Überschwemmungsgebiet
Als ein Überschwemmungsgebiet, Retentionsgebiet, Hochwasserpolder, Hochwasserschutzpolder oder kurz, aber mehrdeutig Polder bezeichnet man unbebautes, flaches Gelände an Flüssen oder Binnenseen, das durch Überflutung größere Mengen von Hochwasser aufnehmen kann.
Diese extra für diesen Zweck ausgewiesene Gebiete unterliegen einer hohen Wahrscheinlichkeit, bei entsprechenden hydrologischen, Klima- bzw. Wetterbedingungen von einer Überschwemmung betroffen zu sein. In Normalzeiten können sie jedoch als Grünland, für die Forstwirtschaft oder für Erholungs- und Sportzwecke dienen.
Gründe für die Existenz
Naturbelassene, nicht ausgebaute Flüsse und Flusslandschaften verfügen mit ihren Flussauen über ein natürliches Überschwemmungsgebiet, in dem die Vegetation auf temporär hohe Wasserstände vorbereitet ist. Bauliche Maßnahmen (z. B. Flussbegradigung, Eindeichung, Siedlungs- und Gewerbeflächen) können jedoch die Funktion dieser natürlichen Überschwemmungsgebiete beeinträchtigen oder das Fließ- und Abflussverhalten des Gewässers verändern, sodass die Gefahren durch Überschwemmungen zunehmen.
Ein Überschwemmungsgebiet kann bei Flusshochwassern geflutet werden kann, um die Wasserführung flussabwärts gelegener Flussabschnitte vorübergehend zu vermindern und dadurch den Gipfel einer Flutwelle zu erniedrigen.
Eindeichung von Überschwemmungsgebieten
Die Deiche zu intensiver genutzten Nachbarflächen verhindern, dass jene bei Flutung des Polders mit geflutet werden. Deiche zum Gewässer verbessern die Nutzbarkeit des Poldergeländes, indem sie verhindern, dass der Polder schon bei geringeren Hochwassern geflutet wird, die in anschließenden Flussabschnitten keine Bedrohung darstellen. Sie ermöglichen, das dem Fluss entzogene Wasser länger zurückzuhalten, als in einer natürlich überfluteten Flussaue. Derartige Polder werden vor allem zum Hochwasserschutz von Großstädten und engen Tälern in oberhalb gelegenen geräumigen Talabschnitten angelegt, beispielsweise am Oberrhein bei Ingelheim.
In breiten Flusstälern müssen Überschwemmungsgebiete nicht direkt am Gewässer liegen, sondern können auch durch einen flachen Hochwasserdamm von diesem getrennt sein. Zur Überflutung kommt es dann nur bei sehr starken Hochwässern.
Rückhaltebecken
Bei weniger großen Gewässern werden Hochwasserpolder als – außerhalb des Bedarfsfalls leere – Rückhaltebecken ausgeführt, wie im Leinetal zwischen Northeim und Einbeck-Salzderhelden. Hier sperrt ein Staudamm die Flussniederung, durch den der Fluss normalerweise durch ein geöffnetes Sieltor an der Basis ungehindert hindurchfließt. Bei Hochwasser wird die Flutwelle hier gestaut und der Abfluss auf ein für den Unterlauf verträgliches Maß reguliert.
Retentionsvolumen
Das Retentionsvolumen eines dem Gewässer anliegenden Gebietes bestimmt sich einerseits nach der von der Topografie und dem Flussregime abhängigen überschwemmten Fläche und Einstauhöhe, andererseits aber auch vom im Boden vorhandenen Porenvolumen. So kann beispielsweise der Bau einer Tiefgarage unter einem Gebäude das Retentionsvolumen deutlich vermindern, obwohl oberirdisch keine zusätzliche Fläche dafür in Anspruch genommen wird.
Rechtslage
In Deutschland wird zur Festlegung von Überschwemmungsgebieten nach dem Wasserhaushaltsgesetz des Bundes bzw. den Wassergesetzen der Länder, das heißt von per Verordnung rechtsverbindlich festgelegten Flächen mit Nutzungsauflagen und Nutzungsbeschränkungen (z. B. Bauverboten), in der Regel ein sogenanntes 100-jährliches Hochwasser zugrundegelegt (vgl. § 77 Wassergesetz Baden-Württemberg). Als 100-jährliches Hochwasser gilt ein Hochwasserereignis, das im statistischen Durchschnitt alle 100 Jahre auftritt.