Theben (Böotien)
Dieser Artikel behandelt die griechische Stadt Theben. Für andere Bedeutengen siehe Theben.
Theben (mykenisches Griechisch Tagwai; altgriechisch Θήβαι; lateinisch. Thebae; neugr. Θήβα Thiva) war die größte Stadt in der griechischen Landschaft Böotien, auf den Vorhöhen des Teumessos, wurde schon von Homer als die Stadt der sieben Thore (Thebe Heptapylos) genannt und war in der historischen Zeit der wichtigste Ort des Böotischen Bundes.
Theben in der griechischen Mythologie
Die mythische Geschichte Thebens ist reich an Legenden um Herakles, Dionysos und Laios. Das antike Theben lag in quellenreicher, hügeliger Gegend über dem südlichen Rande der aonischen Ebene. Als frühe Bewohner gelten die Kadmeer (Kadmeionen). Die Stadt oder zunächst die Burg Kadmeia wurde der Sage nach von dem Phönizier Kadmos gegründet, nachdem er den Drachen getötet hatte, der das Land verödete.
Jedenfalls ließen sich bei Theben phönizische Einwanderer nieder, welchen dann griechische aus Kleinasien folgten, was die Sage von Amphion aussagt, der durch seine Leier die Steine herbeilockte. Amphion und Zetos erweiterten die Mauern und fügten sieben Tore hinzu, die das geflügelte Wort vom "siebentorigen Theben" auslösten. In der Blütezeit hatte der Ring einen Umfang von mehr als 7 km (15 km [?]). Die aus Thessalien stammenden Böoter verdrängten die ursprünglichen Einwohner der Stadt.
Zu dem Geschlecht der Kadmeionen gehörte auch der Sohn des Laios, Ödipus, der die Regierung seinen Söhnen Eteokles und Polyneikes mit der Bestimmung übergab, dass jeder allemal ein Jahr regieren sollte. Eteokles brach den Vertrag und veranlasste dadurch den berühmten Zug der Sieben gegen Theben, dem 20 Jahre später der Zug der Epigonen, d. h. der Söhne jener Sieben, folgte, welcher mit der Niederlage der Thebaner bei Glisas und der Zerstörung des alten Theben endete.
Geschichte
Theben wurde erstmals zusammen mit anderen ägäischen Orten auf einer ägyptischen Inschrift um 1355 v. Chr. (Amenophis III.) als
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(d'qwis) erwähnt.
Ausgrabungen haben einen bedeutenden mykenischen Palast nachgewiesen. Neben zahlreichen Funden, darunter ein Archiv mit vielen Linear-B-Tafeln, die der Palastverwaltung dienten, kamen über hundert kostbare assyrische Siegel aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. zu Tage, die Beziehungen zum assyrischen Herrscher bezeugen. Offenbar war das Reich von Theben damals nicht unbedeutend. Neuerdings gibt es sogar Spekulationen, dass Theben im 14./13. Jh. die führende Macht in Griechenland und sein Herrscher der König von Ahhijawa aus hethitischen Quellen war (s. Weblink). Gegen 1200 v. Chr. wurde Theben zerstört, blieb aber weiterbesiedelt.
Theben gehörte später zum Böotischen Bund, wurde Sitz der Böotarchen und somit Hauptstadt des Bundes. 728 v. Chr. erhielt die Stadt von dem Bakchiaden Philolaos aus Korinth neue Gesetze.
Auf Athens wachsende Macht eifersüchtig und über den Abfall Platääs vom Böotischen Bund erbittert, begann es 507 v. Chr. einen Krieg gegen Athen, wurde aber besiegt.
In den Perserkriegen stand Theben mit Orchomenos auf der Seite des Perserreichs und erlitt mit diesen die Niederlage bei Platää 479 v. Chr., worauf die Häupter der persischen Partei hingerichtet wurden.
Thebens Ansehen hatte infolgedessen so gelitten, dass Athen durch Errichtung demokratischer Verfassungen in den böotischen Städten Thebens Einfluss wiederholt zu brechen und Böotien seiner eigenen Hegemonie zu unterwerfen suchte.
Nachdem durch den Sieg bei Önophyta 456 v. Chr. Böotien (außer Theben) für den attischen Bund gewonnen worden war, schlugen die aus Böotien Verbannten im Verein mit den Orchomeniern ein athenisches Heer unter Tolmides 447 v. Chr. bei Koroneia, wodurch Böotien sich vom attischen Bund wieder losriss. Zugleich wurde die aristokratische Verfassung in Theben wiederhergestellt.
Im Peloponnesischen Krieg gehörte Theben zu den erbittertsten Feinden Athens und versuchte 431 v. Chr. vergeblich, Platää zu erobern; erst 427 v. Chr. gelang ihm die Zerstörung dieser Stadt.
410 v. Chr. schloss es einen neuen Bund mit Sparta. Als nach dem Sturz der Demokratie in Athen die 30 Tyrannen eine Schreckensherrschaft daselbst führten, sammelten sich besonders in Theben die athenischen Flüchtlinge und besetzten von hier aus 403 v. Chr. unter Thrasybulos die kleine Grenzfeste Phyle und später den Piräeus. Infolge dieses Umstandes und zugleich aus Eifersucht auf die wachsende Macht Spartas nahm Theben wieder eine demokratische Verfassung an.
Auch begann es 395 v. Chr. in Verbindung mit Korinth und Argos offenen Krieg, den Korinthischen, gegen Sparta, wurde aber 394 v. Chr. bei Koroneia geschlagen.
Beim Ausbruch des olynthischen Kriegs (382 v. Chr.) besetzte der spartanische Feldherr Phöbidas durch einen Handstreich die Burg von Theben, stellte die Herrschaft der Aristokratie wieder her und schickte die Häupter der demokratischen Partei in die Verbannung.
Aber schon 379 v. Chr. kehrte Pelopidas mit den übrigen Flüchtlingen nach Theben zurück, stürzte die Aristokraten und erzwang mit Hilfe eines athenischen Heers die Räumung der Burg. Theben schloss hierauf ein Bündnis mit Athen, Pelopidas und Epameinondas aber traten an die Spitze des Staats.
Zwei Einfälle der Lakedämonier (Spartaner) wies Theben mit Hilfe der Athener ab, ja es unterwarf sich auch die übrigen böotischen Städte. Als die Thebaner 371 v. Chr. den Allgemeinen Frieden nicht annahmen, weil die Spartaner die Auflösung des Böotischen Bundes forderten, begann der thebanische Krieg, in welchem Theben unter Führung des Epameinondas in der Schlacht von Leuktra (371 v. Chr.) die Hegemonie errang. Es stürzte auch Spartas Macht auf dem Peloponnes, indem Epameinondas den Arkadischen Bund stiftete und die Unabhängigkeit Messeniens wiederherstellte; ja, es strebte sogar nach einer Seeherrschaft.
Jetzt glaubte selbst Athen, Thebens Übermacht fürchten zu müssen, und trat auf Spartas Seite über, und nach des Epameinondas Sieg und Tod bei Mantineia (362 v. Chr.) sank Thebens Macht wiederum, welche nur durch das Genie seiner beiden größten Staatsmänner so hoch gestiegen war.
Neid und Hass trieben Theben an, Phokis, das sich ihm nicht unterwerfen wollte, durch das Amphiktyonengericht wegen Verletzung des delphischen Tempelgebiets zu einer hohen Geldstrafe verurteilen und sich zum Vollstrecker bestellen zu lassen. Hierdurch erregte es den zweiten Heiligen Krieg (355-346 v. Chr.), in dem es jedoch unterlag, worauf es Philipp von Makedonien zu Hilfe rief und ihm Gelegenheit gab, sich in Hellas festzusetzen.
Erst nachdem die Amphiktyonen 339 v. Chr. den Lokrern von Amphissa den zweiten Heiligen Krieg erklärt und Philipp herbeigerufen hatten, ihr Urteil gegen die Lokrer zu vollstrecken, und dieser Elateia besetzte, griffen die Athener und Thebaner zu den Waffen gegen jenen, erlagen aber in der Schlacht von Chaironeia 338 v. Chr..
Theben musste darauf makedonische Besatzung in die Kadmeia aufnehmen. Nach Philipps Tod (336 v. Chr.) empörte sich Theben gegen Alexander den Großen (335 v. Chr.) auf die falsche Nachricht von dessen Tod. Schon nach zwölf Tagen stand dieser vor der Stadt und zerstörte sie nach dem Beschluss des korinthischen Synedrions; 6.000 Thebaner fielen, 30.000 wurden als Sklaven verkauft. Alexander ließ nur das Haus des Dichters Pindar stehen.
Erst 315 v. Chr. wurde Theben von Kassandros mit Hilfe der Athener wieder aufgebaut und stand nun unter makedonischer Herrschaft, erhielt in der Antike aber nie mehr seine frühere Bedeutung zurück.
Im achäischen Krieg 146 v. Chr. schloss es sich der Kriegserklärung der Achäer an die Römer an; nach Verlust der Schlachten bei Skarpheia und Leukopetra flohen aber die Einwohner Thebens auf die Peloponnes, und Theben verödete seitdem. Pausanias fand nur noch die Burg und einige Tempel vor. Im 2. Jahrhundert war die untere Stadt schon gänzlich verschwunden.
Ende des 19. Jahrhunderts begann man mit Ausgrabungen, bei denen u. a. der Kabirentempel freigelegt wurde.