Sachs (wurde 1997 von SRAM übernommen) die erste Nabenschaltung mit 2 Gängen (Modellbezeichnung: Torpedo) auf den Markt, ein Jahr nach dem Debüt der ersten Torpedo Freilaufnabe, und baute den Doppel-Torpedo mit diversen Veränderungen fast 50 Jahre lang. Neun Jahre später im Jahr 1913 kommt das Nachfolgemodell Universal-Torpedo mit vier Gängen und Rücktrittbremse auf den Markt und wurde von Fichtel & Sachs nach einem Patent der Firma Wanderer Fahrradwerke gefertigt. Wirtschaftlich war sie aber kein großer Erfolg und so wurde die Produktion 1916, zwei Jahre nach Beginn des 1. Weltkrieges, eingestellt.
1926 wurde von Fichtel & Sachs dann die erste Torpedo 3-Gang-Nabe mit Rücktrittbremse auf den Markt gebracht, die bis Anfang der 40er Jahre produziert wurde. 1941 wurde außerdem eine 3-Gang-Nabe auf den Markt gebracht, die hauptsächlich für den Export bestimmt war und ebenfalls unter dem Namen Universaltorpedo vermarktet wurde. Diese Nabe, die entweder mit Trommelbremse oder ohne Bremsvorrichtung erhältlich war, wurde lediglich zwei Jahre produziert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann in Deutschland die Markteinführung weiterer Torpedo-3-Gang-Nabenschaltungen mit den Modellen 53 (mit Rücktritt), 55 (mit und ohne Rücktritt), 515 (mit Rücktritt), 415 (ohne Rücktritt) und H3113S. Besonders erfolgreich war man mit den Modellen 415 und 515, welche seit Anfang der 60er Jahre produziert wurde. Sie mußten allerdings aus Sicherheitsgründen Mitte der 70er Jahre wegen einer gefährlichen Leerlaufstellung zwischen dem zweiten und dritten Gang durch das Modell H3111S ersetzt werden. Dieses Modell wird mit kleinen Abwandlungen auch heute noch von SRAM hergestellt.
Später folgte dann eine Torpedo-5-Gang-Nabenschaltung, die in ihrer Ausführung sehr der Sturmey-Archer-5-Gang-Nabenschaltung ähnelte. Sturmey-Archer besaß das Patent auf diese Bauart seit Mitte der 20er Jahre, ohne allerdings davon Gebrauch zu machen. Diese englische Firma stellte 3- und 4-Gang-Naben mit den unterschiedlichsten Grundübersetzungen und den unterschiedlichsten Ausstattungen her. Seit den 30er Jahren wurden neben Trommelbremsen auch Nabenschaltungen in Kombination mit Nabendynamos angeboten.
Parallel zum Klapprad-Boom der 60er und 70er Jahre (s. a. Faltrad) entwickelten und verkauften sowohl F&S als auch Sturmey-Archer 2-Gang-Nabenschaltungen. Diese Naben besaßen keinen Schaltungszug und ließen sich durch bloßes Zurücktreten der Pedale schalten. Ein Sonderfall war in diesem Zusammenhang die F&S-Automatiknabe, deren Schaltpunkt bei einer Geschwindigkeit des Fahrrades von ca. 18 km/h (vom Radumfang abhängig) lag und fliehkraftgesteuert war. Dieser technisch interessanten Konstruktion war jedoch kein Markterfolg beschieden.
Konnte man die Modell 55 (bis ca. 1960) von Fichtel & Sachs noch über einen Schmiernippel von außen fetten und sich einer hohen Kilometerleistung sicher sein, hat die Lebenserwartung der heutigen Billigware einen erschreckend niedrigen Stand erreicht. Als Faustregel für F&S-Naben gilt: je älter, desto robuster und wartungsärmer ist die Nabe.
Im Jahr 1999 brachte die deutsche Rohloff AG die technisch stark weiterentwickelte Nabenschaltung Speedhub 500/14 (mit 14 Gängen) auf den Markt. Wirkungsgrad und Übersetzungen sind mit denen einer herkömmlichen 27-Gang-Kettenschaltung vergleichbar, die Nabe ist robuster und wartungsärmer.
Derzeitiger Stand (2004) der Technik im Marktsegment der preiswerten Getriebenaben ist die 8-Gang-Nabe Nexus Inter-8 von Shimano. Diese soll ab (2005) auch in einer, vom Vorgängermodell "Nexus Inter-7" bekannten Variante mit Rücktrittbremse verfügbar sein und wird wahlweise mit Drehgriffschalthebel als auch 2-Finger- Schalthebel angeboten.