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Lenk- und Ruhezeiten

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Die Lenk- und Ruhezeiten für Fahrer von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht einschließlich Anhänger von über 3,5 t im gewerblichen Güter- oder Personenverkehr sind innerhalb der Europäischen Gemeinschaft in der Verordnung (EG) 561/2006 [1] geregelt. In Deutschland werden zudem durch die Fahrpersonalverordnung (FPersV) bereits Fahrzeuge ab 2,8 t erfasst.

Die Lenk- und Ruhezeiten gelten nicht für Fahrer von Fahrzeugen zur Personenbeförderung mit höchstens neun Insassen, von Fahrzeugen der Armee, der Polizei, des Zivilschutzes, der Rettungsdienste und der Schausteller. Für den nicht-gewerbliche Güterverkehr gelten die Bestimmungen erst für Fahrzeuge ab einem zulässigem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t (VO EG 561/2006 Art. 3, h).

Die Lenk- und Ruhezeiten werden durch das so genannte EG-Kontrollgerät automatisch erfasst. Als Nachweis bei fehlendem Kontrollgerät ist ein handschriftlicher Arbeitszeitnachweis (Tageskontrollblatt) vorgeschrieben. Die Kontrolle der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten obliegt in Deutschland dem BAG und der Polizei.

Tageslenkzeit

Die Tageslenkzeit darf neun Stunden nicht überschreiten, zweimal pro Kalenderwoche darf sie jedoch auf zehn Stunden ausgedehnt werden. Als Lenkzeit gelten solche Zeiten, die tatsächlich mit Fahrertätigkeit zugebracht werden. Zur Lenkzeit gehört auch das vorübergehende Stehen des Fahrzeugs, wenn dies nach allgemeiner Anschauung zum Fahrvorgang gehört. So ist die Zeit für einen verkehrsbedingten Aufenthalt an Ampeln, an Bahnschranken, an Kreuzungen, in Staus oder an der Grenze der Lenkzeit zuzurechnen. Hingegen gehören Fahrpausen, auch von weniger als 15 Minuten, dann nicht zur Lenkzeit, wenn sie aus anderen als den vorgenannten Gründen stattfinden und der Fahrer dabei seinen Platz am Lenkrad verlassen kann. Dies kommt zum Beispiel bei einer Vollsperrung ohne Ausweichmöglichkeit in Betracht. [2].

Lenkzeitunterbrechung

Die Lenkdauer darf ohne Lenkzeitunterbrechung 4,5 Stunden nicht überschreiten. Spätestens nach 4,5 Stunden Lenkdauer muss der Fahrer deshalb eine Lenkzeitunterbrechung von mindestens 45 Minuten einhalten. Lenkzeitunterbrechung ist nach der Legaldefinition jeder Zeitraum, in dem der Fahrer keine Fahrtätigkeit ausüben und keine anderen Arbeiten ausführen darf und der ausschließlich zur Erholung genutzt wird.[3]. Die Erholungsphase kann, anders als bei der Tagesruhezeit, als Beifahrer im fahrenden Fahrzeug absolviert werden. Dagegen zählen Wartezeiten als Lenkzeitunterbrechung. Dies sind beispielsweise Wartezeiten bei der Grenzabfertigung oder beim Be- oder Entladen des Fahrzeugs. Das gleiche gilt für die Zeiten auf dem Beifahrersitz oder in der Schlafkabine im fahrenden Fahrzeug sowie auf Fähr- und Eisenbahnfahrten.

Alternativ ist ein Splitting der Lenkzeitunterbrechung zulässig, indem der Fahrer zunächst eine 15-minütige und später eine 30-minütige Lenkzeitunterbrechung einlegt. Es muss nur gewährleistet sein, dass der Fahrer das Fahrzeug nicht länger als 4,5 Stunden ohne Lenkzeitunterbrechung lenkt.

Beim Splitting ist also zum einen die Reihenfolge der kurzen gefolgt von der langen Lenkzeitunterbrechung einzuhalten und zum anderen die Höchstdauer ununterbrochener Lenkzeit zu beachten[4]. Lenkzeitunterbrechungen dürfen jedoch nicht der täglichen Ruhezeit zugerechnet werden.

Erledigt der Fahrer allerdings andere Tätigkeiten, bevor er die Fahrt antritt, so ist zusätzlich nach dem Arbeitzeitgesetz zu beachten, dass die erste Pause nach spätestens 6 Stunden Arbeitszeit (nicht Lenkzeit) eingelegt werden muss.

Wochenlenkzeit

Die Wochenlenkzeit darf höchstens 56 Stunden betragen[5]. Die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen darf aber 90 Stunden nicht überschreiten, so dass bei voller Ausnutzung der Lenkzeit in der ersten Woche, in der zweiten Woche nur noch höchstens 34 Stunden gelenkt werden darf. Die Woche ist als Zeitraum von Montag 00:00 Uhr bis Sonntag 24:00 Uhr definiert (Kalenderwoche).

Ruhezeit

Ruhezeit ist jeder ununterbrochene Zeitraum von mindestens einer Stunde, in der der Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann. Tägliche Ruhezeit (Ein-Fahrer-Besatzung) mindestens 11 Stunden zusammenhängend innerhalb von 24 Stunden. Keine Ruhezeiten sind Zeiten der Arbeit oder Arbeitsbereitschaft sowie die im fahrenden Fahrzeug verbrachten Kabinenzeiten. Die tägliche Ruhezeit kann jedoch im Fahrzeug verbracht werden, sofern es mit einer Schlafkabine ausgestattet ist und nicht fährt. Der Fahrer muss innerhalb jedes 24-Stunden-Zeitraumes eine tägliche Ruhezeit einlegen. Der 24-Stunden-Zeitraum braucht nicht mit dem Kalendertag identisch sein. Beginnt der Fahrer die Fahrt am Sonntag um 22.00 Uhr, so muss er spätestens am Montag um 22.00 Uhr seine tägliche Ruhezeit eingelegt haben.

Eine Besonderheit gilt für Fahrer eines Fahrzeugs, das im kombinierten Verkehr mit einem Fährschiff oder mit der Eisenbahn befördert wird. Diese tägliche Ruhezeit darf einmal unterbrochen werden, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden, indem ein Teil der täglichen Ruhezeit auf der Eisenbahn / dem Schiff verbracht werden muss und der andere Teil auf dem Land. Der Zeitraum zwischen den beiden Teilen einer täglichen Ruhezeit muss so kurz wie möglich sein und darf vor der Verladung des Fahrzeugs oder nach dem Verlassen des Fahrzeugs vom Fährschiff oder der Eisenbahn eine Stunde nicht übersteigen. Der Vorgang der Verladung bzw. des Verlassens umfasst auch die Zollformalitäten. Dem Fahrer muss während der beiden Teile der täglichen Ruhezeit ein Bett oder eine Schlafkabine zur Verfügung gestellt werden[6].

Die tägliche Ruhezeit kann dreimal wöchentlich auf 9 Stunden verkürzt werden. Die gekürzten Zeiten brauchen seit dem 11. April 2007 nicht mehr nachgeholt werden. An Tagen, an denen nicht verkürzt wird, kann die tägliche Ruhezeit aufgeteilt werden ("splitting"). Nach der neuen EU-Regelung ab dem 11. April 2007 ist hierbei eine Aufteilung in zwei Abschnitte zulässig, wobei der 1. Abschnitt mindestens 3 Stunden umfassen muss, und der 2. Abschnitt mindestens 9 Stunden. Die Einhaltung dieser Reihenfolge ist dabei verbindlich.

Bei Zwei-Fahrer-Besatzungen muss beachtet werden, dass die Zeit, welche der erste Fahrer als Beifahrer mitfährt, während der zweite das Fahrzeug lenkt, nicht als Tagesruhezeit des ersten Fahrers angerechnet wird. Wird die vorgeschriebene Tagesruhezeit im LKW verbracht, dann muss der LKW dabei stehen.

Wöchentliche Ruhezeit

Die wöchentliche Ruhezeit kann zusammenhängend 45 Stunden nach 6 Tageslenkzeiten betragen. Nach dem Bundes- Manteltarifvertrag für den Güter- und Möbelfernverkehr (BMT-Fern.) sollen mindestens zwei Wochenenden im Monat am Standort des Fahrzeugs oder am Wohnort des Fahrers verbracht werden können. Die wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden kann zweimal im Monat auf 24 Stunden verkürzt werden. Jede Verkürzung ist durch eine zusammenhängende Ruhezeit auszugleichen, die vor Ende der auf die betreffende Woche folgenden dritten Woche zu nehmen ist.

Konkurrenzverhältnis zum deutschen Arbeitszeitgesetz

Unbeschadet von der EG-Verordnung gilt für alle Fahrer in einem Arbeitsverhältnis, unabhängig vom zulässigen Gesamtgewicht des Fahrzeuges, das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Während die EG-Verordnung die Höchstdauer der Lenkzeiten und die Mindestdauer der Ruhepausen und Ruhezeiten regelt, legt das Arbeitszeitgesetz die zulässige (Höchst-) Arbeitszeit fest. Beide Vorschriften sind zu beachten. Im Arbeitszeitgesetz beträgt die tägliche Höchstarbeitszeit im Durchschnitt 8 Stunden, maximal 10 Stunden. Es enthält aber eine Sonderbestimmung für die Beschäftigung im Straßentransport, wonach Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und die Zeit als Beifahrer oder in der Schlafkabine verbrachte Zeit keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitsschutzes ist (§ 21a Abs. 3 Arbeitszeitgesetz). Dies kann dazu führen, dass der Fahrer länger als 10 Stunden an seinem Arbeitsplatz anwesend ist, ohne dass die Höchstarbeitszeit überschritten ist. Hierdurch vergrößert sich das Zeitfenster, in dem ein Fahrer eingesetzt werden kann.

Haftung bei Verstößen

Verstößt ein Fahrer gegen die höchstzulässigen Lenkzeiten, so kann nicht nur gegen ihn selbst, sondern auch gegen das Unternehmen, bei dem er beschäftigt ist, oder gegen die dort handelnden Personen ein Bußgeld oder eine Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt werden.

In der Verordnung ist außerdem festgelegt, dass sowohl Unternehmen, Verlader, Spediteure als auch Reiseveranstalter, Hauptauftragnehmer, Unterauftragnehmer und Fahrvermittlungsagenturen sicherstellen müssen, dass die vertraglich vereinbarten Beförderungszeitpläne nicht gegen die Verordnung verstoßen[7]. Gibt beispielsweise der Verlader einen Liefertermin vor, der unter Berücksichtigung der zurückzulegenden Strecke und Einhaltung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten nicht zu schaffen ist, so muß er bei Feststellung eines Verstoßes mit einem Ermittlungsverfahren rechnen.

Die zuständigen nationalen Behörden eines Mitgliedsstaats der Europäischen Gemeinschaft können auch Verstöße, die auf ihrem Hoheitsgebiet durch Unternehmen mit Sitz im Ausland begangen wurden, ahnden, ebenso solche Verstöße, die von ausländischen oder inländischen Unternehmen in einem anderen Mitgliedsstaat begangen wurden, soweit der Verstoß nicht bereits dort geahndet worden ist[8]. In Deutschland obliegt die Kontrolle der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten dem Bundesamt für Güterverkehr[9] und der Polizei.

Fußnoten

  1. VO (EG) Nr. 561/2006
  2. Erläuterung der Lenk- und Ruhezeiten vom Bundesamt für Güterverkehr
  3. Artikel 4 Buchstabe d der Verordnung
  4. Weitere Reglementierungen enthält der Artikel nicht (Argument: Artikel 7 Abs. 2 letzter Halbsatz), so dass die Lenkzeiten vor und nach den Unterbrechungen zwischen 1 Minute und 4,5 Stunden betragen dürfen, wenn insgesamt die zulässige Tageslenkzeit nicht überschritten wird. Dies bedeutet, dass auch nach einer beispielsweise nur 2-stündigen Lenkzeit mit anschließender 45-minütiger Unterbrechung ein neuer Lenkzeitabschnitt von 4,5 Stunden beginnt.
  5. Artikel 6 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 561/2006
  6. [Autor: http://benjamin-haas.jimdo.com/buisness/fahrekarten-auslesen/ Autor und aktuelle Hinweise]
  7. Artikel 10 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 561/2006
  8. Artikel 19 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 561/2006
  9. § 11 GüKV

Gesetzestexte

Informationen

Siehe auch