Benutzer:Fornax/Baustelle

Die Flaggen in den Kolonien des Deutschen Kaiserreichs waren die ab dem Jahr 1884 in den deutschen Kolonien verwendeten Flaggen. Sie wurden nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs und der nach und nach erfolgten Besetzung der Kolonien durch allierte Kräfte, nicht mehr verwendet.
Erwerb von Kolonien
Bedingt durch den wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands in den 1880er Jahren wurde die Kolonialpolitik mit Nachdruck betrieben. Obwohl Reichskanzler Bismarck ursprünglich gegen koloniale Bestrebungen Deutschlands war - er fürchtete Konflikte mit anderen europäischen Großmächten - schien ab dem Jahr 1884 die außenpolitische Lage gefestigt zu sein. In rascher Folge wurden daher einige Gebiete in Afrika und Ozeanien zu Kolonien gemacht, die amtlich als „Schutzgebiete“ bezeichnet wurden. Im einzelnen waren das:
- Deutsch-Südwestafrika am 24. April 1884
- Togo am 5. Juli 1884
- Kamerun am 12. Juli 1884
- Neuguinea am 4. November 1884
- Deutsch-Ostafrika am 4. Dezember 1884
- Samoa ab dem Jahre 1885
Im Jahr 1898 wurde schließlich noch das Gebiet von Kiautschou mit seiner Hauptstadt Tsingtau vom Kaiserreich China an das Deutsche Reich verpachtet.
Flaggen in den Anfangsjahren
Im Gegensatz zu den anderen europäischen Kolonialmächten wie zB. Großbritannien, zeigte das Deutsche Reich zunächst kein besonderes Interesse an der Gestaltung von speziellen Flaggen für die verschiedenen Kolonien. Die offizielle Inbesitznahme des Gebietes wurde in der Regel mit einer Flaggenhissung der kaiserlichen Kriegsflagge besiegelt. Beispiele für derartige Flaggenhissungen sind aus Angra Pequena (Deutsch-Südwestafrika) am 7. August 1884, aus Kamerun am 21. Juli 1884, oder aus Mioko (Neuguinea) am 4. November 1884 bekannt. Gezeigt wurde ebenfalls die National- und Handelsflagge, die auch von privater Seite verwendet werden konnte. Die Kriegsflagge sowie die Nationalflagge waren die in den Anfangsjahren ausschließlich verwendeteten Flaggen, die das Deutsche Kaiserreich repräsentieren sollten.
Flaggen ab 1891

Ende des Jahres 1892 entschied sich Kaiser Wilhelm II. dazu, das gesamte Flaggensystem des Kaiserreichs zu modifizieren. Im Zuge dessen wurden erstmals auch für die Kolonien spezielle Flaggen geschaffen. Nach dem 1. April 1893 verwendete man besondere Dienstflaggen in den „Schutzgebieten“. Das Zeigen bzw. Hissen der Reichskriegsflagge wurde verboten. Der damalige Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Freiherr von Soden, erhielt jedoch vom Kaiser die Sondererlaubnis, weiterhin die Reichskriegsflagge zeigen zu dürfen. In den Ausführungsbestimmungen betr. die Führung der Kriegsflagge seitens der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika vom 12. Dezember 1893 heißt es:
„Unter Bezugnahme auf die durch Allerhöchste Order vom 21. August 1893 - Marineverordnungsblatt Seite 223 - befohlene Führung der deutschen Kriegsflagge seitens der Behörden und Anstalten der Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika treten die nachstehenden Ausführungsbestimmungen in Kraft:
Die Kriegsflagge wird bis auf weiteres geführt:
A. In den Küstenplätzen: 1. Auf allen Befestigungen, soweit sie von der Schutztruppe besetzt sind. 2. Auf den von der Schutztruppe bewohnten Kasernen. 3. Auf dem Kommandogebäude der Schutztruppenbehörde in Dar-es-Salaam.
B. Im Innern: Auf sämmtlichen Stationen, die von einer Abtheilung der Schutztruppe unter Führung eines deutschen Offiziers oder Unteroffiziers besetzt sind.“
Erst am 9. November 1904 erlosch auch diese Sondergenehmigung. Für den Gouverneur von Deutsch-Ostafrika wurde auch die im engeren Sinne erste besondere Kolonialflagge geschaffen: Bereits am 5. März 1891 wurde durch Allerhöchste Order bestimmt, dass für den Gouverneur ein eigenes Kommandozeichen geschaffen wird. Auf den weißen Streifen der Nationalflagge wurde der Reichsadler ohne Krone und Kette gesetzt. Dieses Kommandozeichen durfte nicht an Land geführt werden, sondern ausschließlich auf Schiffen des Gouverneurs oder der Kaiserlichen Marine. Sofern die Flagge in einem Boot Verwendung fand, musste sie am Bug angebracht werden.


Am 1. April 1893 erhielt das Auswärtige Amt eine eigene Dienstflagge, in deren Zentrum sich eine weiße, vergrößerte Scheibe befand, auf die der Reichsadler aufgelegt worden war. Diese Flagge wurde fortan von allen Gouverneuren und offiziellen Stellen in den Kolonien verwendet. Eine Ausnahme waren lediglich das erwähnte Deutsch-Ostafrika sowie offizielle Stellen des Pachtgebiets Kiautschou. Da es sich bei diesem Gebiet um keine Kolonie im engeren Sinne handelte, zeigten hier alle offizielle Stellen ab 1898 die Reichskriegsflagge. Alle privaten Einrichtungen, Leuchttürme u.a. verwendeten dort ab dem Jahr 1898 die bereits am 1. April 1893 neu geschaffene Dienstflagge der Kaiserlichen Marine, die in Kiautschou auch als eine Art von Nationalflagge angesehen wurde. Am 1. März 1898 wurde es auch dem Gouverneur von Kiautschou genehmigt, die gleiche Flagge wie der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika zu führen. Weshalb lediglich in diesen beiden Fällen besondere Gouverneursflaggen geschaffen wurden, ist unbekannt. In der Allerhöchsten Order vom 1. März 1898 heißt es:
„Der Gouverneur führt innerhalb seines Dienstbereichs als Kommando- und Unterscheidungsabzeichen eine Flagge wie diejenige des Gouverneurs von Ostafrika. Die für letzteren in der Flaggen- und Salutordnung erlassenen Bestimmungen finden für die Flagge des Gouverneurs im Kiautschaugebiet mit der Abweichung Anwendung, daß für letztere, ebensowie für die Person des Gouverneurs 13 Schuß als Salut zuständig sind, sofern nicht durch die persönliche Rangstellung ein höherer Salut vorgeschrieben ist.“
Am 13. August 1893 wurden für die Regierungsfahrzeuge und Regierungsgebäude in den Kolonien für die Bereiche Lotsenverwaltung und Zoll eigene zusätzliche Embleme eingeführt. Diese wurden and der Stockseite der Flagge des Auswärtigen Amts im schwarzen Streifen angebracht. Im Bereich der Lotsenverwaltung waren dies die roten Buchstaben "L" und "V", zwischen denen sich ein gelber, unklarer Anker befand, während die Zollbehörden die gleiche Flagge führten, jedoch anstelle des "L" ein "Z" verwendeten.
Etwas unklar ist die Verwendung an Land der Dienstflagge im Bereich des Reichspostamtes. Obwohl hier keine besonderen Regelungen vorhanden waren, wurde diese anscheinend auf Gebäuden der Postämter in den Kolonien gehisst. Belegt ist die Verwendung dieser Flagge auf einem Postamt in Kilawa, Deutsch-Ostafrika aus dem Jahre 1912.
Als am 17. März 1907 für die Kolonien mit dem Reichskolonialamt eine besondere Behörde geschaffen wurde, stellte man sich die Frage, welche Flagge diese Behörde repräsentieren sollte. Die Wahl fiel auf die Flagge des Auswärtigen Amts, was durch Allerhöchste Order vom 9. Oktober 1907 bestätigt wurde.
In der Regel erhielt die eingeborene Bevölkerung der Kolonien das Recht zugestanden, die Nationalflagge des Kaiserreichs auf ihren Booten führen zu dürfen. Auf einen Antrag hin, erhielten die jeweiligen Bootsbesitzer einen Erlaubnisschein zur Führung der Deutschen Flagge erteilt. In Deutsch-Ostafrika wurden diese Genehmigungen ab dem 28. Juli 1891 und auf den Marschall-Inseln ab dem 19. September 1893 erteilt. Ferner ist bekannt, dass vom 8. Februar 1909 an auch der Gebrauch der deutschen Flagge auf den Binnenseen des Viktoria- und Nyassasees in Ostafrika möglich wurde.
Flagge | Zeitraum der Verwendung | Bezeichnung | Anmerkungen |
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1892–1902 | Reichskriegsflagge | Gezeigt in Deutsch-Ostafrika sowie von offiziellen Stellen in Kiautschou. |
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Ab 1903 | Reichskriegsflagge | Die letzte Version der Kriegsflagge wurde bis 1904 in Deutsch-Ostafrika und darüber hinaus von offiziellen Stellen in Kiautschou verwendet. |
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Ab 1891/1898 | Gouverneurflagge für Deutsch-Ostfrika und Kiautschou | Ab 1891 in Deutsch-Ostfrika und ab 1898 in Kiautschou verwendet. |
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Ab 1893 | Dienstflagge des Auswärtigen Amts/Reichskolonialamts | Ab 1893 war das Auswärtige Amt für die Kolonien zuständig, ab 1907 übernahm diese Aufgaben das Reichskolonialamt. |
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Ab 1893 | Dienstflagge im Bereich der Lotsenverwaltung | |
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Ab 1893 | Dienstflagge im Bereich der Zollverwaltung | |
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Ab 1898 | Reichsdienstflagge der Kaiserlichen Marine | Wurde als Flagge aller privaten Einrichtungen in Kiautschou eingesetzt. Auch Leuchttürme wurden damit ausgestattet. |
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Ab 1893 (?) | Dienstflagge im Bereich des Reichspostamtes | Die Verwendung ist in Deutsch-Ostafrika belegt, darüber hinaus vermutlich in allen kolonialen Postämtern verwendet. |
Flagge der Ralik-Inseln

Die Ralik-Inseln sind Teil der Inselgruppe der Marshall-Inseln. Die westlichen 18 Atolle heißen Ralik, was man mit "Sonnenuntergang" übersetzen kann. Die eigentliche Kolonisierung der Inseln durch das Deutsche Kaiserreich begann zwar offiziell erst am 15. Oktober 1885, jedoch bereits im November 1878 erreichte eine deutsche Kreuzerkorvette, die SMK Ariadne auf der Suche nach einer Kohlestation die Atolle. Auf dem zur Inselgruppe gehörigen Jaluit-Atoll schloss der Kapitän der Ariadne, B. von Werner, am 19. November 1878 einen Vertrag über die Kohlestation mit den dortigen Oberhäuptlingen ab. Im Artikel VII dieses Vertrages wurde eine Flagge beschrieben, die der Kapitän den Häuptlingen am letzten Tag ihres Aufenthalts überreichte. Sie sollte das Deutsche Reich symbolisieren und ähnelte der Nationalflagge, jedoch mit zwei zusätzlichen Streifen. Die Flagge wurde von den Einheimischen gut angenommen und fand in den folgenden Jahren weitere Verbreitung. Z.B. wurde der Hafen von Jaluit im Jahr 1883 von 67 Schiffen angefahren, von denen 11 unter der Ralik-Flagge ein- bzw. ausliefen. Wie erwähnt erfolgte die offizielle Inbesitznahme für das Deutsche Reich im Oktober 1885 durch das Hissen der Reichsflagge. Erst im Jahr 1893 fiel es dem Deutschen Reichskommissar für das Schutzgebiet der Marschall-Inseln auf, dass die Einheimischen eine ungewöhnliche Flagge führten. Am 12. Mai des Jahres 1893 schreibt dieser an das Reichsministerium des Inneren:
„Mit vorliegendem möchte ich die Aufmerksamkeit Eurer Exzellenz auf eine Tatsache lenken, die, so weit ich es habe feststellen können, bislang unbeachtet und unerwähnt geblieben ist. Verschiedene der hiesigen Häuptlinge besitzen eigene kleine Fahrzeuge, mit denen sie zwischen den einzelnen Inseln Personen befördernd und Kopra ladend, hin und her fahren. Die Häuptlinge der Insel Arno tragen sich jetzt sogar mit dem Gedanken ein größeres Schiff im Preise von M 30.000, ausschließlich für den Koprahandel bestimmt, zu erstehen. Auf alle diese Fahrzeuge könnte dem Charakter nach sehr wohl die in Folge des § 17 der Preuß. Verordnung betreffend die Registrierung von Seeschiffen (27. Februar 1862) erlassene Ausnahmebestimmungen zur Anwendung gebracht werden d.h. auch diese Schiffe könnten die Erlaubnis erhalten, ohne vorherige Eintragung in ein Schiffsregister und Erteilung eines Zertifikates die deutsche Kriegsflagge führen zu dürfen. Bislang führen alle diese Fahrzeuge, sechs an der Zahl, von denen 3 über 50 cbm, 2 über 100 cbm Brutto-Rauminhalt messen, eine Fantasieflagge, hier Marschall-Flagge genannt, schwarz weiß rot weiß schwarz, die den Häuptlingen in längst vergangenen Zeiten einmal irgendjemand verliehen hat. Wenngleich nun auch nicht im entferntesten zu behaupten ist, dass in dieser Flaggenführung der Ausdruck irgend welcher nach Selbstständigkeit ringender Bestrebungen verborgen wäre, so dürften doch das Ansehen der deutschen Schutzherrschaft und das Bewusstsein der Eingeborenen, nunmehr deutsche zu sein, nur gekräftigt werden, wenn denselben auch durch ihre eigenen Schiffe bestätigt die deutsche Flagge vor Augen geführt würde....“
Die mit diesem Schreiben in Gang gesetzten behördlichen Aktivitäten führten zunächst am 19. September 1893 dazu, dass den Einheimischen die Erlaubnis zur Führung der Deutschen Reichsflagge erteilt wurde. Um eventuellen separatistischen Bestrebungen der Inselbevölkerung entgegenzuwirken, verbot man ein Jahr später, am 7. März 1894 die Verwendung der speziellen Ralik-Flagge.
Sonderflaggen im Pachtgebiet Kiautschou
Ab dem Jahr 1913 wurden im Hafen von Tsingtau besondere Flaggen für die einheimischen Dschunken verwendet. Dschunken wurde je nach Größe klassifiziert. So wurden größere, seetüchtige Dschunken in die Klassen I oder II bzw. kleinere, nur örtlich eingesetzte Dschunken in die Klasse III eingeteilt. Jede Dschunke wurde mit einer Zahl gekennzeichnet und diese auf einer Flagge dargestellt. Dschunken der Klassen I oder II erhielten dabei eine weiße Zahl auf einer roten Flagge, während diejenigen der Klasse III rote Zahlen auf einer weißen Flagge führten. Ferner wurde unterschieden, ob die Dschunken zum Löschen der Ladung in den Hafen einliefen (Einklarieren) oder aus dem Hafen ausliefen (Ausklarieren). Dafür wurden zusätzliche Wimpel unterhalb der Zahlenflagge angebracht, die diesen Zustand sichtbar machen sollten. Für das „Einklarieren“ handelte es sich um einen blau-roten, quergestreiften Wimpel mit dem weißen Buchstaben "E", während das „Ausklarieren“ mit einem blau-weißen Wimpel und dem roten aufgebrachten Buchstaben "A" kenntlich gemacht wurde.
Die Wettersituation wurde ab dem Jahr 1913 durch spezielle Wetterflaggen kenntlich gemacht, die auf dem Observatorium von Tsingtau angebracht wurden. Im Einzelnen waren dies: Für „heiter“ eine weiße Flagge, für „wolkig“ eine grüne Flagge, für „Regen“ eine blaue Flagge, für „stürmisch“ eine rote Flagge sowie für „unsicheres Wetter“ eine blau-weiß-blau-weiß gestreifte Flagge.
Flagge | Datum | Zeitraum der Verwendung | Anmerkungen |
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Ab 1913 | Dschunkenflagge | Klasse I und Klasse II |
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Ab 1913 | Dschunkenflagge | Klasse III |
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Ab 1913 | Zollflagge | „Einklarieren“ |
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Ab 1913 | Zollflagge | „Ausklarieren“ |